Friedrich Julius Stahl

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Friedrich Julius Stahl, eigentlich Friedrich Julius Jolson, auch: Golson (* 16.01.1802 in Würzburg; † 10.08.1861 in Bad Brückenau) war ein deutscher Staatsrechtler, der zum Umfeld von König Friedrich Wilhelm IV. gehörte, für einen "christlichen Staat" eintrat und weit über seinen Tod hinaus zum Vorbild für viele Konservative in Preußen und im Deutschen Reich nach 1871 wurde. Im Dritten Reich wurde Stahl aufgrund seiner jüdischen Herkunft geschmäht (Carl Schmitt: "Stahl-Jolson"), im Gegenzug vom Exilanten Hugo Sinzheimer gewürdigt. Der Berliner Senat entzog Stahls Grab 2005 den Ehrengrab-Status. - Dem Autoritätsdenken Stahls entsprach seine Auffassung von der staatlichen Strafe, die in den Worten zum Ausdruck kommt, die Gustav Radbruch (1969: 135) zitierte: "Die Strafgerechtigkeit ist die Herstellung der Herrlichkeit des Staates durch die Vernichtung oder das Leiden dessen, der sich wider sie empört hat."

Leben

Friedrich Julius nahm selbst den programmatischen Nachnamen "Stahl" anlässlich seines Übertritts zum Protestantismus (1819) an. Bald folgte die Gründung einer "erwecklichen Bewegung" (mit Christian Krafft). Stahl wurde Professor in Würzburg und Erlangen, wo er u.a. auch schon studiert hatte und erhielt 1840 einen Ruf auf den Lehrstuhl für Rechtsphilosophie, Staatsrecht und Kirchenrecht in Berlin. Sein Hauptwerk über "Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht" (1830–1837) hatte ihn zu der Zeit schon berühmt gemacht und dem Königshof empfohlen, begründete Stahl darin doch das Recht und den Staat »auf der Grundlage christlicher Weltanschauung« und forderte nicht weniger als die »Umkehr der Wissenschaft« zum Glauben an die christliche Offenbarung. 1848 gehörte er zu den Gründern der "Kreuz-Zeitung". 1849 ernannte ihn König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zum Mitglied der damaligen Ersten Kammer, des späteren Herrenhauses, wo er zum Wortführer der Reaktion und der ritterschaftlichen Partei wurde. Als Mitglied des Oberkirchenrats (1852–1858) strebte er eine Stärkung des lutherischen Konfessionalismus (Neuluthertum) und die Herrschaft der Geistlichkeit über die Laienwelt an. Der politische Umschwung und der Sturz des Ministeriums Manteuffel beendeten Stahls Arbeit im Oberkirchenrat und führten 1858 zu seinen Austritt aus der Behörde. Stahl setzte aber den politischen Kampf gegen das »Ministerium der liberalen Ära« im Herrenhaus fort, ohne dass er seinen Erfolg - die Kehrtwende zurück zur Orientierung am Herrenhaus - noch erleben durfte. Stahls Grab auf dem Alten St.-Matthäi-Kirchhof in Berlin-Schöneberg genoss von 1984-2005 den Status eines Ehrengrabs; eine Verlängerung scheiterte, weil der Senat am 29.11.2005 beschloss, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anerkennung (z.B. fortlebendes Andenken in der Öffentlichkeit, besondere Verdienste um Berlin) nicht mehr gegeben seien.

Werke

  • Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht. – Band 1: Genesis der gegenwärtigen Rechtsphilosophie. – Band 2 und 3: Christliche Rechts- und Staatslehre. Erste und zweite Abtheilung: Heidelberg, im Verlag der akademischen Buchhandlung J.C.B. Mohr (1830, 1833, 1837).
  • Die Kirchenverfassung nach Lehre und Recht der Protestanten (Erlangen 1840)
  • Über Kirchenzucht (Berlin 1845)
  • Das monarchische Prinzip (Heidelberg 1845)
  • Der christliche Staat (Berlin 1847)
  • Die Revolution und die konstitutionelle Monarchie (Berlin 1848)
  • Was ist Revolution? (Berlin 1852)
  • Der Protestantismus als politisches Prinzip (Berlin 1853)
  • Die katholischen Widerlegungen (Berlin 1854)
  • Wider Bunsen (gegen dessen "Zeichen der Zeit", Berlin 1856)
  • Die lutherische Kirche und die Union (Berlin 1859)

Literatur

  • Gerhard Masur: Friedrich Julius Stahl, Geschichte seines Lebens. Aufstieg und Entfaltung 1802–1840. Berlin 1930. (Habil., Berlin 1930; geplanter zweiter Band über 1840–1861 nicht erschienen).
  • Hans Peter Pyclik: Friedrich Julius Stahl. A Study of the Development of German Conservative Thought 1802–1861. Minnesota 1972.
  • Wilhelm Füßl: Professor in der Politik: Friedrich Julius Stahl. Das monarchische Prinzip und seine Umsetzung in die parlamentarische Praxis. Göttingen 1988.
  • Otto, Martin (2009) Entehrung aus Versehen? FAZ 03.03.09: 33.
  • Radbruch, Gustav (1969) Strafrecht. In: ders., Einführung in die Rechtswissenschaft, 12. Aufl. Stuttgart: K.F. Koehler: 135-157.
  • Sinzheimer, Hugo (1938) Jüdische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft. Amsterdam.

Weblinks

  • Friedrich Julius Stahl. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
  • Literatur von und über Friedrich Julius Stahl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek