Sicherungsverwahrung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die deutsche Rechtsinstitution der Sicherungsverwahrung (SV) ermöglicht es, Straftätern, die für besonders gefährlich gehalten werden, zum Schutz der Allgemeinheit auch dann ihre Freiheit zu entziehen oder vorzuenthalten, wenn das in der Form der Freiheitsstrafe rechtlich nicht (mehr) möglich ist. Vergleichbare Rechtsinstitutionen sind in Österreich der "Maßnahmenvollzug" (§ 23 östStGB), in der Schweiz die "Verwahrung" von Gewohnheitsverbrechern (Art. 42 schwStGB)
== Allgemeines ==
und in Frankreich (seit 2008) die [http://fr.wikipedia.org/wiki/R%C3%A9tention_de_s%C3%BBret%C3%A9_en_France ''rétention de sureté'']. Im weiteren Sinne gehört zu den vergleichbaren Rechtsinstitutionen auch das '''imprisonment for public protection''' des britischen Rechts (seit 2003).


Im deutschen Strafrecht gehört die SV zusammen mit der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und in einem psychiatrischen Krankenhaus zu derjenigen Klasse legalen Freiheitsentzugs, die das Gesetz als [[Maßregeln der Besserung und Sicherung]] bezeichnet. Wie die anderen Maßregeln bezweckt auch die SV (juristisch gesehen) nicht den Ausgleich der Tatschuld, die der Täter auf sich geladen hatte, sondern ist ganz unabhängig von dem Gesichtspunkt der Schuld und des Schuldausgleichs eine Art polizeilich motivierter Vorbeugehaft zur Verhinderung künftiger Taten eines gefährlichen Individuums. Insofern handelt es sich bei der SV materiell um Gefahrenabwehr, also eine Angelegenheit der Polizei, während sie formell in der Zuständigkeit der Strafjustiz liegt und in der Art und Weise ihres Vollzugs auch kaum von dem Vollzug einer Gefängnisstrafe zu unterscheiden ist.
Die Sicherungsverwahrung (SV) gehört den sogenannten Maßregeln der Sicherung und Besserung (§§ 61-72 [[Strafgesetzbuch]] (StGB))an. Neben der eigentlichen Strafe wird sie durch das Gericht nach dem Urteil als freiheitsentziehende Maßregel angeordnet.
Sie dient dem Zweck, die Allgemeinheit vor einer bestehenden Gefahr ausgehend vom voll oder vermindert schuldfähigen Täter (nach Einschätzung durch das Gericht) zu schützen, in dem der Täter weiterhin im Vollzug verbleibt (vgl. Bartsch 2010, S. 29). Für eine vorbeugende Verhinderung schwerster Straftaten gilt sie als letztes Mittel „ulitma ratio“ (vgl. Bamberger 2012, S. 213).


Einerseits werden gegen die SV grund- und menschenrechtliche Bedenken geltend gemacht. Die von der SV Betroffenen werden, was den Rechtsgrund ihres Freiheitsentzugs angeht, lediglich als Gefahrenquellen betrachtet und damit gleichsam "zum Objekt gemacht" (Stichwort: "Feindstrafrecht").
Andererseits haben von 1998-2007 nicht weniger als sieben Reformgesetze den Anwendungsbereich der SV weiter ausgedehnt, indem sie u.a. zur Streichung der Höchstgrenze von zehn Jahren bei der erstmaligen Anordnung der SV führten und sowohl die nachträgliche Anordnung und die Anordnung der [[Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht|SV gegenüber Jugendlichen]] ermöglichten. Während im Jahre 1996 in Deutschland insgesamt 176 Sicherungsverwahrte gezählt wurden, waren es im Jahre 2005 schon 365.


Eine maßgebliche Rolle spielte dabei die zunehmende gesellschaftliche Punitivität gegenüber Sexualstraftätern und das "Gesetz zur Bekämpfung von Sexualstraftaten" aus dem Jahre 1998. Auf absehbare Zeit scheint damit die Zukunft dieser Form des Freiheitsentzugs gesichert und es kann wohl die Prognose gewagt werden, dass die Zahl der Sicherungsverwahrten in den nächsten Jahren wieder auf die altbekannten Höhen der Jahre vor der Strafrechtsreform steigen dürfte. Noch handhaben die Vollstreckungsgerichte die SV allerdings recht restriktiv (vgl. Ullenbruch 2007).


== Intention der Sicherungsverwahrung ==
== Gesetzliche Grundlagen ==


Das deutsche Strafrecht umfasst seit 1933 das Prinzip der Zweispurigkeit. Diese Zweispurigkeit bedeutet, dass neben den schuldabhängigen rückwärtsgerichteten Strafen (Geldstrafe, Freiheitsstrafe mit und ohne Bewährung, zeitig und lebenslang) schuldunabhänge, zukunftsorientierte, präventive [[Maßregeln der Besserung und Sicherung]] im Strafgesetzbuch enthalten sind.  
Die Sicherungsverwahrung als Maßregel der Sicherung und Besserung ist im Strafgesetzbuch (StGB) ab §66 ff. festgehalten. Des Weiteren bestimmt das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) §129ff. Grundlagen der Sicherungsverwahrung. Nach der neuerlichen Rechtsprechung haben die Bundesländer im Jahr 2013 eigene Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetze geschaffen, welche den Vollzug der Sicherungs-verwahrung detailliert regeln. Zielsetzung der Sicherungsverwahrung ist in erster Linie der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren schwerwiegenden Straftaten. Trotz dessen ist die Fortdauer der Verwahrung mindestens jährlich zu prüfen (vgl. BVerfGE 128, 326, 382 Tz. 118).


Das Strafgesetzbuch enthält derzeit sechs Maßregeln der Besserung und Sicherung. Davon drei ambulante Maßregeln, die Entziehung der Fahrerlaubnis, das Berufsverbot, die Führungsaufsicht  und drei freiheitsentziehende Maßregeln, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie die
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.


Die Sicherungsverwahrung gilt als die umstrittenstete Maßregel, nicht allein deshalb weil ihre Wirkung eine äußerst einschneidende die Freiheitsrechte des Einzelnen massiv einschränkende Maßnahme ist. Die Sicherungsverwahrung wird bei schuldfähigen Tätern neben der Strafe verhängt. Ein Vikariieren ist nicht möglich, vor dem Vollzug der SV wird immer die Freiheitsstrafe verbüßt (oft geringere FS wegen SV, schlechtere Bedingungen beim Vollzug der FS wegen SV).
== Voraussetzungen und Formen ==


Die Erforderlichkeit Sicherungsverwahrung (im Gesetzt) wird damit begründet, dass die Strafe rückwärtsgerichtet und durch die Schuld des Täters beschränkt ist. Dadurch entsteht die Sicherheitslücke, dass Täter die eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten, entlassen werden müssen. Das Risiko für die Gesellschaft vor den neuen Straftaten soll durch die Sicherung dieser Täter verringert werden. Das zu erbringende „Sonderopfer“  für nicht begangene Straftaten dar  basiert auf der Gefährlichkeit für die Zukunft. Der „Zweck der Unterbringung ist in erster Linie der Schutz der Allgemeinheit.“ (Feest, 2006)
Die Voraussetzungen einer Unterbringung in Sicherungsverwahrung sind differenziert in § 66 ff. StGB geregelt. Der Gesetzgeber sieht hier verschiedene Formen der Sicherungsverwahrung vor:


