Cannabis-Erlaubnis

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Erlaubnis zum Umgang mit Cannabis kann nach § 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG)

  1. nur von der Bundesopiumstelle in Bonn und
  2. nur für wissenschaftliche und medizinische Zwecke erteilt werden.

Erlaubnis für medizinische Zwecke

Seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) vom 19.5.2005 (Az. 3 C 17.04) haben Patienten die Möglichkeit, unter strengsten Voraussetzungen eine Ausnahmegenehmigung zum Erwerb von Cannabis (standardisierter Cannabisextrakt oder Medizinal-Cannabisblüten) zu beantragen. Patienten müssen zunächst eine Apotheke benennen, von der sie den Cannabis beziehen möchten. Diese muss eine Erlaubnis zum Erwerb und zur Abgabe von Medizinal-Cannabis bei der Bundesopiumstelle (BOPST) beantragen. Der Patient ist an die von ihm benannte Lieferapotheke gebunden. Auch der beliefernde Großhändler muss über eine Genehmigung verfügen."

Antrag

Hinweise für den Patienten zur Beantragung von Cannabis: Franjo Grotenherman erstellte eine Anleitung zur Beantragung einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis bei der Bundesopiumstelle.

Auf der Internetseite der Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) (www.bfarm.de) sind Hinweise für Patienten zum Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Cannabis zur Anwendung im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie abgedruckt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des BtMG kann das BfArM eine Erlaubnis für die in Anlage I zu § 1 BtMG bezeichneten nicht verkehrsfähigen Betäubungsmittel (hier: Cannabis) ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Folgende Krankheitsbilder spielen eine Rolle: – (chronische) Schmerzen, Multiple Sklerose. Tourette-Syndrom, Depressive Störungen, ADHS.


Bezug aus Apotheken

Üblicherweise bezieht sich die Erlaubnis für medizinische Zwecke auf den Erwerb und den Besitz von Cannabisblüten.

Obwohl jede "Zubereitung" als Tee, Keks o.ä. (nach Körners Kommentar zum BtMG) als eigenständige "Herstellung" ihrerseits wiederum einer eigenständigen Erlaubnis bedürfte, diese aber weder erfragt noch erteilt zu werden pflegt, kann man nur folgern, dass dieses Erfordernis in der Praxis nicht so genau genommen wird. Der Bundesopiumstelle ist bekannt, dass die Patienten unterschiedliche Zubereitungen der gekauften Cannabisblüten herstellen, darunter Backwaren und Extrakte. Das hat sie bisher nie gestört; offenbar geht sie selbst davon aus, dass dies getan wird - denn nicht zuletzt existiert im Antragsformular der Behörde beim Feld "Art der Anwendung" die Option "Teezubereitung".

Anbau

Weder vor noch nach 2008 wurden Ausnahmeerlaubnisse zur Anwendung von Cannabis im Rahmen von Eigenanbau erteilt. Dies gilt auch für die Zeit von April 2013 bis 2014. Das BfArM lehnte seit 2008 19 Anträge auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis zum Anbau von Cannabis ab. Die BOPST ist eine Bastion der Prohibition von Cannabis. Sie musste zu jedem Schritt in Richtung auf eine medizinische Versorgung von Patienten mit Cannabis von der Rechtsprechung gezwungen werden. Das begann mit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Jahre 2005, das überhaupt erst zur Einrichtung eines Antragsverfahren führte, und ging bis in die Gegenwart.

Im Jahr 2014 gab es zwei Urteile, die der restriktiven Erlaubnispraxis der BOPST in Bezug auf den Anbau entgegentraten.

  • Im Juni 2014 entschied das Oberverwaltungsgericht Münster, dass der Anbau zur Selbsttherapie im Einzelfall zulässig sein müsse, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sich der Einzelfallprüfung also nicht dauerhaft entziehen dürfe.
  • Im Juli 2014 urteilte das Verwaltungsgericht Köln, dass Schwerkranke in Einzelfällen auch Cannabispflanzen für medizinische Zwecke anbauen dürfen. Fünf Männer im mittleren Alter, die unter chronischen Schmerzen litten und bereits eine Erlaubnis zum Erwerb und therapeutischen Konsum von Cannabisblüten besaßen, hatten wegen der hohen (und von den Krankenversicherungen nicht übernommenen) Kosten von monatlich bis zu 1000 Euro beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Erlaubnis für den Anbau eigener Hanfpflanzen in ihren Wohnungen beantragt. Die Ablehnung durch das Bundesinstitut nahmen sie nicht hin und zogen vor Gericht. Von dessen Urteil könnten chronisch kranke Patienten profitieren, denen außer der Droge Cannabis nichts gegen ihre Schmerzen hilft.

Das Gericht stellte schon zu Verfahrensbeginn klar, der Staat dürfe chronisch Kranken den Cannabis-Zugang nicht generell verweigern. Es lehnte dann zwei der fünf Klagen (wegen der Wohnsituation des einen und wegen noch nicht ausgeschöpfter Behandlungsalternativen des anderen) ab und gab den drei anderen Klagen statt: diesen drei Klägern müsse eine Genehmigung erteilt werden. Dabei wurde berücksichtigt, dass bei ihrer Wohnsituation die sichere Voraussetzung gegeben sei, dass nicht Dritte an die Pflanzen und Produkte gelangen können. In engen Grenzen und Ausnahmefällen sei eine Erlaubnis zur Eigenherstellung möglich, sagte der Vorsitzende Richter, wenn dies das einzige Mittel sei, das Schmerzen lindere und wenn es keine Behandlungsalternative gebe. Die Frage streift nach seiner Einschätzung grundsätzlich die emotional geführte Debatte um eine Legalisierung bestimmter Drogen.

