Viktimisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff Viktimisierung wird vor allem in der Kriminologie und der Psychologie, aber auch in den Sozialwissenschaften verwendet. Wörtlich übersetzt bedeutet Viktimisierung "'''zum Opfer machen'''" oder "'''zum Opfer werden'''" (lateinisch: "victima" = ursprüngliche Bedeutung: Opfertier, aber auch Opfer; englisch: "victim").
Der Begriff Viktimisierung wird vor allem in der Kriminologie und der Psychologie, aber auch in den Sozialwissenschaften verwendet. Wörtlich übersetzt bedeutet Viktimisierung "'''zum Opfer machen'''" oder "'''zum Opfer werden'''" (lateinisch: "victima" = ursprüngliche Bedeutung: Opfertier, aber auch Opfer; englisch: "victim").


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Die Hellfelddaten geben somit nur einen - durch die individuellen Interessen und Bedürfnisse des Opfers verzerrten - Ausschnitt aller erlebten Viktimisierungen wieder.
Die Hellfelddaten geben somit nur einen - durch die individuellen Interessen und Bedürfnisse des Opfers verzerrten - Ausschnitt aller erlebten Viktimisierungen wieder.


Als Quelle für die im Hellfeld erfassten Viktimisierungen steht einzig und allein die [[polizeiliche Kriminalstatistik]] (PKS) zur Verfügung.
Als Quelle für die im Hellfeld erfassten Viktimisierungen steht allein die [[polizeiliche Kriminalstatistik]] (PKS) zur Verfügung.


Um die Belastung der einzelnen Alters- und Opfergruppen zu ermitteln, werden '''Opfergefährdungszahlen''' (OGZ) berechnet, die die Anzahl der polizeilich registrierten Opfer pro 100.000 Personen der Wohnbevölkerung (incl. Ausländern) angeben. Dabei zeigt sich, dass von '''Körperverletzungsdelikten''' - und leicht verringert auch von Raub/räuberischer Erpressung - vor allem männliche Jugendliche und Heranwachsende betroffen sind.
Um die Belastung der einzelnen Alters- und Opfergruppen zu ermitteln, werden '''Opfergefährdungszahlen''' (OGZ) berechnet, die die Anzahl der polizeilich registrierten Opfer pro 100.000 Personen der Wohnbevölkerung (incl. Ausländern) angeben. Dabei zeigt sich, dass von '''Körperverletzungsdelikten''' - und leicht verringert auch von Raub/räuberischer Erpressung - vor allem männliche Jugendliche und Heranwachsende betroffen sind.
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Bei allen anderen Delikten - außer bei Tötungsdelikten (32%) - spielen Verwandte keine besondere Rolle.  
Bei allen anderen Delikten - außer bei Tötungsdelikten (32%) - spielen Verwandte keine besondere Rolle.  
Dies gilt auch für den Tatbestand des "sexuellen Missbrauchs von Kindern" - die PKS-Verteilung bestätigt damit den Befund der Dunkelfeldforschung, dass Opfer eine Anzeige gegen Täter aus der eigenen Familie scheuen.
Dies gilt auch für den Tatbestand des "sexuellen Missbrauchs von Kindern" - die PKS-Verteilung bestätigt damit den Befund der Dunkelfeldforschung, dass Opfer eine Anzeige gegen Täter aus der eigenen Familie scheuen.


=='''Zahlen zur Opferhäufigkeit'''==
=='''Zahlen zur Opferhäufigkeit'''==
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Der interaktionistische Ansatz eignet sich nur zur Erklärung von Kontaktdelikten.
Der interaktionistische Ansatz eignet sich nur zur Erklärung von Kontaktdelikten.
Auf die besondere Beziehung zwischen Opfer und Täter beziehen sich auch Theorien, die das Tatgeschehen auf eine Mitursächlichkeit des Opfers ("Opferpräzipitation"). Das Opfer wird dabei nicht nur als passiv erduldendes Objekt gesehen, sondern als Subjekt, das einen aktiven Beitrag zur Entstehung und Entwicklung der Tat leistet.  
Auf die besondere Beziehung zwischen Opfer und Täter beziehen sich auch Theorien, die das Tatgeschehen auf eine Mitursächlichkeit des Opfers ("Opferpräzipitation"). Das Opfer wird dabei nicht nur als passiv erduldendes Objekt gesehen, sondern als Subjekt, das einen aktiven Beitrag zur Entstehung und Entwicklung der Tat leistet.  
In einer Untersuchung über Tötungsdelikte wurde festgestellt, dass in 26% der Fälle der letztlich Getötete als erster Gewalt (Schläge oder Einsatz einer gefährlichen Waffe) angewandt hatte. (''Walfgang'' 1958)
In einer Untersuchung über Tötungsdelikte wurde festgestellt, dass in 26% der Fälle der letztlich Getötete als erster Gewalt (Schläge oder Einsatz einer gefährlichen Waffe) angewandt hatte.


Diese älteren Erklärungsansätze sind aber problematisch, weil hier die Mitursächlichkeit des Opfers leicht als Mitschuld erscheinen kann; der falsche Gedanke des "blaming the victim" ("selbst Schuld") wird begünstigt.
Diese älteren Erklärungsansätze sind aber problematisch, weil hier die Mitursächlichkeit des Opfers leicht als Mitschuld erscheinen kann; der falsche Gedanke des "blaming the victim" ("selbst Schuld") wird begünstigt.
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Bei den '''Kontaktdelikten''' wurde nur in knapp einem Drittel der Fälle (31,8%) Anzeige erstattet, wobei die Quote bei Sexualdelikten auffällig niedrig lag (13,3%). Gründe für die Nichtanzeige waren der Bagatellcharakter der Tat und Resignation ("Polizei kann ja doch nichts machen"). Für die meisten Opfer von Kontaktdelikten (54,5%) war die Vorstellung, im Rahmen einer Gerichtsverhandlung einen öffentlichen Zeugenauftritt haben zu können, unangenehm. (''Kilchling'')
Bei den '''Kontaktdelikten''' wurde nur in knapp einem Drittel der Fälle (31,8%) Anzeige erstattet, wobei die Quote bei Sexualdelikten auffällig niedrig lag (13,3%). Gründe für die Nichtanzeige waren der Bagatellcharakter der Tat und Resignation ("Polizei kann ja doch nichts machen"). Für die meisten Opfer von Kontaktdelikten (54,5%) war die Vorstellung, im Rahmen einer Gerichtsverhandlung einen öffentlichen Zeugenauftritt haben zu können, unangenehm. (''Kilchling'')


Ein weiterer Faktor, von dem abhängt, ob ein Opfer Anzeige erstattet, ist dessen '''Alter''': Die Anzeigenquote älterer Opfer ist insgesamt höher als die jüngerer, nimmt jedoch am dem 60. Lebensjahr wieder ab (glockenförmiger Verlauf) - die Anzeigenquote beträgt 40% bei den unter 21-Jährigen und 73,5% bei den 50- bis 59-Jährigen.
Weiter ist die Anzeigenbereitschaft vom '''Alter''' des Opfers abhängig: Bei älteren Opfern ist sie insgesamt höher als bei jüngeren, nimmt jedoch ab dem 60. Lebensjahr wieder ab (glockenförmiger Verlauf) - die Anzeigenquote beträgt 40% bei den unter 21-Jährigen, 73,5% bei den 50- bis 59-Jährigen, 61,8% bei den Senioren ab 60 Jahren.


===Viktimisierung als Grundlage späterer Delinquenz===
===Viktimisierung als Grundlage späterer Delinquenz===
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