Mediationsgesetz: Unterschied zwischen den Versionen

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Das 2012 in Kraft getretene Mediationsgesetz soll außergerichtliche Konfliktregelungen erleichtern. Die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem "Meilenstein zur Verbesserung der Streitkultur in Deutschland", von einem klugen Recht "für eine fortgeschrittene Zivilgesellschaft".
Das am 26.07.2012 in Kraft getretene '''[http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/mediationsg/gesamt.pdf  Mediationsgesetz]''' soll außergerichtliche Konfliktregelungen erleichtern. Auch Richter sollen einbezogen werden und dadurch ihre Konfliktregelungskompetenz verbessern. Die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger lobte das Gesetz als Beitrag zur Verbesserung der Streitkultur in der "fortgeschrittenen Zivilgesellschaft".


Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger spricht von einem Meilenstein: Das neue Mediationsgesetz soll streitenden Bürgern zu einer außergerichtlichen Einigung verhelfen. Wie das neue Recht funktioniert und was es verändert.
Kriminologisch ist kritisch zu bemerken, dass Strafsachen ausgenommen sind. Die neuen Regelungen werden in alle Prozessordnungen eingebaut - nur nicht in das Strafprozessrecht. Die Mediation soll möglichst jedem Gerichtsverfahren vorausgehen - nur nicht Strafsachen. Angesichts der Existenz zahlreicher Alternativen zum Strafverfahren (vgl. [[Restorative Justice]]) wäre diese Ausklammerung nicht erforderlich.
Die Länderjustizminister jubilieren auch. Sie hatten diesen Meilenstein vor kurzem noch für eine Grabplatte gehalten, unter dem die vielen schönen Modelle ihrer Gerichte zu einer vernehmlichen Streitbeilegung begraben werden sollen. Die Minister fürchteten, dass Mediation künftig nur mehr von Rechtsanwälten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialwissenschaftlern betrieben werden darf, aber nicht von Richtern.
Das Gesetz, mit dem eine Vorgabe der EU verspätet umgesetzt wurde, beinhaltet folgende Regelungen:


Bund und Länder haben sich nun - den Stein gemeinsam bearbeitend - im Vermittlungsausschuss geeinigt, die Einigung ist von Bundestag und Bundesrat angenommen worden. Ergebnis: Die einen heißen Mediatoren, die anderen Güterichter - aber alle dürfen, abseits streitiger Gerichtsverfahren, mit den Methoden der Mediation Konflikte lösen.
#Mediatoren und Güterichter dürfen nunmehr Konflikte lösen. Ursprünglich waren die Güterichter nicht vorgesehen. Die Länderjustizminister wollten aber nicht, dass Mediation künftig nur mehr von Rechtsanwälten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialwissenschaftlern betrieben werden dürfe. Sie wollten auch Richter dabei haben. Im Vermittlungsausschuss kamen dann die Güterichter hinzu.
#Gerichtliche Mediationsverfahren, wie sie in vielen Bundesländern auf der Grundlage des "Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung" vom 15. Dezember 2011 ausprobiert worden waren, wurden in das Mediationsgesetz integriert. Die gerichtliche und gerichtsnahe Mediation muss sich jetzt allerdings Güteverfahren nennen. Das Güteverfahren ist billiger als die privat (meist anwaltlich) organisierte Mediation.
#Anders als ein Schlichter macht der Mediator keine eigenen Vorschläge. Er fördert nur die Kommunikation der Parteien und ist dabei "allen Parteien gleichermaßen verpflichtet". Die Beteiligten bleiben also autonom, lassen sich aber helfen.
#Beteiligte können auch Unternehmen sein. Es wird auch damit gerechnet, dass z.B. deutsch-französische Wirtschaftskonflikte auf diesem Wege besser gelöst werden können.
#Die Einigung wird rechtlich anerkannt und kann, wie ein Urteil, vom Gericht oder Notar "für vollstreckbar erklärt" werden.
#Im Familienrecht können Mediationen das Sorgerecht klären oder die finanziellen Scheidungsfragen regeln.
#Verwaltungsgerichte können eine Mediation vorschlagen und komplexe Prozesse vermeiden.
#Mediatoren sind zur Verschwiegenheit verpflichtet (Vertraulichkeit). Ihre Aus- und Weiterbildung wird noch "gesetzlich weiter abgesichert", indem Grundkenntnisse und Kernkompetenz definiert werden und die Bezeichnung "zertifizierter Mediator" im Gesetz verankert wird (Standards werden per Rechtsverordnung festgelegt).
#Der "Güterichter" ist nicht zur hoheitlichen Regelung befugt, darf aber - anders als der Mediator - auch eine rechtliche Bewertung vornehmen und den Parteien eine Lösung vorschlagen. Er darf die Prozessakten ohne Zustimmung der Streitparteien einsehen und einen vollstreckbaren Vergleich gerichtlich protokollieren.
#Freiwilligkeit bedeutet: die Beteiligten können jederzeit die Gespräche abbrechen und sich an ein richtiges Gericht wenden.
#Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 2007 seinen Segen gegeben: "Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung."
#Nach Heribert Prantl (2012b) handelt es sich um einen Paradigmenwechsel, um "ein Jahrhundertgesetz": "Es fördert mündige Bürger und zufriedene Menschen - statt Sieger und Verlierer zu schaffen." Er attestiert dem Gesetz "das Zeug, die Streitkultur in Deutschland völlig zu verändern: Zum ersten Mal gibt es ein umfassendes Gesetz, das regelt, wie Streitigkeiten ohne Gerichtsprozess beigelegt werden. Das neue Mediationsgesetz gibt den Konfliktparteien die Freiheit, auch ein vom gesetzlichen Recht abweichendes Ergebnis für sich zu wählen. Das neue Gesetz will Abschied nehmen vom Recht als Kampf, vom Kampf bis zur letzten Instanz."


