Verbrechen

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Eine schwere Straftat wird unter Juristen ebenso wie in der Öffentlichkeit als Verbrechen bezeichnet (speziell unter Juristen häufig in Abgrenzung zum Vergehen als dem Fachausdruck für weniger schwere Straftaten). Dabei kommt es nicht auf die einzelne Aktion, sondern auf die abstrakt bestimmte Schwere des Tatbestands an, der mit der Handlung erfüllt wird.

Etymologie

Das mittelhochdeutsche Wort "verbrechen" bezeichnete ein bis zur Zerstörung oder Vernichtung intensiviertes "Brechen". In der Rechtssprache entwickelten sich zunächst Ausdrücke wie das "Brechen des Friedens" (oder eines Eides oder eines Gesetzes). Ab dem 17. Jahrhundert gab es dann auch die Substantive "Verbrechen" und "Verbrecher" (die zunächst auch für leichtere Übertretungen benutzt wurden). Ab dem 18. Jahrhundert findet sich das Verb "verbrechen" nur noch mit einem allgemeinen Objekt ("etwas verbrechen").

Definitionen: Formelle Verbrechensbegriffe

Deutschland

Die Legaldefinition des Verbrechens nach § 12 Absatz 1 StGB lautet:

  • "Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind." (In § 12 Absatz 2 und 3 heißt es dann erläuternd: "Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind. Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.").

Als Verbrechen gelten deshalb in Deutschland z.B.: § 80 StGB: Vorbereitung eines Angriffskrieges; § 81 Hochverrat gegen den Bund; § 82 Hochverrat gegen ein Land; § 83 Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens; § 94 Landesverrat; § 96 Landesverräterische Ausspähung; § 100 Friedensgefährdende Beziehungen; § 105 Nötigung von Verfassungsorganen; § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen; § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; § 146 Geldfälschung; § 152b Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks; § 154 Meineid; § 176a Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern; § 176b Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge; § 177 Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung; § 178 Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge; § 211 Mord; § 212 Totschlag; § 213 Minder schwerer Fall des Totschlags, § 226 Schwere Körperverletzung; § 227 Körperverletzung mit Todesfolge; § 234 Menschenraub; § 234a Verschleppung; § 239a Erpresserischer Menschenraub; § 239b Geiselnahme; § 244a Schwerer Bandendiebstahl; § 249 Raub; § 250 Schwerer Raub; § 251 Raub mit Todesfolge; § 252 Räuberischer Diebstahl; § 255 Räuberische Erpressung; § 260a Gewerbsmäßige Bandenhehlerei; § 306 Brandstiftung; § 306a Schwere Brandstiftung; § 306b Besonders schwere Brandstiftung; § 306c Brandstiftung mit Todesfolge; § 307 Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie; § 308 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion; § 309 Missbrauch ionisierender Strahlen; § 310 Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens; § 313 Herbeiführen einer Überschwemmung; § 314 Gemeingefährliche Vergiftung; § 316a Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer; § 316c Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr; § 339 Rechtsbeugung; § 343 Aussageerpressung; § 344 Verfolgung Unschuldiger; § 345 Vollstreckung gegen Unschuldige. Im Völkerstrafrecht: Völkermord (§ 6 VStGB).

Als Verbrechen gelten aber auch folgende, im Nebenstrafrecht geregelte Tatbestände: Unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln (§ 29 a Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Gewerbsmäßiger unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln (§ 30 BtMG) Bandenmäßiger gewerbsmäßiger unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln (§ 30 a BtMG), Verbreitung und Herstellung von Selbstladewaffen (§ 52 a Waffengesetz), Gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern (§ 92 b Ausländergesetz), Gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung (§ 84 a Asylverfahrensgesetz), Gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung in großem Ausmaß (§ 370a AO), § 34 Abs. 4 Außenwirtschaftsgesetz in Verbindung mit § 69 Buchst, h Abs. 1 Nr. 2 Außenwirtschaftsverordnung §§ 19 bis 20a Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) § 22a KWKG.

Österreich und Schweiz

  • Nach § 17 des österreichischen Strafgesetzbuches (Einteilung der strafbaren Handlungen) sind Verbrechen „vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind“ (§ 17 StGB); alle übrigen strafbaren Handlungen sind Vergehen. Im Unterschied zur deutschen Regelung sind in Österreich auch der Versuch und die Bestimmung („Anstiftung“) eines Vergehens strafbar. Weiters ist die Zuständigkeit der Gerichte anders geregelt.
  • Das schweizerische Strafgesetzbuch (Stand Januar 2010) definiert Verbrechen als Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind (Art. 10 Abs. 2 StGB). Vergehen sind Taten, die mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht sind (Art. 10 Abs. 3 StGB).

