Guillotine

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Die Guillotine [gijo'tiːn(ə)] (dt. Fallbeil) ist ein nach dem französischen Arzt Joseph-Ignace Guillotin benanntes Gerät zur Vollstreckung der Todesstrafe durch Enthauptung. Die erste „Guillotine“ wurde im Auftrag Sansons vom deutschen Klavierbauer Tobias Schmidt konstruiert.

Vorläufer

Guillotineähnliche Instrumente waren schon früher benutzt worden, bis zu Erfindung der Guillotine aber seit langem außer Gebrauch gestellt und meistenteils vergessen gewesen. Dazu gehörten:

  • das Gerät, das zur Enthauptung von Konradin, dem letzten Hohenstaufer, benutzt wurde (1268)
  • das Halifax-Fallbeil (Halifax-Gibbet) von 1280
  • die italienische Mannaia (= Hackbeil)
  • die "Schottische Jungfrau" (Scottish Maiden) von 1661.

Guillotins Leben und Werk

Guillotin, geboren in einem Provinznest namens Saintes, ging auf ein Jesuitenkolleg, studierte Medizin und galt als ein etwas betulicher, aber humanitär eingestellter Arzt. In Paris stieß er zu den Freimaurern, bevor er sich während der Revolutionszeit politisch engagierte - nämlich am 10.10.1789 die Einführung des mechanischen Enthauptungsgeräts beantragte, um grausame und entehrende Hinrichtungsarten abzuschaffen - und dann wieder aus der Politik zurückzog. Unterstützt wurde er dabei durch den Henker von Paris, Charles Henri Sanson, der die Nachteile der Enthauptung mit dem Schwert plastisch beschrieb. Die Nationalversammlung beauftragte den königlichen Leibarzt Antoine Louis, ein Gutachten darüber zu erstellen. Am 17. März 1792 legte Louis einen Entwurf vor, der das Fallbeil von Halifax zum Vorbild hatte. Drei Tage später wurde dem Antrag stattgegeben. Im Gutachten hieß es: „Eine solche, niemals versagende Maschine wird sich leicht herstellen lassen.“ Nach Antoine Louis hieß die Guillotine zunächst Louison oder Louisette, durch den Sprachgebrauch der Presse und aufgrund einer Empfehlung von Louis setzte sich jedoch der Name Guillotine durch. Volkstümliche Spitznamen waren le rasoir national (das nationale Rasiermesser) und la raccourcisseuse (die Kurzmacherin). Später setzte sich die Bezeichnung Guillotine durch, die dem so Geehrten sehr zu schaffen macht und die seine Nachfahren zu einer Namensänderung veranlassten.

Tobias Schmidt

Schmidt hatte zunächst die halbmondförmige Schneide aus Louis' Entwurf an Schafen ausprobiert, was einwandfrei funktionierte. Als er dann jedoch die Versuche mit Leichen fortsetzte, wurden die Hälse nicht immer vollständig durchgetrennt. Erst durch Erhöhung des Gewichts und die Einführung der abgeschrägten Schneide, die der Guillotine ihre charakteristische Form gibt und den Trennvorgang zum Schneidevorgang macht, arbeitete das Gerät einwandfrei. Schon bei den ersten Modellen gab es auch den Tisch oder die Wippe (frz. bascule), ein Brett, auf das der Hinzurichtende festgeschnallt wurde und das dann nach vorne in die Waagerechte geklappt wurde. Somit wurde der Kopf zwischen die Pfosten der Guillotine auf die Halsauflage (untere Lünette) gebracht, die dann mit dem nach unten verschiebbaren Gegenstück verriegelt wurde.

Effektivierungen

Die Urform der (rot angestrichenen) Guillotine von 1792 wurde später in Details modifiziert. Wichtige Stationen der Verbesserung: 1868 beauftragte die französische Regierung den Scharfrichter Alphonse Berger mit einer 'neuen' Guillotine, die dann – nach Vorläufermodellen von 1868 und 1870 – in der Version von 1872 bis zur Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich 1981 in Gebrauch war.

Etwa 1939 schaffte der deutsche Scharfrichter Johann Reichhart das Anschnallen und das Kippbrett ab und ließ den zu Tötenden durch seine Assistenten nur bäuchlings auf die fest montierte Richtbank legen und in dieser Haltung festhalten, bis das Beil gefallen war. Hierdurch verkürzte sich die zur Vollstreckung nötige Zeit von drei bis vier Minuten auf – nach Reichharts eigenen Angaben – drei bis vier Sekunden. Diese Methode wurde bis 1945 angewandt. 1946 kam in den Nürnberger Prozessen der Strick wieder in Gebrauch. In der DDR benutzte man zuerst die Guillotine, dann den plötzlichen Genickschuss. In der BRD wurde die Todesstrafe 1949 mit dem Grundgesetz abgeschafft, in der DDR später ebenfalls.

Zitate

  • "Es gibt nur ein Mittel, mich zu retten. Der Konvent muß ein Dekret erlassen, das mir die Einheit und Unabtrennbarkeit meines Kopfes garantiert." Jean-Francois Ducos (1765-1793).

Literatur

  • Stefan Amberg: Vollstreckt. Johann Reichhart, der letzte deutsche Henker. Goldmann, München 1984, ISBN 3-442-06765-0
  • Daniel Arasse: Die Guillotine. Die Macht der Maschine und das Schauspiel der Gerechtigkeit. Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-499-55496-8
  • Johann Dachs: Tod durch das Fallbeil. Der deutsche Scharfrichter Johann Reichhart (1893 - 1972). Ullstein, München 2001, ISBN 3-548-36243-5
  • Alister Kershaw: Die Guillotine. Eine Geschichte des mechanischen Fallbeils. Hamburg 1959.
  • Gotthold Leistner: Sachsen und die Guillotine. Ein Beitrag zur Geschichte eines Tötungsmonstrums. In: Sächsische Heimatblätter 48. Jg. (2002) S. 130-149
  • Guy Lenôtre: Die Guillotine und die Scharfrichter zur Zeit der französischen Revolution. Kadmos-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-931659-03-8
  • Michel Ferracci-Porri: Beaux Ténèbres Ed.Normant. Frankreich 2008. Der letzte in der Öffentlichkeit guillitonierte "ein Deutscher" Eugen Weidmann
  • Andeas Schlieper: Das aufgeklärte Töten. Die Geschichte der Guillotine . Osburg Verlag Berlin 2008, ISBN 978-3-940731-13-5
  • Thomas Waltenbacher: Zentrale Hinrichtungsstätten. Der Vollzug der Todesstrafe in Deutschland von 1937 - 1945. Scharfrichter im Dritten Reich. Zwilling-Berlin, Berlin 2008, ISBN 9783000242656.
  • Guillotine, in: Wikipedia (dt.)