Befürchtungen der Bundesopiumstelle im BfArM

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte fürchtet große Risiken durch einen Eigenanbau:

  1. es sei möglich, dass sich die Kläger ein qualitativ fragwürdiges Arzneimittel herstellten
  2. unerwünschte Nebenwirkungen könnten auftreten,
  3. zudem sei der Anbau nicht mit internationalem Recht vereinbar.

Der Bonner Behörde zufolge müsste einer der Kläger etwa 25 Hanfpflanzen gleichzeitig anbauen, um seinen Monats-Bedarf von 100 Gramm Cannabis-Blüten zu decken. Die gelagerte Menge sei dann größer als der Bestand in einer Apotheke. Die Pflanzen wolle er im Schlafzimmer seiner Zwei-Zimmer-Wohnung züchten, das aber mit einem Türschloss vor Diebstahl nur unzureichend gesichert sei. Für jede Pflanze müsse der Mann einen Wehrschutzschrank anschaffen. Die strikten Vorgaben für einen gewerblichen Anbau müssten auch hier angewendet werden.

Empirie

241 Ausnahmeerlaubnisse seit 2008 Antwort der Bundesregierung vom 14.1.2014 auf eine Schriftliche Frage von Frank Tempel (Die Linke): Seit 2008 gab es 442 Anträge auf Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. II BtMG. Davon 180 seit April 2013. Seit 2008 erhielten 241 Patienten eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke. 25 gaben ihre Erlaubnis wieder zurück oder verstarben, so dass zur Zeit (Januar 2014) etwa 215 Patienten im Besitz einer solchen Ausnahmeerlaubnis sind.

Erlaubnisse sind möglich (a) für die Anwendung im Rahmen von Eigenanbau von importierten Medizinal-Hanfblüten und (b) für sonstigen Anwendungen.

241 Patientinnen und Patienten wurde die beantragte Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabis (sog. "Medizinalhanf") aus einer deutschen Apotheke bereits erteilt.

110 Anträge befinden sich noch in verschiedenen Phasen der Bearbeitung, davon 89 Anträge auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabis zu medizinischen Zwecken aus einer deutschen Apotheke und 19 Anträge auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis zum Anbau von Cannabis.

Darüber hinaus liegt je ein Antrag auf Erlaubnis zur Einfuhr von Cannabis bzw. zur Anwendung in der Analytik vor.

Bei 93 dieser 110 Anträge kann eine weitere Bearbeitung erst erfolgen, wenn die Antragsteller zu ihren unvollständigen Anträgen vom BfArM erbetene, ergänzende Unterlagen nachgeliefert haben. 17 dieser 110 Anträge befinden sich in der fachlichen Bearbeitung.

Abgelehnt wurden 31 Anträge auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabis aus einer deutschen Apotheke.

Stand im Jahre 2009

30.3.2009: Kaum Cannabis aus der Apotheke: Seit 2005 können Patienten bei der Bundesopiumstelle (BOPST) eine Therapie mit Cannabis beantragen und in ihrer Hausapotheke mit dem Betäubungsmittel beliefern lassen. Bislang hält sich die Umsetzung in der Praxis allerdings in Grenzen: Derzeit besitzen neun Patienten eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabis, teilte die BOPST auf Anfrage mit. Damit bewegt sich die Anzahl der Patienten, die ihren Antrag erfolgreich durchsetzen konnten, auch knapp anderthalb Jahre nach der ersten Bewilligung im einstelligen Bereich. Im August 2007 hatte eine Multiple-Sklerose-Patientin aus Baden-Württemberg erstmals legal Cannabis in der Apotheke kaufen dürfen. Die Abgabe des normalerweise als „nicht verkehrsfähig“ eingestuften Cannabis ist streng reguliert: Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis müssen eine Apotheke benennen, von der sie den Cannabis beziehen möchten. Diese kann daraufhin eine Erlaubnis zum Erwerb und zur Abgabe von Medizinal-Cannabis bei der BOPST beantragen. Der Patient ist an die bestimmte Lieferapotheke gebunden. Auch der beliefernde Großhandel muss über eine Genehmigung verfügen. Zusätzlich zu den herkömmlichen Dokumentationspflichten bei der Abgabe von Betäubungsmitteln muss die Apotheke dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusätzlich alle sechs Monate die abgegebene Cannabismenge melden. Auch der Patient muss der Behörde anzeigen, wie viel er erworben hat. Die Angaben werden von BfArM auf Plausibilität geprüft. Ob sich die Zahl der Patienten, die Cannabis legal erwerben dürfen, in den nächsten Jahren bemerkenswert ändern wird, bleibt abzuwarten. Die Hürden sind hoch: Ausnahmeerlaubnisse erteilt die BOPST ausschließlich schwer kranken Patienten, wenn der therapeutische Nutzen von Cannabis für die Erkrankung belegt ist und keine zugelassenen Arzneimittel als Alternativtherapie verfügbar sind. Die Behörde trifft stets Einzelfallentscheidungen.

Internationaler Vergleich

Pro einer Million Einwohner besitzen laut hanfjournal (2014) eine Erlaubnis zur medizinischen Verwendung von Cannabis:

  1. in Deutschland: 3
  2. in Israel: 650
  3. in Kalifornien: 13000

Weblinks