Cannabis und Straßenverkehr

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Rechtslage in Deutschland

Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB (und andere berauschende Mittel), setzt Fahruntüchtigkeit voraus, entweder relative, ab 0,3 0/00 bis 1,1 0/00 (+ weitere Beweisanzeichen bzw. Ausfallerscheinungen), oder absolute, ab 1,1 0/00.

Der Begriff „Fahrverbot“ ist abzugrenzen von der Entziehung der Fahrerlaubnis (z.B. auch durch die Fahrerlaubnisbehörde gem. FeV i.R. eines Verwaltungsverfahrens).

Alkohol: Die 0,5 0/00-Grenze bezieht sich auf § 24a StVG, also den Bußgeldtatbestand. I.R.v § 316 StGB kann ein Fahrverbot angeordnet werden (meistens aber Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht), i.R.v. § 24a StVG wird eines angeordnet.

Das Verhältnis von Trinkmenge zu 0/00-Wert hängt auch ab von Geschlecht, Alter, Gewicht und Zeitpunkt (auf nüchternen Magen etc.). 1 Liter Bier dürfte für 0,5 Promille reichen (https://www.kenn-dein-limit.de/selbst-tests/promillerechner/).

Schwerer ist die Berechnung bei Cannabiskonsum:

„Weil gerauchtes THC schnell in den Blutstrom gelangt, nehmen die THC-Konzentrationen innerhalb weniger Minuten nach der Inhalation stark zu, vergleichbar einer intravenösen Gabe einer einzelnen Dosis. In Abhängigkeit von der Dosis erreicht THC innerhalb von 5 bis 10 Minuten Spitzenkonzentrationen von mehr als 100 ng/ml im Blutplasma. Mit Blutplasma wird der flüssige Anteil des (…) Blutes bezeichnet, in Abgrenzung zu den Blutkörperchen. Danach nimmt die THC-Konzentration im Blutplasma rasch ab. In einer Studie verursachte das Rauchen einer Cannabiszigarette, die 16 oder 34 mg THC enthielt, Spitzenkonzentrationen von 84,3 ng/ml (Spanne: 50,0 bis 129,0 ng/ml) für die niedrige Dosis und 162,2 ng/ml (Spanne: 76,0 bis 267,0 ng/ml) für die höhere Dosis (Huestis et al. 1992). Die THC-Konzentrationen im Blutplasma nahmen dann typischerweise innerhalb von drei bis vier Stunden auf 1 bis 4 ng/ml ab (siehe Abbildung 1).“ (Franjo Grotenhermen, S. 27f. in http://static.twoday.net/linkedrogenpolitik/files/Cannabis-und-Strassenverkehr.pdf)

Und für oral eingenommenes Cannabis (z.B. Kekse) läuft es wieder anders.

Hinsichtlich der Schlussfolgerungen für die Fahrtüchtigkeit bestehen sehr unterschiedliche Auffassungen. Der BGH geht i.R.d. § 316 StGB für Drogen (ohne Alkohol) generell davon aus, dass feste Grenzen nicht gezogen werden könnten, insofern sind immer weitere Beweisanzeichen für die Fahruntüchtigkeit erforderlich (= relative Fahruntüchtigkeit s.o.). Generell gilt im Ordnungswidrigkeitenrecht sowie bei den meisten Fahrerlaubnisbehörden die 1 ng-Grenze. Die BAST (Bundesanstalt für Straßenwesen) hat sich 2006 auf der Grundlage einer selbst in Auftrag gegebenen Studie mal mit der Grenzwertempfehlung von 0,4 ng THC an die Öffentlichkeit getraut, was einem Wert von 0,5 % 0/00 entsprechen sollte.

Franjo Grotenhermen kommt (oder kam) zu folgendem Ergebnis: „Die Studie von Drummer et al. (2004) legt nahe, dass eine sinnvolle Grenze für die Unterscheidung von beeinträchtigten zu nicht relevant beeinträchtigten Personen bei 5 ng/ml Blut, entsprechend etwa 10 ng/ml Blutserum bzw. Blutplasma liegen könnte. Diese epidemiologische Beobachtung steht in Übereinstimmung mit der experimentellen Forschung. Daher hat eine Gruppe von zehn Experten aus sechs Ländern beim Verkehrssicherheits-Kongress in Glasgow im August 2004 vorgeschlagen, einen Grenzwert für THC im Blutserum in einer Größenordnung von 5 bis 10 ng/ml anzusiedeln, der etwa einer Promillegrenze für die Blutalkoholkonzentration von 0,5 ‰ entsprechen würde (Grotenhermen et al. 2004). Die jüngste Studie von Laumon et al. (2005), die nach diesem Kongress publiziert wurde, unterstreicht das vergleichsweise geringe Unfallrisiko durch Cannabiskonsum, wenn THC nicht in hoher Konzentration im Blut vorliegt, und die große Bedeutung des Alkohols.“ (Franjo Grotenhermen, S. 25, in http://static.twoday.net/linkedrogenpolitik/files/Cannabis-und-Strassenverkehr.pdf)

Zu beachten ist aber auch, dass die Restwerte bei THC sich im unteren Bereich auch in Abhängigkeit vom Konsummuster (regelmäßiger Konsum) zu verhalten scheinen (analog dem permanenten Alkoholspiegel).