Genetische Konformität

Während es eine vieldiskutierte Frage ist, ob abweichendes Verhalten und Kriminalität vielleicht durch biologisch-genetische Anlagen entstehen und deshalb auch auf diesem Wege erklärt werden könnten, vertritt niemand die Auffassung, dass die Konformität mit sozialen Normen auch genetische Ursachen haben könnte - dass also "genetische Konformität" in der menschlichen Gesellschaft eine Rolle spielen könnte. Deshalb ist es auch schwer vorstellbar, was das sein sollte: "genetische Konformität".

Ein ganz allgemeiner Blick auf das Tierreich genügt auch nicht unbedingt, um sich des Phänomens zu versichern, gilt doch auch dort im Allgemeinen, dass einzelne Tiere durchaus in der Lage sind, ihr eigenes Überlebensinteresse auch dann zu verfolgen, wenn sich ihr Opfer für die Gesamtheit unter dem Gesichtspunkt des Allgemeininteresses anbieten würde.

Nur Ameisen sind anders. Sie sind in der Lage, ihre eigene Existenz für das Kollektiv zu opfern. Und dies nicht aufgrund heroischer moralischer Entscheidungen, sondern aufgrund ihrer genetischen Programmierung, also aufgrund ihrer "genetischen Konformität".

Genetische Konformität mit der Hierarchie

  • Die Königin der südamerikanischen Blattschneiderameisen (Attini) speichert 200 Millionen Spermien auf ihrem Hochzeitsflug und verlegt sich für die restlichen 14 Lebensjahre auf das Eierlegen.

In den Baumwipfeln der Umgebung beißen kräftige, von fast doppelt so großen Soldatinnen bewachte Ameisen große Stücke aus Blättern, die sie am Bau an kleinere Heimarbeiterinnen übergeben, die sie weiter zerkleinern und an winzige Ameisen im Innern des unterirdischen Baus weiterreichen. Diese zerkauen die Blatt-Teile zu einem Brei, der für die Pilze absorbierbar ist, die in der Lage sind, die Zellulose der Blätter zu verdauen. Von dem Geflecht aus Pilzfäden ernten dann wieder die Gärtnerinnen die Nahrung der Kolonie ....

Die Gruppen verzichten auf eigene Nachkommen und opfern ihre Existenz ohne weiteres für die Verteidigung des Nestes. Warum sie das tun, während das bei anderen Tieren nicht so gewöhnlich vorkommt und bei Menschen ein großes Moralthema darstellt, beschäftigt die Evolutionsbiologie.


Quellen

  • Rüschemeyer, Georg (2009) Alles, was sie geben können. Ameisten dienen ihrem Staat - und damit sich selbst als Teil eines Superorganismus. Frrankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 4.01.09: 51.