Gaza

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2008/2009

Die auch als Gaza-Krieg bezeichnete israelische Militäroffensive, die vom 27.12.2008 bis zum 18.01.2009 dauerte, sollte nach israelischen Angaben den Raketenbeschuss israelischer Ortschaften durch militante Palästinenser aus dem Gazastreifen unterbinden und die Abschreckungsfähigkeit der israelischen Streitkräfte wiederherstellen.

Nach Angaben der palästinensischer Menschenrechtler wurden während der drei Wochen 1417 Palästinenser (davon 926 Zivilisten) getötet und über 5000 verletzt. Die israelische Seite - deren Verluste mit 13 Todesopfern (davon 3 Zivilisten) und 518 (182) Verwundeten angegeben werden - gibt das Verhältnis der militärischen zu zivilen Todesopfern auf palästinensischer Seit mit zwei Drittel zu einem Drittel an.

Der UNO-Bericht über den Gaza-Krieg - der Goldstone-Report - kritisierte Israel und die Hamas und wurde von beiden Seiten kritisiert.

Experten wie z.B. Anthony Cordesman vom Center for Strategic and International Studies in Washington sowie Daniel Reisner, Netta Amar-Shiff, Orna ben-Naftali und andere formulierten folgende noch zu klärende Fragen an den Gaza-Krieg:

  • Handelte es sich überhaupt um einen Krieg?
  • Wurden Kriegsverbrechen begangen?
  • Wäre der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag für eventuelle Klagen, wie sie u.a. von Jordanien angekündigt wurden, überhaupt zuständig?
  • Welche Regeln gelten für Konflikte dieser Art (asymmetrische Konflikte, kein klassischer Staatenkrieg)?
  • War das Ziel der Wiederherstellung der militärischen Abschreckungsfähigkeit Israels rechtlich ein hinreichendes Kriegsziel?
  • Wurden zulässige Mittel eingesetzt?
  • Wurden Phosphorbomben in dichtbesiedelten Gebieten eingesetzt?
  • Wurden nur Ziele angegriffen, deren Zerstörung einen klaren militärischen Vorteil verschaffte, der direkt mit der Militäroperation verbunden und konkret zu messen war?
  • Wurde hinreichend zwischen Zivilisten und Kombattanten unterschieden?
  • Wie viele der Toten auf palästinensischer Seite waren Zivilisten, bzw. Kombattanten?
  • Wurde hinreichend berücksichtigt, dass nicht jedes Hamas-Mitglied Kriegsteilnehmer wie Mitglieder regulärer Armeen war?
  • Wollte Israel um politischer (und nicht militärischer) Ziele willen palästinensische Zivilisten leiden lassen?
  • Wurden Krankenwagen und Sanitäter von der israelischen Armee daran gehindert, zu Verletzten zu gelangen?
  • Wurden von der Hamas (Kriegs-) Verbrechen begangen?
  • Wie sind die Raketenangriffe auf israelisches Territorium rechtlich zu bewerten?