Einstufung als Verbrechen und Sanktionierung

Die Einstufung als Verbrechen hat Konsequenzen für die Art der Sanktionierung. Traditionell sind für Verbrechen die schwersten Strafen zulässig, für Vergehen nicht. Für besonders gravierende Verbrechen war das meist die Todesstrafe (daher auch die Bezeichnung Kapitalverbrechen; von lat. caput = das Haupt; Kapitalverbrechen = Verbrechen, das den Kopf kostet).

  • Die Peinliche Halsgerichtsordnung (1532) unterschied zwischen causae maiores (= Lebens-, Leibes- oder Ehrenstrafen) und causae minores (Geldbußen, kurze Haft).
  • Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 unterschied zwischen drei Stufen der Schwere der Straftat: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Das entsprach dem unter Napoleon entstandenen französischen Code Pénal Impérial (1810), dessen Dreiteilung (crime - délit - contravention) das französische Strafrecht und die eng an das französische angelehnten Systeme (bspw. Belgiens) bis heute bestimmt. Für Verbrechen gab es u.U. die Todes- oder die Zuchthausstrafe, für Vergehen Gefängnis, für Übertretungen in der Regel Geldstrafe oder eine kurze Haftstrafe. Seit in Deutschland die Kategorie der Übertretungen ebenso wie die Institution des Zuchthauses abgeschafft wurde - und seit auch Verbrechen mit Geldstrafe gesühnt werden können - ist die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen zurückgegangen. Was bleibt, sind folgende Unterschiede: bei Verbrechen ist der Versuch immer strafbar (bei Vergehen hingegen nur, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt; vgl. § 23 Abs. 1 StGB); bei Verbrechen ist die versuchte Anstiftung grundsätzlich strafbar - die versuchte Anstiftung zu einem Vergehen hingegen nicht; strafbar ist auch die Androhung eines Verbrechens, nicht aber die eines Vergehens (§ 241 StGB); auch für den Verlust von Amtsfähigkeit und Wählbarkeit spielt nach § 45 Abs. 1 StGB die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen eine Rolle. Strafprozessual gilt: ein Angeklagter, dem ein Verbrechen vorgeworfen wird, hat nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 der Strafprozessordnung (StPO) immer Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, wenn er selbst keinen Verteidiger benennt; die Möglichkeiten, das Strafverfahren durch einen Strafbefehl (§ 407 StPO) oder wegen Geringfügigkeit etc. (§§ 153, 153a, 154d StPO) einzustellen, bestehen nur bei Vergehen, nicht bei Verbrechen.

Rechtssysteme ohne Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen

In einigen Rechtssystemen gibt es die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen nicht oder nicht mehr. Beispielsweise existieren in den ebenfalls vom französischen Modell ausgehend entwickelten Strafrechten Italiens, Spaniens und der Niederlande für Bagatellstraftaten zwar weiterhin die Übertretungen (contravvenzioni, faltas bzw. overtredingen), alle anderen Straftaten werden dagegen einheitlich als „Delikte“ oder „Vergehen“ (delitti, delitos bzw. misdrijven) bezeichnet. Trotzdem werden auch hier schwere und weniger schwere Tatbestände entsprechenden Unterkategorien zugeordnet. In den meisten Rechtsordnungen des Common Law gibt es die Unterscheidung zwischen schweren oder „kapitalen“ Verbrechen (felonies) und weniger schweren kriminellen Verfehlungen (misdemeanors), wobei der eigentliche Ausdruck „Verbrechen“ (crime) im Englischen als Oberbegriff dient und systematisch eher der „Straftat“ als solchen entspricht.

Definitionen: Materielle Verbrechensbegriffe

"Nicht weil eine Tat ein Verbrechen ist, verurteilen wir sie, sondern weil wir sie verurteilen, ist sie ein Verbrechen" (Durkheim 1893/1977: 123).


Für die Kriminologie ist es oft unbefriedigend, einfach darauf abzustellen, ob eine Handlung vom Gesetzgeber mit (einer gewissen Mindest-) Strafe bedroht ist oder nicht, ist der strafrechtliche Verbrechensbegriff doch laut Kürzinger (Kriminologie 1982, 14) der „willkürlichen Verfügungsgewalt des Gesetzgebers ausgeliefert. Der Gesetzgeber entscheidet letztendlich welches Handeln kriminalisiert werden soll (Neukriminalisieren) und welches nicht oder nicht mehr (Entkriminalisieren)".

