Bernard Mandeville

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Bernard Mandeville (* 15.11. 1670 in Rotterdam; † 21.01. 1733 in Hackney bei London) war ein in England lebender und auf Englisch schreibender Sozialtheoretiker und Arzt niederländischer Herkunft, der bis heute für seine "Bienenfabel" (The Fable of the Bees, 1714 ff.) und darin enthaltene These bekannt ist, dass nicht die Tugend, sondern das Laster die eigentliche Quelle des Gemeinwohls sei. Nach seiner Emigration nach London (1693) feierte Mandeville, der zunächst als Arzt praktiziert hatte, seit 1703 große schriftstellerische Erfolge mit zahlreichen Erweiterungen seines zunächst anonym als Sixpenny-Broschüre herausgebrachten Gedichts über einen unzufriedenen Bienenstock von 1705, die ab 1714 als "Bienenfabel" erschienen. Erfolgreich im Sinne öffentlicher Aufmerksamkeit und hoher Auflagen und Übersetzungen in Fremdsprachen war er aber auch mit seiner Befürwortung öffentlicher Bordelle (1724) sowie seiner "Untersuchung über die Ursachen der zahlreichen Hinrichtungen in Tyburn, sowie Vorschläge für die Behandlung von Zuchthäuslern" (1725). Die Mehrheit hatte er allerdings immer gegen sich. Dass persönliche Tugend (Genügsamkeit, Friedfertigkeit) für Fortschritt und Prosperität der Gesellschaft weniger förderlich seien als Luxus, Verschwendung, Krieg und Ausbeutung, rief vehementen Widerspruch hervor. In der dritten Auflage der Bienenfabel (1724) wehrte sich Mandeville gegen das Verdikt des Obergerichts von Middlesex, dass die Bienenfabel geeignet sei, „alle Religion und bürgerliche Herrschaft“ umzustürzen. Karl Marx nannte Bernard Mandeville, der die Lage des Proletariats ohne Beschönigungsversuche wahrnahm und zu erklären versuchte, einen „ehrlichen Mann und hellen Kopf“ (Das Kapital, Bd. I, Berlin 1960, S. 646).

Mandeville zur Todesstrafe und ihren Alternativen

Zu Mandevills Zeiten gab es massenhafte Hinrichtungen am sog. Tyburn Tree. Hingerichtet wurden vor allem Kleinkriminelle wegen Diebstahls und ähnlicher Delikte. Mandeville wollte einerseits die Zahl der Diebstähle senken und dadurch die Zahl der Hinrichtungen reduzieren. Dazu sollte die Strafjustiz insgesamt abschreckender werden: in der Prozessführung, in den Haftbedingungen und in der Vorbereitung und Durchführung von Exekutionen. Andererseits suchte Mandeville aber auch nach Alternativen zur Todesstrafe, in welcher er unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine große Verschwendung sah. Da er die Deportation für ineffektiv hielt, machte er den Vorschlag, die zum Tode Verurteilten gegen Seeleute einzutauschen, die unverschuldet in die moslemische Sklaverei geraten seien. So könnte man die braven Seeleute befreien und sich selbst der Schurken entledigen. Die Verurteilten hätten dann die Wahl zwischen Hängen und der Sklaverei in der Fremde. Das sei immer noch besser als die verkappte Sklaverei in englischen Zucht- und Arbeitshäusern. Für den Fall, dass die Sklavenhalterländer keinen hinreichenden Bedarf an Austauschsklaven hätten, setzte Mandevill als Zwischenlösung auf die Errichtung von Arbeitslagern. Seine Vorschläge wurden nicht realisiert und es blieb bei dem, was er gesehen und kritisiert hatte: "Das Hängen, zumal wegen Lappalien, blieb lange, lange Zeit hindurch aufrechterhalten" (Linares 1998: 116). Allerdings verlagerte sich die Stätte der Exekutionen von draußen (die seit dem Ende des 12. Jahrhunderts betriebene Hinrichtungsstätte Tyburn Tree stellte 1783 ihren Betrieb ein) nach drinn - nämlichnach Newgate Prison. Aus dem Hinrichtungsort Tyburn Tree wurde 1872 Speaker's Corner.

Eine ausführliche Befassung mit Mandevills Ausführungen zur Todesstrafe und der Behandlung von Gefangenen findet sich bei Linares (1998: 101-117).

Veröffentlichungen von Mandeville

  • Bernard Mandeville, Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorteile. Mit einer Einleitung von Walter Euchner. 2. Aufl. Frankfurt/Main 1980 (stw 300). ISBN 3518279009 Die deutsche Ausgabe folgt dem Text der dritten Auflage von 1724.
  • The Fable of the Bees: or, Private Vices, Publick Benefits. By Bernard Mandeville. With a Commentary Critical, Historical, and Explanatory by F. B. Kaye, 2 vol. Oxford 1924, 2. Aufl. 1957 (gilt als maßgebliche kritische Edition).
  • Bernard de Mandeville, Eine Bescheidene Streitschrift für Öffentliche Freudenhäuser Oder ein Versuch über die Hurerei wie sie jetzt im Vereinigten Königreich praktiziert wird. Verfasst von einem Laien. Aus dem Englischen, annotiert und mit einem Essay versehen von Ursula Pia Jauch. Carl Hanser Verlag, München 2001. ISBN 3446199896

Literatur über Mandeville

  • Busche, Hubertus (2001) Von der Bedürfnisbegrenzungsmoral zur Bedürfniskultivierungsmoral - Alte Ethik und neue Ökonomie bei Bernard Mandeville, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 87: 338-362. ISSN 0001-2343
  • Farwick, Philipp (2009) Bernard Mandeville in seiner Zeit – Ideen- und wirkungsgeschichtliche Einordnung Mandevilles in die Entwicklungslinien der Bürgerlichen Aufklärung. München: GRIN-Verlag ISBN 978-3-640-30985-6
  • Linares, Filadelfo (1998) Bernard Mandeville, Denker in der Fremde. Hildesheim: Olms-Verlag ISBN 3-487-10745-7
  • Rommel, Thomas (2006) Das Selbstinteresse von Mandeville bis Smith. Heidelberg: Winter ISBN 3-8253-5239-0

Weblinks

  • Selected Bibliography (Charles W. A. Prior, Cambridge University)
  • Niederländische Bernard-Mandeville-Webseite
  • Wikiquote: Bernard Mandeville – Zitate

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