Code of Silence

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Code of Silence bezeichnet innerhalb der polizeilichen Organisationkultur ein gruppendynamisches Verhalten von Polizisten, indem offensichtliche Absprachen, auffälliges Vergessen von Sachverhalten, systematische Verschleierung und das Verschwinden von Beweismitteln den polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen bzw. der gerichtlichen Hauptverhandlungen und Tataufklärungen im Weg stehen.


Wissenschaftlicher Diskurs

Behr (2009) distanziert sich von dem medial perpetuierten Begriff des Korpsgeistes, da dieser vielmehr Ursprunges eines kriegsähnlichen Zustandes, wodurch die Umwelt in eine feindliche und harmonische dichotomisiert wird.

Weiterhin bezweifelt er, dass es einen über alle strafenden Instanzen hinausgehenden Korpsgeist gibt, dementiert dabei aber nicht, dass es eine deviante subkulturelle Polizeikultur geben kann, in der die Mauer des Schweigens aufrechterhalten wird. Behr adaptiert für diese Verhaltensweisen den englischen Begriff des Code of Silence (Brown 1997). Andere deutschsprachige Autoren fassen diese Haltungen unter Begriffen, des Schweigegelübtes (Feltes) oder der defensive Solidarität (Ohlemacher) zusammen.

Unabhängig von den jeweiligen Bezeichnungen herrscht Einigkeit darüber, dass der Code of Silence ausschließlich dann angewendet wird, wenn diesem andere Verbindlichkeiten vorangestellt sind. Solche Verbindlichkeiten können sein:

  • gruppendynamische Prozesse (Schutz der Gefahrengemeinschaft/ des sozialen Nahraum und Sicherung der eigenen Loyalität)
  • Angst vor Exklusion aus der emotionalen Gemeinschaft (Verräter)
  • solidarische Verbindlichkeiten (traditionell tief verwurzelt in Kultur und Struktur/ cop culture/ Ehrenkodex)
  • eigene Abhängigkeit von der Diskretion der Kollegen (im Sinne von Reziprozität)


Literatur

  • Behr (2009) Warum Polizisten oft schweigen, wenn sie reden sollten. Ein Essay zur Frage des Korpsgeistes in der deutschen Polizei. In: Feltes, Thomas (Hrsg.): Neue Wege, neue Ziele. Polizieren und Polizeiwissenschaft im Diskurs. Frankfurt am Main. S. 21-44
  • Brown, David (1997) Breaking the Code of Silence, Alternative Law Journal 22(5):220-224
  • Feltes, Klukkert, Ohlemacher (2007) ...dann habe ich ihm auch schon eine geschmiert. Autoritätserhalt und Eskalationsangst als Ursachen polizeilicher Gewaltausübung. in: Monatszeitschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 90(4):285-303
  • Ohlemacher (2000) „Mit dem Rücken gegen die Wand“. Zum Wechselspiel von öffentlicher Kritik und polizeilichem Korpsgeist, in: Deutsches Polizeiblatt 82:10-14.
  • Rothwell & Baldwin (2007) Whistle-Blowing and the Code of Silence in Police Agencies: Policy and Structural Predictors, in: Crime & Delinquency 53(4):605-632