Neue Streitschlichtungsmodelle hätten beendet werden müssen
== Literatur ==
 
*Prantl, Heribert (02.07.2012a) Streitende Bürger bekommen Hilfe zur Selbsthilfe. Süddeutsche Zeitung.
Das "Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung", wie es der Bundestag am 15. Dezember 2011 auf Vorschlag von Leutheusser-Schnarrenberger beschlossen hatte, hätte nämlich Mediationsverfahren, die an Gerichten stattfinden, nur noch für eine Übergangszeit erlaubt.
*Prantl, Heribert (02.07.2012b) Mediation statt Rechtsstreit. Abschied vom Kampf bis zur letzten Instanz. Süddeutsche Zeitung.
 
In Sachsen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen waren aber bereits schon vielfältigste neue Modelle der Streitschlichtung ausprobiert worden. Sie hätten nach der Ursprungsfassung des Mediationsgesetzes beendet werden müssen. Nach der Einigung werden sie nun ins Gesetz integriert. Den Ländern wurde sogar erlaubt, für die gerichtliche und gerichtsnahe Mediation (die nicht mehr so heißen darf, sondern sich jetzt Güteverfahren nennt) mit besonders günstigen Tarifen zu werben (was den freien Mediatoren, also etwa Rechtsanwälten, nicht besonders gefällt).
 
Mediation ist ein Verfahren, keine Institution wie ein Schiedsgericht, eine Güte- oder Schlichtungsstelle. Sie soll streitenden Parteien helfen, selbst eine Lösung für ihren Konflikt zu finden. Der Mediator richtet nicht, er urteilt nicht zu Gunsten des einen oder zu Lasten des anderen, er macht, anders als ein Schlichter, auch keine eigenen Vorschläge; er "fördert die Kommunikation der Parteien", so steht es nun im Gesetz. Der Mediator "ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet".
 
Die Beteiligten lassen sich bei ihrer autonomen Verhandlung lediglich vom Mediator helfen. Unter seiner Leitung sollen die Bürger oder Unternehmen, die sich streiten, freiwillig eine ausgleichende Lösung erarbeiten. Mit dem Verhandlungsergebnis lässt sich dann auch juristisch etwas anfangen: Die Einigung kann, wie ein Urteil, vom Gericht oder Notar "für vollstreckbar erklärt" werden; man kann damit, wenn es denn sein muss, auch zum Gerichtsvollzieher gehen. Aber eigentlich soll die Mediation dazu führen, dass die Leute ohne Zwangsmittel auskommen.
 
