Herrschaft

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Herrschaft = die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden. Drei Typen legitimer Herrschaft: traditional, charismatisch, rational (legal, bürokratisch).

  • Traditionale Herrschaft = Glaube an Heiligkeit altüberkommener Ordnungen und Herrengewalten. In diesem Fall wird kraft der Tradition gehorcht. Der Herrschende ist nicht der Vorgesetzte, sondern persönlich der Herr. Sein Verwaltungsstab besteht nicht aus Beamten, sondern aus persönlichen Dienern. Die Beherrschten sind nicht Mitglieder des Verbandes, sondern entweder traditionelle Genossen oder Untertanen. Und im Gegensatz zur legalen Herrschaft werden die Beziehungen des Verwaltungsstabes zum Herrn nicht durch die sachliche Amtspflicht bestimmt, sondern durch persönliche Dienertreue. Zudem wird nicht den Satzungen gehorcht, wie bei der legalen Herrschaft, sondern der Tradition oder dem durch die Tradition genannten Herrn. Seine Befehle werden sowohl durch Inhalt der Tradition als auch durch seine freie Willkür legitimiert.
  • Charisma ist nach Weber eine geltende Qualität einer Persönlichkeit, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen oder nicht jedem anderen zugänglichen Kräften oder Eigenschaften oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als „Führer“ gewertet wird. Hier wird also kraft der persönlichen Qualitäten gehorcht. Als Befehlende können hier Propheten, Kriegsfürsten oder Führer auftreten. Gehorchende können für Propheten Jünger, für Kriegsfürsten die Gefolgschaft und für Führer Vertrauensmänner sein. - Es gibt hier keine Hierarchie, keine Amtssprengel, keine Kompetenzen und kein Gehalt oder Pfründe, weil die Gehorchenden dem Freundschaftskreis des Führers angehören. Es gibt nur örtliche und sachliche Grenzen von Charisma. Die Legitimität der charismatischen Herrschaft geht verloren, wenn das Charisma verschwindet. Die Herrschaft wird als außeralltäglich empfunden. Sie verwandelt sich im Laufe der Zeit zur traditionalen Herrschaft, wenn sie nicht bis dahin verschwindet.
  • Legale Herrschaft basiert auf den folgenden Vorstellungen: jedes Recht durch Paktierung oder Oktroyierung ist rational, zweckrational oder wertrational orientiert, jedes Recht kann mit einem Kontrakt festgestellt werden und der legale Herr ist selber diesem Recht gehorsam. Der reinste Typus der legalen Herrschaft ist die Bürokratie mit einem Verwaltungsstab. Der Verwaltungsstab besteht typischerweise aus dem Leiter, der durch Wahlen oder durch Nachfolger-Designation als solches bezeichnet wird, sowie Einzelbeamten. Hier ist der Befehlende dem Typus nach ein Vorgesetzter, der Typus des Verwaltungsstabes ist Behörde mit Beamten und endlich die Gehorchenden sind hier die Mitglieder oder auch Bürger. Aber auch außerhalb einer klassischen Bürokratie liegt legale Herrschaft immer dann vor, wenn eine Person bestimmte Handlungen bloß ausführt oder unterlässt, um einer gesetzlichen Strafe zu entgehen. Hier liegt eine klassische zweckrationale Abwägung vor, da diese Person das Gut der Ausübung einer Handlung dem Übel einer zu befürchtenden Strafe gegenüberstellt. Diese Form der Herrschaft ist im Gegensatz zu etwa charismatischer Herrschaft an Institutionen gebunden, da ohne eine funktionierende Exekutive auch kein tatsächlicher Vollzug der Strafe zu erwarten ist.


  • Tyrell, Hartmann (1980) Gewalt, Zwang und die Institutionalisierung von Herrschaft, in: Rosemarie Pohlmann, Hg., Person und Institution. Würzburg: Königshausen & Neumann, 59-92 zeigt, daß Max Webers herrschaftssoziologischer Ansatz bestimmt ist durch die Frage der Durchsetzung, durch das Problem der Steuerung, Bewirkung und Motivation fremden Handelns. Weber legt dar, daß Herrschaft mehr ist als eine bloße punktuelle Chance zur Fremdmotivation und auch mehr ist als eine wie auch immer langfristig stabil gehaltene Zwangskonstellation; Herrschaft ist ein zeitlich, inhaltlich und sozial generalisierter und normativ angesonnener Handlungszusammenhang, der (in bestimmten Grenzen) für den jeweils Herrschenden das stabile Disponieren und Verfügenkönnen über fremdes Handeln sicherstellt.