Verweigerungsrechte im Strafverfahren

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Während vor Gericht grundsätzlich alle Zeugen zur Aussage (und zur Eidesleistung) verpflichtet sind, privilegieren die Prozessordnungen vieler Staaten bestimmte Prozeßbeteiligte durch die Gewährung des Rechts, die Aussage, bzw. ihr "Zeugnis" zu verweigern. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)[1] zählt die Verweigerungsrechte zu den Bestandteilen eines fairen Strafverfahrens. Bei Personen, die ein solches Verweigerungsrecht haben, darf dieses Recht auch nicht dadurch ausgehöhlt oder umgangen werden, dass man Dokumente beschlagnahmt, die sich in ihrem Besitz befinden und aus denen sich die erwünschten Informationen entnehmen lassen könnten (siehe: Beschlagnahmeverbot).

Zweck

Zweck dieser Rechte ist der Schutz des Zeugen vor Konfliktlagen, die sich aus Loyalität zu sich selbst oder einem Dritten gegenüber und der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage ergeben würde, wenn der Zeuge zur Aussage gezwungen wäre. Zu solchen Konfliktlagen gehört insbesondere die Situation, dass der Zeuge sich selbst oder ihm nahe stehende Dritte belastet und sich so eventuell der Gefahr einer (schwereren) Strafverfolgung aussetzt.

Ebenso soll ein Beschuldigter davor geschützt werden, sich selbst belasten zu müssen. Es soll ihm vielmehr frei stehen, sich zu seiner Tat zu bekennen oder dies zu unterlassen. Aus diesem Grunde entschied z.B. das Deutsche Bundesverfassungsgericht am 16.11.1998 :

"... mit der Würde des Menschen unvereinbar ist ein Zwang, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für eine strafrechtliche Verurteilung oder die Verhängung entsprechender Sanktionen liefern zu müssen." [2]

Die Gründe der Verweigerungsrechte ergeben sich in Deutschland also aus dem Grundgesetz. Verweigerungsrechte gibt es in ähnlicher Form in jedem modernen Rechtsstaat.

Rechtsgrundlagen in der deutschen Strafprozeßordnung

Bei den Verweigerungsrechten muss zunächst unterschieden werden zwischen

  • Aussageverweigerungsrechten
  • Zeugnisverweigerungsrechten und
  • Auskunftsverweigerungsrechten.

Aussageverweigerungsrechte

Beschuldigte sind berechtigt die gesamte Aussage zu verweigern, ohne dies zu begründen. Sie müssen lediglich ihre Personalien nennen. Nach § 136StPO bzw. § 55 OwiG steht es dem Beschuldigten/ Betroffenen frei, sich zu der ihm vorgeworfenen Sache zu äußern. Dieses Recht wird Aussageverweigerungsrecht genannt. Auf dieses Recht ist vor der ersten Vernehmnung hinzuweisen.

Zeugnisverweigerungsrechte

Weiterhin gibt es das so genannte Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses steht Zeugen zu, die durch eine wahrheitsgemäße Aussage eine ihnen nahe stehende Person belasten müssten. Auch sie dürfen pauschal die Aussage verweigern, ohne dies weiter begründen zu müssen. Es wird zwischen dem Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen nach § 52 StPO und dem Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen/sachlichen Gründen nach § 53 ff. StPO unterschieden (zu den entspr. Rechten in der Zivilprozeßordnung vgl. §§ 383 und 384 ZPO).

Zeugnisverweigerungsrechte aus persönlichen Gründen

Angehörigen des Beschuldigten steht ein Recht zur umfassenden Aussageverweigerung zu. Durch dieses Recht wird der Artikel 6 GG, Schutz von Ehe und Famile, auch im Strafverfahren gewahrt. Auszugehen ist immer vom Beschuldigten oder Angeklagten im Strafverfahren bzw. vom Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren; von ihm/ihr aus ist zu beurteilen, ob ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht.

Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht zu Gunsten von:

(gegenwärtigen aber nicht früheren) Verlobten (z.Zt. wird überlegt, es abzuschaffen, zumal in geeigneten Fällen das Zeugnisverweigerungsrecht unter Lebenspartnern eingreifen kann

(gegenwärtigen oder früheren) Ehegatten und Lebenspartnern sowie gradlinig Verwandten (Urgroßeltern, Großeltern, Eltern, ehelichen und nichtehelichen Kindern, Enkelkindern, Urenkelkindern usw.) sowie bis zum dritten Grad in der Seitenlinie Verwandten (Geschwister und Halbgeschwister, Geschwisterkinder etc.) sowie gradlinig oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad Verschwägerten.