===Mögliche Sinnhaftigkeit der Sicherungsverwahrung===
Die primäre (auch anfängliche oder originäre) Sicherungsverwahrung nach §66 StGB:
Eine Maßregel bezweckt (juristisch gesehen) nicht den Ausgleich der Tatschuld, die der Täter auf sich geladen hatte, sondern ist ganz unabhängig von dem Gesichtspunkt der Schuld und des Schuldausgleichs eine Art polizeilich motivierter Vorbeugehaft zur Verhinderung künftiger Taten eines gefährlichen Individuums. Insofern handelt es sich bei der SV materiell um Gefahrenabwehr, also eine Angelegenheit der Polizei, während sie formell in der Zuständigkeit der Strafjustiz liegt. Die Erforderlichkeit Sicherungsverwahrung (im Gesetzt) wird damit begründet, dass die Strafe rückwärtsgerichtet und durch die Schuld des Täters beschränkt ist. Dadurch entsteht die Sicherheitslücke, dass Täter die eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten, entlassen werden müssen. Das Risiko für die Gesellschaft vor den neuen Straftaten soll durch die Sicherung dieser Täter verringert werden. Das zu erbringende „Sonderopfer“ für nicht begangene Straftaten dar basiert auf der Gefährlichkeit für die Zukunft. Der „Zweck der Unterbringung ist in erster Linie der Schutz der Allgemeinheit.“ (Feest, 2006) Die Sicherungsverwahrung ist ein Rechtsinstitut, das es ermöglicht, Straftäter auch nach dem Ablauf ihrer Freiheitsstrafe noch gefangen zu halten, um weitere Delikte dieser gefährlichen Rückfalltäter ("Hangtäter"; "Unverbesserlichen") zu verhindern. Insofern wird von den von dieser Maßregel betroffenen Personen zwangsweise verlangt, dass sie über ihre Bestrafung hinaus ein Opfer für die Gesellschaft bringen: man verwehrt ihnen trotz Strafablaufs ihre Entlassung in die Freiheit, um die Gesellschaft vor dem Risiko ihrer Rückfälligkeit zu bewahren. Obwohl das eine Art "Sonderopfer" darstellt, bei dem die Idee der Bestrafung keine Rolle mehr spielen sollte, ähnelt diese spezielle Art des Freiheitsentzugs der Freiheitsstrafe so sehr, dass unbefangene AnstaltsbesucherInnen auf den ersten Blick wohl kaum in der Lage wären, die Strafgefangenen von den Sicherungsverwahrten zu unterscheiden. So wird die S. zum Beispiel auf dem Gelände von Gefängnissen vollzogen. Außerdem sind alle Sicherungsverwahrten ehemalige Strafgefangene. Diejenigen Häftlinge, bei denen ein Gericht entweder bei oder nach dem Strafurteil zusätzlich noch die Sicherungsverwahrung angeordnet hatte, werden nach Ablauf ihrer Strafhaft eben nicht entlassen, sondern unter der veränderten Bezeichnung und bei verändertem rechtlichen Status in der Anstalt auch über das Ende ihrer Bestrafung hinaus gefangen gehalten, sofern sie vom zuständigen Gericht weiterhin als gefährlich angesehen werden. Hauptziel der Sicherungsverwahrung, die im Strafgesetzbuch nicht als Strafe, sondern als eine von mehreren dort vorgesehenen "Maßregeln der Besserung und Sicherung" firmiert, ist der Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen Rückfalltätern ("Hangtätern"; "Unverbesserlichen"). Offen bleibt aber weiterhin die Frage, ob die Verschärfung des Rechts in Bezug auf die Sicherungsverwahrung durch einen objektiven Anstieg der Gewaltkriminalität veranlasst wurde oder nur einem gesteigerten Bedrohungsgefühl der Allgemeinhait Rechnung trug.
Grundvoraussetzungen für diese sind mindestens zwei schwere Vortaten (Verbrechen), mindestens eine erhebliche Vorverurteilungen sowie eine negative Prognose aufgrund des Hanges des Täters hinsichtlich erwartbarer erheblicher Straftaten, welche eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.  
Dies sind zumeist Straftaten, welche sich gegen die Unversehrtheit des Lebens, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und/oder gegen die persönliche Freiheit richten. Schwere Straftaten im Rahmen des Völkerrechts oder des Betäubungsmittelgesetztes können ebenfalls je nach Intensität des Verbrechens mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung belegt werden. Eine detaillierte Darstellung und weitere Voraussetzungen sind im §66 StGB geregelt.  


===Hangtäter===
Die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach §66a StGB:
Straftäter, der nicht nur wiederholt Straftaten begangen (Mehrfach-, Rückfalltäter), sondern auch eine intensive, tief verwurzelte, eingeschliffene Neigung zu Straftaten hat, die ihn kraft Übung (Gewohnheit) oder charakterlicher Veranlagung immer wieder straffällig werden lässt. Besteht ein Hang »zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird« (§ 66 StGB), ist gegen den Hangtäter richterlich Sicherungsverwahrung anzuordnen.
Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, sofern nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist, dass aufgrund eines Hanges zu erheblichen Straftaten eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit nicht auszuschließen ist. Hierbei wird der Täter und die Tat in seiner Gesamtwürdigung sowie die Persönlichkeit und die Entwicklung innerhalb der Freiheitsstrafe, bis zu der endgültigen Anordnung überprüft. Die Überprüfung, ob eine Sicherungsverwahrung angeordnet wird, geschieht durch das Gericht des ersten Rechtszuges. Die Anordnung muss sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe (gemäß §275a Strafprozessordnung) erfolgen. Detaillierte Voraussetzungen sind §66a StGB zu entnehmen.


== Geschichte ==
Die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach §66b StGB:
Aufgrund der aktuellen Rechtsprechungen kann die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nur noch in speziellen Fällen angeordnet werden.
Danach ist die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nur möglich, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach §67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt worden ist, weil der Zustand, welcher die Schuldfähigkeit ausschließt (§ 20 StGB) oder vermindert (§ 21 StGB), auf dem die Unterbringung nach §63 StGB beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung der Unterbringung nicht bestanden hat, und von dem Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit die erneute Begehung erheblicher Straftaten zu erwarten ist, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden können.


Die Sicherungsverwahrung ist ein Rechtsinstitut, das es ermöglicht, Straftäter auch nach dem Ablauf ihrer Freiheitsstrafe noch gefangen zu halten, um weitere Delikte dieser potentiell gefährlichen Rückfalltäter zu verhindern. Insofern wird von den von dieser Maßregel betroffenen Personen zwangsweise verlangt, dass sie über ihre Bestrafung hinaus ein Opfer für die Gesellschaft bringen: man verwehrt ihnen trotz Strafablaufs ihre Entlassung in die Freiheit, um die Gesellschaft vor dem Risiko ihrer Rückfälligkeit zu bewahren.
Im Rahmen der neuen Gesetzgebung wurde dem StGB der §66c mit dem Titel: „Ausgestaltung der Unterbringung der Sicherungsverwahrung und des vorhergehenden Strafvollzugs“ hinzugefügt.
Obwohl das eine Art "Sonderopfer" darstellt, bei dem die Idee der Bestrafung keine Rolle mehr spielen sollte, ähnelt diese spezielle Art des Freiheitsentzugs der Freiheitsstrafe so sehr, dass unbefangene AnstaltsbesucherInnen auf den ersten Blick wohl kaum in der Lage wären, die Strafgefangenen von den Sicherungsverwahrten zu unterscheiden. So wird die S. zum Beispiel auf dem Gelände von Gefängnissen vollzogen. Außerdem sind alle Sicherungsverwahrten ehemalige Strafgefangene. Diejenigen Häftlinge, bei denen ein Gericht entweder bei oder nach dem Strafurteil zusätzlich noch die Sicherungsverwahrung angeordnet hatte, werden nach Ablauf ihrer Strafhaft eben nicht entlassen, sondern unter der veränderten Bezeichnung und bei verändertem rechtlichen Status in der Anstalt auch über das Ende ihrer Bestrafung hinaus gefangen gehalten, sofern sie vom zuständigen Gericht weiterhin als gefährlich angesehen werden. Hauptziel der Sicherungsverwahrung, die im Strafgesetzbuch nicht als Strafe, sondern als eine von mehreren dort vorgesehenen [[Maßregeln der Besserung und Sicherung]] firmiert, ist der Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen Rückfalltätern ("Hangtätern"; "Unverbesserlichen").
Dieser besagt, welche Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung geschaffen werden sollten. Ebenfalls wird daraufhingewiesen, dass der Strafvollzug darauf ausgerichtet sein soll, eine Anordnung einer Verwahrung zu vermeiden. Weiterhin hebt dieser die besondere Stellung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf den Abstand zum herkömmlichen Strafvollzug hervor.
Im Zuge der neuen Rechtsprechung wurde das „Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung
des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung“ eingeführt, da dies unter anderem Inhalt der Klagen war, welche zu der neuen Rechtsprechung führte.


In Deutschland wurde die Sicherungsverwahrung durch das "Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung" vom 24. November 1933 eingeführt. Die NS-Zeit machte insofern grundlegende Überlegungen zur Thematik nutzbar, die sich insbesondere im Werk von Franz von Liszt "zur Zweckmäßigkeit" des Strafrechts finden. Nach dem Ende des Dritten Reichs stufte der Alliierte Kontrollrat das Gewohnheitsverbrechergesetz als rechtstaatsverträglich ein und entfernte lediglich die „Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher“ sowie die 1941 eingeführte Todesstrafe.
Im Falle des Jugendstrafrechts gelten andere Voraussetzungen, welche im §7 Jugendgerichtsgesetz geregelt sind. Beispielhaft ist zu nennen, dass eine Jugendstrafe von mindestens 7 Jahren oder spezifischen Straftaten, ähnlich der oben benannten, hierfür Voraussetzung sind.


In den fünfziger Jahren war unumstritten, dass die Sicherungsverwahrung ein unabdingbares kriminalpolitisches Instrument sei. In Debatten der Großen Strafrechtskommission hieß es gar, dass von ihrer Anwendung zu selten Gebrauch gemacht werde. Daher sollte die Anwendung durch eine Gesetzesänderung erleichtert werden.


