Psychopathy

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Anmerkung: Die Eigenschaften entsprechen teilweise dem zu diesem Punkt vorgegebenen Text unter dem alten Stichwort "Psychopath", der dort entfernt wurde. Unter dem Begriff "Psychopathy" werden im nordamerikanischen Sprachraum spezifische Persönlichkeitseigenschaften und Verhaltensauffälligkeiten subsumiert. Nach der heutigen Tendenz im psychologischen und/oder psychiatrischen Feld ist der Begriff "Psychopathy" statt "Psychopath" als eine pauschalisierende Bezeichnung einer Person zu verwenden.

Etymologie

Der Begriff „Psychopathy“ wurde 1941 zum ersten Mal von Cleckley in seinem Buch „The mask of sanity“ beschrieben. Die 17 typischen Charakteristika nach Clekleys Auffassung bildeten über viele Jahre die klinische Basis zur Erfassung von Psychopathy(Hart, Cox, Hare 1996).


Definition

Psychopathy entspricht nach Auffassung von Hare (1990) einer eigenständigen psychiatrischen Störungsentität. Die Störungen umfassen eine schwere antisoziale (DSM-IV) bzw. dissoziale (ICD-10) Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, histrionischen und Borderline-Persönlichkeitszügen.

Wie bei Persönlichkeitsstörungen zeigt Psychopathy einen frühen Beginn, sogar erste Symptome sind für gewöhnlich in der mittleren bis späten Kindheit feststellbar und bei Heranwachsenden zuverlässig einzuschätzen. (Robins 1996; Millon 1981; Forth et al. 1990; Frick et al. 1994) Psychopathy wird von Hare u.a. als chronisch, charakteristisch für das überdauernde soziale Funktionsniveau der Person und mündet in sozialer Fehlfunktion oder Unfähigkeit zur Anpassung an soziale Normen (Millon 1981). Sie persistiert im Allgemeinen bzgl. der im zwischenmenschlich-affektiven Faktor genannten Eigenschaften bis ins höhere Erwachsenenalter (Rice, Harris, Cormier 1992), wenngleich ca. nach dem 45. Lebensjahr gewissen Veränderungen in offensichtlich antisozialen Verhaltensmustern- und hier insbesondere in einem Nachlassen von Eigentumsdelinquent- auftreten können (Robins 1966; Cleckley 1976; Hare et al. 1988; Harpur, Hare 1990).


Eigenschaften der Psychopathy

2-Faktoren Modell

Psychopathy entspricht nach Auffassung von Hare (2003) einer eigenständigen psychiatrischen Störungsentität. Die Störungen umfassen eine schwere antisoziale (DSM-IV) bzw. dissoziale (ICD-10) Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, histrionischen und Borderline-Persönlichkeitszügen. Generell zeigt Psychopathy einen frühen Beginn und persistiert ins Erwachsenenalter. Nach Hare besteht Psychopathy aus zwei Komponenten; relativ stabilem Faktor 1 in interpersonellen und affektiven Bereichen und dynamischem Faktor 2 im Bereich sozialer Abweichung im Sinne einer Verhaltensauffälligkeit.

