Avigdor Lieberman

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Der 1978 nach Israel eingewanderte israelische Politiker und Gründer sowie Vorsitzende der Partei "Israel, unser Zuhause" (Jisra’el Beitenu) Avigdor Lieberman (* 5. Juni 1958 in Chișinău, Moldauische SSR, UdSSR), der nach seinem Dienst in der israelischen Armee an der Hebräischen Universität Jerusalem Politikwissenschaft studiert und als Saalordner bei Veranstaltungen des Likud-Studentenverbandes politische Kontakte geknüpft hatte, wurde 2016 Verteidigungsminister, nachdem er schon Außenminister gewesen war und weitere Kabinettsposten innegehabt hatte. Er lebt in der jüdischen Siedlung Nokdim im Westjordanland, auch, um seine Sympathie mit der jüdischen Siedlungspolitik auszudrücken.

Durch seine Freundschaft zu seinem Mentor Benjamin Netanjahu wurde er Generalsekretär des Likud und Büroleiter des Ministerpräsidenten Netanjahu - später Minister für nationale Infrastruktur sowie Verkehrsminister unter Premier Ariel Scharon. 1999 gründete er die Partei Jisra’el Beitenu (Israel, unser Zuhause) – die Partei der russischen Einwanderer – und ist seit diesem Zeitpunkt gleichzeitig deren Vorsitzender. 2004 wurde er als Minister entlassen, da er den israelischen Abzug aus dem Gazastreifen ablehnte. Nach dem durch den israelischen Einmarsch in den Libanon am 12. Juli 2006 ausgelösten Libanonkrieg wurde Lieberman von Olmert zum Minister für strategische Aufklärung ernannt. Das Amt gab A.L. 2008 auf - nach eigener Aussage aus Protest gegen die Friedensverhandlungen in Annapolis.

2009 wurde L.'s Partei, die bisher die fünftstärkste Parlamentsfraktion gewesen war, zu drittstärksten Fraktion und A.L. wurde von Netanjahu zum neuen Außenminister ernannt. Das Amt gab er am 14.12.2012 auf, nachdem er tags zuvor wegen Amtsmissbrauchs in betrügerischer Absicht angeklagt worden. Ein Ermittlungsverfahren wegen schwerwiegenderer Korruptionsvorwürfe wurde dagegen eingestellt. Lieberman wurde vorgeworfen, den israelischen Botschafter in Weißrussland Zeev Ben-Arie gefördert zu haben, der ihm im Jahr 2008 vertrauliche Informationen über eine israelische Anfrage in Minsk gegen ihn hatte zukommen lassen. Nach Ernennung Liebermans zum Außenminister habe Ben-Arie den von ihm gewünschten Botschafterposten in Lettland erhalten. Ben-Arie war im Oktober 2012 wegen der Weitergabe vertraulicher Informationen zu vier Monaten gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Lieberman gab bei seinem Rücktritt an, sich keiner begangenen Straftat bewusst zu sein. Ministerpräsident Netanjahu übernahm nach Liebermans Rücktritt auch das Amt des Außenministers.

Ende Dezember 2012, zwei Wochen nach seinem Rücktritt, erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Lieberman wegen Betrugs und Vertrauensbruchs. Ungeachtet dessen kandidierte er zur Parlamentswahl am 22. Januar 2013 und wurde in die Knesset gewählt. Am 6. November 2013 sprach ihn ein Gericht in Jerusalem von allen Vorwürfen frei!

Am 11. November 2013 wurde Lieberman wieder zum Außenminister ernannt. Nach der Parlamentswahl am 17. März 2015 trat Lieberman am 4. Mai 2015 aus der Regierungskoalition aus und als Außenminister zurück. Am 25. Mai 2016 wurde er von Ministerpräsident Netanjahu zum Verteidigungsminister ernannt.


Politische Ziele

Lieberman tritt als „starker Mann“ auf und fordert die Einführung eines Präsidialsystems anstelle der bestehenden parlamentarischen Demokratie in Israel.

Laut Tamar Gozansky soll A.L. als Minister für nationale Bedrohungen gefordert haben, den Konflikt mit dem Iran und anderen Staaten der „Achse des Bösen“ zu eskalieren, um unter diesem Deckmantel ethnische Säuberungen in Israel durchführen zu können.

Anlässlich des Besuches von US-Außenministerin Condoleezza Rice in Israel im Januar 2007 sprach er sich für die Stationierung von 30.000 NATO-Soldaten im palästinensischen Gaza-Streifen aus. Diese sollten nach einem „unausweichlichen Militärschlag Israels“ in dem Küstengebiet die Wiederbewaffnung palästinensischer Extremisten verhindern, sagte eine Sprecherin des mittlerweile für strategische Fragen zuständigen Ministers Lieberman. Ein Militärschlag im Gazastreifen sei nötig, um den palästinensischen Waffenschmuggel aus Ägypten zu unterbinden und den Beschuss Südisraels durch Raketen zu stoppen. Gleich bei seiner Amtsübernahme im November 2006 hatte Lieberman gefordert, Teile des 2005 von Israel geräumten Gazastreifens wieder zu besetzen.

