Credit Default Swap (CDS)

Der zur Gruppe der Kreditderivate gehörende Credit Default Swap (CDS) stellt eine Art Versicherung gegen die Nichtrückzahlung eines Kredits durch den Schuldner - also den "Ausfall" des Kredits - dar. Dabei kann es sich um Bankkredite, Hypotheken oder Anleihen handeln. Wenn der Schuldner nicht zahlen kann, erhält der Gläubiger den Betrag durch den Kreditversicherer. Der Kreditversicherer ist in der Praxis häufig eine Bank oder ein Hedge-Fonds. Wie bei richtigen Versicherungen auch erhält der Kreditversicherer eine Gebühr für die Übernahme des Risikos. Häufig erhält er sowohl beim Abschluss eine einmalige Gebühr (sog. Upfront) als auch eine regelmäßige (z.B. viertel- oder halbjährliche) Gebühr. Eine Besonderheit beim CDS ist, dass der Sicherungsnehmer die Ausgleichszahlung unabhängig davon erhält, ob ihm durch den Ausfall des Kredit-Schuldners (Fachausdruck: Referenzschuldners) überhaupt ein Schaden entsteht. Credit Default Swaps sind also ein Instrument, mit dem unabhängig von bestehenden Kreditbeziehungen Kreditrisiken gehandelt werden können.

Die faktische Bedeutung der CDS im Handel mit Ausfallrisiken von Krediten, Anleihen oder Schuldnernamen stieg zu Beginn des 21. Jahrhunderts rapide an. Lag der weltweite Bestand an CDS im 2. Halbjahr 2004 noch unter 10 Bio. US-Dollar, so stieg er bis zum zweiten Halbjahr 2007 auf über 60 Billionen US-Dollar an. Die Finanzkrise reduzierte den Bestand dann im 1. Halbjahr 2008 auf 50-60 Billionen Dollar.

Beispiel

Am 1.1.2005 wird der Vertrag über den Credit Default Swap abgeschlossen. Es werden vereinbart:

  • der Referenzschuldner und die Höhe der Schuld (Basiswert)
  • die Art des durch den CDS zu versichernden Kreditereignisses (z. B. Insolvenz, Zahlungsverzug oder Umschuldung), das die Leistungspflicht auslöst
  • Referenzaktiva (Anleihen, Kredite) des Referenzschuldners, anhand deren bestimmte Kreditereignisse (z. B. Zahlungsverzug) festgestellt werden können
  • Startzeitpunkt und Laufzeit (z.B. 6 Jahre)
  • Nominalwert des Vertrags (z. B. 200 Mio. EUR)
  • Prämienhöhe (z. B. 500 Basispunkte = 5%) sowie gegebenenfalls die Höhe der beim Vertragsabschluss zu zahlenden Ausgleichszahlung („Upfront“)
  • Art der Leistung durch den Sicherungsgeber bei Eintritt des Kreditereignisses
  • Der Preis (also die Prämie) eines CDS hängt von der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit und der erwarteten Recovery Rate ab. Die Höhe der Prämie wird üblicherweise in Basispunkten angegeben. Eine Prämie von 500 Basispunkten bedeutet, dass bei einem Kontraktvolumen von 200 Mio. EUR eine Prämienzahlung von 10 Mio. EUR pro Jahr zu leisten ist (5% von 200 Mio. EUR), ggf. anteilig quartalsweise oder halbjährlich
  • Der Sicherungsnehmer zahlt zu den vereinbarten Zeitpunkten, aber längstens bis zum Eintritt des Kreditereignisses

Bis Mitte 2009 war es üblich, dass der Sicherungsnehmer eine Prämie zahlte, die die Markteinschätzung der Bonität des Referenzschuldners bei Vertragsabschluss direkt spiegelte. 2009 wurde erst in den USA und dann in Europa als neuer Standard eingeführt, dass der Sicherungsnehmer eine feste Prämie zahlt („Kupon“; für US-amerikanische CDS haben die Standardkupons eine Höhe von 100 bp und 500 bp). Da diese Prämie in den meisten Fällen nicht mehr der Bonität des Referenzschuldners entsprechen wird, muss eine Vertragspartei zum Vertragsstart eine Ausgleichszahlung leisten, die die Differenz zwischen der festen Prämie und der risikoadäquaten Prämie ausgleicht. Diese Form der Prämienzahlung war zuvor bereits bei einigen CDS auf Credit Default Swap Indices üblich. Sie soll die Verrechnung von verschiedenen Kontrakten über mehrere Kontrahenten hinweg erleichtern.

Beim Eintritt des Kreditereignisses erbringt der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer die vertraglich vereinbarte Leistung. Dies erfolgt entweder so, dass er dem Sicherungsnehmer den Nominalwert des Kontrakts (im Beispiel 200 Mio EUR) zahlt, während der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber Aktiva des Referenzschuldners in Höhe dieses Nominalwerts übereignet („Zahlung und Lieferung“ oder „physical delivery“) - oder aber der Sicherungsgeber zahlt dem Sicherungsnehmer den Wertverlust des Referenzaktivums („Barausgleich“ oder „cash settlement“).

