Claims Conference

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Die Conference on Jewish Material Claims Against Germany, auch Claims Conference und Jewish Claims Conference (JCC) genannt, ist ein im Oktober 1951 in New York gegründeter Zusammenschluss von 23 jüdischen Organisationen mit Sitz in New York (und Repräsentanzen in Frankfurt am Main, Wien und Tel Aviv), der seit seiner Gründung Entschädigungsansprüche jüdischer Opfer des Nationalsozialismus und Holocaust-Überlebender vertritt.

Nachdem Bundeskanzler Adenauer am 27.09.1951 im Deutschen Bundestag erklärt hatte, dass die Verbrechen an den Juden "zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten, sowohl hinsichtlich der individuellen Schäden, die Juden erlitten haben, als auch des jüdischen Eigentums, für das heute individuell Berechtigte nicht mehr vorhanden sind", wurde die Claims Conference ins Leben gerufen, um mit Deutschland über diese Entschädigungen zu verhandeln. Dies erfolgte mit dem im September 1952 im niederländischen Wassenaar vereinbarten und in Luxemburg unterzeichneten "Luxemburger Abkommen". Darin verpflichtete sich Deutschland zur Zahlung von 450 Millionen Mark an die Claims Conference zur Unterstützung von Holocaust-Überlebenden außerhalb Israels. Dieses erste Reparationsabkommen zwischen einem Staat und einer Nicht-Regierungs-Organisation verpflichtete zudem Deutschland zur Zahlung von Schadensersatz an jüdische Opfer und resultierte im Bundesergänzungsgesetz (1953), das mit dem Bundesentschädigungsgesetz (1956) und dem Bundesrückerstattungsgesetz (1957) erweitert wurde.

Wiedervereinigung

Im Zuge des deutschen Wiedervereinigungprozesses sahen sich die Bundesrepublik Deutschland und die DDR mit neuen Ansprüchen konfrontiert, weil sich die DDR wie andere Ostblock-Staaten als Opfer des Nationalsozialismus, nicht als Erbe seiner Hinterlassenschaft gesehen und daher jüdische Entschädigungsansprüche abgelehnt hatte. Anlässlich des Empfangs von Rabbiner Israel Miller, damaliger Präsident der Jewish Claims Conference, durch den Staatsratvorsitzenden Erich Honecker im Juni 1987 formulierte die JCC Ansprüche auf dem Gebiet der DDR.

Im September 1990 versuchte die Regierung Kohl die Fragen im Vertrag über die deutsche Einheit zu regeln. Artikel 2 legte eine Fondslösung fest: von 1992 an sollten Schwerstverfolgte von Polen bis Bulgarien, die in den Westen gekommen waren, Ansprüche an den "Artikel-2-Fonds" geltend machen (eine monatliche Beihilfe, die 2009 rund 270 Euro betrug; 70 000 Anträge aus aller Welt wurden positiv beschieden).

1998 wurde der Mittel- und Osteuropa-Fonds etabliert. Erstmals konnten auch Verfolgte, die weiterhin in Mittel- oder Osteuropa wohnten, eine monatliche Rente erhalten. Da man niedrigere Lebenshaltungskosten zugrunde legte, lag diese Rente unter derjenigen, die nach dem Artikel 2 gezahlt wird.

Im März 2005 unterlag der Karstadt-Konzern vor dem Berliner Verwaltungsgericht den Erben des Wertheim-Konzerns, vertreten durch den JCC, im Rechtsstreit um mehrere Grundstücke in Berlin-Mitte. Karstadt hatte gegen einen Bescheid des „Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen“ geklagt, der die Erben als legitime Rechtsnachfolger sah. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) - Nachfolgebehörde des „Bundesamts zur Regelung offener Vermögensfragen“ (BAROV) - sprach im August 2006 den Erben auch das Eigentum des Lenné-Dreiecks am Potsdamer Platz zu.

Durch Vertragsverhandlungen über das Rentenprogramm der JCC erreichte die Konferenz im Herbst 2007, dass über 10 Jahre weitere 250 Millionen Euro vom Bundesministerium der Finanzen überwiesen werden, wobei der Empfängerkreis von 73.000 auf 79.000 Personen erweitert wurde. Unbefriedigt bleiben die Ansprüche von anderen Gruppen: Personen aus militärischen Arbeitsbatallionen und nichtdeutschen Konzentrationslagern; Personen, die weniger als 6 Monate inhaftiert waren; Menschen, die sich in so genannten „offenen Ghettos“ aufgehalten haben; Personen, die bestimmte Einkommensgrenzen überschreiten, und Menschen in Westeuropa, die bisher wenig Entschädigung erhalten haben.