Kontroversen

Lieberman nennt die israelischen Araber (Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft) eine „Fünfte Kolonne“. Er und seine Partei fordern ihre Deportation („Transfer“). Liebermans Plan sieht vor, zehntausenden israelischen Arabern die Staatsbürgerschaft zu entziehen und sie „mit den Arabern im Westjordanland wieder zu vereinigen.“ Die übrigen israelischen Araber sollen einem Loyalitätstest unterzogen werden, um zu entscheiden, ob sie in Israel bleiben dürfen. Israelische Siedlungen im Westjordanland sollen annektiert werden, kleinere arabisch besiedelte Gebiete in Israel könnten an das Westjordanland abgetreten werden.

Schon kurz nach seiner Einwanderung soll er Mitglied der Likud-Studentengruppe Kastel geworden und nachts mit Fahrradketten und Stacheldraht auf „Araber-Jagd“ gegangen sein.

Israels radikale Rechte behauptet, dass er 1979 für einige Monate Mitglied der 15 Jahre später verbotenen rechtsextremistischen Kach-Partei gewesen sei.

2001 gestand Lieberman, einem zwölfjährigen Jungen, der seinen Sohn angegriffen hatte, ins Gesicht geschlagen zu haben. Der Vorfall ereignete sich 1999 in der israelischen Siedlung Nodkim. Nachdem sein Sohn ihm von dem Angriff erzählt hatte, spürte Lieberman dem Jungen auf und schlug ihn zu Boden. Anschließend zerrte er den Jungen zu seinem Elternhaus in Tekoa und drohte damit, ihn wieder zu attackieren, würde der Junge zurück nach Nodkim kommen. Er wurde wegen tätlichen Angriffs und Drohung schuldig gesprochen.

Seit 2002 forderte Lieberman die israelische Armee dazu auf, in Gaza »keinen Stein auf dem anderen zu lassen« und auch zivile Ziele wie Geschäfte, Banken und Tankstellen „dem Erdboden gleichzumachen“.

2003 schlug Lieberman als Verkehrsminister in der Knesset vor, freigelassene palästinensische Gefangene mit Bussen an einen Ort zu bringen, „von dem aus sie nicht zurückkehren“. Anderen Quellen zufolge soll er vorgeschlagen haben, die Gefangenen im Toten Meer zu ertränken.

2006 forderte Lieberman in der Knesset, Abgeordnete, die mit der Hamas zusammenarbeiten, als Landesverräter vor Gericht zu stellen und hinzurichten.

Am 19. Januar 2007 bezeichnete er Amir Peretz, den israelischen Verteidigungsminister und Vorsitzenden der Arbeitspartei, nach dessen Rede vor dem Awoda-Zentralkomitee im israelischen Radio als „dumm“ und als „Rassisten“, weil dieser die Berufung von Ghalib Mudschadala zum ersten arabischen Minister in Israel vorantreibe und dies als Antwort auf „Liebermans Rassismus“ bezeichnet habe. Diesen Kommentar machte er einem Haaretz-Bericht zufolge, bevor Mudschadalas Kandidatur als Wissenschafts-, Kultur- und Sportminister vom Zentralkomitee der Arbeitspartei angenommen wurde.

Schon zu Beginn von Liebermans Amtszeit als Außenminister erklärte er den Friedensprozess mit den Palästinensern als beendet und schlug damit alle vorangegangenen Verhandlungen über den Nahost-Konflikt in den Wind. Mit seinen Äußerungen löste er international Empörung aus.

2014 forderte Liebermann als israelischer Außenminister eine Wiedereroberung des Gazastreifens.

Im Zusammenhang mit dem Wahlkampf 2015 äußerte Liebermann: „Bei denen, die gegen uns sind, kann man nichts machen, wir müssen eine Axt nehmen und ihnen den Kopf abhacken. Andernfalls überleben wir hier nicht“. Daraufhin warf ihm der arabische Knesset-Abgeordnete Ahmad Tibi gedankliche Nähe zu den Terroristen des IS vor.

Israelische Medien und Politiker nennen Lieberman zum Teil rassistisch, rechtsradikal und faschistisch. Akiva Eldar kommentierte 2006 in der Haaretz, dass ein Vergleich Liebermanns mit Jörg Haider ungerecht sei – und zwar für den FPÖ-Politiker. Einige Kommentatoren meinen, dass sich Lieberman mit seinen Ansichten in Israel durchaus im Rahmen des politischen „Mainstreams“ bewege. Nur fünf Abgeordnete der Arbeitspartei stimmten gegen die Aufnahme von Lieberman und seiner Partei in die Regierungskoalition.


Weblinks und Literatur

  • Avigdor Lieberman, In: Internationales Biographisches Archiv 07/2013 vom 12. Februar 2013, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)