Die Ermordung des Jürgen Ponto

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Jürgen Ponto, der Vorstandssprecher der Dresdner Bank und einer der mächtigsten Manager der Bundesrepublik, wird am 30. Juli 1977 bei einem Entfürhungsversuch in seinem Haus in Oberursel von den damaligen RAF-Mitgliedern Christian Klar und Brigitte Monhaupt erschossen. Susanne Albrecht hatte den Besuch bei der befreundeten Familie Ponto zuvor angekündigt und so den Eintritt in das Haus der Familie ermöglicht. Tatbeteiligt waren außerdem Peter-Jürgen Boock und Sieglinde Hofman.


befreundete Familien

Jürgen Ponto lernte Hans-Peter Albrecht, den Vater von Susanne Albrecht, in einem juristischen Seminar an der Universität Hamburg kennen. Beide studierten Jura. Beide interessierten sich für den Wiederaufbau der Universität und für Politik. Über 30 Jahre waren sie befreundet. Während dieser Zeit wurde die jüngere Schwester von Susanne Albrecht, Julia Albrecht, Pontos Patentochter. Hans-Peter Albrecht hingegen war Corinna Pontos Pate, Jürgen Pontos Tochter.

Treffen mit Sieglinde Hoffmann und Stefan Wiesniewski

Ende Mai 1977 kommt Susanne Albrecht von einem Besuch in der Schweiz zurück. Auf halber Strecke übernachtet sie in Frankfurt bei den Pontos. Von der Übernachtung erzählt Albrecht wenige Tage später Volker Speitel, der mit den RAF-Illegalen Kontakt hält. Als Sepitel RAF-Mitgliedern von Albrecht und Ponto berichtet, vereinbaren zwei ein Treffen mit ihr: Sieglinde Hofman und Stefan Wisniewski. Peters beschreibt in seinem Buch "Tödlicher Irrtum - Die Geschichte der RAF" die Begegnung folgendermaßen: "Ponto wird entführt", erklären die beiden ihr bei dem Treffen in Köln: "Mach mit!" Das Ziel der Entführung, die Befreiung der Gefangenen, findet Susanne Albrecht richtig, sagt sich aber: "Illegale unterstützen ist für mich eine Sache, abtauchen eine andere." Beim dritten Treffen sagen ihr die beiden: "So oder so, Ponto wird entführt" - und fügen hinzu: "Machst du nicht mit, wird´s brutal - mit Blutvergießen auf der Straße. Oder du machst mit..." Ende 1977 zeiht sie in eine konspirative Wohnung in Frankfurt ein. Sie erhält einen gefälschten Ausweis und eine Pistole - wie jeder, der zur RAF stößt.

30. Juli 1977

Am 29. Juli 1977 verabredet sich Susanne Albrecht telefonisch mit Jürgen Ponto für ein Treffen in seinem Haus am Folgetag. Am Samstag, dem 30. Juli, saßen Jürgen Ponto und seine Frau Ignes auf der Terrasse ihrer Villa. Die beiden wollten am Abend nach Südamerika fliegen. Susanne Albrecht, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar erschienen um 17:05 Uhr – eine halbe Stunde später als angekündigt. Peter-Jürgen Boock wartete draußen im Wagen. Nichts ahnend begrüßte Ponto die drei Besucher, bat sie auf die Terrasse und wollte eine Vase für die von Susanne Albrecht mitgebrachten Rosen holen. In unbemerkter Gegenwart von Pontos Frau teilte Klar ihm mit, er solle von der RAF entführt werden. "Erstarrt sehe ich den bleichen Mann und Jürgen. vom Außenlicht nur schwach beleuchtet, vor dem Esstisch stehen. Beide halten einem Arm hochgestreckt, wo die Arme zusammengkommen, ragt eine Pistole. Jürgen hat die Pistole in Selbstverteidigung dem Mann [Christian Klar] entwinden wollen [...]. Sekunden danach lebt er nicht mehr, denn die andere Frau [Brigitte Mohnhaupt] kommt durch die Terassentür hereingestürmt, hereingestürzt und feuert viele Male [...]. Die Mörder rasen, angeführt von Susanne, aus dem Zimmer" (Bericht von Ignes Ponto in: Albrecht/Ponto 2011: 22 f.). Als Ponto sich zur Wehr setzte, schossen Klar und Mohnhaupt mehrere Male auf Ponto, der schwer verletzt zu Boden sank. Danach stürzten Klar, Mohnhaupt und Albrecht aus dem Haus und flohen mit dem von Boock gesteuerten Ford Granada. Jürgen Ponto erlag später in der Universitätsklinik Frankfurt seinen Verletzungen. Der Bankier hinterließ seine Frau Ignes, sowie zwei Kinder. Nach dem Attentat zogen diese in die USA.

Beerdigung

Am 5. August 1977 fand die Trauerfeier für Jürgen Ponto in der Frankfurter Paulskirche statt. Während der Feier explodiert ein Sprengsatz in einem Gartenhaus auf dem Grundstück der Familie Ponto.