Faktor 1 - Persönlichkeitszüge

  • Antisoziale Persönlichkeitszüge

siehe auch Psychopath

Das typische Krankheitsbild von einer Person mit "antisozialer Persönlichkeitsstörung" (APD, "Antisocial Personality Disorder") ist erheblich verminderte Ansprechbarkeit auf Fragen der eigenen Schuld (biologisch gemessen an Hautwiderstand und Herzfrequenz; sie verfügen laut Raine et al. auch über weniger graue Vorderhirnsubstanz. ( - 11%). Insofern scheint es Belege dafür zu geben, "dass das Auftreten von APD mit einem strukturellen Gehirndefizit bei den betroffenen Personen einhergeht. Dieses Defizit in der Struktur des Vorderhirns mag der geringen Erregbarkeit, der schlechten Konditionierbarkeit durch angstauslösende Stimuli, dem Mangel an Gewissen und der Entscheidungsschwäche der Betroffenen zugrunde liegen, lauter Merkmale, von denen sich herausgestellt hat, dass sie das antisoziale, psychopathische Verhalten charakterisieren." (Raine u.a. 2000: 119; dt. Peter Strasser). Mit Hilfe der modernen Bildgebungsverfahren konnten Kiel et al. (2001) zeigen, dass Straftäter mit APD bei der Verarbeitung affektauslösender Stimuli eine Überaktivierung gewisser Bereiche des Vorderhirns zeigen, dafür aber im limbischen System, von dem die gefühlsmäßigen Reaktionen auf Umweltreize ausgehen, eine signifikant niedrigere Reaktion als andere Menschen produzieren:"Alles in allem haben wir gezeigt, dass die Stimulierung mit affektauslösenden Reizen bei kriminellen Psychopathen zu einer niedrigeren Aktivität des limbischen Systems führt als bei kriminellen Nichtpsychopathen und nicht kriminellen Testpersonen ohne Psychopathie. Wir konnten ebenso zeigen, dass psychopathische Gewalttäter alternative neuronale Systeme benutzen, um die affektiven Stimuli zu verarbeiten." (Kiel u.a. 2001: 683; dt. Peter Strasser) Aufgrund dieser antisozialen Persönlichkeitsakzentuierung zeigt ein Proband mit Psychopathy affektiv instabile Gefühle ohne Tiefe und ist nicht fähig, langdauernde, stabile Beziehungen zu Menschen, Prinzipen oder Zielen aufzubauen. Dem Proband fehlt an Angst, echtem Schuldbewusstsein, Reue und Empathie gegenüber dem Opfer. Insgesamt ist der Proband gefühlskalt (Hart, Cox, Hare 1996).


  • Narzisstische, Histrionische und Borderline-Persönlichkeitszüge

Aufgrund der narzisstischen Persönlichkeitszüge stellen sich die Probanden, die hohe Psychopathy nach Hare PCL-R aufweisen, grandios und übertrieben dar. Wegen der histrionischen Züge ist die Selbstdarstellung auch sehr theatralisch. Des Weiteren zeigt er eine arrogante, überzogene Selbsteinschätzung und Verantwortungslosigkeit im Sinne dass er die Verantwortung für eigenes Handeln von sich weist (Hart, Cox, Hare 1996).

Ein repräsentatives Merkmal der Borderline-Persönlichkeitszüge ist emotionale Instabilität. Insbesondere in einer menschlichen Beziehung sind die Probanden mit der Borderline-Akzentuierung affektiert, impulsiv und leicht erregbar. Die sonstigen typischen Eigenschaften der Borderline-Persönlichkeit sowie chronisches Gefühl innerer Leere, gestörtes und unsicheres Selbstbild, suizidales Verhalten sind aufgrund des vorhandenen Narzissmus selten prävalent.

Ein in der Psychopathy meist zu bezeichnendes histrionisches Merkmal ist Neigung zu affektiver Labilität und rasch wechselndem, oberflächlichen Gefühlsausdruck. Insbesondere sind dramatische, übertriebene und hysterische Darstellungen von Geschichten zu erkennen.

Die Kombination aus den o.g. drei Persönlichkeitszügen führen zur Egozentrik, Selbstbezogenheit und betrügerisch manipulatives Verhalten für die Befriedigung eigener Interesse. In zwischenmenschlichen Beziehungen weisen sie insbesondere einen hoch manipulativen Umgang mit dem Gegenüber auf, in dem sie andere zu ausnutzen versuchen. (Herpertz, 2003)


Faktor 2 - Verhaltensauffälligkeiten

Sozial deviantes Verhalten und ein chronisch instabiler und antisozialer Lebensstil sind auch typische Charakteristiken einer Psychopathy, in der einer sich impulsiv verhält, statt fester Lebensziele nach dem Prinzip der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung lebt, eine ungenügende Verhaltenskontrolle aufweist und ohne weiteres soziale Normen verletzt. Wegen der geringen Erregbarkeit ist die Person immer auf der Suche nach Neuem und Aufregendem (Hart, Cox, Hare 1996). Dieses Verhaltensmuster bezeichnet so genanntes „Sensation-Seeking“(Hare, 1991).



