Datensammlung

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
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Das Sammeln von Informationen über Personen, Sachverhalte und Zusammenhänge ist konstitutiver Teil des Informationszeitalters. Eine besondere Rolle spielt die Digitalisierung der Datensammlung und -verarbeitung (EDV; IT). Sammler sind vor allem staatliche und ökonomische Akteure. Kriminologisch relevant ist die Sammlung von Daten in mehrfacher Hinsicht:

  • Sammeln von Daten über Delikte, Tatverdächtige und Verurteilte
  • Sammeln von Daten zum Zweck der Identifizierung von Tätern
  • Sammeln von Daten außerhalb der gesetzlichen Grenzen (unerlaubte und strafbare Datensammlung)
  • Unerlaubte und strafbare Veräußerung oder Zurverfügungstellung von erlaubt oder unerlaubt gesammelten Daten

Datensammler

  • Versicherer sammeln relativ unbeachtet große Datenmengen über ihre Kunden. Sieben Sparten (Kfz, Unfall, Rechtsschutz, Sach, Leben, Transport, Haftpflicht) beteiligen sich an einem Register, das dem Ziel der Identifizierung von Betrugsfällen und Betrügern dient. Die Kriterien für die Aufnahme in das entsprechende Register führen, werden nicht veröffentlicht. Die Kfz-Versicherer melden rund eine Million Fälle pro Jahr, die Unfallversicherungen nur 500. Im allgemeinen erhalten diejenigen, die gemeldet werden, keine Nachricht.
  • Telefongesellschaften speichern Name, Adresse und Bankverbindung sowie dataillierte Verbindungsdaten (von welchem Anschluss aus wurde welche Nummer wanngewählt und wie lange dauerte das Gespräch?). Diese Daten müssen für die deutschen Strafverfolgungsbehörden mindestens sechs Monate gespeichert werden.
  • Steuerbehörden teilen seit August 2008 jedem Bundesbürger eine Steueridentifikationsnummer zu. Die Zahlenkombination besteht aus einer verschlüsselten Kombination von Namen, früheren Namen, Titel, Anschrift, Geschlecht, Geburtstag und Geburtsort. Die Nummer überlebt ihren Besitzer und erlischt erst 20 Jahre nach seinem Tod.
  • Die Polizei macht - z.B. für Verkehrskontrollen - per Inpol-neu verschiedene Daten im Bundeskriminalamt sowie in den Datenbanken der Bundesländer den Streifenpolizisten. Gespeichert sind alle, gegen die ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde oder die wegen eines Verdachts festgenommen wurden. Bei Ausländern kann die Polizei mögliche Verstöß0e im Ausländerzentralregister (AZR) abfragen.
  • Die Antiterrordatei wurde 2007 beim BKA eingerichtet. Eingespeist wurden 334 Datenbankdateien und 511 Protokolldateien. 38 Sicherheitsbehörden ist der Zugriff auf Informationen über mutmaßliche Terroristen und deren Organisationen gestattet. Grunddaten sind allen Beteiligten zugöänglich; nur mit Zustimmung der speichernden Behörde werden E-Mail-Adressen, Bankverbindungen und Waffenkenntnisse sowie Reiserouten weitergegeben. Zu Beginn waren 13 000 Namen von potentiellen Terroristen udn Kontaktpersonen verfügbar.
  • Kundenkarten von Versandhäusern, Kaufhäusern und anderen Unternehmen, von denen jeder Bundesbürger im Durchschnitt vier Stück herumträgt - wie z.B. Payback - enthalten meist neben Namen, Geburtsjahr, Adresse, Telefon- und Handynummer auch E-Mail-Adresse, Haushaltsgröße, Familienstand, Einkommen, Beruf und manchmal auch nach Hobbies. Die Daten werden 10 Jahre lang gespeichert.
  • Auskunfteien und Inkassounternehmen wie z.B. die Schufa verfügen über den größten Datenpool zur Beurteilung des Zahlungsverhaltens der erwachsenen Bürger in Deutschland: 65 Millionen Personen und 433 Millionen Informationen, die von 4500 Vertragspartnern genutzt werden. Das Unternehmen Creditreform verfügen über mehr als 60 Millionen personenbezogene Dateien. Die Bertelsmann-Tocher infoscore verfügt über mehr als 40 Millionen Negativmerkamle zu 7,7 Millionen Personen. Daneben verfügt die Schober Information Grroup über 50 Millionen Privatadressen mit 10 Milliarden Zusatzinformationen, über mehr als 7 Millionen private E-Mail-Adressen und Mobilfunknummern und über die Daten von 5 Millionen Konsumten.
  • Polizeiliches Autokennzeichen-Scannen zur Identifizierung von gestohlenen Autos oder Straftätern, deren Autokennzeichen bekannt sind. In Schleswig-Holstein fand die Polizei, die mit einer Digitalkameran die Front von vorbeifahrenden Fahrzeugen scannte, bei 130 000 abgelesenen Kennzeichen 26 "hits". Das Verfassungsgericht untersagte diese Art der Datensammlung wegen Verletzung der Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.
  • Internetnutzer begeben sich - z.B. wenn sie zu den 280 Millionen Nutzern von Hotmail gehören - ihrer Namen, Wohnorte, Geburtsdaten usw.;ob ihre Werbe-e-Mails im Posteingang tatsächlich geöffnet wurden, kann mittels sog. Web-Wanzen kontrolliert werden. Über die IP-Adresse wird jede Bewegung im Internet einem Computer zugeordnet.
  • Soziale Netzwerke (StudiVZ, Facebook, MySpace, StayFriends, Xing etc.) sammeln Informationen über die Benutzer und verwenden sie für zielgerichtete Werbung.
  • Die DNA-Bank des BKA enthält 2008 fast 700.000 Datensätze, davon drei Viertel menschliche DNA-Muster - die übrigen DAteien sind Tatorspuren. Jeden Monat kommen 10 000 neue Datensätze dazu. Die ermittelnde Dienststelle sendet dem BKA anonym DNA-fähiges Material zu (Knochen, Haare usw.), das dann entschlüsselt in die Datei eingestellt wird. Mehr als 50.000 Straftaten wurden mit Hilfe der Datei aufgeklärt.


Quellen

  • Nichts bleibt privat. Staat und Privatwirtschaft sammeln von den Deutschen unzählige persönliche Informationen. Ein Überblick. DIE ZEIT 14. August 2008: 24 (www.zeit.de/datenschutz)