Theorie der differentiellen Kontakte: Unterschied zwischen den Versionen

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Die von [[Edwin H. Sutherland]] erstmals explizit in seinen Principles of Criminology (in der Ausgabe von 1939) so genannte Theorie der '''Differential Association''' (Theorie der differentiellen Kontakte) ist ein lerntheoretischer Ansatz zur Erklärung von abweichendem Verhalten und Kriminalität, der seine endgültige Form dann in der 4. Auflage seines Lehrbuchs fand.  
Die von [[Edwin H. Sutherland]] erstmals explizit in seinen ''Principles of Criminology'' von 1939 als '''theory of differential association''' bezeichnete '''Theorie der differentiellen Kontakte''' fand ihre ausgearbeitete Form in der 4. Auflage seines Lehrbuchs von 1947 und ist einer der bekanntesten und einflussreichsten lerntheoretischen Ansätze zur Erklärung von abweichendem Verhalten und Kriminalität. [[Ronald Akers]] entwickelte daraus mit seinem Werk ''Social Learning and Social Structure'' (2009) eine allgemeine Theorie von Kriminalität und Abweichung.


Die Theorie besteht aus neun Postulaten..
==Die Theorie==


1. Criminal behavior is learned.
Die Theorie besteht aus folgenden neun Postulaten:


This means that criminal behavior is not inherited, as such; also the person who is not already trained in crime does not invent criminal behavior.
1. Kriminelles Verhalten ist gelerntes Verhalten (= Ablehnung von biologischem Determinismus, Psychopathie und ökonomischen Erklärungsansätzen)


2. Criminal behavior is learned in interaction with other persons in a process of communication.
2. Kriminelles Verhalten wird in Interaktion mit anderen Personen und in einem Kommunikationsprozess gelernt


This communication is verbal in many cases but includes gestures.
3. Der Hauptteil des Lernens von kriminellem Verhalten findet innerhalb kleiner persönlicher Gruppen statt (= relativ geringe Bedeutung von Massenmedien)


3. The principal part of the learning of criminal behavior occurs within intimate personal groups.
4. Das Lernen von kriminellem Verhalten umfasst (a) Techniken der Tatbegehung und (b) die spezifische Richtung von Motiven, Antrieben, Rationalisierungen und Einstellungen


Negatively, this means the impersonal communication, such as movies or newspaper play a relatively unimportant part in committing criminal behavior.
5. Das Erlernen der spezifischen Ausrichtung der Motive und Antriebe hängt davon ab, ob die entsprechenden Kontaktgruppen die gesetzlichen Bestimmungen als günstig oder ungünstig definieren


4. When criminal behavior is learned, the learning includes (a) techniques of committing the crime, which are sometimes very simple; (b) the specific direction of motives, drives, rationalizations, and attitudes.
6. Eine Person wird delinquent aufgrund eines Überschusses an Definitionen zugunsten von Rechtsverletzungen im Verhältnis zu Definitionen, die Rechtsverletzungen eher ablehnen (= Kernelement der Theorie. Wenn Personen delinquent werden, dann werden sie dies nicht nur wegen ihrer Kontakte zu delinquenten Mustern, sondern auch, weil sie von antikriminellen Mustern isoliert sind)


5. The specific direction of the motives and drives is learned from definitions of the legal codes as favorable or unfavorable.
7. Differentielle Kontakte können nach Häufigkeit, Dauer, Priorität und Intensität variieren


This different context of situation usually is found in US where culture conflict in relation to the legal code exists.
8. Der Prozess des Lernens von kriminellem Verhalten durch Assoziation mit kriminellen und anti-kriminellen Mustern umfasst alle Mechanismen, die auch bei allem anderen Lernen eine Rolle spielen


6. A person becomes delinquent because of an excess of definitions favorable to violation of law over definitions unfavorable to violation of law.
9. Während kriminelles Verhalten einen Ausdruck allgemeiner Bedürfnisse und Werte darstellt, vermögen diese es nicht zu erklären, da nicht-kriminelles Verhalten dieselben Bedürfnisse und Werte zum Ausdruck bringt. Diebe stehlen im allgemeinen, um an Geld zu gelangen, aber ehrbare Beschäftigte arbeiten aus demselben Antrieb heraus. Versuche, kriminelles Verhalten mit so allgemeinen Antrieben und Werten zu erklären, waren immer schon und müssen auch vergeblich sein, da sie legales ebenso wie illegales Verhalten erklären. Sie ähneln einer Erklärung von solchen Verhaltensweisen durch die Atmung, die ja auch für alles Verhalten erforderlich ist, die aber nicht die Unterschiedlichkeit zwischen legalem und illegalem Verhalten erklären kann (Sutherland 1974: 75-76).


This is the principle of differential association. When people become criminal, they do so not only because of contacts with criminal patterns but also because of isolation from anticriminal patterns. Negatively, this means that association which are neutral so far as crime is concerned have little or no effect on the genesis of criminal behavior.
== Kritik ==


7. Differential association may vary in frequency, duration, priority, and intensity.


Priority seems to be important principally through its selective influence and intensity has to do with such things as the prestige of the source of a criminal or anticriminal pattern and with emotional reactions related to the association. These modalities would be rated in quantitative form and mathematical ratio but development of formula in this sense has not been developed and would be very difficult.
== Literatur ==
 
*Akers, Ronald L. (2009) Social Learning and Social Structure: A General Theory of Crime and Deviance. New Brunswick, N.J. : Transaction Publishers.  
8. The process of learning criminal behavior by association with criminal and anti-criminal patterns involves all of the mechanisms that are involved in any other learning.
*Sutherland, Edwin H. (1939) Principles of criminology. 3. Aufl. Philadelphia: J.B. Lippincott.
 