== Voraussetzungen ==
== Historische Entwicklung ==


Die Sicherungsverwahrung kann vom Gericht
Bereits sehr früh finden sich Ausführungen zu einer Art „Verwahrung“ von besonders gefährlichen und rückfälligen Straftätern zum Schutz der Allgemeinheit. Unter anderem erscheint der Gedanke der Verwahrung in einigen Vorschriften des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794 (vgl. Dessecker 2004, S. 27ff). Weiterhin waren abgewandelte Formen im preußischen Strafgesetzbuch von 1851 und dem Reichsstrafgesetzbuch von 1870/71 als Verhängung verlängerter Freiheitsstrafen vorhanden (vgl. Schewe 1999, S. 14). Im Jahr 1893 legte Strafrechtler Stooss einen Entwurf zum Schweizerischen Strafgesetzbuch vor, dieses beinhaltete ein dualistisches Sanktionssystem, welches die Forderungen nach individualpräventiven Orientierungen und der klassischen Strafrechtsschule und deren Vergeltungscharakter hervorbringt. Dies ging auf einen Streit zwischen der modernen (mit Vertreter Franz von Liszts) und der klassischen Strafrechtsschule zurück. Als eine Art Kompromiss zwischen beiden Schulen entwickelte Stooss den Entwurf mit dessen Zweispurigkeit. Während der Weimarer Republik konnte ebenfalls keine abschließende Einigung über das dualistische Strafrechtssystem erfolgen. Bis 1933 wurden diverse Entwürfe des Deutschen Strafgesetzesbuches, welches eine Sicherungsverwahrung beinhaltete, vorgelegt. Jedoch setzte sich keiner dieser Entwürfe durch (vgl Schewe 1999; S. 36ff). Erst die Nationalsozialisten brachten das „Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung“ vom 24.11.1933 hervor, welches 1934 in Kraft trat. Nach Zerfall des Dritten Reiches wurden die Vorschriften zur Sicherungsverwahrung fast identisch in das Strafgesetzbuch übernommen. Lediglich die Möglichkeit zur nachträglichen Anordnung entfiel (vgl. Bender 2007, S. 22). Nach diversen Kritiken über die Sicherungsverwahrung veränderte der Gesetzgeber in den 70er Jahren den Charakter der SV, als „ultima ratio“ Mittel (vgl. ebd.). Erst am 31.10.1998 mit dem in Kraft treten des „Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten“ erhielt die Diskussion um die Sicherungsverwahrung neuen Aufschwung und wurde deutlich in ihren Voraussetzungen und der Höchstgrenze verschärft (vgl. Bartsch 2010, S. 38ff.). Bis zu dem entscheidenden Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 2011 ergaben sich im Vorfeld weitere drastische Veränderungen in der Gesetzgebung, unter anderem war die Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung (2004), Diskussionen um die Zehn-Jahres-Höchstgrenze und weitere, Inhalt dieser.
Am 04.05.2011 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass nahezu alle Vorschriften zur Sicherungsverwahrung verfassungswidrig sind, da sie mit mehreren Artikeln des Grundgesetzes nicht vereinbar sind. Vor allem kritisierte das Gericht den bloßen Sicherungsaspekt und fokussierte den erheblichen Unterschied zum Normalvollzug (ugs. Abstandsgebot) und verwies auf freiheitsorientierte und therapiegerichtete Maßnahmen hin. Der Bundesgerichtshof war nun angehalten, dass Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auszugestalten und zu konkretisieren. Dieses verpflichtete den Gesetzgeber zu einer Neugestaltung der Sicherungsverwahrung bis zum 31.05.2013. Daraufhin legte der Bund das „Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung“ vor, welches am 05.12.2012 in Kraft trat. Weiterhin reagierte der Gesetzgeber mittels Veränderung des §66 StGB auf die Forderungen, in welchem ebenfalls die Ausgestaltung grundlegend geregelt ist. 
Kraft der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung obliegt die Ausgestaltung den Landesgesetzgebern, was sie in Landesgesetzen so dann umsetzten.


1. bereits im Urteil angeordnet werden (§ 66 StGB),
2. im Strafurteil vorbehalten werden (§ 66a StGB),
3. nachträglich angeordnet werden (§ 66b StGB).


Sie wird neben einer Freiheitsstrafe angeordnet. Wird die Freiheitsstrafe zuerst verbüßt, prüft das Gericht vor Vollzugsende, ob die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dann tritt Führungsaufsicht ein.
== Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung ==


Gegenüber Jugendlichen im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) (14 Jahre oder älter, aber noch nicht 18 Jahre alt zum Zeitpunkt der Straftat) ist die Anordnung einer Sicherungsverwahrung nicht möglich, gegen Heranwachsende (18 Jahre oder älter, aber noch nicht 21 Jahre zum Zeitpunkt der Straftat) kann nach § 106 Abs. 3 JGG die Anordnung von Sicherungsverwahrung vorbehalten werden. Bei Schuldunfähigen kommt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht.
Die Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung wird auf Bundesebene im §66c StGB geregelt. Dieser benennt bereits die grundlegenden Rahmenbedingungen und erheblichen Neuerungen der Sicherungsverwahrung, welche durch das Bundesverfassungsgericht gefordert wurde. Weiterhin sind die Landesgesetze gefragt, diese groben Rahmenbedingungen weiter zu spezifizieren. Das Bundesverfassungsgericht postulierte in diesem Zusammenhang, dass bereits während des Strafvollzuges auf die Verminderung der Gefährlichkeit des Täters hingearbeitet werden muss, um eine Sicherungsverwahrung zu vermeiden. Hier sind bereits alle Maßnahme zur Abwendung der Sicherungsverwahrung anzubieten. Weiterhin ist bei Aufnahme eine Behandlungsuntersuchung mit allen nötigen Aspekten der Persönlichkeit des Verwahrten zu erstellen und daraus ein Vollzugsplan zu entwickeln, welcher regelmäßig aktualisiert werden muss. Die Verwahrung ist so zu gestalten, dass sie behandlungsorientiert, alle erforderlichen psychiatrischen, psychologischen und anderen therapeutischen Maßnahmen und Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, um die Gefährlichkeit des Verwahrten zu minimieren. Hierbei liegt der Fokus insbesondere auf individuell zugeschnittenen, der Persönlichkeiten des Verwahrten entsprechenden Maßnahmen (vgl. Wolf 2012, S. 75). Für diese Maßnahmen sind die Verwahrten intensiv zu motivieren. Hierfür sollte ein multiprofessionelles Team zur Verfügung stehen. Weiterhin sind Vollzugslockerungen zu gewähren und nur aus zwingenden sicherheitsrelevanten Gründen zu versagen. Eine intensive und ausreichende Entlassungsvorbereitung hat stattzufinden. Hier soll eine enge Verzahnung mit forensischen Ambulanzen und Einrichtungen des Betreuten Wohnens bestehen um die erforderliche Betreuung für die Verwahrten sicherzustellen. Um all diese Punkte gewährleisten sowie adäquat umsetzen zu können, sollte die Verwahrung deutlich vom Normalvollzug abgegrenzt sein.


Anordnung im Urteil
== Empirie ==


Ein Gericht kann gemäß § 66 StGB direkt im Urteil anordnen, den Verurteilten in der Sicherungsverwahrung unterzubringen. Dafür muss eine negative Gefährlichkeitsprognose vorliegen. Sie liegt vor, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung des Täters (Persönlichkeit, Herkunft, Erziehung, Lebenslauf, Familienverhältnisse, Intelligenz etc.) und seiner Taten geschlussfolgert wird, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist. Darunter versteht man Taten, die entweder die Opfer seelisch bzw. körperlich schwer schädigen oder einen schweren wirtschaftlichen Schaden anrichten. Die Basis für diese Annahme liefert das Gutachten eines Sachverständigen. Es müssen jedoch noch andere Bedingungen erfüllt werden:
Der Anteil der Sicherungsverwahrten im deutschen Strafvollzug ist eher als gering einzuschätzen. Zum Stichtag 31.3.2013 waren 50631 durch Freiheitsstrafen untergebracht. Demgegenüber waren lediglich 492 Personen verwahrt. Seit 1965 war die Anzahl der Verwahrten sehr schwankend. 1965 waren im Früheren Bundesgebiet noch 1430 Personen in Verwahrung. Bis 1995 (ab 1990 Gesamtdeutsch) sank die Zahl erheblich auf lediglich 183 Personen. Seither stieg die Anzahl, wobei anzumerken ist, dass die Zahl der Verwahrten seit 2009 relativ konstant ist (vgl. Statistisches Bundesamt 2013).
Die häufigsten Deliktgruppen der Verwahrten sind vor allem Sexualdelikte sowie Raub und Erpressung (vgl. Puhlmann 2009, S. 34). Ebenso stellte Puhlmann in seiner Erhebung zum Klientel der Sicherungsverwahrten fest, dass in 77% der Stichprobe Auffälligkeiten in der Herkunftsfamilie bestehen. Weiterhin ist grundlegend eher von einem niedrigen Bildungsniveau auszugehen (vgl. ebd.).


1. Der Täter erhält im aktuellen Verfahren eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren aufgrund einer vorsätzlichen Straftat.
2. Vor dieser Tat wurde der Täter bereits zweimal für vorsätzliche Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von jeweils mindestens einem Jahr verurteilt. Die Verurteilung zu einer Gesamtstrafe gilt als einzelne Verurteilung.
3. Wegen einer oder mehrere dieser Taten hat er bereits zwei Jahre Freiheitsentzug verbüßt oder sich für diese Dauer im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel befunden. Wenn Untersuchungshaft oder andere Freiheitsentziehungen auf die Freiheitsstrafe angerechnet wurden, so gelten sie im Sinne dieser Bedingung ebenfalls.