Der Ehegatte des Beschuldigten kann das Zeugnis verweigern in Verfahren gegen: Eltern des Ehegatten, Großeltern des Ehegatten, Urgroßeltern des Ehegatten, nicht von ihm stammende Stiefkinder, -enkel und -urenkel (und umgekehrt), Geschwister des Ehegatten (Schwager, Schwägerin), nicht aber deren Kinder. Adoptivkinder behalten das Zeugnisverweigerungsrecht zugunsten ihrer ursprünglichen Verwandten; das trifft auch auf deren Kinder zu, wenn sie zur Zeit der Adoption bereits geboren waren. Demgegenüber den Annehmenden und deren Verwandten haben Adoptivkinder, die zur Zeit der Adoption minderjährig waren, ein Zeugnisverweigerungsrecht wie eheliche Kinder, und zwar auch nach einer Auflösung der Adoption. Waren sie zur Zeit der Adoption bereits volljährig, dann steht ihnen das Zeugnisverweigerungsrecht nur zugunsten der Adoptiveltern zu, nicht zugunsten von deren Verwandten.

Pflegekinder und Pflegeeltern haben kein Zeugnisverweigerungsrecht [3]

Zeugnisverweigerungsrechte aus sachlichen Gründen

Darüber hinaus genießen gewisse Berufsgruppen Zeugnisverweigerungsrechte. Diese sind im § 53 Abs. 1 StPO abschließend genannt:

  • Geistliche ( § 53 I Nr. 1 StPO )
  • Verteidiger ( § 53 I Nr. 2 StPO )
  • Rechtsanwälte, Steuerberater Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten (§ 53 I Nr. 3 StPO)
  • Mitglieder von Beratungsstellen für Schwangere (§ 53 I Nr. 3a StPO)
  • Drogenberater ( § 53 I Nr. 3b StPO )
  • Abgeordnete ( § 53 I Nr. 4 StPO )
  • Mitarbeiter von Presse und Rundfunk (§ 53 I Nr. 5 StPO).

Nach herrschender Meinung ist es grundsätzlich nicht möglich, durch analoge Anwendung den Kreis der vom Zeugnisverweigerungsrecht Begünstigten auf andere Berufsgruppen auszudehnen.(1) Aus einer Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse und staatlichem Verfolgungsinteresse ergibt sich, dass nur "im Einzelfall ausnahmsweise und unter ganz besonders strengen Voraussetzungen eine Begrenzung des Zeugniszwangs unmittelbar aus der Verfassung folgen [kann]" (2).

Es handelt sich dabei größtenteils um Berufe, die davon leben, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen dem jeweiligen Vertreter der Berufsgruppe und seinem Kunden oder Patienten besteht. Der § 53 StPO schützt also die Rechte aus Artikel 12 GG, der Berufsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht weist z.B. ausdrücklich auf das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient im Rahmen der ärztlichen Behandlung hin, das durch die ärztliche Schweigepflicht wesentlich mitgeprägt wird.(3)

Dabei führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass der Patient erwarten darf und muss, dass Informationen über ihn geheim bleiben und nicht zur Kenntnis Unbefugter gelangen. Dies betrifft jedoch nur die s.g. Kernbereiche privater Lebensgestaltung. (4) (5) [4] [5]

Als typisch für alle betroffenen Berufe hat das Bundesverfassungsgericht die Begründung höchstpersönlicher, grundsätzlich keine Offenbarung duldender Vertrauensverhältnisse angesehen. Die betreffenden Berufsvertreter können ihre Tätigkeit nur dann wahrnehmen, wenn sie den Klienten, Mandanten bzw. Patienten die Gewähr geben können, dass das, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist, nicht gerichtlich abrufbar bzw. verwertbar ist.(6)

Das Anvertrauen von Geheimnissen muss aus Sicht der Mitteilungsempfänger berufstypisch sein. (7)

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen fallen nur dann in den privilegierten Personenkreis, wenn sie als Suchtberater tätig sind. [6]. [7]

Weiterhin gibt es einen, besonders im Bereich der Journalisten und Medienberufe, wichtigen Sonderbereich des Zeugnisverweigerungsrechtes. Bis 2002 galt nur als privilegiert, was Informanten den Mitarbeitern der Medien aktiv mitgeteilt hatten, oder was in Dokumenten und sonstigen Unterlagen, die den Medien übergeben wurden dargelegt wurde. Ebenso solche Erkenntnisse aus Beobachtungen, die Informanten den Medienvertretern aktiv ermöglicht haben.