*Sutherland, Edwin H. (1947) Principles of criminology. 4. Aufl. Philadelphia: J.B. Lippincott.
Negatively, this means that the learning of criminal behavior is not restricted to the process of imitation. A person who is seduced, for instance, learns criminal behavior by association, but this would not be ordinarily described as imitation.
 
9. While criminal behavior is an expression of general needs and values, it is not explained by those general needs and values since non-criminal behavior is an expression of the same needs and values. Thieves generally steal in order to secure money, but likewise honest laborers work in order to money. The attempts to explain criminal behavior by general drives and values such as the money motive have been, and must completely to be, futile, since they explain lawful behavior as completely as they explain criminal behavior. They are similar to respiration, which is necessary for any behavior, but which does not differentiate criminal from noncriminal behavior. (Sutherland, 1974: 75-76)




== Weblinks ==
== Weblinks ==
*Edwin H. Sutherland. Differential Association Theory. Florida State University [http://www.criminology.fsu.edu/crimtheory/sutherland.html]
*Edwin H. Sutherland. Differential Association Theory. Florida State University [http://www.criminology.fsu.edu/crimtheory/sutherland.html]
*Differentielle Assoziation und soziale Lerntheorie. In: PPT  Kriminologische Theorien im Überblick (Enzmann) [http://www2.jura.uni-hamburg.de/instkrim/kriminologie/Lehre/WS%202010_11/KriminologieGrundlagen/KVG10.pdf]

Aktuelle Version vom 25. Januar 2011, 03:15 Uhr

Die von Edwin H. Sutherland erstmals explizit in seinen Principles of Criminology von 1939 als theory of differential association bezeichnete Theorie der differentiellen Kontakte fand ihre ausgearbeitete Form in der 4. Auflage seines Lehrbuchs von 1947 und ist einer der bekanntesten und einflussreichsten lerntheoretischen Ansätze zur Erklärung von abweichendem Verhalten und Kriminalität. Ronald Akers entwickelte daraus mit seinem Werk Social Learning and Social Structure (2009) eine allgemeine Theorie von Kriminalität und Abweichung.

Die Theorie

Die Theorie besteht aus folgenden neun Postulaten:

1. Kriminelles Verhalten ist gelerntes Verhalten (= Ablehnung von biologischem Determinismus, Psychopathie und ökonomischen Erklärungsansätzen)

2. Kriminelles Verhalten wird in Interaktion mit anderen Personen und in einem Kommunikationsprozess gelernt

3. Der Hauptteil des Lernens von kriminellem Verhalten findet innerhalb kleiner persönlicher Gruppen statt (= relativ geringe Bedeutung von Massenmedien)

4. Das Lernen von kriminellem Verhalten umfasst (a) Techniken der Tatbegehung und (b) die spezifische Richtung von Motiven, Antrieben, Rationalisierungen und Einstellungen

5. Das Erlernen der spezifischen Ausrichtung der Motive und Antriebe hängt davon ab, ob die entsprechenden Kontaktgruppen die gesetzlichen Bestimmungen als günstig oder ungünstig definieren

6. Eine Person wird delinquent aufgrund eines Überschusses an Definitionen zugunsten von Rechtsverletzungen im Verhältnis zu Definitionen, die Rechtsverletzungen eher ablehnen (= Kernelement der Theorie. Wenn Personen delinquent werden, dann werden sie dies nicht nur wegen ihrer Kontakte zu delinquenten Mustern, sondern auch, weil sie von antikriminellen Mustern isoliert sind)

7. Differentielle Kontakte können nach Häufigkeit, Dauer, Priorität und Intensität variieren

8. Der Prozess des Lernens von kriminellem Verhalten durch Assoziation mit kriminellen und anti-kriminellen Mustern umfasst alle Mechanismen, die auch bei allem anderen Lernen eine Rolle spielen

9. Während kriminelles Verhalten einen Ausdruck allgemeiner Bedürfnisse und Werte darstellt, vermögen diese es nicht zu erklären, da nicht-kriminelles Verhalten dieselben Bedürfnisse und Werte zum Ausdruck bringt. Diebe stehlen im allgemeinen, um an Geld zu gelangen, aber ehrbare Beschäftigte arbeiten aus demselben Antrieb heraus. Versuche, kriminelles Verhalten mit so allgemeinen Antrieben und Werten zu erklären, waren immer schon und müssen auch vergeblich sein, da sie legales ebenso wie illegales Verhalten erklären. Sie ähneln einer Erklärung von solchen Verhaltensweisen durch die Atmung, die ja auch für alles Verhalten erforderlich ist, die aber nicht die Unterschiedlichkeit zwischen legalem und illegalem Verhalten erklären kann (Sutherland 1974: 75-76).

Kritik

Literatur

  • Akers, Ronald L. (2009) Social Learning and Social Structure: A General Theory of Crime and Deviance. New Brunswick, N.J. : Transaction Publishers.
  • Sutherland, Edwin H. (1939) Principles of criminology. 3. Aufl. Philadelphia: J.B. Lippincott.
  • Sutherland, Edwin H. (1947) Principles of criminology. 4. Aufl. Philadelphia: J.B. Lippincott.


Weblinks

  • Edwin H. Sutherland. Differential Association Theory. Florida State University [1]
  • Differentielle Assoziation und soziale Lerntheorie. In: PPT Kriminologische Theorien im Überblick (Enzmann) [2]