Wird der Täter im aktuellen Verfahren aufgrund eines Verbrechens oder einer Straftat nach den §§ 174, 174a, 174b, 174c, 176, 179 Abs. 1 bis 4, 180, 182 (verschiedene Formen des Sexuellen Missbrauchs), 224 (Gefährliche Körperverletzung), 225 (Misshandlung von Schutzbefohlenen) oder 323a (Vollrausch - nur, wenn im Rausch ein Verbrechen oder eine der vorgenannten Taten begangen wurde) des Strafgesetzbuches zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt (erste Bedingung), reicht es, wenn er wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurde (zweite Bedingung). Die dritte Bedingung gilt wie oben angegeben.
== Kritik und kriminologische Relevanz ==


Eine vergangene Tat wird nur erfasst, wenn nicht mehr als fünf Jahre zwischen ihr und der folgenden Tat verstrichen sind. Nicht eingerechnet wird dabei die Zeit, in welcher der Täter aufgrund einer behördlichen Anordnung in einer Anstalt verwahrt wurde. Falls die Straftat außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Strafgesetzbuches abgeurteilt wurde, kann sie nur einbezogen werden, wenn sie nach deutschem Strafrecht im ersten Fall eine vorsätzliche Tat, im zweiten Fall ein Verbrechen oder eine andere der dort genannten Straftaten wäre.
Die Sicherungsverwahrung als Maßregel der Sicherung und Besserung ist seit Jahrzehnten eine äußerst umstrittene Thematik. Seit den 60er Jahren wurde sie vielfach verändert und zumeist ausgeweitet. Vor allem hinsichtlich des letzten Jahrzehnts sind etliche und entscheidende Änderungen eingetreten, so unter anderem 2004 die viel diskutierte nachträgliche Sicherungsverwahrung. Jedoch legte die neue Rechtsprechung eindeutig die Therapie-, und freiheitsorientierte Ausrichtung fest, was zu einer qualitativeren Arbeit mit den Sicherungsverwahrten führen sollte. Derzeit sind einige Länder noch mit der neuen Orientierung und der daraus resultierenden Umstrukturierung beschäftigt und versuchen neben den baulichen Rahmenbedingungen auch die konzeptionelle Ausrichtung neu zu strukturieren. Die Länder stehen somit vor einer erheblichen Herausforderung.
Weiterhin ist kritisch anzumerken, dass die gesetzlichen Grundlagen und enormen gesetzlichen Änderungen ein unübersichtliches durcheinander an gesetzlichen Grundlagen schaffte. Selbst Kinzig beschrieb dies bereits 2010 folgendermaßen: „Ein nur noch Eingeweihten in glücklichen Stunden verständliches Konglomerat an Vorschriften“ (Kinzig 2011, S. 177).
Die Sicherungsverwahrung ist stetig ein hoch kontrovers diskutiertes Thema. Vor allem die Diskrepanz das Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft zu bedienen und demgegenüber die Wahrung der Freiheits,- und Grundrechte des verwahrten Individuums zu beachten. Aus dieser Diskrepanz ergibt sich ein enormer Druck auf die politische Ebene im Umgang mit der Sicherungsverwahrung, nicht allein aufgrund der populistischen Medienberichterstattung. In diesem Zusammenhang existieren diverse Schriften, in welchen für eine Abschaffung der Sicherungsverwahrung plädiert oder sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Sicherungsverwahrung auseinandergesetzt wird (hierzu u.a. : Kern 1997 und Riebe 2009).


Wiegt die aktuelle Verurteilung schwer genug, hat es keine Bedeutung, ob der Täter bereits früher verurteilt wurde oder eine Haftstrafe absaß. Hier gelten folgende Kriterien:


1. Der Täter hat drei vorsätzliche Straftaten begangen und verwirkt dafür jeweils eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, oder er hat zwei Verbrechen oder Straftaten nach den §§ 174, 174a, 174b, 174c, 176, 179 Abs. 1 bis 4, 180, 182, 224, 225, 323a (nur, wenn im Rausch ein Verbrechen oder eine der vorgenannten Taten begangen wurde) StGB begangen und verwirkt dafür jeweils eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren.
2. Er wird wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt.


Anordnungsvorbehalt im Urteil
== Weblinks und Literatur ==


Wenn ein Täter wegen eines Verbrechens oder einer Straftat nach den §§ 174, 174a, 174b, 174c, 176, 179 Abs. 1 bis 4, 180, 182, 224, 225, 323a (nur, wenn im Rausch ein Verbrechen oder eine der vorgenannten Taten begangen wurde) verurteilt wird und auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, eine negative Gefährlichkeitsprognose jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit gegeben werden kann, darf sich das Gericht eine Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten.
*Bamberger, H.-G. (2012): Freiheitsgrundrecht und Freiheitsentzug – Anmerkungen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a.) In: Müller, J. L. et. al. (Hg.) (2012): Sicherungsverwahrung  - wissenschaftliche Basis und Positionsbestimmungen; Was folgt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011? Berlin.
*Bartsch, T. (2010): Sicherungsverwahrung-Recht, Vollzug, aktuelle Probleme. Gießen.
*Bender, S. (2007): Die nachträgliche Sicherungsverwahrung, Dissertation. Frankfurt am Main. Universität.
*Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 4.5.2011 - 2 BvR 2365/09
*Dessecker, A. (2004) Gefährlichkeit und Verhältnismäßigkeit: eine Untersuchung zum Maßregelrecht. Berlin.
*Kern, J. (1997): Brauchen wir die Sicherungsverwahrung. Zur Problematik des §66 StGB. Frankfurt am Main.
*Kinzig, J. (1996) Die Sicherungsverwahrung auf dem Prüfstand  - Ergebnisse einer theoretischen und empirischen Bestandsaufnahme des Zustands einer Maßregel. Dissertation. Freiburg i. Br. Universität.
*Kinzig, J. Die Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung In: Neue juristische Wochenschrift, Heft 4/2011; 177 - 182
*Puhlmann, P. (2009): Die Sicherungsverwahrung gemäß §66StGB: eine empirische Untersuchung zu den Merkmalen von Straftätern mit Anordnung von Sicherungsverwahrung und dem Zusammenspiel von Gutachtern und Justiz: Dissertation. Rostock. Universität.
*Riebe, P. (2009): Die Verfassungsmäßigkeit der Sicherungsverwahrung. Dissertation. Göttingen. Univversität.
*Schewe, J. (1999): Die Geschichte der Sicherungsverwahrung; Entstehung, Entwicklung und Reform. Dissertation. Kiel. Universität.
*Statistisches Bundesamt (2014): Rechtspflege; Strafvollzug - Demographische und kriminologische Merkmale der Strafgefangenen zum Stichtag 31.3. -Fachserie 10 Reihe 4.1; Wiesbaden.
*Wolf, Th. (2012): Vollzug der Maßregeln: Behandlung und ihre gerichtliche Kontrolle In: Müller, J. L.et. al. (Hg.) (2012): Sicherungsverwahrung - wissenschaftliche Basis und Positionsbestimmungen; Was folgt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011?. Berlin. 71-81.


Dasselbe Gericht entscheidet spätestens sechs Monate bevor die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, ob eine Sicherungsverwahrung angeordnet wird. Zu diesem Zweck wird eine erneute Beweisaufnahme durchgeführt, die klären soll, ob die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung zutreffen. Erneut stellt sich die Frage nach einer negativen Gefährlichkeitsprognose. Um eine Aussage darüber zu treffen, wird neben dem Täter und seiner Tat auch die Entwicklung während des Strafvollzugs in die Gesamtwürdigung einbezogen. Sie muss ergeben, dass vom Verurteilten zukünftig erhebliche Straftaten, welche die Opfer seelisch bzw. körperlich schwer schädigen, zu erwarten sind. Das Gutachten eines bisher unbeteiligten Sachverständigen wird dazu eingeholt.
*http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RegE_Gesetz_zur_bundesrechtlichen_Umsetzung_des_Abstandsgebotes_im_Recht_der_Sicherungsverwahrung.pdf.pdf?__blob=publicationFile
*http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/
*http://recht-niedersachsen.de/34140/svvollzg.htm
*https://justizministerium.hessen.de/sites/default/files/media/hmdjie/hsvvollzg.pdf
*http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/05/rs20110504_2bvr236509.html
*http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.hartpub.co.uk/coverimages/9781849467421.jpg&imgrefurl=http://www.hartpub.co.uk/books/details.asp%3Fisbn%3D9781849467421&h=2835&w=1878&tbnid=k6FVf6T5JnxFWM:&tbnh=94&tbnw=62&docid=VucFtC-k5ZeYYM&hl=de&usg=__2kXR51s5G4NLK7YRg8c7TRV1Wmk=&sa=X&ved=0ahUKEwiTuPSXn6LOAhXFthQKHemLBHcQ9QEIQTAG


Die Entscheidung, ob der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt wird, verschiebt sich bis zur Entscheidung über die Sicherungsverwahrung, es sei denn, die Voraussetzungen für eine negative Gefährlichkeitsprognose liegen offensichtlich nicht vor.


Nachträgliche Anordnung
== Videos ==
*[https://www.youtube.com/watch?v=IT0QL5c0dOc Sicherungsverwahrung in deutschlands größtem Gefängnis (JVA Tegel)]


Grundvoraussetzung für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist eine Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach den §§ 174, 174a, 174b, 174c, 176, 179 Abs. 1 bis 4, 180, 182, 224, 225, 323a (nur, wenn im Rausch ein Verbrechen oder eine der vorgenannten Taten begangen wurde) oder nach den §§ 250 (Schwerer Raub) oder 251 (Raub mit Todesfolge), auch in Verbindung mit den §§ 252 (Räuberischer Diebstahl) oder 255 (Räuberische Erpressung). Werden bei einem aufgrund dieser Taten Verurteilten vor Vollzugsende Tatsachen erkennbar, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit für die Allgemeinheit hinweisen, so kann eine nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden, wenn neue Tatsachen vorliegen, die dies rechtfertigen. Tatsachen in diesem Sinne sind neu, wenn sie dem Tatgericht zum Zeitpunkt der Urteilsfindung noch nicht bekannt gewesen sind. Insbesondere das Verhalten des Verurteilten im Vollzug hat hierbei Beachtung zu finden. Eine (nur) weiterbestehende Gefährlichkeit des Täters reicht demnach nicht aus.
[[Kategorie: Gefängniswesen (Deutschland)]]
 
[[Kategorie: Sanktionenrecht (Deutschland)]]
Wiederum kommt es auf die Gesamtwürdigung des Täters, seiner Tat und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs an, die ergeben muss, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer schädigen. Zudem müssen die normalen Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung vorhanden sein.
 