Dies hat der Gesetzgeber durch eine am 23. Februar 2002 in Kraft getretene Änderung der Strafprozessordnung erweitert.

Seitdem fallen „selbst recherchiertes bzw. erarbeitetes Material“, sowie alle Beobachtungen, welche die Medienmitarbeiter angestellt haben, unter den erweiterten § 53 Abs. 2 Satz 2 StPO - das gilt auch für Fotografien und Filme. Allerdings hat das Zeugnisverweigerungsrecht und, damit zusammenhängend das Beschlagnahmeverbot bezüglich selbstrecherchierten Materials, deutliche Grenzen: Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot für selbst recherchiertes Material entfallen, wenn die Ermittlungen der Behörden der Aufklärung von Straftaten gelten, die eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vorsehen.

Zusätzlich ist das Zeugnisverweigerungsrecht ausgeschlossen, wenn Gegenstand der Ermittlungen eine Straftat des Friedensverrats, der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats, des Landesverrats, der Gefährdung der äußeren Sicherheit oder eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder eine Geldwäsche oder eine Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Allerdings kann der Zeuge / Journalist auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, wenn dadurch die Identität seines Informanten preisgegeben würde. [8]


Über § 53a StPO steht das Zeugnisverweigerungsrecht auch den Hilfspersonen der Berufsgeheimnisträger zu, also z. B. der Krankenschwester oder der Rechtsanwaltsgehilfin. Andernfalls könnte durch die Bestellung dieser Gehilfen als Zeugen das Verweigerungsrecht des Berufsträgers umgangen werden, besitzen diese Personen doch ebenfalls detaillierte Kenntnisse von strafrechtlicher Relevanz über den Patienten oder Mandanten.


Im Gegensatz zum Zeugnisverweigerungsrecht des Angehörigen nach § 52 StPO besteht seitens der Strafverfolgungsbehörden ausdrücklich keine Belehrungspflicht, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Berufsgeheimnisträger von seinem Recht auf Zeugnisverweigerung Kenntnis hat.

Das Zeugnis darf jedoch nicht grundsätzlich verweigert werden. Vielmehr bezieht sich das Zeugnisverweigerungsrecht auf einzelne Fragen, welche den Beschuldigten belasten könnten. Weiterhin dürfen nur solche Informationen verschwiegen werden, die dem Zeugen unmittelbar in seiner jeweiligen beruflichen Eigenschaft zugetragen wurden.


Bei bestimmten in § 53 StPO genannten Berufsgruppen ist es möglich, dass der Berufsträger durch den Patienten oder Mandanten von seiner Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden wird. In diesem Falle erlischt das Zeugnisverweigerungsrecht. Andererseits dürfen aus der Tatsache, dass keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht gegeben wird, für den Beschuldigten keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. (8) [9]

Sagt der Berufsträger, obwohl nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden, dennoch als Zeuge aus, so macht er sich der Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 StGB [10] strafbar. Zu beachten ist aber, dass nach Ansicht der Rechtsprechung die Zeugenaussage in dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten dennoch verwertet werden darf. [11]

Auskunftsverweigerungsrechte

Im Strafverfahren gibt es darüber hinaus ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO . Dieses kombiniert die Intentionen des Zeugnis - und des Aussageverweigerungsrechts, da durch dieses ein Zeuge davor bewahrt werden soll, sich selbst bei seiner Aussage gegen eine andere Person, einer Straftat belasten zu müssen.

Für Bußgeldverfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz werden gem. § 46 I OwiG die Vorschriften der StPO im Allgemeinen entsprechend angewendet.

Über diese Rechte müssen die Betroffenen vor ihrer Vernehmung belehrt werden.

