Drogen sind keine Angelegenheit des Strafrechts

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Regulation als Grundform der Drogenkontrolle

Drogen waren immer schon Gegenstand sozialer Kontrolle. Die Grundform dieser Kontrolle ist die autonome informelle kulturelle Kontrolle (Enkulturation) durch Regeln und Rituale, die Zeit, Ort und Art des Konsums festlegen. Schamanen. Symposion, Symposiarch.

Später treten Staat und Recht hinzu. Steuern werden erhoben, Produktion und Distribution werden reguliert.

Prohibition als Sonderform der Drogenkontrolle

Prohibition. Das Ziel der Vernichtung von Drogen wird vor allem dann verfolgt, wenn die Droge nicht enkulturiert ist und wenn man die Enkulturation fürchtet. Man fürchtet sie, weil sie mit schweren Schäden für die eigene Bevölkerung assoziiert wird und/oder mit Angriffen von außerhalb der Gesellschaft, mit "Anderen", die entweder minderwertig sind im Vergleich zur eigenen, schützenswerten Kultur, oder feindlich gesonnen.

Diese Anderen können innerhalb der Gesellschaft angesiedelt sein (Unterschicht; Häretiker) oder außerhalb (fremde Völker). Beispiel: Migranten (Chinesen in Kalifornien; katholischer Einwanderer in die USA), Sufismus im orthodoxen Islam, Bürgertum vs. Adel in den Kaffeehäusern Englands; Preuße

In diesen Fällen werden Drogen wie Feinde behandelt. Man bekämpft die Drogen, weil man die Gebraucher bekämpfen will. Murad IV. Todesstrafen für Drogenhändler und -konsumenten. Statuspolitik: man zeigt mit der Drogenpolitik, wer hier das Sagen hat. Allgemeingültigkeit der Werte und Normen, des Lebensstils derjenigen Partikularinteressen, die sich von neuen aufstrebenden und anderen Kulturen und ihren Lebensweisen bedroht fühlen. Gusfield. Kulturkampf.

Prohibition im Rechtsstaat

Im Rechtsstaat ist das Mittel des Strafrechts aber kein beliebig einsetzbares Instrument. Es darf nicht zur Verfolgung politischer Ziele wie etwa der öffentlichen Wohlfahrt, der Gesundheitspolitik usw. benutzt werden. Man könnte die Lebenserwartung der Bevölkerung durch eine strafrechtsgestütze Gesundheitspolitik erhöhen: Butter oder bestimmte fettige oder Süßigkeiten unter Strafe stellen. Aber das wäre nicht erlaubt - jedenfalls nicht im Rechtsstaat, wo das Strafrecht auf den Schutz von Rechtsgütern vor bestimmten Angriffen beschränkt ist. Jeder darf im Rechtsstaat tun und lassen, was er will, solange er nicht die Rechte Dritter verletzt. Ich kann Dritten Schaden zufügen, solange ich nicht in seine Rechte eingreife.

Prohibition zerstört den Rechtsstaat. Mexiko. Läuft entweder leer mangels struktureller Kopplung oder die Prohibition zerstört das Recht selbst oder den Gegenstand der Kontrolle (die Gesellschaft, das Leben...)


Neutralisationstechniken im Drogenrecht

Drogen sind kein Gut, sondern ein Ungut. Ein vernünftiger Mensch nimmt keine Drogen. Die Drogen beherrschen den Menschen und lassen ihn seinen eigenen Willen und seine Fähigkeit zur Entscheidung verlieren. Deshalb sind die Drogen kein Gegenstand der pursuit of happiness, bzw. der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Das ist empirisch falsch. Cannabis: die aktuellen Legalisierungstendenzen. Läuft super in den USA.

Die Vernichtung verliert an Glaubwürdigkeit. Und man merkt auch, dass es rechtlich nicht in Ordnung wäre, die Vernichtungsziele aufrecht zu erhalten.

Vorbild Homosexualität?

Ist die Problemkarriere am Ende? Homosexualität.

Wandel der moralischen Bewertung und der Wesensbestimmung von Homosexualität. Bei Drogen analog?

Zwei Optionen: entweder die Einstellung zu Drogen bleibt wie sie ist (und Cannabis wird als Fehlklassifikation angesehen) oder die Einstellung zu Cannabis greift auf die Einstellung zu den anderen Drogen über.

Drogenverbote schaden mehr als sie nützen. Sie schränken die Zahl der Konsumenten ein, aber die zusätzlichen Schäden durch die Strafverfolgung überwiegen bei weitem die vermiedenen Schäden durch den Konsum. Hinzu kommt: die vermiedenen Schäden sind freiwillige Risiken, die von den Konsumenten eingegangen werden (würden). Die zusätzlichen Schäden hingegen sind formelle und informelle Sanktionen für ein Verhalten, das an sich nicht strafwürdig ist, weil es keine Rechte Dritter verletzt. Die Bestrafung wegen solcher Taten verletzt Grundprinzipien des Rechtsstaats und hat eine Reihe negativer Konsequenzen für Staat, Gesellschaft und Individuen.

Es gibt rechtliche Regulierungen für heute legale Drogen, die als Vorbild für eine post-prohibitionistische Politik dienen können. Alkohol und Tabak.