Bombenkrieg

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"Das Buch ist gut recherchiert und die historischen Fakten und Tabellen bilden ein nützliches Referenzwerk. Leider aber wird der vermeintlich versöhnliche Ton der Widmungen und des Vorworts durch eine tendenziöse Auslegung des Themas und die selektive Geschichtserzählung getrübt und es mangelt dem Text an Differenziertheit. Denn das Werk ist ebenso inkonsequent hinsichtlich des Nichtgesagten wie des explizit Erwähnten: Der Bombenkrieg gegen Städte z.B. wird nicht als Kriegsverbrechen aufgeführt, er wird noch heute praktiziert und galt auch in Nürnberg nicht als Teil der Anklage (obwohl die Luftwaffe damit angefangen hatte), ebenso wenig wie das Artilleriebombardement von Städten oder das Versenken von Passagierschiffen (die Versenkung der Wilhelm Gustloff 1945 durch ein russisches U-Boot wird erwähnt, die Versenkung der SS City of Benares - die mit evakuierten britischen Kindern nach Kanada unterwegs war - am 18. September 1940 durch U-48 - hingegen fehlt)... Die meisten Vorwürfe gelten der alliierten Bombardierung von Städten, obwohl das Ganze im Zweiten Weltkrieg 1939/40 durch die Luftwaffe eingeleitet wurde und dadurch zum von Goebbels proklamierten ,Totalen Krieg' führte. Die Bombardierung der Städte wird richtigerweise auf die Zeppelinangriffe auf England 1915 während des Ersten Weltkriegs zurückgeführt und an dieser Stelle wären die sonst oft zitierten Worte von Fregattenkapitän Peter Strasser angebracht: "Wir, die den Feind angreifen, wo sein Herz schlägt, sind als Baby-Killer und Mörder von Frauen verleumdet. Was wir tun, ist uns auch widerlich, doch nötig. Ein Soldat kann nicht ohne Fabrikarbeiter, den Landarbeiter und sämtliche andere Ernährer hinter sich funktionieren. Heutzutage gibt es kein solches Tier als ein nicht Kombattant." - Albert Speer, der für die Rüstungsindustrie verantwortlich war und es daher wissen sollte, wird kaum erwähnt, und erscheiint nicht einmal im Sachregister dieses Buches (unter Personen). Vielleicht, weil er den Luft- und Bombenkrieg als ...die grösste verlorene Schlacht" beurteilte und dies wohl zum Grundtenor dieses Buches kaum gepasst hätte. Deshalb wird wohl überwiegend über Menschenopfer berichtet (für Dresden wird z.B. eine durch eine neuerliche deutsche Studie inzwischen überholte, übertriebene Zahl aufgeführt - was immer noch tragisch genug ist), im Gegenzug aber finden die für die Kriegsführung wichtigen und durch die Bombardierung für Produktion, Transport, Kommunikation und Logistik bedeutenden Ausfälle zu wenig Beachtung. Die von Juni 1944 bis Januar 1945 abgefeuerten, als fliegende Bombe bezeichneten V1 und gleichzeitig die ab September 1944 bis 27. März 1945 auf Südost-England und Antwerpen gefallenen V2/A4 Raketen werden zwar erwähnt, jedoch bleibt unausgesprochen, wie dadurch eine dringend nötige, schnellere Beendigung des Krieges als Konsequenz Priorität erhielt. Als Zeuge für die in diesem Buch geäusserten anklagenden Behauptungen kommt ein reuiger amerikanischer Flieger zu Wort, dessen Land während des Krieges von Bombardierungen aus der Luft verschont worden war. Eine Gegenüberstellung, z.B. die reuige Aussage eines an der Bombardierung von Guernica, Warschau, Belgrad, Rotterdam, London, Coventry, Bath oder Canterbury usw. beteiligten Luftwaffenfliegers, fehlt gänzlich. Das angedeutete entlastende Argument für Guernica könnte genauso gut als Rechtfertigung für die Bombardierung Dresdens und anderer deutscher Städte verwendet werden. Es wird halt nicht mit gleichen Ellen gemessen und es wird sogar dreist versucht, die Alliierten (insbesondere die Briten) für den Ausbruch zweier Weltkriege verantwortlich zu machen. Der Versuch, die Neutralität Belgiens und Hollands in Frage zu stellen, ist wohl als Überbleibsel der damaligen Propaganda zu werten. Es wimmelt nur so von fadenscheinigen Argumenten, Zitaten, Ungereimtheiten und fragwürdigen Behauptungen, die hier nicht detailliert genannt werden können. Hinzu kommt: - i) Es fehlt eine Erklärung des Autors, warum am Anfang Kaiser Wilhelm und danach auch Hitler die Briten unterschätzt hat und warum sich die Briten 1941 nie auf den fragwürdigen Vorschlag eingelassen hätten, einen Friedens-Vertrag" mit Hitler (dessen ambivalente Einstellung zu Verträgen bereits bestens bekannt war) zu unterschreiben, um gemeinsam gegen Russland zu kämpfen. - ii) Die Verunglimpfungen von Sir Winston Churchill und Sir Arthur Harris sind nicht neu und werden wohl kaum breite Zustimmung finden, am allerwenigsten seitens der damals geplagten und unter den Greueltaten der deutschen Besatzung leidenden Einwohner der besetzten europäischen Länder, seitens der Zwangsarbeiter, KZ-Insassen und politischen Häftlinge, die in den dunklen Kriegsjahren aus den dröhnenden Motoren der überfliegenden alliierten Bomber Hoffnung geschöpft hatten. - Auf keinen Fall empfiehlt sich dieses Buch für Schulen, ohne eine geeignete, detaillierte Gegendarstellung. Welch eine Ironie, dass dieses Buch dank der Meinungsfreiheit veröffentlicht werden konnte, welche umgekehrt bei einem anderen Ausgang des Zweiten Weltkrieges nicht vorhanden wäre und dadurch die Veröffentlichung eines nazikritischen Buches verunmöglicht hätte - eben diese Meinungsfreiheit, für die die Alliierten gekämpft hatten und wofür viele heutige Deutsche (und Österreicher) dankbar sind und gern in Anspruch nehmen. (Der Verfasser dieser Rezension wurde übrigens im Krieg zweimal ausgebombt). Als differenzierte Auslegung zu diesem Thema empfiehlt sich eher Rolf-Dieter Müllers Buch ,Der Bombenkrieg 1939-1945'."