Werden Aussagen erhoben, die unter Verstoß gegen diese Vorschriften erlangt wurden, besteht häufig ein Beweisverwertungsverbot, sodass auch die Vernehmungspersonen in einer gerichtlichen Hauptverhandlung nicht über den Inhalt des Gehörten oder Protokollierten vernommen werden dürfen. [12]

Abgrenzung zur Schweigepflicht

Neben dem Zeugnisverweigerungsrecht bestimmter Berufe existiert eine so genannte Schweigepflicht. Sie umfasst die Gruppe der sogenannten Berufsgeheimnisträger, welche größer ist als die der Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 53 Abs. 1 StPO. Sie resultiert aus der Annahme, dass es Berufsgeheimnisträgern nicht gestattet sein sollte, die ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft zugetragenen Informationen weiterzugeben. Zunächst war diese Schweigepflicht lediglich eine "moralische Verpflichtung" und wurde bereits im 4 Jahrhundert v. Chr. im Eid des Hippokrates genannt. Erst in jüngerer Zeit wurde daraus auch eine rechtliche Verpflichtung, die in Deutschland z.B. in § 203 StGB [13] mündete, der die widerrechtliche Weitergabe von Berufsgeheimnissen unter Strafe stellt.

Konkurrenz zum "BKA Gesetz"

Im Rahmen der "Terrorabwehr" wurde im Dezember 2008 auch das so genannte "BKA Gesetz" (Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten) verschärft. Durch dieses wird nun u.a. auch das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO eingeschränkt. Der § 20c BKAG [14] schränkt das Zeugnisverweigerungsrecht für den Fall ein, dass die

Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist.

Eine Aussage über die vertraulichen Informationen darf vom Staat nicht erzwungen werden. Das BKA-Gesetz führt nun zwar keinen Zwang ein, es erlaubt dem BKA aber, sich die Informationen durch heimliche Lauschaktionen und Computer-Durchsuchungen zu beschaffen. Auf die bislang vom Gesetz garantierte Vertraulichkeit ist dann kein Verlass mehr.

Bei den Journalisten, den Ärzten und den Rechtsanwälten soll das Zeugnisverweigerungsrecht also nur noch nach Maßgabe des "öffentlichen Interesses" gelten. Wenn die Sicherheitsinteressen also größer sind als das Interesse an der Vertraulichkeit der Informationen , gilt das Zeugnisverweigerungsrecht nichts mehr.

Es steht dann den heimlichen Aktionen nicht im Weg. Bei Strafverteidigern, Abgeordneten und Geistlichen ist das anders. Diese Berufe bleiben grundsätzlich vor heimlichen Lausch- und Durchsuchungsaktionen geschützt; werden durch heimliche Aktionen Erkenntnisse über sie erlangt, dürfen diese nicht verwertet und müssen die Aufzeichnungen gelöscht werden.

Es gibt also künftig zwei Klassen von Berufsgeheimnisträgern: Bei den einen hat das Zeugnisverweigerungsrecht von vornherein kaum noch einen Wert, bei den anderen gilt es noch absolut. [15]


Gegen diese "Aushöhlung" des Zeugnisverweigerungsrechts gab es Proteste aus den betroffenen Berufsgruppen. [16] Im April 2009 wurde daher eine Verfassungsbeschwerde vorgestellt. [17] Die Justizministerin der neuen Bundesregierung, Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) scheint diesen Beschwerden Gehör zu schenken, in dem sie im Januar 2010 einen neuen Gesetzesentwurf über das Gesetz "zur Stärkung des Schutzes von Vertrauensverhältnissen zu Rechtsanwälten im Strafprozessrech" zur Abstimmung stellte, in dem Anwälte wieder zu den priviligierten Berufsgeheimnisträgern gezählt werden.[18]

Sonderfall "Terrorliste"