In einer Zeit, in der weltweit noch etwa eine halbe Million Holocaust-Überlebende am Leben sind und häufig aufgrund mangelnder Angehöriger und fortgeschrittenen Lebensalters sowie zurückkehrender Traumata in besonderer Weise pflegebedürftig sind, sieht es die Claims Conference als ihre vordringliche Aufgabe an, den betagten Überlebenden psychisch und materiell zu helfen. Im Jahr 2009 bringt sie dafür 170 Millionen Dollar auf, die aus dem Verkauf herrenloser jüdischer Immobilien in der ehemaligen DDR stammen, die nach der Wiedervereinigung an die "Claims Conference Nachfolgeorganisation" gefallen waren. Dazu kommen Mittel aus einem Entschädigungsfonds der europäischen Versicherungsunternehmen und aus einem der Schweizer Banken sowie aus der deutschen Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft". Für die Zukunft hofft die Claims Conference auf weitere Quellen. Kanzlerin Angela Merkel erklärte am 18.03.2008 vor der Knesset: "Nur wenn sich Deutschland zu seiner immerwährenden Verantwortung für die moralische Katastrophe in der deutschen Geschichte bekennt, können wir die Zukunft menschlich gestalten" (Riebsamen 2009).


Kritik

Kritisiert wird die Jewish Claims Conference besonders von dem Historiker Norman Finkelstein. Er erklärte, die JCC habe die Anzahl der möglichen Überlebenden künstlich überhöht; die Unterstützung durch die JCC richte sich vor allem an Juden in Israel sowie den USA, insbesondere osteuropäische Juden würden mit wenig hilfreichen Alibiprogrammen abgespeist; Restitutionsansprüche seien häufig vorschnell oder ohne rechtliche Grundlage angemeldet worden, und die noch lebenden Erben kämen, wenn überhaupt, nur in den Genuss marginaler Abfindungen (Die Holocaust-Industrie, 2000). Die JCC hat jede Kritik zurückgewiesen. Im Laufe des Jahres 2008/2009 wurden im Zuge des israelischen Dokumentarfilms "Die Zahlungsmoral" von Guy Meroz und Orna Vilnai Federbusch vermehrt kritische Stimmen laut, die zudem eine größere Transparenz der JCC fordern und auf die unzureichende Entschädigung von NS-Opfern in Osteuropa hinweisen.


Mitgliedsorganisationen

Agudath Israel World Organization Alliance Israelite Universelle American Gathering of Jewish Holocaust Survivors American Jewish Committee American Jewish Congress American Jewish Joint Distribution Committee American Zionist Movement Anglo-Jewish Association B’nai B’rith International Board of Deputies of British Jews Canadian Jewish Congress Centre of Organizations of Holocaust Survivors in Israel Conseil Representatif des Institutions Juives de France Council of Jews from Germany Delegacion de Asociaciones Israelitas Argentinas European Council of Jewish Communities/ European Jewish Congress Executive Council of Australian Jewry Jewish Agency for Israel Jewish Labor Committee South African Jewish Board of Deputies World Jewish Congress World Jewish Relief World Union for Progressive Judaism Zentralrat der Juden in Deutschland siehe auch Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ International Commission On Holocaust Era Insurance Claims Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Deutsche Wiedergutmachungspolitik Rückerstattung von Kunstwerken Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG; § 2)


Literatur

  • Norman G. Finkelstein: Die Holocaust-Industrie Piper, München 2001 ISBN 349204316X (Kritik an JCC)
  • Rolf Surmann (Hg.): Das Finkelstein-Alibi. „Holocaust-Industrie“ und Tätergesellschaft Papyrossa, Köln 2001, ISBN 3894382171 (Argumente pro JCC. Wortlaut der Protokoll-Vereinbarung JCC-BRD vom September 1952)
  • Claims Conference: Luxemburger Abkommen. 50 Jahre Entschädigung für NS-Unrecht Hg. Karl Brozik & Konrad Matschke. Societäts, Frankfurt 2004 ISBN 3797309007
  • Marilyn Henry: Confronting the Perpetrators. A History of the Claims Conference (engl.) Middlesex: Vallentine-Mitchell, 2006 ISBN 0853036284 (Paperback: andere ISBN) Ausführl. Darlegung durch die Autorin: Aufbau 11/2006 S. 6 - 11
  • Riebsamen, Hans (2009) Schuld und Sühne. Die Claims Conference und die Überlebenden des Holocaust. FAZ 07.11.09: 10.
  • Ronald W. Zweig: German reparations and the Jewish world. A history of the claims conference (engl.) 2. Aufl. London & Portland: Cass, 2001 ISBN 0714651524 (1. Aufl. 1987)
  • Angelika Timm: Alles umsonst? Verhandlungen zwischen der C.C. und der DDR über „Wiedergutmachung“ und Entschädigung Berlin: Helle Panke, 1996 (Reihe: Hefte zur DDR-Geschichte, 32)
  • Aufarbeitung. Entschädigungen von Zwangsarbeitern. Nie wieder „München“ von Andreas Mink, in: Aufbau 3/2007, S. 20-23 (Verweis auf eine weitere, längere Ausarbeitung: Not another „Munich“. The Czech Delegation in the German slave labor negotiations of 1998-2001 as experienced by a German reporter for a Jewish paper in New York)

Weblinks

  • Claims Conference
  • Claims Conference (englisch)

Adaptiert von http://de.wikipedia.org/wiki/Jewish_Claims_Conference