Eine Schwierigkeit beim Barausgleich ist, dass zur Bestimmung des Wertverlustes des Referenzaktivums dessen Marktpreis nach dem Kreditereignis (Recovery Rate) bestimmt werden muss. Da die ausgefallenen Instrumente dann oft illiquide sind, wird die Recovery Rate normalerweise als Mittelwert der Preisstellungen mehrerer Händler über mehrere Tage ermittelt.

Die übliche Vertragsform war bis zur ersten Jahreshälfte 2009 auf Grund dieser Schwierigkeiten „Zahlung und Lieferung“. Welche Aktiva der Sicherungsnehmer liefern kann, wurde bei Vertragsabschluss festgelegt. Normalerweise handelte es sich dabei um eine Untermenge der Referenzaktiva. Im Fall, dass der Sicherungsnehmer die abgesicherten Aktiva bei Eintritt des Kreditereignisses nicht im Bestand hatte, muss er diese am Markt kaufen. Sollten zahlreiche Marktakteure auf diese Art auf den Ausfall eines Schuldners spekuliert haben, kann die plötzliche Nachfrage nach den ausgefallenen Aktiva deren Preis stark nach oben treiben („Squeeze“). Um dieses zu umgehen, wurde in der ersten Jahreshälfte 2009 das „auction settlement“ zur üblichen Vertragsform.

Dieses ist dem dem Barausgleich sehr ähnlich. Hier wird ebenfalls der Wertverlust des Referenzaktivums gezahlt. Dabei wird aber nicht der Mittelwert der Preisstellung als Recovery Rate genommen, sondern die betroffenen Aktiva werden in einer Auktion versteigert und so der Preis der Aktiva und somit auch die Höhe der Vertragszahlung bestimmt.

Sonderformen

  • Bei einem Digital Credit Default Swap oder Digital Default Swap (DDS) wird vom Sicherungsgeber beim Kreditereignis eine feste, vorher vereinbarte Ausgleichszahlung geleistet. Der Wert eines DDS hängt daher nur von der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit, nicht aber von der erwarteten Recovery Rate ab.
  • Ein Recovery Swap oder Recovery Rate Swap ist eine Kombination aus einem normalen Credit Default Swap und einem Digital Default Swap, wobei die Kontrahenten jeweils für eine Komponente Sicherungsgeber und für die andere Sicherungsnehmer sind. Die Ausgleichszahlung des DDS wird so vereinbart, dass sich die Prämienzahlungen aus CDS und DDS gerade aufheben (damit erfolgen während der Laufzeit des Geschäfts keine Prämienzahlungen). Im Falle eines Kreditereignisses zahlt der Sicherungsgeber aus dem CDS den Wertverlust des Referenzaktivums und erhält vom Sicherungsgeber des DDS die feste Ausgleichszahlung. Er hat damit den tatsächlichen Wertverlust gegen den erwarteten getauscht, der in der Festlegung des Ausgleichzahlung des DDS seinen Niederschlag fand. Recovery Rate Swaps bieten somit die Möglichkeit, die erwartete Recovery Rate unabhängig von der Ausfallwahrscheinlichkeit zu handeln.
  • Basket Credit Default Swaps beziehen sich nicht auf einen einzelnen Basiswert, sondern auf ein Portfolio (einen „Korb“) von Referenzschuldnern.
  • Bei einem First to Default Swap erfolgt eine fest vereinbarte Ausgleichszahlung, wenn für irgendeinen der Schuldner ein Kreditereignis eintritt. Die Prämie für einen Basket CDS ist vergleichsweise hoch, da die Wahrscheinlichkeit eines Kreditereignisses höher ist, als wenn nur ein Schuldner betrachtet würde.
  • Eine weitere Spielart sind nth to Default Swaps, bei denen erst bei dem n-ten Kreditereignis aus dem zu Grunde liegenden Portfolio eine Ausgleichszahlung geleistet wird.

Für die Preisfindung und Bewertung von Basket CDS sind nicht nur die erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit und die erwartete Recovery Rate der einzelnen Portfoliobestandteile zu berücksichtigen, sondern auch die erwartete Korrelation der einzelnen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Basket CDS bieten also die Möglichkeit, erwartete Ausfallkorrelationen zu handeln.

