Hitlers Machtergreifung

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Adolf Hitlers Machtergreifung - also sein Weg vom bloßen Parteiführer der NSDAP während der Weimarer Republik zum Diktator - führte über mehrere Stationen:

  • Ernennung zum Reichskanzler am 30.01.1933
  • Reichstagsbrandverordnung vom 28.02.1933
  • Ermächtigungsgesetz vom 23.03.1933
  • Gleichschaltung der Länder, der Gewerkschaften, Berufsverbände, Medien und Institutionen

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Erster Schritt: Hitler wird Reichskanzler (1930-1933)

1930 wird Deutschland von der Weltwirtschaftskrise erfasst. Angesichts einer hilflosen Regierung steigert die NSDAP ihren Stimmenanteil im September 1930 blitzartig von 2 auf 18 Prozent. Hitler verspricht eine Revolution auf legalem Wege: »Die Verfassung schreibt uns nur die Methoden vor, nicht aber das Ziel. Wir werden auf diesem verfassungsmäßigen Wege die ausschlaggebenden Mehrheiten in den gesetzgebenden Körperschaften zu erlangen versuchen, um in dem Augenblick, wo uns das gelingt, den Staat in die Form zu bringen, die unseren Ideen entspricht.« 

1931 verstärkt sich die politische Krise in Deutschland. Hitler strahlt Zuversicht und Tatkraft aus. Noch sind SA und SS zwar (seit 1930) verboten, doch keine Partei weist soviel Dynamik und Machtwillen auf wie die NSDAP.

1932 erhält Hitler die deutsche Staatsbürgerschaft. Einflussreiche Kreise setzen sich für Hitler als Reichskanzler ein. Im Juli ist es eine Forderung von Professoren, im November von Industriellen. Hitler tritt bei der Wahl des Reichspräsidenten als Kandidat an und kommt bis in den zweiten Wahlgang. Er verliert nur deswegen gegen Hindenburg, weil sich die SPD für Hindenburg einsetzt.

Die Absetzung der SPD-geführten preußischen Regierung (Preußenschlag) führt zur Legalisierung von SA und SS. Saalschlachten und Straßenkämpfe fordertn rund 800 Tote und 1.100 Verletzte.

Die NSDAP wird und bleibt nun stärkste Partei (37%; November: 33%). Die anderen Parteien sind untereinander verfeindet: insbesondere SPD und KPD. An Hitler führt kein Weg vorbei.

1933 wird Hitler (am 30. 01.) mit Billigung der Reichswehr durch den Reichspräsidenten Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Er ist aber zunächst nur ein weiterer Reichskanzler in einem Koalitionskabinett mit der DNVP, noch lange kein Diktator in einem Einparteienstaat. Im Kabinett sitzen nur zwei NSDAP-Mitglieder.

Zweiter Schritt: Hitler wird Diktator (1933-1934)

Der Regierungsantritt Hitlers war noch nicht gleichbedeutend mit dem Besitz der (totalen) Macht. Die Machtergreifung hatte erst begonnen. Weitere Schritte zur Diktatur waren:

Der Weg zum Ermächtigungsgesetz (1933)

Der Weg zum Ermächtigungsgesetz vom 23.03.1933 erfolgte durch die Ungefährlichmachung