Wurde der Täter zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt, weil er eines oder mehrere Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, begangen hat, so kann das Gericht die Sicherungsverwahrung nur aufgrund einer negativen Gefährlichkeitsprognose anordnen. Weitere Voraussetzungen müssen in diesem Fall nicht vorliegen.
 
Die dritte Möglichkeit, einen Straftäter nachträglich in die Sicherungsverwahrung zu überführen, ist im Anschluss an eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Wenn der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, kann die Unterbringung in einer Sicherungsverwahrung angeordnet werden, wenn eine negative Gefährlichkeitsprognose vorliegt und der Täter schon wegen eines oder mehrerer Verbrechen oder Taten nach den §§ 174, 174a, 174b, 174c, 176, 179 Abs. 1 bis 4, 180, 182, 224, 225, 323a (nur, wenn im Rausch ein Verbrechen oder eine der vorgenannten Taten begangen wurde) zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wurde oder die gerade beendete Unterbringung wegen mehrerer dieser Taten angeordnet wurde.
 
== Vollzug ==
 
Der Vollzug der Sicherungsverwahrung ist im Dritten Abschnitt des StVollzG geregelt. Die §§ 129 - 135 StVollzG regeln den besonderen Umgang der Vollstreckungsbehörden mit dem Verwahrten. Der Vollzug erfolgt getrennt vom Vollzug einer normalen Freiheitsstrafe (§ 140 Abs. 1 StVollzG). Um dies zu ermöglichen, können entweder eigenständige Anstalten oder abgetrennte Abteilungen innerhalb einer Justizvollzugsanstalt eingerichtet werden.
 
Ziel der Unterbringung ist einerseits die sichere Verwahrung zum Schutz der Allgemeinheit (§ 129 S. 1 StVollzG), andererseits die Unterstützung des Verwahrten, damit er sich in das Leben in Freiheit eingliedern kann (§ 129 S. 2 StVollzG). Um den Schäden des langfristigen Freiheitsentzuges entgegenzuwirken, werden einem Sicherungsverwahrten bestimmte Vollzugslockerungen zugebilligt. Er darf eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen (§§ 131, 132 StVollzG), bei der Ausgestaltung der Hafträume und Durchführung von Betreuungsmaßnahmen soll auf seine persönlichen Bedürfnisse Rücksicht genommen werden. Um die Entlassung vorzubereiten, darf dem Verwahrten sogar ein Sonderurlaub bis zu einem Monat gewährt werden (§ 134 StVollzG). Im Übrigen verbleibt es jedoch bei den allgemeinen Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§ 130 StVollzG).
 
Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist grundsätzlich unbefristet, was nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004 auch im Einklang mit der Verfassung steht.
 
Mindestens alle zwei Jahre, beginnend mit dem ersten Tag der Unterbringung, muss geprüft werden, ob weiterhin die Gefahr besteht, dass der Täter außerhalb des Vollzugs rechtswidrige Taten begehen wird. Wird dies verneint, dann wird die weitere Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und es tritt Führungsaufsicht (max 5 Jahre) ein. Erfolgt während des Zeitraums der Führungsaufsicht kein Widerruf der Entscheidung, gilt die Unterbringung endgültig als erledigt. Lehnt das Gericht die Aussetzung ab, läuft die Frist erneut an.
 
Nach zehn Jahren kann die Unterbringung beendet werden, sofern nicht die Gefahr besteht, dass vom Untergebrachten infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begangen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Dann tritt für mindestens zwei Jahre Führungsaufsicht ein. Dies ist der Regelfall, nur besonders gefährliche Straftäter können länger als zehn Jahre, mitunter bis an ihr Lebensende, verwahrt werden.
 
Der Verwahrte kann auch vom Gericht in ein psychiatrisches Krankenhaus oder in eine Entziehungsanstalt überwiesen werden, wenn dies seine Resozialisierung besser fördert. Eine Rückkehr in die Sicherungsverwahrung kann angeordnet werden, wenn die Überweisung keinen Erfolg erzielt hat bzw. die Resozialisierung in der Sicherungsverwahrung doch besser gefördert wird.
 
Historische Ansätze
 
Die heutige Sicherungsverwahrung wurde als Bestandteil der Maßregeln der Besserung und Sicherung durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 24.11.1933 (RGBl. I 995) eingeführt.
 
Andere Modelle der Sicherungsverwahrung gab es jedoch schon deutlich früher: So sprach sich z.B. Ernst Ferdinant Klein, Initiator des Preußischen Landesrechts, bereits 1794 dafür aus, dass „Diebe und andere Verbrecher, welche ihrer verdorbenen Neigungen wegen dem gemeinen Wesen gefährlich werden könnten,… auch nach ausgestandener Strafe, des Verhafts nicht eher entlassen werden, als bis sie ausgewiesen haben, wie sie sich auf eine ehrliche Art zu ernähren im Stande sind“ (Kinzig, Jörg 1996: S. 8). Das verabschiedete Gesetz konnte sich jedoch nicht durchsetzten; die Kriminalitätsrate stieg entgegen der Annahme, durch eine ungewiss lange Haftzeit Wiederholungstäter abzuschrecken. So ist die historische Relevanz eher in der Formulierung zu sehen, welche dem heutigen Wortlaut erstmals sehr ähnelt.
 
Entwurf nach Carl Stoss [Bearbeiten]
 
Ein weitaus einflussreicherer Entwurf war der Vorentwurf eines Schweizer Strafgesetzbuch im Jahre 1893, entworfen von Carl Stooss. Besonders signifikant für diesen Entwurf sind folgende Artikel:
 
Art. 23: Die Verwahrung von rückfälligen Verbrechern wird auf 10 bis 20 Jahre verfügt (Art. 40). Die Verwahrung findet in einem Gebäude statt, das ausschließlich diesem Zwecke dient...
 
Art. 40: Begeht ein Verbrecher, der wiederholt Zuchthausstrafe erstanden hat, innerhalb von 5 Jahren nach Vollzug der letzten Zuchthausstrafe ein neues Verbrechen, und ist das Gericht überzeugt, dass ihn die gesetzliche Strafe nicht von weiteren Verbrechen abzuhalten vermag, so überweist es den rechtskräftig Verurteilten der Bundesbehörde, welche über die Verwahrung von rückfälligen Verbrechern entscheidet. Diese Behörde zieht über das Vorleben des Verbrechers, über seine Erziehung, seine Familienverhältnisse, seinen Erwerb, seine körperliche und geistige Gesundheit, sowie über die Verbrechen, die er begangen, und die Strafen, die er erstanden hat, Erkundigungen ein. Erachtet es die Behörde als unzweifelhaft, dass der Verbrecher nach Vollzug der Strafe wieder rückfällig werden würde, und erscheint es geboten, ihn für längere Zeit unschädlich zu machen, so ordnet sie statt der Strafe seine Verwahrung für die Zeit von 10 bis 20 Jahren an. Andernfalls bleibt das Urteil in Kraft. Nach Ablauf von 5 Jahren kann die Behörde die vorläufige Freilassung des Sträflings verfügen, wenn er zum erstenmal verwahrt wird und anzunehmen ist, dass er nicht mehr rückfällig werden wird. (Stooss, Carl 1893: S.49)
 
Die vielen Parallelen zum heutigen §66 des Strafgesetzbuches lassen zumindest spekulativ eine Verbindung beider Gesetze zu:
 
So wird in beiden Gesetzen die "Verwahrung" als eigenständige Institution beschrieben, ihr "Klientel" sind Wiederholungstäter, die einen vorab festgelegten Zeitraum in Verwahrung bleiben sollen, der jedoch je nach Beurteilung des Häftlings verlängert oder verkürzt werden kann. In beiden Fällen werden sie einer "Gesamtwürdigung" unterzogen, einem Einschätzen des Risikos, welches der Gefangene für die Gesellschaft darstellt. In den folgenden Jahren wurden ähnliche Vorschläge in Deutschland sowohl im Kaiserreich, sowie auch in der Weimarer Republik erarbeitet. Allen gemein ist jedoch, dass es nur bei Gesetzesentwürfen blieb.
 