Materielle Verbrechensbegriffe lösen sich daher von den normativen Vorgaben des Strafrechts. Der Preis für diese Emanzipation ist allerdings hoch. Er besteht in der Schaffung einer Differenz zwischen dem, was das Gesetz als Verbrechen bezeichnet und dem, was die Nutzer eines materiellen Verbrechensbegriffs als Verbrechen bezeichnen. Und er besteht typischerweise auch in einer geringeren Bestimmbarkeit dessen, was denn nun als Verbrechen im materiellen Sinne anzusehen sei.

Naturrecht

Im Naturrecht wird eine Trennung in moralisch an sich verwerfliche Delikte (mala delicta per se) und schlicht verbotene Delikte (mala prohibita) vorgenommen. Diese Unterscheidung von natürlichen und bloß konventionellen Verbrechen spielt im strafrechtlichen Denken des Common Law noch heute eine bedeutende Rolle. Aber welche Handlungen sind "mala per se" und welche (nur) "prohibita"? Der Ehebruch und die Homosexualität, heute entkriminalisiert, galten lange Zeit als in sich verwerfliche und manchmal sogar als todeswürdige Straftaten. Ähnlich dramatisch der Wandel, den die Einstellung zur Gotteslästerung (entkriminalisiert seit 1969) und zur Pornographie (entkriminalisiert seit 1975) durchmachten. Welche Einstellung ist die richtige? Wie ließe sich bestimmen, ob der Ehebruch und die Homosexualität vielleicht doch "mala per se" darstellen? Wie ließe sich ein Naturrecht begründen, das unabhängig wäre vom souzio-kulturellen Wandel und vom Zeitgeist?

Rechtsgut

Die juristische Lehre vom Rechtsgut bezeichnet als Verbrechen solche Handlungen, die geeignet sind, geschützte Rechtsgüter in strafwürdiger Weise zu verletzen. Rechtsgüter sind dabei die rechtlich geschützten individuellen Interessen der Teilnehmer am Rechtsverkehr. Dieser „rechtsgutsbezogene“ Verbrechensbegriff ist enger als der natürliche Verbrechensbegriff und knüpft an die normativen Grundlagen einer Rechtsordnung (Gesellschaft) an. Er steht daher dem formellen Verbrechensbegriff schon recht nahe. Allerdings ist das Fundament der Rechtsgutslehre und damit die Bestimmbarkeit dessen, was legitimerweise Rechtsgut ist und was nicht, völlig unklar.

Sozialschädlichkeit

Aus den Sozialwissenschaften stammt der Begriff des antisozialen Verhaltens, das im Kontext sozial unangepassten oder abweichenden Verhaltens (Devianz) definiert wird. Der daraus erwachsende Verbrechensbegriff stützt sich auf ein sozialwissenschaftliches Verständnis vom Handeln des Einzelnen in der Gesellschaft. Doch auch hier fehlt eine solide normative Basis, um einen handhabbaren Verbrechensbegriff zu liefern. Was der eine für sozialschädlich hält, ist für den anderen vielleicht sozial nützliche Provokation oder Innovation. Auch dafür gibt es zahllose Beispiele. Die Orientierung am empirischen Status Quo des sozialen Unwerturteils ist auch nicht viel solider: "Das soziale Unwerturteil über eine Handlung muss nicht mit der Einschätzung durch das Strafrecht einhergehen. Es ist aber schwierig festzustellen, was man im soziologischen Sinne als Verbrechen verstehen will, weil die Kriterien hierfür nicht eindeutig sind“ (Kürzinger, 1996, 19). Die Unterscheidung ist wiederum normativ, das Problem wird also nur verlagert.

Folgt man der Labeling-Auffassung, dass nur das ein Verbrechen sei, was von den sozialen Instanzen als solches definiert wird, dann wird nicht mehr auf die Qualität der Handlung selbst, sondern auf ihre soziale Bewertung abgestellt, die ihrerseits sehr unterschiedlich sein kann. Man entfernt sich auch leicht vom allgemeinen Sprachgebrauch und vom common sense, wenn man nur den entdeckten und verfolgten Mord als Verbrechen ansieht, nicht aber den unentdeckten (vgl. Kürzinger 1996, 19).

Natürlicher Verbrechensbegriff

Im Jahre 1885 hatte Garofalo in seinem Buch „Criminologia“ (die Lehre vom natürlichen Verbrechen, „delitto naturale“) versucht, einen „natürlichen Verbrechensbegriff“ zu schaffen. Hierunter waren Handlungen zu verstehen, die zu allen Zeiten und bei nahezu allen Völkern und Kulturen als verwerflich bzw. sozialschädlich eingestuft und entsprechend bestraft worden waren. Gemeint war hier die Verletzung fundamentaler Gemeinschaftsgüter, insbesondere Handlungen, die gegen tiefste Empfindungen gegen die Redlichkeit und des Mitleids verstoßen. Delikte wie z. B. Mord, Raub, Vergewaltigung und Diebstahl. Diese „kriminellen Handlungen“ wurden „delicta mala per se“ (Verbrechen, die in sich schlecht sind) genannt - im Gegensatz zu „delicta mere prohibita“. Das sind Handlungen, die nur deshalb als verwerflich gelten, weil sie verboten sind. Garofalo stand mit seinen Überlegungen auch in der Tradition der katholischen Theologie.

