Stigmatisierung

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Stigmatisierung

Stigmatisierung als soziologische Begriff wird - von der Rollentheorie, der Theorie des symbolischen Interaktionismus und der Ethnomethodologie - als eine entehrende und vom gesellschaftlichen Leben ausschließende Bewertung von auffälligem Verhalten verstanden. Die Stigmatisierung entsteht im gesellschaftlichen Leben, indem durch selektive Zuschreibung einer Person oder einer Klasse von Personen tatsächliche oder mögliche Eigenschaften zugeschrieben werden.


Hypothesen zur Genese von Stigmatisierung nach Hohmeier

Hohmeier stellt vier Hypothesen zur Genese von Ausgrenzung bzw. Stigmatisierung vor.

Die erste Hypothese bezieht sich auf die Herrschaftsstrukturen einer Gesellschaft. So bringen bestimmte Institutionen automatisch davon Deviante mit sich (Beispiel: Institution des Privateigentums den Dieb).

Die zweite Hypothese besagt, dass sich durch die Entstehung neuer gesellschaftlicher Normen und Leistungsanforderungen Gruppen bilden, die diesen Anforderungen nicht gewachsen sind. Sie fallen durch das Netz sozialer Integration. Für eine Stigmatisierung müssen jedoch weitere Faktoren hinzukommen. Beispielsweise das Eingreifen bestimmter Kontrollinstanzen (Sozialarbeit, Justiz, Polizei usw.).

Bei der dritten Hypothese beschreibt Hohmeier die Zweck-Mittel-Orientierung der Gesellschaft. Aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten mancher Gruppen (z. B. Behinderte) an die fortschreitende Rationalisierung gesellschaftlicher Verhältnisse (z. B. Arbeitsmarkt) geraten sie ins Abseits und sind durch das Unvermögen zur konformen Leistung diskreditierbar.

Inhalt der vierten Hypothese ist die anthropologische Grundausstattung des Menschen. So wird angenommen, dass durch ein natürliches oder anerzogenes Anliegen nach Unterscheidung von anderen Mitmenschen, “nach Triebentladung von Aggressionen, nach Projektion belastender Ansprüche sowie nach Entlastung durch Orientierung an übernommenen Vorurteilen” die Bereitwilligkeit zur Stigmatisierung gegeben ist. Anlass kann die zugrunde liegende Angst vor dem Andersartigen sein. Dynamik der Stigmatisierung: Da Ingroup-Favorisierung auf den relevanten Bewertungsdimensionen (ingroup-typische positive und outgroup-typische negative) durch eine Outgroup-Favorisierung auf den irrelevanten Dimensionen ausgeglichen wird (outgroup-typische positive und ingroup-typische negative, also relevante für Mitglieder der Outgroup!), ist der Befund bloßer Stereotypenakzentuierung gleichzeitig als fair und selbstwertsteigernd zu beurteilen: In spieltheoretischen Begriffen ist über wechselseitiges log-rolling eine Win-Win-Lösung erreicht, die zur gesellschaftlichen Stabilität der Stereotype beitragen kann.