Risiken

Der Hauptrisikotreiber für einen CDS ist die am Markt gehandelte Prämie (der sog. CDS-Spread), die wiederum hauptsächlich von der Einschätzung der Bonität des Basiswertes durch die Marktteilnehmer abhängt. Eine Verbesserung der Bonitätseinschätzung führt zu einer Verringerung der CDS-Spreads, was den Marktwert des CDS für den Sicherungsnehmer sinken und für den Sicherungsgeber steigen lässt; diese Wertänderungen werden im Allgemeinen dem Marktpreisrisikos zugerechnet. Alternativ kann man dieses Hauptrisiko auch als Kreditrisiko betrachten: Der Sicherungsgeber trägt das Risiko der Kosten des Ausfalls des Basiswertes. Als weiteres Risiko enthält ein CDS wie jedes Derivat ein Kontrahentenrisiko (Wiedereindeckungsrisiko). Für den Sicherungsnehmer besteht dieses darin, dass er im Falle des Ausfalls des Sicherungsgebers – seines Kontrahenten – ggf. auf Grund negativer Entwicklungen beim Basiswert ein Ersatzgeschäft mit einer höheren Prämie abschließen muss oder im ungünstigsten Fall bei einem Kreditereignis keine Ausgleichzahlung erhält. Für den Sicherungsgeber ist das Wiedereindeckungsrisiko vergleichsweise gering. Es besteht es darin, dass der Sicherungsnehmer ausfällt und der Sicherungsgeber aus dem Ersatzgeschäft gegebenenfalls nur eine geringere Prämie erhält. Um das Wiedereindeckungsrisiko zu minimieren, ist es bei CDS wie bei anderen Derivaten üblich, dass die Partei, für die der CDS einen negativen Barwert hat, eine Sicherheitsleistung, auch Collateral gennannt, erbringt. Da der CDS periodisch mit den aktuellen Marktdaten neu bewertet wird, schwankt die Höhe des Collateral und es ändert sich zudem auch die Vertragspartei, die dieses zu leisten hat. Zur Verringerung der operationellen Risiken bei der Abwicklung von CDS, insbesondere von Rechtsrisiken, werden diese meist unter einem Rahmenvertrag abgeschlossen. Seit 1999 existieren CDS-Standardverträge von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA).

CDS Clearing

Zur Verringerung des Kontrahentenrisikos beim Handel mit CDS-Kontrakten gibt es seit der Finanzkrise ab 2007 weltweite Bemühungen den bis dahin ausschließlichen OTC-Handel durch Handel über einen zentralen Kontrahenten (CCP) zu ersetzen. Als weltweit erstes und bisher (Juli 2009) einziges Clearinghaus bietet seit März 2009 die IntercontinentalExchange das entsprechende CDS-Clearing an. Die Europäische Kommission schlägt zwecks Stabilisierung des Finanzsystems und zur erhöhten Transparenz ebenfalls vor, den CDS-Handel künftig über zentrale Clearingstellen abzuwickeln.

Kritik

  • George Soros fordert ein Verbot der Kreditderivate.
  • Warren Buffett bezeichnete die CDS im jährlichen Bericht seines Beteiligungsunternehmens Berkshire Hathaway als "finanzielle Massenvernichtungswaffen".
  • Da es im Wesen der CDS liegt, dass sie das Risiko, das mit einem Kredit verbunden ist, auf eine dritte Partei verlagern, ermöglichen sie es der kreditgebenden (und per CDS gegen den Kreditausfall versicherten) Bank, ihre Entscheidung über eine Verlängerung des Kredits - die für das kreditnehmende Unternehmen oft lebenswichtig ist - vom operativen Geschehen in dem betreffenden Unternehmen zu trennen. Mit anderen Worten: es kann für die Bank günstiger sein, den Kredit nicht zu verlängern und das Unternehmen pleite gehen zu lassen. Das Kreditrisiko ist ja versichert. Zumindest kann die Bank das Unternehmen "erpressen", weil die Bank in einer unangreifbaren Position ist. Das muss nicht auf böser Absicht beruhen. So kann es für Banken rational sein, ihre leichtfertig eingegangenen Kreditengagements zurückzufahren und für die noch ausstehenden Kredite eine höhere Unterlegung mit Eigenkapital oder eben erhöhte Zinsen zu fordern.
  • In der beginnenden Finanzkrise wurden die CDS z.B. vom US-Versicherungskonzern AIG für gezielte Spekulationen verwendet. Aus dem Instrument zur Absicherung gegen Kreditausfallrisiken wurde ein Wett-Instrument.

Literatur

  • Duffie, Darrell & Kenneth J. Singleton: Credit Risk: Pricing, Measurement, and Management. Princeton University Press, 2003, ISBN 0-691-09046-7.
  • Knop, Carsten (2009) Erpressung mit Credit Default Swaps. FAZ 14.07.09: 11.
  • Schönbucher, Phillip J.: Credit Derivates Pricing Models: Models, Pricing and Implementation. Wiley Finance Series, Mai 2003, ISBN 0-470-84291-1.

Weblinks

  • International Swaps and Derivatives Association (ISDA)
  • Monatsbericht der Bundesbank 12/2004 zum Thema (PDF; 327 kB)
  • Phillip J. Schönbucher: Credit Derivatives Pricing Models, John Wiley & Sons 2003, ISBN 0-470-84291-1
  • Europe prepares for changes to credit default swap contracts. In: Risk. Bd. 22, Nr. 5, 2009, ([http:// http://www.risk.net/public/showPage.html?page=855671]).
  • Hans-Werner Sinn: Kasino-Kapitalismus - Wie es zur Finanzkrise kam, und was jetzt zu tun ist.. Econ, Berlin 2009, ISBN 978-3-430

Dieser Beitrag basiert auf wikipedia deutsch Credit Default Swap.