Kriminologischer Verbrechensbegriff

In den USA und Großbritannien wurden Längsschnittstudien unternommen, die nach den Unterschieden zwischen Tätern und Nichttätern in ihrem Sozialprofil, ihrem Sozialverhalten oder in ihrer psychischen und selbst physischen Konstitution suchten. Die Soziologie abweichenden Verhaltens, die in den USA gegen Ende des zweiten Weltkrieges aufkam und die Ende der 1960er Jahre nach Europa kam, schien eine Konzeption zu bieten. Kriminalität wurde zum (zentralen) Teil von Abweichung, zu der Alkoholismus, Drogenkonsum, Prostitution, Homosexualität, Selbstmord, Obdachlosigkeit usw. gerechnet wurden. „Allerdings wurde der Verhaltensaspekt damit nicht aufgegeben, da viele der genannten Beispiele ebenfalls mit defizitären Persönlichkeitsmerkmalen assoziiert wurden und man die Forschung auf die Suche nach Antisozialität umstellte; ausgegangen wurde von substantiellen Gemeinsamkeiten zwischen Abweichung und Kriminalität mit der Möglichkeit des Übergangs oder von sie beide erklärenden Faktoren“ (SESSAR, 1998, 434). Durkheim (der Vater der modernen Kriminologie) hatte nicht nur die Normalität des Verbrechens herausgearbeitet, sondern dadurch auch ein soziales Verhaltesspektrum bewusst gemacht, das von konformem über abweichendes bis zu kriminellem Verhalten reichte. „Wesentlich war nun, dass die jeweiligen Definitionen auf gemeinsamen Wertvorstellungen, dem Kollektivbewusstsein beruhen sollten; sie konnten damit nicht dem Verhalten als solchem entnommen werden“, Sessar 1998, 434. Es ging um gesellschaftlich definierte Verhaltensdifferenz – die Abhängigkeit des Verbrechens von sozialen Wertentscheidungen. „Diese Abhängigkeit des Verbrechens von sozialen Wertentscheidungen war nicht neu, denn so hatten ja auch schon manche Einwände gegenüber Lombroso in dessen eigener Schule gelautet. Neu aber war die systematisch erarbeitete Konzeption eines normativ begründeten Verhältnisses zwischen Konformität und Abweichung bzw. Kriminalität“, SESSAR 1998, 434. SESSAR (1998, 435) beschreibt den kriminologischen Verbrechensbegriff als einen Prozess – ein Prozess des Beobachtens. „Die Kriminologie etwa untersucht, wie Kriminalität durch aufwendige Prozesse von Zuschreibung und Nichtzuschreibung zustande kommt. Sie kann dabei nichts als rechtlich vorgegeben hinnehmen, sondern wird das Strafrecht als Schablone oder Rahmen begreifen, um zu beobachten, was hineingepasst wird und was nicht bzw. wie solche Rahmen verändert werden, damit Verhaltensweisen hineinpassen oder nicht. Und vielleicht hat sie Glück und kommt hinter das „warum“ und das „warum nicht“.

Literatur

  • Durkheim, Émile (1893/1977) Über soziale Arbeitsteilung. Frankfurt: Suhrkamp.
  • Bernd-Dieter Meier: Kriminologie, C.H. Beck, München 2003
  • Hermann Mannheim: Vergleichende Kriminologie, Enke, Stuttgart 1966
  • Duden (2001), Das Herkunftswörterbuch, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich
  • Grimm (1956), Deutsches Wörterbuch, Leipzig
  • Knospe/Bernsdorf (1985), Wörterbuch der Kriminologie, Stuttgart
  • Kaiser G. (1997), Kriminologie, 10. Auflage, Heidelberg
  • Schwind H. D. (2004), Kriminologie / Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen, 14. Auflage, Heidelberg
  • Sessar (1998), Internationale Perspektiven in Kriminologie und Strafrecht, Berlin
  • Kürzinger J. (1995), Kriminologie / Eine Einführung in die Lehre vom Verbrechen, Stuttgart

VdP (Verlag Deutsche Polizeiliteratur) , 2002, Hilden

Weblinks


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