  • der Presse und der politisch Aktiven durch die am 04.02.1933 erfolgende Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes ("Schubladenverordnung") mit Eingriffen in die Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit.
  • der Kommunalverwaltung in Preußen: am 04.02.1933 orndet Göring als kommissarischer preußischer Innenminister die zwangsweise Auflösung sämtlicher Gemeindevertretungen zum 8. Februar und Neuwahlen für den 12. März an - Auflösung bzw. Inhaftierung von Gemeindeorganen
  • der Kommunisten durch die Köpfung der Partei nach dem Reichstagsbrand Ende Februar 1933
  • der Grundrechte mittels der infolge des Reichstagsbrands erlassenen Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat ("Reichstagsbrandverordnung"); das schafft eine normative Grundlage für die Basis für die Verfolgung von politischen Gegnern - dazu kommt am selben Tag, dem 28.02.1933, die Verordnung des Reichspräsidenten gegen Verrat am Deutschen Volke und hochverräterische Umtriebe
  • der anderen Parteien. Am 5. März 1933 verfehlt die NSDAP die absolute Mehrheit um 6 Prozent.
  • der Kommunisten - erneut: am 8.03.1933 werden der KPD die Reichstagsmandate aberkannt - ihre Parlamentssitze gelten als erloschen.
  • der Pressefreiheit - am 13.03.1933 wird das „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ unter Minister Joseph Goebbels eingerichtet
  • der Missliebigen - am 20.03.1933 wird das KZ Dachau eingeweiht
  • der Traditionalisten - am 21.03.1933 inszeniert Goebbels den „Tag von Potsdam“: die konstituierende Sitzung des Reichstags (ohne Sozialdemokraten und Kommunisten) in der Potsdamer Garnisonkirche demonstriert die Harmonie zwischen dem alten Deutschland und der „jungen Kraft“ (Hitlers NS-Bewegung)
  • der Opposition - am 21.03.1933 kommt die Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung
  • der SPD durch die Propaganda- und Einschüchterungs-Wahlen vom 05.03.33 (NSDAP: 44%; SPD: 18%; KPD: 12%). Die NSDAP konnte zusammen mit der DNVP eine Regierung bilden
  • den Stimmenkauf des Zentrums (Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz) durch das Versprechen der Wahrung der Rechte der Katholiken durch ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl

Am 23.03.1933 stimmt der Reichstag, nunmehr in der Krolloper, im Beisein von bewaffneten SA- und SS-Einheiten über das Ermächtigungsgesetz ab, das die legislative Gewalt in die Hände der Reichsregierung legen soll. Die Reichstagsabgeordneten der KPD können an der Abstimmung nicht mehr teilnehmen, da sie zuvor verfassungswidrig festgenommen beziehungsweise ermordet wurden. Trotz dieser Umstände stimmen die anwesenden Abgeordneten der SPD, auch hier fehlen einige wegen Festnahme oder Flucht, gegen das Gesetz, während die Abgeordneten aller anderen Parteien dafür stimmen.

Das Ermächtigungsgesetz deklassierte die Legislative und stärkte die Exekutive.


Die Gleichschaltung gebiert die Diktatur (1933-1934)