Das Einsatzgebiet der Mediation liegt schon bisher zum Beispiel im Familienrecht, wenn es etwa um die elterliche Sorge oder um die Vermögensverteilung bei Scheidungen geht; auch schwierigste Verwaltungsprozesse sind schon per Mediation beendet worden: das Verwaltungsgericht schlägt eine Mediation vor, um dann auf der Basis der erzielten außergerichtlichen Vereinbarung den anhängigen Prozess zu beenden. Von großer Bedeutung werden künftig Mediationen auch bei Konflikten zwischen Unternehmen sein, etwa bei deutsch-französischen Wirtschaftskonflikten.
 
Mediationsverfahren sind vertraulich, Mediatoren sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Aus- und Weiterbildung von Mediatoren wird im Gesetz noch nicht umfassend geregelt, aber, wie das die Bundesjustizministerin formuliert, "gesetzlich weiter abgesichert": Die Anforderungen an Grundkenntnisse und Kernkompetenz eines Mediators werden präzisiert. Die Bezeichnung "zertifizierter Mediator" wird im Gesetz verankert. Standards für dieses Zertifikat müssen aber erst noch per Rechtsverordnung festgelegt werden.
 
Güterichter dürfen Lösung für Konflikt vorschlagen
 
Im Vermittlungsausschuss wurde, um die Länder zu befrieden und die Justiz in die neuen Konzepte zu integrieren, das Modell des "Güterichters" erfunden, die Fachleute nennen es "erweitertes Güterichtermodell": Der Güterichter darf, im Gegensatz zum Mediator, eine rechtliche Bewertung vornehmen und den Parteien auch eine Lösung für den Konflikt vorschlagen. Er darf sich, wegen dieser besonderen Stellung, nicht Mediator nennen - aber sich der Methoden der Mediation bedienen. Auf diese Weise soll, sagt die Bundesjustizministerin, die "Konfliktlösungskompetenz der Gerichte" gestärkt werden.
 
Er hat, der Name Güterichter sagt es, eine Zwischenstellung zwischen einem Mediator und einem Richter: Er ist zwar nicht zur hoheitlichen Entscheidung des Streits befugt (das muss dann gegebenenfalls das ordentliche Gericht machen), aber er darf die Prozessakten ohne Zustimmung der Streitparteien einsehen und einen vollstreckbaren Vergleich gerichtlich protokollieren. So richtig passt das zwar nicht in ein Gesetz, das die außergerichtliche Streitbeilegung fördern soll - aber immerhin hat dieser Kompromiss dem Mediationsgesetz den Weg geebnet.


Die Beteiligten einer Mediation können - alles ist ja freiwillig - jederzeit die Gespräche abbrechen und zum "richtigen Gericht" ziehen; mit dem Risiko, dass es dort sehr lange dauert und man mit dem Ergebnis weniger zufrieden ist als mit dem, das bei der Mediation hätte herauskommen können. Das neue Mediationsgesetz steht für einen Paradigmenwechsel im Recht, wie ihn das Bundesverfassungsgericht 2007 gefordert hat: "Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung." Der Anstoß für das Gesetz kam allerdings von außen, aus Brüssel. Das Mediationsgesetz ist die verspätete Umsetzung einer EU-Richtlinie. Es wird in diesen Tagen in Kraft treten."
== Weblinks ==
 
*[http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/mediationsg/gesamt.pdf Mediationsgesetz]
 