5-Faktoren Modell

Miller und Lynam (2003) sowie weitere Experten, z.B. Widiger und Leukefeld (2001), betrachten Psychopathy mit einem anderen Störungsbild nach Big Five Modell, bzw. Fünf-Faktoren-Modell (FFM). Diese Nebenströmung geht davon aus, dass Psychopathy auch fünf Dimensionen der Persönlichkeit erhält; nämlich Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Psychopathy ist eine Kombination aus der Schwankung zwischen hohem und niedrigem Neurozitismus - mit niedrigerer Ängstlichkeit, Depression, Vulnerabilität Stress gegenüber und Ichbewusstsein, jedoch mit höherer Feindseligkeit und Impulsivität -, hohe Extraversion, niedrige Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.


Erfassungsinstrument zur Psychopathy

Erfassung von Psychopathy nach 2-Faktoren Modell

Psychopathy Checklist-Revised (PCR-R)

Ab den 70er Jahren dienten die von Clekley bezeichneten Eigenschaften der Psychopathy als Ausgangspunkt den verschiedenen Varianten der „Psychopathy Checklist (PCL)“ von Robert Hare. Zunächst entwickelte Hare eine 22 Item-Liste der PCL, in der revidierten Fassung PCL-R (1991) wurden 2 Items gekürzt und sie wurde mit exakter Operationalisierung im größeren Umfang klinisch eingesetzt. PCL ist ein Fremdbeurteilungsinstrument, das auf SPJ-Modell (Structured Professional Judgment) basiert. Obwohl die fundamentale Attributionsproblematik, welche zur übergeneralisierten und reduktionistischen Interpretation des Verhalten des Patienten führen kann, immer wieder kritisiert wird, ist die PCL-R eines am besten validierten Erfassungsinstrumente für die Psychopathy. PCL-R wurde 2003 von Hare nochmals revidiert, bei den Items und den theoretischen Ansätzen gab es jedoch keine Veränderungen. Die Items von PCL werden durch den Bewerter jeweils mit Punktewerten 0 (nicht vorhanden), 1 (teilweise vorhanden) und 2 (vorhanden) gewertet und diese Werte werden unter Berücksichtigung fehlender Angaben zu einem Gesamtscore addiert. Dieser Score wird anhand der Perzentilen von unterschiedlichen Populationen verglichen. (Dietiker et al. 2007) Wegen des hohen Zeitaufwandes von mindestens 3 Stunden wurde das Verfahren weiterhin modifiziert, und von Hart et al. wurde 1995 die „Sreening Version (PCL:SV)“ entwickelt.

Die PCL: SV kann sowohl zu klinischen als auch zu Forschungszwecken verwendet werden, vorausgesetzt dass die Anwender ein geeignetes Training hatten und über Erfahrung in Psychopathologie und Psychometrie verfügen. Für die korrekte Anwendung von PCL:SV schlagen Hart et al. den Anwendern vor, eine weiterführende Qualifikation in Sozial-, Medizin- oder Verhaltenswissenschaften ggf. einen Doktorgrad zu besitzen und mit der klinischen und empirischen Psychopathy Literatur vertraut zu sein. Aufgrund der nicht vorliegenden Validität sollten sowohl PCL als auch PCL-SV in Populationen unter 15 Jahre nicht angewendet werden. Für die Erfassung der Psychopathy im Jugendalter ist z.B. Psychopathy Checklist -Youth Version (PCL-YV) von Sevecke & Krischer in Vorbereitung.


Erfassung von Psychopathy nach 5-Faktoren Modell

Im Vergleich zu PCL orientieren sich die FFM-Erfassungsinstrumente an einer Selbsteinschätzungsmethode, in der die Probanden über sich berichten.