  • 24. März 1933: Veröffentlichung des auf vier Jahre befristeten Ermächtigungsgesetzes im Reichsgesetzblatt mit den Unterschriften des Reichskanzlers Hitler und des Reichspräsidenten Hindenburg.
  • 31. März 1933: Das erste „Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ löst die Landesparlamente auf und bestimmt deren Neubesetzung nach den Ergebnissen der Reichstagswahl vom 5. März. Die Landesregierungen werden zur Gesetzgebung ohne Zustimmung der Parlamente ermächtigt. Im zweiten Gesetz vom 7. April werden in den Ländern Reichsstatthalter eingesetzt, die für die Durchführung der „vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik“ sorgen sollen.
  • März/April 1933: In zahlreichen unkontrollierten Verhaftungsaktionen durch SA und SS werden die Festgenommenen in SA-Keller oder „wilde“ Lager verschleppt.
  • 1. April 1933: Angeblich „spontane“ Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte in ganz Deutschland, die aber nicht den von den Nationalsozialisten erwünschten Anklang bei der Bevölkerung finden.
  • 7. April 1933: Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ ermöglicht dem Regime die Entlassung politisch missliebiger und „nicht-arischer“ Beamter.
  • 2. Mai 1933: Schlag gegen die Gewerkschaften: Gewerkschaftshäuser werden von SA und NSBO besetzt; das Vermögen der Gewerkschaften wird beschlagnahmt, führende Funktionäre werden in „Schutzhaft“ genommen. Den Gewerkschaften schien angesichts von sechs Millionen Arbeitslosen das Mittel des Generalstreiks wenig aussichtsreich. Ein Generalstreik oder ähnliche Aktionen wurden von den leitenden Politikern der SPD mit dem Argument abgelehnt, dadurch könne Hitler ein Vorwand für weitere Verfolgungen gegeben werden.
  • 10. Mai 1933: Bücherverbrennungen: In vielen Städten, unter anderem Berlin, Bremen, Dresden, Frankfurt, Hannover, München und Nürnberg, werden in einer organisierten Aktion Werke sozialistischer, pazifistischer, jüdischer und liberaler Autoren ins Feuer geworfen. Dies betrifft zum Beispiel Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud, Erich Kästner, Heinrich Mann, Karl Marx, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Franz Werfel, Arnold und Stefan Zweig.
  • 22. Juni 1933: Verbot der SPD, wegen angeblichen Landes- und Hochverrats.
  • 7. Juli 1933: Verordnung des Reichsministers des Innern zur Sicherung der Staatsführung
  • 14. Juli 1933: Alle Parteien außer der NSDAP sind verboten oder haben sich selbst aufgelöst. Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien begründet den Einparteienstaat: Neugründung und Fortbestand (anderer) politischer Parteien wird unter Strafe gestellt. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses wird beschlossen und das Reichskonkordat passiert Hitlers Kabinett.[5]
  • 20. Juli 1933: Abschluss des Reichskonkordats zwischen dem Deutschen Reich und dem Heiligen Stuhl
  • 12. November 1933: Erneute Reichstagswahl, eine Scheinwahl mit NSDAP-Einheitsliste, die mit einer „Volksabstimmung“ über den Austritt aus dem Völkerbund gekoppelt ist.
  • 15. Dezember 1933: das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz vereinheitlichte zum 1. Januar 1934 alle bis dahin in Preußen geltenden Kommunalverfassungen; Bürgermeister als Gemeindeleiter wurden ohne Wahl auf 12 Jahre berufen und konnten in der Gemeinde alle Entscheidungen ohne Gemeinderat treffen („Führerprinzip“).
  • 20. Januar 1934: „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ setzt das Führerprinzip in der Wirtschaft ein. Die DAF wird in die NSDAP eingegliedert.
  • 30. Januar 1934: Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ wird die föderale Struktur der Weimarer Republik aufgehoben. Die Hoheitsrechte der Länder gehen auf das Reich über. Die Regierung erhält das Recht, neues Verfassungsrecht zu setzen.
  • 30. Juni 1934: Der angebliche „Röhm-Putsch“ dient als Vorwand für parteiinterne Säuberungen und eine weitere Machtkonzentration in der Partei. In der so genannten Nacht der langen Messer wird die Führung der SA zerschlagen. Auch ehemalige politische Gegner wie Kurt von Schleicher, der versucht hatte, die NSDAP zu spalten, werden ermordet.
  • 2. August 1934: Reichspräsident Paul von Hindenburg stirbt auf Gut Neudeck, Hitler gibt sich den Titel „Führer und Reichskanzler“. Illegale Mittel gehörten zum Aufstieg der NSDAP zur Alleinherrschaft dazu: vor allem die Terrormaßnahmen, mit denen politische Gegner eingeschüchtert, verhaftet oder ermordet wurden. Offenkundigster Verfassungsbruch war Hitlers Selbsternennung zum Führer und Reichskanzler einen Tag vor dem Tod Hindenburgs 1934.
  • 19. August 1934: Volksabstimmung zur Zusammenlegung der Ämter des Reichspräsidenten und Reichskanzlers in der Person Adolf Hitlers. Am gleichen Tag wird die Reichswehr auf ihn vereidigt. Damit sind alle wichtigen Ämter auf ihn vereinigt: es gibt keinerlei Kontrollinstanzen mehr.

Literatur

  • Katrin Berentzen: Machtergreifung. In: Zeitgeschichtliches Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Hrsg. von Georg Stötzel und Thorsten Eitz. Hildesheim 2002, S. 232 ff. (GBS)
  • Richard J. Evans: Das Dritte Reich – Aufstieg. München 2004, ISBN 3-421-05652-8.
  • Norbert Frei: Machtergreifung. Anmerkungen zu einem historischen Begriff. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. (VfZ) 31/1983, S. 136–145.
  • Gotthard Jasper: Die gescheiterte Zähmung. Wege zur Machtergreifung Hitlers 1930-1934. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986 (Neue Historische Bibliothek), ISBN 3-518-11270-8.

Weblinks

  • Etablierung der NS-Herrschaft (LeMO)
  • Zerstörung der Demokratie 1930–1933 (Bundeszentrale für politische Bildung)
  • Nationalsozialismus I (ebenfalls Bundeszentrale für politische Bildung)
  • Erlasse, Verordnungen und Notverordnungen des Reichspräsidenten

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