In den Jahren 2006 und 2007 sorgte ein Zwischenfall bezüglich eines Seelsorgers für Verunsicherung bei vielen Zeugnisverweigerungsberechtigten. Dieser kam seiner Tätigkeit in einer JVA als "Gefängnisseelsorger" nach. Im Rahmen dieser Tätigkeit betreute er einen Mann, dem vorgeworfen wird, Betrugstaten gegenüber deutschen Lebensversicherungsgesellschaften begangen zu haben, um durch Erlangung hoher Versicherungssummen das Terrornetzwerk El Kaida zu finanzieren. Aufgrund dieser Verdachtslage ist der Mann auf der so genannten "Terrorliste" verzeichnet. Der Seelsorger sollte im Verfahren gegen diesen Mann aussagen, ob er für diesen Internetrecherchen durchgeführt habe. Die Beantwortung dieser Frage lehnte der Seelsorger unter Hinweis auf sein Zeugnisverweigerungsrecht ab. [19] Daraufhin ordnete das verhandelnde Oberlandesgericht Düsseldorf die Beugehaft gegen den Seelsorger an. Diese wurde durch den Bundesgerichtshof bestätigt. Die daraufhin folgende Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht bestätigte die Entscheidung der beiden Vorinstanzen. [20] [21] [22]

Grund hierfür war jedoch nicht ein etwaiger Sonderfall durch das Vorliegen einer Person der so genannten "Terrorlisten", wie es in vielen Medien dargestellt wurde. Vielmehr sahen die Gerichte die Tätigkeit des Seelsorgers in Form einer "Internetrecherche" nicht als "typische Form der Berufseigenschaft":

Die aus der Beantwortung der an den Beschwerdeführer gestellten Frage zu erwartenden Erkenntnisse sind nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechen, in den einzugreifen dem Staat verwehrt ist. Die Frage, deren Beantwortung hier in Rede steht, zielt nicht auf das Erlangen von Kenntnissen über ein seelsorgerisches Gespräch, sondern über eine Tätigkeitdas Recherchieren von Versicherungsadressen –, die der Beschwerdeführer nur außerhalb eines solchen Gesprächs wahrgenommen haben könnte.(Auszug der Pressemitteilung des BverfG vom 29.01.2007)

Literatur:

1 Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 2001, § 53 Rn. 2; Lemke, Heidelberger Kommentar zur StPO, 1999,§ 53 Rn. 3.

2 Amtlicher Leitsatz der Entscheidung des BVerfG, 19. 7. 1972-2 BvL 7/71, NJW 1972, 2214, und ibid.,2216.

3 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.7. 1972 - 2 BvL7/71, NJW 1972, 2215.

4 BVerfG 2 BvR 26/07 (1. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 25. Januar 2007 (BGH/OLG Düsseldorf)

5 BGH 5 StR 584/90 - Urteil vom 18. Juni 1991 (LG Hamburg)

6 Zu den Schutzzwecken des § 53 Abs. 1 Nrn. 1 bis 2 StPO vgl. Baier, Strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrechte außerhalb der Strafprozessordnung als Ergänzung der §§ 52 ff. StPO, 1996, S. 55-57.

7 Vgl. Blau, NJW 1973, 2234.

8 BGH 3 StR 401/99 - Urteil v. 22. Dezember 1999 (LG Dortmund)

9 Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner (Fn. 6), § 97 Rn. 2.

Weblinks

Entscheidung des BVerfG vom 16.11.1998 http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Zeugnisverweigerung01.php

http://bundesrecht.juris.de

http://dejure.org/

http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Zeugnisverweigerung03.php

http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Zeugnisverweigerung05.php

http://www.dgrv.de/webde.nsf/272e312c8017e736c1256e31005cedff/70a89eaf9189d380c12570de005a227c/$FILE/ATTUYACS/Zeugnisverweigerungsrecht.pdf

http://www.streifler.de/die-zeugnisverweigerungsrechte-der-strafprozessordnung-_2833.html

http://www.gesetze-im-internet.de/bkag_1997/__20c.html

http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/schaeubles-hundertprozent-polizei/

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Verfassungsbeschwerde-gegen-BKA-Gesetz-vorgestellt-215251.html

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/07/2-bvr-26-07.php?referer=db

http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-009.html

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20070125_2bvr002607.html

http://193.197.34.225/ZHEAF/diskussionspapiere/Kunkel99_2.PDF

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv033367.html

http://www.initiative-tageszeitung.de/lexika/ol-presserecht/olp-artikel.html?LeitfadenID=067

http://www.sueddeutsche.de/politik/696/451410/text/

http://de.news.yahoo.com/2/20100123/tpl-justizministerin-will-zeugnisverweig-ee974b3.html

http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/005.htm

Zugriff auf alle Weblinks am 17.01.2010