Bekennerschreiben

Am 14. August 1977 erhält die dpa in Hamburg das von Susanne Albrecht unterschriebene Bekennerschreiben zum Mord an Jürgen Ponto. Laut Corinna Ponto ist das das einzige nach einer Gewalttat verbreitete Schreiben in der RAF-Geschichte, das eine persönliche Unterschrift trägt.

"Wir haben in einer Situation, in der Bundesanwaltschaft und Staatsschutz zum Massaker an den Gefangenen ausgeholt haben, nichts für lange Erklärungen übrig. Zu Ponto und den Schüssen, die ihn jetzt in Oberursel trafen, sagen wir, daß uns nicht klar genug war, daß diese Typen, die in der Dritten Welt Kriege auslösen und Völker ausrotten, vor der Gewalt, wenn sie ihnen im eigenen Haus gegenübertritt, fassungslos stehen. Das Staatsschutzgeschmier von 'Big Money' ist Dreck wie alles, was zu der Aktion gesagt worden ist. Es geht natürlich immer zuerst darum, das Neue gegen das Alte zu stellen, und das heißt hier: Den Kampf, für den es keine Gefängnisse gibt, gegen das Universum der Kohle, in dem alles Gefängnis ist" ' (Susanne Albrecht aus einem Kommando der RAF in: Rote Armee Fraktion - Texte und Materialien zur Geschichte der RAF).

Zuvor hatte im Februar 1977 eine gerade aus der Haft in Stuttgart-Stammheim Entlasse die Forderungen der Gefangenen in Stammheim an die neu formierte RAF übermittelt. Darunter die sofortige Befreiungsaktion der Inhaftierten RAF-Mitglieder. Für diese Aktion sollten die Entführungen von "öffentlichen Personen" dienen. Nach dem Misserfolg des Entführungsversuches an Ponto, konzentrierten sich die RAF-Mitglieder auf Hanns-Martn Schleyer.

Verurteilung

Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar, Peter-Jürgen Boock, Sieglinde Hofmann und Susanne Albrecht wurden unter anderem wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord an Jürgen Ponto verurteilt. Pontos Ermordung stellte nach der von Siegfried Buback einen weiteren Teil der sogenannten Offensive 77 dar. Die Beteiligten gaben an, es habe bei der versuchten Entführung ein Gerangel gegeben. So gingen auch die Gerichte zunächst davon aus: Der Zweite Strafsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart schrieb in seinem Urteil von 1984: „Während sich Jürgen Ponto so heftig wehrte, löste sich aus dieser Waffe ein Schuss. …“ Der Fünfte Strafsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart stellte 1985 fest: „Angesichts des entschlossenen Widerstandes von Ponto erkannten die Täter, dass die beabsichtigte Entführung unmöglich geworden und die ‚Aktion‘ gescheitert war.“ Doch Susanne Albrecht berichtete nach ihrer Festnahme 1990, dass die Ermordung Pontos ohne jeglichen Widerstand des Opfers zusatnde kam. Im Gerichtsverfahren von Susanne Albrecht stellte dann auch der fünfte Strafsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart fest, dass zwischen Ponto und den damaligen RAF-Mitgliedern kein Gerangel stattfand. Gemäß einer von der Witwe Pontos im Jahr 2009 gemachten Aussage soll es aber tatsächlich zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen Ponto und Klar gekommen sein, in deren Verlauf Ponto von der dazukommenden Brigitte Mohnhaupt erschossen worden sein soll. Dieses bestätigt wiederum die Erkenntnisse aus den Verhandlungen gegen Klar und Mohnhaupt.

  • Susanne Albrecht wurde am 3. Juni 1991 zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die sie nur zum geringeren Teil absaß.
  • Im Mai 1984 und November 1986 kam es zur Verurteilung des Peter-Jürgen Boock (u.a. wegen Beteiligung an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto und der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer) zu einer mehrfach lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Nach 17 Jahren Haft wurde Boock am 13. März 1998 entlassen.
  • Wegen ihrer Mitgliedschaft in der RAF und versuchter Entführung des Bankiers Jürgen Ponto wurde Sieglinde Hofmann zu 15 Jahren verurteilt.
  • Christian Klar wurde 1985 vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen neunfachen, gemeinschaftlich begangenen Mordes und elffachen Mordversuchs verurteilt, unter anderem auch wegen des Mordes an Jürgen Ponto.
  • 1978 Brigitte Mohnhaupt verhaftet worden. Trotz des politischen Drucks der BRD hat Jugoslawien sie nach 6 Monaten freigelassen. Brigitte wurde erneut 1982 verhaftet und wegen aller RAF-Aktionen des Jahres 1977 und wegen des Angriffs auf den Nato-General F. Kroesen (1981) zu 5mal lebenslänglich verurteilt. Die Bundesanwaltschaft beantragte 24 Jahre Mindest haft.

Literatur

  • Albrecht, Susanne/Ponto, Corinna (2011): Patentöchter. Im Schatten der RAF - ein Dialog. 1. Auflage. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln.
  • Boock, Peter-Jürgen (2002): Die Entführung und Ermordung des Hanns-Martin Schleyer. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main.
  • Peters, Butz (2007): Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main.

Weblinks