Bevölkerungskontrolle

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Israel entwickelte nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 ein System der Bevölkerungskontrolle, das auch fünf Jahrzehnte später noch in Kraft blieb. Israel erklärte die besetzten Gebiete zu geschlossenen Gebieten und machte Ein- und Ausreise palästinensischer Einwohner der vier besetzten und kontrollierten Gebiete genehmigungspflichtig. Palästinenser, die während dieser Zeit im Ausland waren, verpassten die nachfolgende Volkszählung und erhielten keine Ausweise. Das israelische Militär etablierte ein farbcodiertes Identifikationssystem, das 1981 durch die militärische Civil Administration Branch verstärkt wurde. Palästinenser im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen erhalten (normalerweise mit Vollendung des 16. Lebensjahres) grüne, solche in Ostjerusalem und Israel hingegen blaue Ausweise. Diese Ausweise beeinflussen die gesamte Existenz der Palästinenser - von der Bewegungsfreiheit bis zu Hochzeiten und Verwandtenbesuchen. Obwohl es seit 1993 eine Palästinensische Autonomiebehörde gibt, werden die Ausweise (IDs) immer noch vom israelischen Militär ausgegeben. Tahseen Elayyan von der palästinensische Menschenrechtsorganisation Al-Haq erklärt: "Wenn es um die IDs der Westbank und des Gazastreifens geht, ist die Rolle, die die PA spielt, eher eine Sekretariatsrolle, wie zum Beispiel das Ausdrucken. Letztendlich ist es die Zivilverwaltung in der Bet Il-Siedlung, die beschließt, sie auszugeben, basierend darauf, ob der Palästinenser in den Unterlagen der Volkszählung auftaucht." Laut Miriam Marmur von der Menschenrechtsorganisation Gisha spielt Israels Kontrolle des palästinensischen Bevölkerungsregisters eine zentrale Rolle bei seinen Bemühungen zur Kontrolle von Bewegung und Demografie in den besetzten Gebieten - man muss eben in das palästinensische Bevölkerungsregister aufgenommen werden, um überhaupt einen Personalausweis oder einen Reisepass zu erhalten. Hinzu kommt, dass Palästinenser in der besetzten Westbank auch für interne Reisen IDs benötigen, um sich an den Checkpoints ausweisen zu können, mit denen das Territorium durchsetzt ist. Es ist vor allem dieses System der internen Checkpoints, das Vergleiche mit Gesetzen im Südafrika der Apartheidszeit hervorgerufen hat, die von Weißen gemacht waren, um die Bewegung von Schwarzen und Mischlingen zu kontrollieren und diese Bevölkerungsgruppen in untergeordneten Positionen zu halten.

Die Freizügigkeit der Palästinenser zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen wurde während der letzten 25 Jahre immer weiter eingeschränkt: Trennung ist nun die Regel und Zugang zu dem jeweils anderen Territorium die seltene Ausnahme. Um von der besetzten Westbank nach Gaza oder nach Jerusalem zu gelangen, bedarf ein Palästinenser einer speziellen israelischen Reisegenehmigung - und dasselbe gilt für eine Reise eines Palästinensers von Gaza nach Jerusalem oder in die Westbank. Die Tatsache, dass Israel die Westbank und Gaza getrennten Militärkommandanturen unterstellte, vertiefte die Teilung und erleichterte die Kontrolle. Seit dem Jahr 2000 hat Israel die Bearbeitung von Anträgen auf Registrierung oder Änderung des Aufenthaltsstatus praktisch eingestellt, so dass viele Palästinenser nicht mehr in der Lage sind, ihren Wohnort zu wählen oder für Studium oder Beruf in ein anderes Territorium umzuziehen. Seit der Zweiten Intifada ist es Studenten aus Gaza verboten, in der besetzten Westbank zu studieren.

Palästinenser aus Gaza, die Bewohner der Westbank heiraten, können nicht in die Westbank ziehen, um bei ihren Ehepartnern zu leben. Darüber hinaus leben palästinensische ID-Inhaber, die diejenigen heiraten, die keinen Ausweis haben, mit der Gefahr einer erzwungenen Trennung. Kinder können nur unter einem Elternteil registriert werden. Eine vom palästinensischen Zentrum für Politik und Umfrageforschung im Jahr 2013 durchgeführte Befragung ergab, dass 31 Prozent der Bewohner von Gaza - mehr als eine halbe Million Menschen - Verwandte in der besetzten Westbank, in Ostjerusalem oder Israel hatten (26% in der Westbank).

Die Bewegungsfreiheit ist für die Bewohner Jerusalems, die in der Stadt einen dauerhaften Wohnsitz haben, aber nicht die israelische Staatsbürgerschaft, ist weniger eingeschränkt. Während sie auch Genehmigungen benötigen, um nach Gaza zu gehen, können sie frei in die besetzte Westbank und das heutige Israel reisen. Beschränkungen manifestieren sich jedoch auf andere Weise. "Die Israelis tun so, als ob sie uns eine ständige Aufenthaltsgenehmigung in Jerusalem gewähren, ist ein Privileg, aber sie ist kosmetischer als alles andere", sagt die Lehrerin Dalia Nashashibi. "Ja, wir haben kürzere Warteschlangen beim Überqueren der Allenby-Grenze und ja, wir können ohne Erlaubnis von einem Gebiet zum anderen [außer Gaza] ziehen, aber wir werden immer noch an Kontrollstellen gesucht und gedemütigt". Die Inhaber der Jerusalem IDs leben unter der ständigen Androhung einer Residency-Aufhebung. Das Leben außerhalb Jerusalems in den anderen besetzten Gebieten wird als ausreichender Grund für die Rücknahme der Wohnsitz-Anerkenntung angesehen. Aus finanziellen und familiären Gründen leben viele Jerusalemer in der besetzten Westbank, aber sie müssen ein Haus in Jerusalems Gemeinde unterhalten, um ihren Wohnsitz zu behalten. Israelische Behörden führen regelmäßig stichprobenartige Inspektionen von Haushalten in Jerusalem durch, um zu sehen, ob die blauen ID-Inhaber tatsächlich dort leben. Diese Palästinenser müssen neben der nationalen Versicherungssteuer eine hohe Grundsteuer an die Gemeinde abführen, doch erhalten sie nur wenige kommunale Dienstleistungen, und in ihren Vierteln mangelt es an Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildungseinrichtungen. All dies ist Teil von Israels Versuchen, ein Bevölkerungsverhältnis von 70:30 zwischen Juden und Palästinensern aufrechtzuerhalten. Israel verringerte die Anzahl der Palästinenser in der Volkszählung, denen Jerusalem-Ausweise ausgehändigt wurden, und fügten mehr Gebiete in der Stadt hinzu, die zum Bau von ausschließlich jüdischen Siedlungen verwendet wurden. Für die Besitzer von Jerusalem-Ausweisen, die außerhalb des Landes leben, ist die Situation noch schwieriger. Spätestens nach drei Jahren müssen sie wieder nach Jerusalem kommen- sonst werden ihre Ausweise automatisch ungültig. Für viele Inhaber hat die Jerusalem ID letztlich mehr Nachteile als Vorteile.