Einen Hinweis die Frage nach möglichen Kriegsverbrechen gaben möglicherweise israelische Zitate aus einer Mitschrift eines Soldatentreffens (19.03.09) an der Militärakademie in Oranim. Dort wurde von Soldaten berichtet, dass wegen laxer Einsatzvorschriften Frauen und Kinder erschossen und Eigentum mutwillig zerstört worden sei: "Einer der Kommandeure erzählte von einer Anweisung, eine ältere Palästinenserin zu erschießen, die in etwa hundert Meter Entfernung von einer israelischen Stellung auf der Straße ging. Er sprach von „kaltblütigem Mord“. Ein anderer Kommandeur berichtete, wie ein Scharfschütze eine Mutter und ihre zwei Kinder erschoss, weil sie versehentlich in eine falsche Straße einbogen. Insgesamt habe der Eindruck vorgeherrscht, „dass das Leben von Palästinensern sehr, sehr viel weniger wichtig ist als das Leben unserer Soldaten“, sagte er. Beim Stürmen von Häusern, in denen sich Zivilisten aufhielten, hätten Soldaten häufig wahllos und ohne Vorwarnung um sich geschossen. „Die Vorgesetzten sagten uns, das sei in Ordnung, weil jeder, der dageblieben ist, ein Terrorist ist“, sagte einer der Soldaten. „Ich habe das nicht verstanden. Wohin hätten sie denn fliehen sollen?“ Andere Soldaten hätten ihm gesagt, man müsse alle töten, „weil jeder in Gaza ein Terrorist ist“. Viele Soldaten hätten auch mutwillig den Besitz palästinensischer Familien zerstört, „weil es ihnen Spaß macht“. „Wir können sagen, so oft wir wollen, dass die israelische Armee moralisch überlegen ist, aber im Feld ist das einfach nicht so.“ - Zudem wurde auf dem Treffen im Februar berichtet, Rabbiner hätten während der Kämpfe Schriften verteilt, nach denen es sich um einen religiös motivierten Krieg handele, in dem Nicht-Juden aus dem Land vertrieben werden sollten, das ihnen nicht gehöre. Die israelische Armee ordnete am Donnerstag an, den Berichten nachzugehen. Zuvor hatte die Armeeführung immer wieder darauf hingewiesen, dass in Gaza so viel wie noch nie getan worden sei, um die Zivilbevölkerung vor den Kriegsfolgen zu verschonen. Der Leiter der Militärakademie, Danny Samir, sagte über die Aussagen während der Versammlung: „Für uns war das ein totaler Schock.“ Die israelische Organisation Rabbiner für Menschenrechte nannte die Vorfälle einen „moralischen Tsunami“ und rief zur nationalen Trauer und Buße auf. - Während der dreiwöchigen israelischen Militäroffensive im Gazastreifen zum Jahreswechsel wurden nach Angaben der palästinensischen Menschenrechtsorganisation PCHR insgesamt 1434 Palästinenser getötet und 5303 verletzt. Unter den Toten seien 960 Zivilisten, teilte die Organisation vor einer Woche zum Abschluss einer Untersuchung in Gaza mit. Israel wollte mit dem Einsatz den Raketenbeschuss israelischer Ortschaften durch militante Palästinenser aus dem Gazastreifen unterbinden. Die Angriffe gehen jedoch weiter" (Gaza-Krieg 2009).


Einzelfälle

  • Ein Bericht von fünf Medizinern, die auf Bitten von vier Hilfsorganisationen Ende Januar 2009 für eine Woche nach Gaza gereist waren und später Verletzte in ägyptischen Krankenhäusern besucht hatten beschrieb u.a. den Fall des Muhammad Shurrab: Am 16.01.09 beschossen israelische Soldaten trotz einer zeitlich begrenzten Waffenruhe das Fahrzeug von M.S. und seinen beiden Söhnen in einer Gegend im Norden des Gaza-Streifens, die von der Armee nicht zum Kampfgebiet erklärt worden war. Die Soldaten forderten sie auf, das Auto zu verlassen. Daraufhin "wurde Shurrabs älterer Sohn von einem Geschloss mitten ins Gesicht getroffen; er starb kurz darauf. Sein jüngerer Sohn wurde am Bein verletzt. Er verblutete in der folgenden Nacht. Erst nach 23 Stunden ließen die Soldaten einen Rettungswagen zu Muhammad Shurrab durch" (Rößler 2009b).

2014

Tote Israelis: 6 Zivilisten, 67 Soldaten

Gaza-Bewohner: < 1500 Zivilisten, darunter 550 Kinder (FAZ 27.3.2015: 4, unter Berufung auf Bericht von Amnesty International und des UN-Nothilfekoordinators)


Weblinks und Literatur

  • Gaza-Krieg (2009) "Es war kaltblütiger Mord". FAZ-net mit hcr (Zugriff: 19.03.09).
  • Rößler, Hans-Christian (2009a) Heftige Kämpfe im Krieg um die Wahrnehmung. Die israelische Armee untersucht Vorwürfe zum Gazakrieg - sie wird auch in Israel scharf kritisiert. FAZ 19.02.09: 3.
  • Rößler, Hans-Christian (2009b) Nicht zweifeln, nicht prüfen. Israels Armee und die Vorwürfe zum Gaza-Krieg. FAZ 07.04.: 3.
  • https://twitter.com/thehealingsquad Peter Cohen Musician, writer, teacher, anthropologist. Has lived in New York, Paris, Bahia, Washington DC. Works in International Development. Speaks En, Fr, Po, Sp, on Gaza twitters]