Comprehensive Assessment of Psychopathic Personality (CAPP)

Das CAPP ist ein semi-strukturiertes Interviewverfahren für Kliniker und forensisches Stationspersonal, welches durch Cooke et al. im Jahr 2004 entwickelt wurde. Dieses Verfahren ist auf Persönlichkeitseigenschaften der Psychopathy, bzw. Symptomen der psychopathischen Persönlichkeitsstörung fokussiert, d.h. nicht primär kriminelles oder dissoziales Verhalten. Da CAPP versucht, Fünf-Faktoren Modell der Persönlichkeit und bindungstheoretische Aspekte zu integrieren, die Erfassung ist umfassender und dynamischer. Das Persönlichkeitsmodell des CAPP besteht aus den folgenden Bereichen (Domains): Selbst, Emotionalität, Dominanz, Kognitiv, Verhalten und Bindung. Die Deutsche Version des CAPP befindet sich in Übersetzungs- und Validierungsphase von Denis Köhler & Hanna Heinzen. Aufgrund der Struktur von CAPP als ein Interview eignet sich das Verfahren nur für klinische Diagnostik und forschungsrelevante Zwecke (s.u. Web Link: CAPP).


Psychopathic Personality Inventory (PPI)

Lilienfeld und Andrews entwickelte im Jahr 1996 das „Psychopathic Personality Inventory (PPI)„ zur Erfassung von Psychopathy. Das Verfahren wurde 2005 als eine revidierte Fassung veröffentlicht und 2008 durch Alpers und Eisenbarth in die deutsche Sprache übersetzt. Für die Erfassung der dimensionalen Ausprägung der Psychopathy wurden die Eigenschaften der Psychopathy nach der klassischen Definition von Cleckley übernommen. PPI besteht aus 154 Items unter folgenden Dimensionen: Schuldexternalisierung, Rebellische Risikofreude, Stressimmunität, Sozialer Einfluss, Kaltherzigkeit, Machiavellistischer Egoismus, Sorglose Planlosigkeit und Furchtlosigkeit. Aufgrund der Eigenschaften eines Selbstberichtsverfahrens eignet sich das PPI nicht für prognostische Aussagen, sondern für die Planung des therapeutischen Vorgehens sowie für die Grundlagen, klinische und forensischer Forschung (s.u. Web Link: PPI).


