Collateral Murder

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Die Hubschrauberpiloten schossen wie in einem Videospiel auf alles, was sie ins Visier nahmen. Walczak sieht den eigentlichen Skandal aber eher darin, dass sie ihre Vorgesetzten mit verzerrten Lagebeschreibungen "über die wahre Situation am Boden täuschten, um Schießbefehle zu erlangen, die den Einsatzregeln für den Häuserkampf offensichtlich widersprachen. So wurde ein Familienvater getötet, als er aus seinem Auto ausstieg, um dem verletzten Chmar zu helfen. Seine beiden Kinder, die im Wagen geblieben waren, wurden schwer verletzt. Ein unbeteiligter Passant starb, als die Besatzung eine Rakete in das Gebäude hinter ihm abfeuerte. - In der Schnittversion von Wikileaks taucht der Passant nicht auf. Auch in der längeren Fassung wird er in der Opferbilanz nicht mitgezählt. Stattdessen konzentrierte sich der Enthüllungscoup von 2010 auf die beiden Reuters-Journalisten, deren Namen bekannt und deren Tod bereits Gegenstand einer Klage der Agentur auf Herausgabe der Aufzeichnungen gewesen war. (Nur sie, mit Namen Nur-Eldin und Chmar) hatten ein Gesicht und eine Geschichte, der unbekannte Spaziergänger nicht" (Kilb 2012).

Walczak (2012): „Technischen Bildern eine Narrativität zuzuschreiben, die sie nicht besitzen können, und den darin Gefilmten erst eine Individualität geben zu wollen, die ihnen der Blick durch das Fadenkreuz zu nehmen im Begriff ist, blendet den erbarmungslosesten Teil des Aufgezeichneten aus.“

Kilb (2012): "Aber ohne diese Zuschreibung von Individualität, möchte man darauf antworten, gibt es kein Mitleid. Der Widerspruch zwischen der totalen Vernichtungskraft der Apparatur und der eingeschränkten Empfindungsfähigkeit des Menschen, den schon die Chronisten des Ersten Weltkriegs beschrieben haben, ist nicht aufzulösen. Er wird die Geschichte der Kriege im digitalen Zeitalter weiter begleiten."


Literatur

  • Walczak, Gerritt (2012) WikiLeaks und Videokrieg. Warum wir noch immer nicht wissen, was wir im ,Collateral Murder’-Video sahen, in: Mittelweg 36, Jg. 21, Heft 4.

Weblinks