Gesetzeseinführung der Nazis
 
Wie oben bereits erwähnt setzten erst die Nazis mit dem Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24.11.1933 (RGBl. I 995) einen Vorschlag zur Sicherungsverwahrung in die Tat um. Dabei ist zweifelhaft, ob dieses eigenständig ausgearbeitet oder lediglich adaptiert wurde. Auch hier wird die Verwahrung erst bei Mehrfachtätern verhangen: § 20a: Hat jemand, der schon zweimal rechtskräftig verurteilt worden ist, durch eine neue vorsätzliche Tat eine Freiheitsstrafe verwirkt und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist, so ist, soweit die neue Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren und, wenn die neue Tat auch ohne diese Strafschärfung ein Verbrechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen. Die Strafschärfung setzt voraus, daß die beiden früheren Verurteilungen wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ergangen sind und in jeder von ihnen auf Todesstrafe, Zuchthaus oder Gefängnis von mindestens sechs Monaten erkannt worden ist. Hat jemand mindestens drei vorsätzliche Taten begangen und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist, so kann das Gericht bei jeder abzuurteilenden Einzeltat die Strafe ebenso verschärfen, auch wenn die übrigen im Absatz l genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. § 42e: Wird jemand nach § 20a als ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. (Kinzig, Jörg 1996: S.17) Es blieb jedoch nicht bei diesem Rahmen der Bestrafung und so gab eine Gesetzesänderung 1941 Wiederholungstäter zur Todesstrafe frei: "Der gefährliche Gewohnheitsverbrecher (§ 20a des Strafgesetzbuchs) und der Sittlichkeitsverbrecher (§§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuchs) verfallen der Todesstrafe, wenn der Schutz der Volksgemeinschaft oder das Bedürfnis nach gerechter Sühne es erfordert."(Kinzig, Jörg 1996: S.20)
 
Entwicklung bis heute
 
Dieses Gesetz fand 1949 mit der Abschaffung der Todesstrafe in der BRD sein Ende, § 20a und § 42e blieben jedoch weiterhin Teil des Strafgesetzbuches, während es in der DDR als „faschistisch“ abgelehnt wurde (was jedoch nicht heißt, dass es keine vergleichbaren Institutionen in der DDR gab). 1970 wurde in der BRD das Gesetz grundlegend überarbeitet: Sicherungsverwahrung galt als letzte Instanz des Strafvollzugs, folglich sollte sehr genau ermittelt werden, wer verwahrt werden muss und wer es (nicht mehr) braucht. Dazu wurden Täter wie schon erwähnt einer „Gesamtwürdigung“ unterzogen, in der nicht nur die Anzahl der Verurteilungen, sondern auch die Länge des Freiheitsentzugs, sowie andere auch persönliche Faktoren zur Geltung kamen. 1975 nannte man § 42e ohne inhaltliche Veränderungen in §66 um, wie er heute noch im StGB steht.
 
Im Jahr 1998 wurde das bisherige Höchstmaß von zehn Jahren bei erstmaliger Anordnung von Sicherungsverwahrung (§ 67d I StGB a.F.) gestrichen. In der Folgezeit wurden die Anforderungen für die Verhängung der Sicherungsverwahrung durch eine Vielzahl von Gesetzesänderungen schrittweise herabgesenkt.[1] Die öffentliche Stimmung wurde hierbei maßgeblich angeheizt durch ein Interview mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Bild am Sonntag im Jahr 2001, in welchem Schröder ein "Wegschließen - und zwar für immer!" für Sexualstraftäter forderte. [2] Das Schlagwort vom "Wegschließen - und zwar für immer" wird seitdem immer wieder in ablehnender wie zustimmender Weise zitiert, wenn die Frage der Sicherungsverwahrung diskutiert wird. [3]
 
Bis zum Jahre 2002 konnte die Sicherungsverwahrung nur im Strafurteil selbst angeordnet werden. Die Möglichkeit des Gerichts, die Sicherungsverwahrung im Strafurteil vorzubehalten, wurde im Jahre 2002 eingeführt. Ziel dieser Änderung war es vor allem, den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Sexualstraftätern zu verbessern. Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg hatten gefordert, die Sicherungsverwahrung auch ohne Vorbehalt nachträglich anordnen zu können. Dies sah der Gesetzesentwurf der Rot-Grünen Koalition jedoch nicht vor.
 
Einige Länder verabschiedeten daraufhin eigene Gesetze, die eine generelle nachträgliche Sicherungsverwahrung ermöglichten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese in einer Entscheidung vom 10. Februar 2004 für verfassungswidrig, da nach Art. 72 Abs. 1 GG die Länder nur zuständig sind, soweit der Bund noch nicht gesetzgeberisch tätig geworden ist.
 
Da die Bedenken der Verfassungshüter ausschließlich formeller, nicht aber inhaltlicher Natur waren, konnte am 23. Juli 2004 das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung [4] in Kraft treten.
 
 
 
Laut Statistischem Bundesamt waren zum 31. März 2006 insgesamt 375 Gefangene in deutschen Gefängnissen zur Sicherungsverwahrung untergebracht. Zum Vergleich: 350 im Jahr 2005 und 306 im Jahr 2003. [5]
 
 
== Kritik und Alternativen ==
 
 
 
 
* Unterbindungsgewahrsam
* three strikes
 
== Anmerkungen ==
 
1. ↑ Vgl. Stefan Braum: Nachträgliche Sicherungsverwahrung: In dubio pro securitate?, in: Zeitschrift für Rechtspolitik 2004, S. 105.
2. ↑ Bild am Sonntag vom 8. Juli 2001.
3. ↑ Z.B. August Greiner: Wegschließen und zwar für immer?, in: Kriminalistik 2001, S. 650f.; Erardo Christoforo Rautenberg: Wegschließen für immer!?, in: Neue Juristische Wochenschrift 2001, S. 2608ff.; Steffen Hudemann: Wegsperren und zwar für immer?, in: Der Tagesspiegel vom 3. Februar 2007.
4. ↑ Bundesgesetzblatt: Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung 2004
5. ↑ Statistisches Bundesamt: Strafgefangene nach Geschlecht, Alter und Art des Vollzugs, voraussichtliche Vollzugsdauer 2006
 
== Weblinks ==
Weitere Informationen zum Stichwort Sicherungsverwahrung finden Sie im Kriminologie-Lexikon ONLINE unter [http://www.krimlex.de/artikel.php?BUCHSTABE=S&KL_ID=166 Sicherungsverwahrung].
 
== Literatur ==
 
*Albrecht, Hans-Jörg : Antwort auf Gefährlichkeit- Sicherungsverwahrung und unbestimmter Freiheitsentzug, Kriminalpolitik und ihre wiss. Grundlagen, Festschrift zum 70. Geburtstag von Schwind, Feltes, Pfeiffer
*Böllinger, Lorenz: Gefährlichkeit als iatrogene Krankheit- Die Sicherungsverwahrung befördert, wovor sie vorgibt zu schützen, In: Zeitschrift für Bürgerrechte und Geellschaftsolitik, 46.Jahrgang, Juni 2007, Heft 2, Seite 73 bis 82
*Böllinger, Lorenz: In: Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, 46. Jahrgang, Juni 2007, Heft 2, Vom Rechtsstaat zur Sicherheitsgesellschaft, , Gefährlichkeit als iatrogene Krankheit. Die Sicherungsverwahrung befördert, wovor sie vorgibt zu schützen, Seite 73 bis 82
*BVerfG NJW 2006, 2093, 2095. "Erfolgreiche Wiedereingliederung ist deshalb sowohl im Hinblick auf das weitere Leben des Betroffenen als auch im Hinblick auf den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten von besonders großer Bedeutung."
*BverfG Strafverteidiger 2006, 574
*Burkhardt, Sven-U./ Graebsch, Christine/ Pollähne, Helmut (HG.): Korrespondenzen in Sachen : Strafvollzug, Rechtskulturen, Kriminalpolitik, Menschenrechte. Festschrift für Johannes Feest, Münster 2005, LIT- Verlag, Seite 138 ff (Lorenz Böllinger: Gefährlichkeit als iatrogene Krankheit- Sicherungsverwahrung ohne Grenzen)
*Dünkel, Frieder : Sicherungsverwahrung (erneut) auf dem Prüfstand,. In : Neue Kriminalpolitik 2004, 42-48
*Eschenbach, Werner; Jugendstrafrecht: Ein Experimentierfeld für neue Rechtsinstutute, 2005, S. 203 ff.
*Habermeyer, Elmar; Puhlmann, Peter; Passow, Daniel und Vohs, Knut: Kriminologische und diagnostische Merkmale von Häftlingen mit angeordneter Sicherungsverwahrung. MschrKrim 90.2007: 317-330
*Kaletta, Andrea: Dissertation: "Risikofaktoren bei krimineller Rückfälligkeit: Der Einfluss der Häufigkeit der Unterbringung, der Gesamtunterbringungszeit und des Alters bei Erstunterbringung", München 2006
*Kinzig, Jörg: Die Sicherungsverwahrung auf dem Prüfstand. Freiburg: edition iuscrim 1996
*Kinzig, Jörg: Die Sicherungsverwahrung: bewährt oder obsolet? In: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 1997, 99, 105
*Kinzig, Jörg: "Nachträgliche" oder "vorbehaltene Sicherungsverwahrung -tragfähiges Konzept oder populärer Aktionismus?" In: Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen: Sicherheit durch Strafe? Öffentlicher Strafanspruch zwischen Legalitätsprinzip und Opferinteresse. 26. Strafverteidigertag Mainz, 8. - 10. März 2002, 1. Aufl., Berlin 2003, 89-110.
*Kinzig, Jörg: Umfassender Schutz vor dem gefährlichen Straftäter? Das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung. Neue Zeitschrift für Strafrecht 24, 655-660 (2004).
*Kinzig, Jörg: An den Grenzen des Strafrechts: Die Sicherungsverwahrung nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts. Neue Juristische Wochenschrift 57, 911-914 (2004).
*Kinzig, Jörg: Umfassender Schutz vor dem gefährlichen Straftäter ?- Das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung, NStZ 2004, 655- 660
*Kinzig, Jörg: "Die Sicherungsverwahrung - von einer vergessenen zu einer boomenden Maßregel". In: "... weil er für die Allgemeinheit gefährlich ist!" Hrsg. S. Barton. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2006, 143-173.
*Laubenthal/Baier, Jugendstrafrecht, 2006 Rn 438
*Liszt, Franz von: Der Zweckgedanke im Strafrecht. IN: ders, gesammelte Aufsätze, 1905, 126, 169, 170
*Milde, Oliver: Die Entwicklung der Normen zur Anordnung der Sicherungsverwahrung in den Jahren von 1998 bis 2004, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2006
*Naucke, Wolfgang: Die Kriminalpolitik des Marburger Programms. In : Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (ZStW) 1982, 525 ff.
*Naucke, Wolfgang: Die Kriminalpolitik des Marburger Programms. In : ders., Über die Zerbrechlichkeit des rechtsstaatlichen Strafrechts, 2000, 254
*Pieroth, Bodo: Gesetzgebungskompetenz- und Grundrechtsfragen zur nachträglichen Sicherungsverwahrung. In : Juristenzeitung 2002, 922- 928
*Schewe, Jörg: Die Geschichte der Sicherungsverwahrung. Entstehung, Entwicklung und Reform, Dissertation 1999
*Ullenbruch, Thomas; Nachträgliche Sicherungsverwahrung- ein legislativer „Spuk“ im judikativen „Fegefeuer“? Zugleich Besprechung der Entscheidung des BVerfG NStZ 2007 Heft 2:62-70
*Ullenbruch, Thomas (2008) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung - noch eine 'Norm ohne Land'? - - Zugleich Besprechung der Entscheidungen des BGH vom 10. 11. 2006 (1 StR 483/06)und vom 14. 12. 2006 (3 StR 269/06). Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 28. Heft 1: 5-11.
*Weber, Hartmut-Michael/Reindl, Richard: Sicherungsverwahrung- Argumente zur Abschaffung eines umstrittenen Rechtsinstituts. In : Neue Kriminalpolitik 1/2001, 16- 21
*Weichert, Thilo: Sicherungsverwahrung- verfassungsgemäß? In: Strafverteidiger 1989, 265-274