Problematik

Konzept und Erfassung der Psychopathy

Das derzeitige Psychopathy Modell beinhaltet eine grundsätzliche Problematik, da es die Psychopathy als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet. Die drei derzeit am meisten in Gebrauch befindlichen Erfassungsinstrumente setzten das Konzept Psychopathy als Persönlichkeitsstörung voraus. Die Aufteilung der zwei Komponenten von Psychopathy mit (a) Persönlichkeits- und (b) Verhaltensfaktoren nach Hare ist widersprüchlich, da eine Persönlichkeit theoretisch das Verhaltensmuster einer Person bedingt. Laut Katschnig (2000) impliziere „Persönlichkeitsstörung“ eine schon immer bestehende, gleichsam in die Person „eingebrannte“ Störung, für welche die aktuelle Lebenssituation bestenfalls in dem Sinne relevant sein könne, dass sie zur Auslösung der immer gleichen Verhaltensweisen zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Situation beitrage. Darüber hinaus wird antisoziales Verhalten laut Lobos und Mohl (2000) in der Regel nicht die Folge einer psychischen Störung, sondern in erster Linie Verhaltensweisen, die im Widerspruch zu den von einer Gesellschaft akzeptierten Normen und daraus entstandenen Gesetzen stehen. Mit anderen Worten sind die Verhaltensweisen nicht pathologisch antisozial, sondern sie werden für pathologisch antisozial gehalten. Daher ist von einer „Lebensstrategie“ zu sprechen. Der Begriff „Lebensstrategie“ beinhaltet im Kontrast zu dem Begriff „Persönlichkeitsstörung“ eine Veränderbarkeit des Verhaltens in einem neuen Lebenskontext. Eine „Strategie“ bezieht sich des Weiteren auf eine mittel- oder langfristige Perspektive, in der keine kausale Annahme bestimmter Persönlichkeitsmerkmale und antisozialer Verhaltensweisen enthalten sind (Katschnig, 2000). Eine Problematik der PCL-R, welche andere Prognoseninstrumente z.B. HCR-20, SVR-20 oder Static-99 auch erweisen, ist eine Darstellung der Risikofaktoren als eine summierte Zahl der jeweiligen Ausprägung des Risikos. Diese Methode der Risikoeinschätzung ist für Gutachter reizvoll, da ein „Score“ mehr Aussagekraft als eine analytische Darstellung der Risiken haben kann. Wenn der Gutachter/die Gutachterin unerfahren ist, ist die Gefahr einer falsch positiven Aussage generell größer, dass heißt, dass durch das Verfahren einen höheren PCL-Score erzeugt wird. Laut Dietiker et al. (2007) liefert PCL-R einem qualifizierten Gutachter wiederum keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn, daher ist Verwendung der PCL im Falle dissozialer, aggressiver Sexualstraftäter sinnvoller, welche ohnehin zur prognostisch ungünstigen Gruppe gehören. Walters (2004) kritisiert des Weiteren Forschungen über das Thema Psychopathy nicht nur im konzeptionelle Sinne sondern auch in methodischer Hinsicht aufgrund des Mangels an der mangelnden Berücksichtigung von Komorbilität mit anderen psychischen Störungen und falscher Prognose. Das heißt, wenn die Teilnehmer der Studie neben der Psychopathy andere psychische Störungen aufweisen, die Stichprobe könnte ihre Repräsentativität verlieren, da die Straftaten nicht an Psychopathy sondern an andere vorliegenden psychischen Krankheit liegen könnten.


Labeling

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Labeling-Effekt des Begriffs Psychopathy. Das Label Psychopathy eine enorme Auswirkung auf eine Person. Wenn eine Diagnose einer Persönlichkeitsstörung bei einem Patient festgestellt wird, gibt es ein hohes Risiko, dass der behandelnde Psychologe oder Psychiater das Verhalten des Patienten verzerrt wahrnimmt. Im Falle eines inhaftierten Patienten bzw. Probanden ist die Gefahr noch höher, dass sein/ihr Vollzugsverhalten aufgrund des vorhandenen Labels von allgemeinen Vollzugsdiensten verzerrt interpretiert wird. Die von ihnen entstandenen Stellungnahmen beeinflussen wiederum den diagnostischen und therapeutischen Prozess im Rahmen einer Therapie oder Begutachtung. Obwohl Hare (1998) den Labeling-Effekt dadurch zu entkräften versucht hat, dass bei der Psychopathy lediglich um einen Begriff für Persönlichkeitszüge und Verhaltensmuster handelt, der Vorhersagekraft für die Rückfallgefahr hat, scheint der Teufelskreis der prognostischen Beurteilung in der Arbeitkette aufgrund dieser Vorhersagekraft, bzw. Der Annahme einer Vorhersagekraft des Begriffes nicht vermeidbar zu sein. Als ein Beispiel kann man sich die Studie von Richman et al. (1999) ansehen, in der 30 Krankenpfleger in forensisch psychiatrischer Einrichtung untersucht wurden. Laut dem Ergebnis der Studie attributierte das Pflegepersonal extreme Straftaten der schizophrenen oder bipolarischen Patienten auf psychische Krankheiten, die von psychopatischen Patienten jedoch auf ihr teuflisches Wesen. Diese Dichotomisierung von Straftätern als psychopatische und nicht psychopatische Täter ist nicht nur prognostisch fehlerhaft als auch menschenrechtlich ungerecht. Außerdem könnte eine solche Stigmatisierung psychopathischer Straftäter als eine soziale Randgruppe, die unbehandelbar und somit unveränderbar ist, zu einer größeren Rückfallgefahr führen. Stigmatisierung durch ein Labeling kann im Sinne einer sekundären Devianz zur Übernahme dieses Labels in das Selbstkonzept führen und damit Veränderungsprozesse verhindern. Vergleicht man die Stigmatisierung der Psychopathy mit dem Beispiel einer Prostitution von Hess (1978), hat ein Straftäter, der als Psychopath gelabelt wurde, keine Möglichkeit den Begriff Psychopathy zu entstigmatisieren, was sogar zu einem abrupten Übergang von der amateurhaften zur professionellen Kriminalitätskarriere führen kann. Darüber hinaus das Empfinden einer Illegitimität der sowohl rechtlichen als auch sozialen Sanktion führt zu einer Widerstandleistung eines psychopathischen Straftäters der sanktionierenden Gesellschaft gegenüber (Sherman, 1993).