*[http://de.wikipedia.org/wiki/Mediationsgesetz Mediationsgesetz in: de.wikipedia]
Mediation statt Rechtsstreit
*[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/neues-mediationsgesetz-ist-schlichten-besser-als-richten-11633089.html Geyer, Christian (31.01.2012) Ist Schlichten besser als Richten? FAZ]
Abschied vom Kampf bis zur
letzten Instanz
02.07.2012, 12:02
Ein Kommentar von Heribert Prantl
Das neue Gesetz zur gütlichen Streit-Einigung kommt unscheinbar
daher. Doch es ist ein Jahrhundertgesetz, das die Rechtskultur in
Deutschland völlig verändern könnte. Es fördert mündige Bürger und
zufriedene Menschen - statt Sieger und Verlierer zu schaffen.
Im Leben des Rechts gibt es, wie im Leben des Menschen, Tage, die fast alles
verändern - Schicksalstage. Der 1. Januar 1900 war so ein Tag; da ist das
Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft getreten. Oder der 23. Mai 1949, der Tag des
Grundgesetzes. Der 1. Juli 1958; das Gesetz über die Gleichberechtigung von
Mann und Frau. Oder der 1. Juli 1977, an dem das neue Scheidungsrecht
wirksam wurde und an die Stelle des Schuldprinzips das Zerrüttungsprinzip
rückte.
Diesen Tagen und diesen Gesetzen hat man das Bedeutende angesehen,
Aufmerksamkeit und Aufregung waren groß. Dem "Gesetz zur Förderung der
Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung",
das nun in Kraft tritt, sieht man diese Bedeutung nicht an.
Der Name ist sperrig, er klingt nach Rechtskram. Doch dieser vermeintliche
Kram hat das Zeug, die Streitkultur in Deutschland völlig zu verändern: Zum
ersten Mal gibt es ein umfassendes Gesetz, das regelt, wie Streitigkeiten ohne
Gerichtsprozess beigelegt werden. Das neue Mediationsgesetz gibt den
Konfliktparteien die Freiheit, auch ein vom gesetzlichen Recht abweichendes
Ergebnis für sich zu wählen. Das neue Gesetz will Abschied nehmen vom Recht
als Kampf, vom Kampf bis zur letzten Instanz.
Die neuen Regelungen werden, das Strafrecht ausgenommen, in alle
Prozessordnungen eingearbeitet. Eine Mediation soll möglichst jedem
Gerichtsverfahren vorausgehen. Der Mediator, der Vermittler, richtet nicht; er
vermittelt. Unter seiner Leitung sollen die Konfliktparteien freiwillig eine
ausgleichende Lösung erarbeiten. Das klingt nach einem Traum, nach einer
schönen Vision.
"Rechtsfrieden" mit neuer Bedeutung
Aber die Praxis zeigt: Es funktioniert, jedenfalls sehr oft. Seit Jahren wird etwa
an Familiengerichten oder Verwaltungsgerichten mit solchen Modellen
experimentiert; Rechtsanwälte haben sich (ein Geschäftsmodell ist das ja auch)
zu Mediatoren ausbilden lassen. Und der Zugang zum streitigen Prozess bleibt02.07.12 Mediation statt Rechtsstreit - Abschied vom Kampf bis zur letzten Instanz -- sueddeutsche.de
sueddeutsche.de//mediation-statt-rechtsstreit-abschied-vom-kampf-bis-zur-letzten-instanz-1.139… 2/2
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Quelle:
natürlich offen - das ist der erforderliche Hintergrund für wirksame Mediation.
Das Mediationsgesetz brauchte erst selbst eine Mediation. Bundestag und
Bundesrat stritten heftig drüber, ob eine Mediation auch an Gerichten
stattfinden darf. Der Vermittlungsausschuss hat den Streit gelöst: Sie darf. Sie
darf dort nur nicht so heißen. Bei Gericht heißt der Mediator "Güterichter". Und
er ist ganz billig, womöglich umsonst. Das können die Länder selbst
entscheiden.
Wenn Mediation funktioniert, regeln die Bürger ihre Interessen selbst. Aus einer
solchen Mediation kommt man nicht als Sieger oder Verlierer heraus, sondern
als zufriedener Mensch. Das Wort "Rechtsfrieden" erhält so neue Bedeutung.
Es meint nicht einfach nur, dass die Sache nun zu Ende und rechtskräftig ist.
Das Mediationsgesetz führt zu einer Bemündigung des Bürgers. Im
dornenreichen Paragrafenwald gibt es nur selten Blumen; das Mediationsgesetz
ist eine Orchidee. Sie sollte bald heimisch werden in der Flora des deutschen
 
== Literatur ==
*Prantl, Heribert (02.07.2012) Streitende Bürger bekommen Hilfe zur Selbsthilfe. Süddeutsche Zeitung.

Aktuelle Version vom 13. Januar 2013, 13:59 Uhr

Das am 26.07.2012 in Kraft getretene Mediationsgesetz soll außergerichtliche Konfliktregelungen erleichtern. Auch Richter sollen einbezogen werden und dadurch ihre Konfliktregelungskompetenz verbessern. Die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger lobte das Gesetz als Beitrag zur Verbesserung der Streitkultur in der "fortgeschrittenen Zivilgesellschaft".

