Nach der Insolvenz der Firma Enron im Dezember 2001 - eines "Energieriesen" mit Sitz in Houston, Texas, der über 20.000 Mitarbeiter hatte und zu den größten Konzernen der USA gehörte - stellte sich heraus, dass das Unternehmen jahrelang die Bilanzen gefälscht und damit einen der größten Finanzskandale der jüngsten US-Geschichte hervorgerufen hatte. Folge war die drastische Verschärfung der gesetzlichen Vorschriften zur Unternehmensberichterstattung in Gestalt des Sarbanes-Oxley Acts. Kritisiert wurde auch die Regierung von George W. Bush. Familie Bush wurden enge Verbindungen zum Enron-Gründer und CEO Kenneth Lay nachgesagt.


Chronik

Nach der Entstehung von Enron durch eine Fusion von zwei Erdgasunternehmen (1985) und dem Einstieg in den Erdgashandel (1989) wurde das Unternehmen zum größten Gashändler in den USA und Großbritannien. 1999 wurde "EOG Resources" als selbständiges Unternehmen von Enron abgetrennt. 2001 begann die US-Börsenaufsicht SEC eine Voruntersuchung bezüglich möglicher Konflikte aufgrund der Beteiligungsverträge. Enron gab zu, Gewinne um 1,2 Mrd. US-Dollar zu hoch ausgewiesen zu haben. Im Dezember - wenige Tage nach dem Scheitern einer Übernahme durch Dynegy - meldete Enron Insolvenz an.

  • Im Januar 2002 meldete Enron Insolvenz an.
  • Im Februar 2002 wurde bekannt, dass rund 500 Enron-Manager kurz vor der Pleite ihres Konzerns kräftige Bonuszahlungen erhalten hatten (z.B. Kenneth Lay, † 5. Juli 2006, eine Abfindung von 300 Mio. US-Dollar.
  • Im Oktober 2002 wurde der - später infolge der Enron-Ermittlungen zusammengebrochene - Wirtschaftsprüfungs-Konzern Arthur Andersen wegen Behinderung der Justiz zu einer Geldbuße von 500.000 US-Dollar verurteilt.
  • Im Juli 2003 wollte Enron Forderungen gegen die Transwestern Pipeline Company, die Citrus Corp. und die Northern Plains Natural Gas Company auf eine neue Holdinggesellschaft Cross Country Energy Corporation übertragen. Außerdem plante das Unternehmen die Gründung einer internationalen Energiegesellschaft namens Prisma Energy International Inc. Beide Unternehmen sollten unabhängig voneinander geführt werden.
  • 2006 verkaufte Enron sein letztes Unternehmen (Prisma Energy).
  • 2007 änderte Enron seinen Namen in Enron Creditors Recovery Corporation. Ziel der Gesellschaft wurde die Auszahlung der Gläubiger und die Abwicklung der Firma.
  • Im November 2004 überwand Enron die Insolvenz und das neue board of directors verklagte 11 Finanzinstitute, darunter die Royal Bank of Scotland, die Deutsche bank und die Citigroup, weil sie Lay, Fastow, Skilling und anderen geholfen hätten, die wahren finanziellen Verhältnisse von Enron zu verschleiern. Bis 2008 hatte sich Enron mit allen geeinigt und konnte nahezu 20 Mio. US-Dollar unter den Gläubigern verteilen.

Bilanzfälschung

Zum Modus Operandi gehörten:

  • Verkäufe von Waren (z. B. Erdgas) als Termingeschäft (d. h. ein in der Gegenwart vereinbartes Geschäft wird erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt) wurden bereits von Anfang an als Erträge gebucht. Zudem wurden ähnliche Geschäfte zum Einkauf derartiger Waren nicht als Aufwand gebucht. Dadurch stieg der Gewinn (und damit auch das Eigenkapital) in der Berichtsperiode.
  • Enron ging dazu über, solche Geschäfte mit in ausländischen Steuerparadiesen gegründeten anonymen „Offshore“-Gesellschaften abzuschließen, die unter der Kontrolle von Enron oder dessen Führungskräften standen, aber nicht in den Konsolidierungskreis des Konzernabschlusses des Enron-Konzerns einbezogen wurden. Enron machte praktisch Geschäfte mit sich selbst. Der Konzern wies die „Einnahmen“ aus diesen Geschäften in der eigenen Bilanz aus.
  • Weiterhin begann die Firma, die „Käufe“ der Off-Shore-Gesellschaften von Banken vorfinanzieren zu lassen, sodass sich der Konzern über seine anonymen Tochtergesellschaften verschuldete, ohne dass dies in der Konzernbilanz offenbar wurde.