Behandelbarkeit der Psychopathy

Hinsichtlich der Behandlungsmethoden von Psychopathy gibt es unterschiedliche Meinungen, vor allem ist die grundsätzliche Ansprechbarkeit einer Behandlung ist umstritten. Einerseits wird die Behandlung von Sexualstraftäter mit Skepsis begegnet, andererseits behaupten einige Experten sowie Abracen und Looman (2004), dass man dennoch optimistisch sein könne. Abracen und Looman von der „Correctional Service of Canada“ haben zwei Studien bzgl. der Ansprechbarkeit der Behandlung bei Sexualstraftäter mit hohen Psychopathy-Score nach PCL (Abracen & Looman, 2005). Obwohl die statistische Signifikanz der beiden Forschungen disputabel ist, sie haben in dieser Studie herausgefunden, dass sich unter psychopathischen Straftätern eine Subkategorie von Straftätern bildet, welche niedrigere Rückfälligkeit als andere psychopathischen Tätern, bzw. unbehandelte Täter aufweisen. Obwohl die Studie von Seto & Barbaree (1999) mit 224 Sexualstraftätern in Kanada ein enttäuschendes Ergebnis bzgl. der Wirksamkeit einer kognitiven Verhaltenstherapie bei dieser Tätergruppe gezeigt hat, hat Barbaree (2006) die Studie methodologisch verbessert und das Gegenteil des Ergebnisses von der früheren Studie nachgewiesen. Während in der ersten Studie die Probanden mit hoher Psychopathy und höherer Verhaltensbewertung mehr Rückfälligkeit aufgewiesen haben, wodurch das manipulatives Verhalten der psychopathischen Probanden befürwortet wurde, wurde in der erneuten Studie weder signifikant höhere Verhaltensbewertung noch deutlich höhere Rückfälligkeit der psychopathischen Probanden festgestellt. Darüber hinaus ergab sich in einer weiteren Forschung von Looman et al. (2005) keine signifikante Differenz zwischen den Rückfallquoten der Gruppe mit niedrigerer Psychopathy und der psychopathischen Probanden mit schlechtem Verhalten im Rahmen der Behandlung. Dies spricht wiederum für die Existenz einer Subgruppe der psychopathischen Sexualstraftäter, welche ein niedriges Rückfallrisiko aufweist.



Literatur

Robert. D. Hare (1990/1991) The Hare Psychopathy Checklist – Revised. Multi-Health Systems, Toronto.

Roland Freese (1999) Hare PCL:SV German Manual Supplement - Deutschsprachige Handbuchbeilage. Multi-Health Systems, Toronto.

Sabine C. Herpertz / Henning Saß (2003) Persönlichkeitsstörungen. Thieme, Stuttgart



Web Links

Comprehensive Assessment of Psychopathic Personality (CAPP) - Deutsche Version, in Arbeit. [[1]]

Psychopathic Personality Inventory-Revised - Deutsche Version, 1. Aufl. [[2]]

Society for the Scientific Study of Psychopathy [[3]]