Kriminologisch ist kritisch zu bemerken, dass Strafsachen ausgenommen sind. Die neuen Regelungen werden in alle Prozessordnungen eingebaut - nur nicht in das Strafprozessrecht. Die Mediation soll möglichst jedem Gerichtsverfahren vorausgehen - nur nicht Strafsachen. Angesichts der Existenz zahlreicher Alternativen zum Strafverfahren (vgl. Restorative Justice) wäre diese Ausklammerung nicht erforderlich.

Das Gesetz, mit dem eine Vorgabe der EU verspätet umgesetzt wurde, beinhaltet folgende Regelungen:

  1. Mediatoren und Güterichter dürfen nunmehr Konflikte lösen. Ursprünglich waren die Güterichter nicht vorgesehen. Die Länderjustizminister wollten aber nicht, dass Mediation künftig nur mehr von Rechtsanwälten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialwissenschaftlern betrieben werden dürfe. Sie wollten auch Richter dabei haben. Im Vermittlungsausschuss kamen dann die Güterichter hinzu.
  2. Gerichtliche Mediationsverfahren, wie sie in vielen Bundesländern auf der Grundlage des "Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung" vom 15. Dezember 2011 ausprobiert worden waren, wurden in das Mediationsgesetz integriert. Die gerichtliche und gerichtsnahe Mediation muss sich jetzt allerdings Güteverfahren nennen. Das Güteverfahren ist billiger als die privat (meist anwaltlich) organisierte Mediation.
  3. Anders als ein Schlichter macht der Mediator keine eigenen Vorschläge. Er fördert nur die Kommunikation der Parteien und ist dabei "allen Parteien gleichermaßen verpflichtet". Die Beteiligten bleiben also autonom, lassen sich aber helfen.
  4. Beteiligte können auch Unternehmen sein. Es wird auch damit gerechnet, dass z.B. deutsch-französische Wirtschaftskonflikte auf diesem Wege besser gelöst werden können.
  5. Die Einigung wird rechtlich anerkannt und kann, wie ein Urteil, vom Gericht oder Notar "für vollstreckbar erklärt" werden.
  6. Im Familienrecht können Mediationen das Sorgerecht klären oder die finanziellen Scheidungsfragen regeln.
  7. Verwaltungsgerichte können eine Mediation vorschlagen und komplexe Prozesse vermeiden.
  8. Mediatoren sind zur Verschwiegenheit verpflichtet (Vertraulichkeit). Ihre Aus- und Weiterbildung wird noch "gesetzlich weiter abgesichert", indem Grundkenntnisse und Kernkompetenz definiert werden und die Bezeichnung "zertifizierter Mediator" im Gesetz verankert wird (Standards werden per Rechtsverordnung festgelegt).
  9. Der "Güterichter" ist nicht zur hoheitlichen Regelung befugt, darf aber - anders als der Mediator - auch eine rechtliche Bewertung vornehmen und den Parteien eine Lösung vorschlagen. Er darf die Prozessakten ohne Zustimmung der Streitparteien einsehen und einen vollstreckbaren Vergleich gerichtlich protokollieren.
  10. Freiwilligkeit bedeutet: die Beteiligten können jederzeit die Gespräche abbrechen und sich an ein richtiges Gericht wenden.
  11. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 2007 seinen Segen gegeben: "Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung."
  12. Nach Heribert Prantl (2012b) handelt es sich um einen Paradigmenwechsel, um "ein Jahrhundertgesetz": "Es fördert mündige Bürger und zufriedene Menschen - statt Sieger und Verlierer zu schaffen." Er attestiert dem Gesetz "das Zeug, die Streitkultur in Deutschland völlig zu verändern: Zum ersten Mal gibt es ein umfassendes Gesetz, das regelt, wie Streitigkeiten ohne Gerichtsprozess beigelegt werden. Das neue Mediationsgesetz gibt den Konfliktparteien die Freiheit, auch ein vom gesetzlichen Recht abweichendes Ergebnis für sich zu wählen. Das neue Gesetz will Abschied nehmen vom Recht als Kampf, vom Kampf bis zur letzten Instanz."

Literatur

  • Prantl, Heribert (02.07.2012a) Streitende Bürger bekommen Hilfe zur Selbsthilfe. Süddeutsche Zeitung.
  • Prantl, Heribert (02.07.2012b) Mediation statt Rechtsstreit. Abschied vom Kampf bis zur letzten Instanz. Süddeutsche Zeitung.

Weblinks