Gerichtliche Aufarbeitung

Die durch die Insolvenz geschädigten Aktionäre (darunter viele ehemalige Enron-Angestellte, die durch den Zusammenbruch des Konzerns nahezu ihr gesamtes Vermögen einbüßten) sowie Inhaber von Enron-Anleihen versuchten, sich zumindest einen kleinen Teil ihrer Forderungen gerichtlich zusprechen zu lassen. Dabei kam es bislang zu folgenden gerichtlichen Vergleichen:

Kläger Entschädigung (Mio. $) Lehman Brothers 222,5 Bank of America 69 Arthur Andersen 40 Citigroup 2000 JP Morgan Chase 2200 CIBC-Bank (Kanada) 2400 Summe: 7100

Den im Rahmen der Vergleiche erzielten Entschädigungen in Höhe von 7,1 Mrd. US-Dollar stand ein durch die Insolvenz vernichteter Börsenwert von 60 Mrd. US-Dollar gegenüber.

Von Enron selbst erhielten die Gläubiger ab November 2004 ca. 5,8 Mrd. US-Dollar. Davon zahlte Enron im April 2006 4,1 Mrd. US-Dollar in bar und 568 Mio. US-Dollar in Aktien der Portland General Electric Company (PGE). Nach eigenen Angaben verfügte Enron zur Erfüllung umstrittener Ansprüche noch über Reserven in Form von 4,7 Mrd. US-Dollar in bar und 745 Mio. US-Dollar PGE-Aktien.

Im Januar 2005 wurden Mitglieder von Enrons ehemaligem Board of Directors zu einer Entschädigungssumme von insgesamt 168 Mio. US-Dollar verurteilt. 13 Mio. US-Dollar waren unmittelbar von den 10 betroffenen Verwaltungsräten aus ihrem Privatvermögen zu entrichten. Der Rest wurde durch Haftpflichtversicherungen (D&O-Versicherungen) der Verurteilten abgedeckt. Der Zugriff auf das Privatvermögen sollte die persönliche Verantwortung der Verwaltungsräte deutlich machen.

Neben den Zivilklagen waren zahlreiche Strafverfahren wegen Betrugs gegen die ehemaligen Angehörigen des Enron-Managements anhängig, die im Frühjahr 2005 zur Verhandlung anstanden. Zu den Beklagten zählten u. a.:

  • Kenneth Ken Lay, CEO (Enron-Gründer)
  • Jeffrey Skilling, CEO
  • Andrew Fastow, CFO

Nur Fastow legte ein Schuldeingeständnis ab und stellte sich als Belastungszeuge zur Verfügung.

Richard Causey, der frühere Chefbuchhalter, bekannte sich am 28. Dezember 2005 vor Gericht des Wertpapierbetrugs schuldig. Er gab zu, öffentlich falsche Angaben gemacht zu haben, um Investoren zu betrügen. Er war wie auch seine Ex-Chefs wegen Verschwörung angeklagt. Vor Causey hatten sich rund 20 frühere Enron-Manager in dem Pleiteskandal für schuldig bekannt. Im November 2006 wurde Causey zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.

Am 25. Mai 2006 sprach ein Geschworenengericht den Gründer des Konzerns, Kenneth Lay, und den früheren Enron-Chef Jeffrey Skilling des Betruges schuldig. Jedoch starb Kenneth Lay im Juli 2006 an Herzversagen, noch bevor das Strafmaß verkündet werden konnte. Der ehemalige Finanzchef Andrew Fastow, der als Kronzeuge in dem Prozess auftrat und beide Chefs schwer belastete, erhielt im September 2006 eine zehnjährige Gefängnisstrafe, die durch die Abmachung mit der Staatsanwaltschaft, dass er gegen andere Enron-Mitarbeiter aussagen wird, noch als niedrig anzusehen ist. Jeffrey Skilling wurde im Oktober 2006 wegen Betrugs zu 24 Jahren Haft verurteilt. Er trat seine Haftstrafe im Januar 2007 an.

Filme

  • Enron: The Smartest Guys in the Room (2005), Dokumentarfilm, siehe [1]
  • 2005 nahm man im Film Dick und Jane unmissverständlich Bezug auf die ehemaligen Enron-Manager
  • The Crooked E: The Unshredded Truth About Enron (2003), US TV-Film, nicht in deutscher Sprache erhältlich
  • Bigger Than Enron. Why the largest business scandal in American history is just the tip of the iceberg - and why investors should care, TV-Dokumentarfilm, PBS 2002, online abrufbar unter: http://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/regulation/

Literatur

  • Kurt Eichenwald: Verschwörung der Narren. Bertelsmann, München, 2006. ISBN 3-570-00910-6
  • Reinhard Blomert: Die Habgierigen. Kunstmann, München, 2003. ISBN 978-3888973284

Quellen

1. ↑ Joseph Stiglitz: The Roaring Nineties, Penguin Books 2003, S. 241 - 268

Weblinks

  • Enron - Chronik einer Rekord-Pleite

Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Enron“