Aktuelle Version vom 9. März 2022, 20:25 Uhr

Allgemeines

Die Sicherungsverwahrung (SV) gehört den sogenannten Maßregeln der Sicherung und Besserung (§§ 61-72 Strafgesetzbuch (StGB))an. Neben der eigentlichen Strafe wird sie durch das Gericht nach dem Urteil als freiheitsentziehende Maßregel angeordnet. Sie dient dem Zweck, die Allgemeinheit vor einer bestehenden Gefahr ausgehend vom voll oder vermindert schuldfähigen Täter (nach Einschätzung durch das Gericht) zu schützen, in dem der Täter weiterhin im Vollzug verbleibt (vgl. Bartsch 2010, S. 29). Für eine vorbeugende Verhinderung schwerster Straftaten gilt sie als letztes Mittel „ulitma ratio“ (vgl. Bamberger 2012, S. 213).


Gesetzliche Grundlagen

Die Sicherungsverwahrung als Maßregel der Sicherung und Besserung ist im Strafgesetzbuch (StGB) ab §66 ff. festgehalten. Des Weiteren bestimmt das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) §129ff. Grundlagen der Sicherungsverwahrung. Nach der neuerlichen Rechtsprechung haben die Bundesländer im Jahr 2013 eigene Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetze geschaffen, welche den Vollzug der Sicherungs-verwahrung detailliert regeln. Zielsetzung der Sicherungsverwahrung ist in erster Linie der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren schwerwiegenden Straftaten. Trotz dessen ist die Fortdauer der Verwahrung mindestens jährlich zu prüfen (vgl. BVerfGE 128, 326, 382 Tz. 118).


Voraussetzungen und Formen

Die Voraussetzungen einer Unterbringung in Sicherungsverwahrung sind differenziert in § 66 ff. StGB geregelt. Der Gesetzgeber sieht hier verschiedene Formen der Sicherungsverwahrung vor:

Die primäre (auch anfängliche oder originäre) Sicherungsverwahrung nach §66 StGB: Grundvoraussetzungen für diese sind mindestens zwei schwere Vortaten (Verbrechen), mindestens eine erhebliche Vorverurteilungen sowie eine negative Prognose aufgrund des Hanges des Täters hinsichtlich erwartbarer erheblicher Straftaten, welche eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Dies sind zumeist Straftaten, welche sich gegen die Unversehrtheit des Lebens, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und/oder gegen die persönliche Freiheit richten. Schwere Straftaten im Rahmen des Völkerrechts oder des Betäubungsmittelgesetztes können ebenfalls je nach Intensität des Verbrechens mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung belegt werden. Eine detaillierte Darstellung und weitere Voraussetzungen sind im §66 StGB geregelt.

Die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach §66a StGB: Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, sofern nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist, dass aufgrund eines Hanges zu erheblichen Straftaten eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit nicht auszuschließen ist. Hierbei wird der Täter und die Tat in seiner Gesamtwürdigung sowie die Persönlichkeit und die Entwicklung innerhalb der Freiheitsstrafe, bis zu der endgültigen Anordnung überprüft. Die Überprüfung, ob eine Sicherungsverwahrung angeordnet wird, geschieht durch das Gericht des ersten Rechtszuges. Die Anordnung muss sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe (gemäß §275a Strafprozessordnung) erfolgen. Detaillierte Voraussetzungen sind §66a StGB zu entnehmen.

Die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach §66b StGB: Aufgrund der aktuellen Rechtsprechungen kann die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nur noch in speziellen Fällen angeordnet werden. Danach ist die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nur möglich, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach §67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt worden ist, weil der Zustand, welcher die Schuldfähigkeit ausschließt (§ 20 StGB) oder vermindert (§ 21 StGB), auf dem die Unterbringung nach §63 StGB beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung der Unterbringung nicht bestanden hat, und von dem Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit die erneute Begehung erheblicher Straftaten zu erwarten ist, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden können.

Im Rahmen der neuen Gesetzgebung wurde dem StGB der §66c mit dem Titel: „Ausgestaltung der Unterbringung der Sicherungsverwahrung und des vorhergehenden Strafvollzugs“ hinzugefügt. Dieser besagt, welche Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung geschaffen werden sollten. Ebenfalls wird daraufhingewiesen, dass der Strafvollzug darauf ausgerichtet sein soll, eine Anordnung einer Verwahrung zu vermeiden. Weiterhin hebt dieser die besondere Stellung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf den Abstand zum herkömmlichen Strafvollzug hervor. Im Zuge der neuen Rechtsprechung wurde das „Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung“ eingeführt, da dies unter anderem Inhalt der Klagen war, welche zu der neuen Rechtsprechung führte.

Im Falle des Jugendstrafrechts gelten andere Voraussetzungen, welche im §7 Jugendgerichtsgesetz geregelt sind. Beispielhaft ist zu nennen, dass eine Jugendstrafe von mindestens 7 Jahren oder spezifischen Straftaten, ähnlich der oben benannten, hierfür Voraussetzung sind.


Historische Entwicklung

Bereits sehr früh finden sich Ausführungen zu einer Art „Verwahrung“ von besonders gefährlichen und rückfälligen Straftätern zum Schutz der Allgemeinheit. Unter anderem erscheint der Gedanke der Verwahrung in einigen Vorschriften des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794 (vgl. Dessecker 2004, S. 27ff). Weiterhin waren abgewandelte Formen im preußischen Strafgesetzbuch von 1851 und dem Reichsstrafgesetzbuch von 1870/71 als Verhängung verlängerter Freiheitsstrafen vorhanden (vgl. Schewe 1999, S. 14). Im Jahr 1893 legte Strafrechtler Stooss einen Entwurf zum Schweizerischen Strafgesetzbuch vor, dieses beinhaltete ein dualistisches Sanktionssystem, welches die Forderungen nach individualpräventiven Orientierungen und der klassischen Strafrechtsschule und deren Vergeltungscharakter hervorbringt. Dies ging auf einen Streit zwischen der modernen (mit Vertreter Franz von Liszts) und der klassischen Strafrechtsschule zurück. Als eine Art Kompromiss zwischen beiden Schulen entwickelte Stooss den Entwurf mit dessen Zweispurigkeit. Während der Weimarer Republik konnte ebenfalls keine abschließende Einigung über das dualistische Strafrechtssystem erfolgen. Bis 1933 wurden diverse Entwürfe des Deutschen Strafgesetzesbuches, welches eine Sicherungsverwahrung beinhaltete, vorgelegt. Jedoch setzte sich keiner dieser Entwürfe durch (vgl Schewe 1999; S. 36ff). Erst die Nationalsozialisten brachten das „Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung“ vom 24.11.1933 hervor, welches 1934 in Kraft trat. Nach Zerfall des Dritten Reiches wurden die Vorschriften zur Sicherungsverwahrung fast identisch in das Strafgesetzbuch übernommen. Lediglich die Möglichkeit zur nachträglichen Anordnung entfiel (vgl. Bender 2007, S. 22). Nach diversen Kritiken über die Sicherungsverwahrung veränderte der Gesetzgeber in den 70er Jahren den Charakter der SV, als „ultima ratio“ Mittel (vgl. ebd.). Erst am 31.10.1998 mit dem in Kraft treten des „Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten“ erhielt die Diskussion um die Sicherungsverwahrung neuen Aufschwung und wurde deutlich in ihren Voraussetzungen und der Höchstgrenze verschärft (vgl. Bartsch 2010, S. 38ff.). Bis zu dem entscheidenden Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 2011 ergaben sich im Vorfeld weitere drastische Veränderungen in der Gesetzgebung, unter anderem war die Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung (2004), Diskussionen um die Zehn-Jahres-Höchstgrenze und weitere, Inhalt dieser. Am 04.05.2011 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass nahezu alle Vorschriften zur Sicherungsverwahrung verfassungswidrig sind, da sie mit mehreren Artikeln des Grundgesetzes nicht vereinbar sind. Vor allem kritisierte das Gericht den bloßen Sicherungsaspekt und fokussierte den erheblichen Unterschied zum Normalvollzug (ugs. Abstandsgebot) und verwies auf freiheitsorientierte und therapiegerichtete Maßnahmen hin. Der Bundesgerichtshof war nun angehalten, dass Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auszugestalten und zu konkretisieren. Dieses verpflichtete den Gesetzgeber zu einer Neugestaltung der Sicherungsverwahrung bis zum 31.05.2013. Daraufhin legte der Bund das „Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung“ vor, welches am 05.12.2012 in Kraft trat. Weiterhin reagierte der Gesetzgeber mittels Veränderung des §66 StGB auf die Forderungen, in welchem ebenfalls die Ausgestaltung grundlegend geregelt ist. Kraft der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung obliegt die Ausgestaltung den Landesgesetzgebern, was sie in Landesgesetzen so dann umsetzten.


Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung

Die Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung wird auf Bundesebene im §66c StGB geregelt. Dieser benennt bereits die grundlegenden Rahmenbedingungen und erheblichen Neuerungen der Sicherungsverwahrung, welche durch das Bundesverfassungsgericht gefordert wurde. Weiterhin sind die Landesgesetze gefragt, diese groben Rahmenbedingungen weiter zu spezifizieren. Das Bundesverfassungsgericht postulierte in diesem Zusammenhang, dass bereits während des Strafvollzuges auf die Verminderung der Gefährlichkeit des Täters hingearbeitet werden muss, um eine Sicherungsverwahrung zu vermeiden. Hier sind bereits alle Maßnahme zur Abwendung der Sicherungsverwahrung anzubieten. Weiterhin ist bei Aufnahme eine Behandlungsuntersuchung mit allen nötigen Aspekten der Persönlichkeit des Verwahrten zu erstellen und daraus ein Vollzugsplan zu entwickeln, welcher regelmäßig aktualisiert werden muss. Die Verwahrung ist so zu gestalten, dass sie behandlungsorientiert, alle erforderlichen psychiatrischen, psychologischen und anderen therapeutischen Maßnahmen und Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, um die Gefährlichkeit des Verwahrten zu minimieren. Hierbei liegt der Fokus insbesondere auf individuell zugeschnittenen, der Persönlichkeiten des Verwahrten entsprechenden Maßnahmen (vgl. Wolf 2012, S. 75). Für diese Maßnahmen sind die Verwahrten intensiv zu motivieren. Hierfür sollte ein multiprofessionelles Team zur Verfügung stehen. Weiterhin sind Vollzugslockerungen zu gewähren und nur aus zwingenden sicherheitsrelevanten Gründen zu versagen. Eine intensive und ausreichende Entlassungsvorbereitung hat stattzufinden. Hier soll eine enge Verzahnung mit forensischen Ambulanzen und Einrichtungen des Betreuten Wohnens bestehen um die erforderliche Betreuung für die Verwahrten sicherzustellen. Um all diese Punkte gewährleisten sowie adäquat umsetzen zu können, sollte die Verwahrung deutlich vom Normalvollzug abgegrenzt sein.

Empirie

Der Anteil der Sicherungsverwahrten im deutschen Strafvollzug ist eher als gering einzuschätzen. Zum Stichtag 31.3.2013 waren 50631 durch Freiheitsstrafen untergebracht. Demgegenüber waren lediglich 492 Personen verwahrt. Seit 1965 war die Anzahl der Verwahrten sehr schwankend. 1965 waren im Früheren Bundesgebiet noch 1430 Personen in Verwahrung. Bis 1995 (ab 1990 Gesamtdeutsch) sank die Zahl erheblich auf lediglich 183 Personen. Seither stieg die Anzahl, wobei anzumerken ist, dass die Zahl der Verwahrten seit 2009 relativ konstant ist (vgl. Statistisches Bundesamt 2013). Die häufigsten Deliktgruppen der Verwahrten sind vor allem Sexualdelikte sowie Raub und Erpressung (vgl. Puhlmann 2009, S. 34). Ebenso stellte Puhlmann in seiner Erhebung zum Klientel der Sicherungsverwahrten fest, dass in 77% der Stichprobe Auffälligkeiten in der Herkunftsfamilie bestehen. Weiterhin ist grundlegend eher von einem niedrigen Bildungsniveau auszugehen (vgl. ebd.).


Kritik und kriminologische Relevanz

Die Sicherungsverwahrung als Maßregel der Sicherung und Besserung ist seit Jahrzehnten eine äußerst umstrittene Thematik. Seit den 60er Jahren wurde sie vielfach verändert und zumeist ausgeweitet. Vor allem hinsichtlich des letzten Jahrzehnts sind etliche und entscheidende Änderungen eingetreten, so unter anderem 2004 die viel diskutierte nachträgliche Sicherungsverwahrung. Jedoch legte die neue Rechtsprechung eindeutig die Therapie-, und freiheitsorientierte Ausrichtung fest, was zu einer qualitativeren Arbeit mit den Sicherungsverwahrten führen sollte. Derzeit sind einige Länder noch mit der neuen Orientierung und der daraus resultierenden Umstrukturierung beschäftigt und versuchen neben den baulichen Rahmenbedingungen auch die konzeptionelle Ausrichtung neu zu strukturieren. Die Länder stehen somit vor einer erheblichen Herausforderung. Weiterhin ist kritisch anzumerken, dass die gesetzlichen Grundlagen und enormen gesetzlichen Änderungen ein unübersichtliches durcheinander an gesetzlichen Grundlagen schaffte. Selbst Kinzig beschrieb dies bereits 2010 folgendermaßen: „Ein nur noch Eingeweihten in glücklichen Stunden verständliches Konglomerat an Vorschriften“ (Kinzig 2011, S. 177). Die Sicherungsverwahrung ist stetig ein hoch kontrovers diskutiertes Thema. Vor allem die Diskrepanz das Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft zu bedienen und demgegenüber die Wahrung der Freiheits,- und Grundrechte des verwahrten Individuums zu beachten. Aus dieser Diskrepanz ergibt sich ein enormer Druck auf die politische Ebene im Umgang mit der Sicherungsverwahrung, nicht allein aufgrund der populistischen Medienberichterstattung. In diesem Zusammenhang existieren diverse Schriften, in welchen für eine Abschaffung der Sicherungsverwahrung plädiert oder sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Sicherungsverwahrung auseinandergesetzt wird (hierzu u.a. : Kern 1997 und Riebe 2009).


Weblinks und Literatur

  • Bamberger, H.-G. (2012): Freiheitsgrundrecht und Freiheitsentzug – Anmerkungen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a.) In: Müller, J. L. et. al. (Hg.) (2012): Sicherungsverwahrung - wissenschaftliche Basis und Positionsbestimmungen; Was folgt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011? Berlin.
  • Bartsch, T. (2010): Sicherungsverwahrung-Recht, Vollzug, aktuelle Probleme. Gießen.
  • Bender, S. (2007): Die nachträgliche Sicherungsverwahrung, Dissertation. Frankfurt am Main. Universität.
  • Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 4.5.2011 - 2 BvR 2365/09
  • Dessecker, A. (2004) Gefährlichkeit und Verhältnismäßigkeit: eine Untersuchung zum Maßregelrecht. Berlin.
  • Kern, J. (1997): Brauchen wir die Sicherungsverwahrung. Zur Problematik des §66 StGB. Frankfurt am Main.
  • Kinzig, J. (1996) Die Sicherungsverwahrung auf dem Prüfstand - Ergebnisse einer theoretischen und empirischen Bestandsaufnahme des Zustands einer Maßregel. Dissertation. Freiburg i. Br. Universität.
  • Kinzig, J. Die Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung In: Neue juristische Wochenschrift, Heft 4/2011; 177 - 182
  • Puhlmann, P. (2009): Die Sicherungsverwahrung gemäß §66StGB: eine empirische Untersuchung zu den Merkmalen von Straftätern mit Anordnung von Sicherungsverwahrung und dem Zusammenspiel von Gutachtern und Justiz: Dissertation. Rostock. Universität.
  • Riebe, P. (2009): Die Verfassungsmäßigkeit der Sicherungsverwahrung. Dissertation. Göttingen. Univversität.
  • Schewe, J. (1999): Die Geschichte der Sicherungsverwahrung; Entstehung, Entwicklung und Reform. Dissertation. Kiel. Universität.
  • Statistisches Bundesamt (2014): Rechtspflege; Strafvollzug - Demographische und kriminologische Merkmale der Strafgefangenen zum Stichtag 31.3. -Fachserie 10 Reihe 4.1; Wiesbaden.
  • Wolf, Th. (2012): Vollzug der Maßregeln: Behandlung und ihre gerichtliche Kontrolle In: Müller, J. L.et. al. (Hg.) (2012): Sicherungsverwahrung - wissenschaftliche Basis und Positionsbestimmungen; Was folgt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011?. Berlin. 71-81.


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