Maßregelvollzug: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 15: Zeile 15:


Unterbringung in der Entziehungsanstalt − bezieht sich auf suchtkranke Straftäter. Diese Maßregel ist auf bis zu zwei Jahre befristet, allerdings muss hier bereits nach 6 Monaten geprüft werden, ob die weitere Unterbringung in einer Entziehungsanstalt noch gerechtfertigt bzw. von Nöten ist.
Unterbringung in der Entziehungsanstalt − bezieht sich auf suchtkranke Straftäter. Diese Maßregel ist auf bis zu zwei Jahre befristet, allerdings muss hier bereits nach 6 Monaten geprüft werden, ob die weitere Unterbringung in einer Entziehungsanstalt noch gerechtfertigt bzw. von Nöten ist.


==Auftrag des Maßregelvollzugs==  
==Auftrag des Maßregelvollzugs==  

Version vom 19. Oktober 2008, 17:08 Uhr

Rechtsgrundlage

Die Maßregelvollzugsanstalten nach §§ 63, 64 StGB sind psychiatrisch-forensische Fachkrankenhäuser oder Abteilungen in psychiatrischen Kliniken. Der Maßregelvollzug ist vom normalen Strafvollzug und von der Sicherungsverwahrung gefährlicher (meist Wiederholungs-)Täter zu unterscheiden.

Nach dem Strafgesetzbuch werden im Maßregelvollzug psychisch kranke Straftäter untergebracht, die laut §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (StGB) als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig gelten. Des Weiteren werden jene Personen im Maßregelvollzug untergebracht, bei denen unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit und ihrer Tat eine erhöhte Gefahr bzw. ein erhöhtes Risiko einer weiteren Straftat besteht. Straftäter bei denen ein Zusammenhang zwischen Delikt und psychischer Störung besteht, werden ebenfalls im Maßregelvollzug untergebracht. Bei suchtkranken Delinquenten muss für eine Einweisung in eine Entziehungsanstalt nach § 64 StGB keine Einschränkung der Schuldfähigkeit vorliegen.

Die Entscheidung trifft das Gericht bereits während der Hauptverhandlung, anschließend werden die Straftäter in den Maßregelvollzug eingewiesen. Als Rechtsgrundlage für den Vollzug sowie der psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlung des Betroffenen gelten die Maßregelvollzugsgesetze der Länder.

§ 63 StGB

Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus − bezieht sich auf schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Straftäter, die aufgrund ihrer Erkrankung als für die Allgemeinheit gefährlich eingestuft sind und von denen weitere erhebliche Straftaten (Gewaltdelikte, aber auch Sexualdelikte) zu erwarten sind. Diese Maßregel ist unbefristet. Allerdings muss das Gericht jährlich prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist.

§ 64 StGB

Unterbringung in der Entziehungsanstalt − bezieht sich auf suchtkranke Straftäter. Diese Maßregel ist auf bis zu zwei Jahre befristet, allerdings muss hier bereits nach 6 Monaten geprüft werden, ob die weitere Unterbringung in einer Entziehungsanstalt noch gerechtfertigt bzw. von Nöten ist.


Auftrag des Maßregelvollzugs

Beide Gruppen werden im Maßregelvollzug in erster Linie als Patienten betrachtet, allerdings gilt der gesetzliche Auftrag der „Besserung und Sicherung“. Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1985 gilt für den Maßregelvollzug der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§62 StGB). Im Zuge der Strafrechtsreformen seit 1998 sind Bewährungen und Entlassungen aus dem Maßregelvollzug durch den Druck seitens der Öffentlichkeit deutlich seltener geworden.


Schutz und Therapie

Sinn der Maßregelvollzugeinrichtungen ist es eine zweckmäßige Therapie für die Patienten (auch gegen deren Willen - deren Sinn und Erfolg sehr fraglich ist) und ein Höchstmaß an Sicherheit für die Gesellschaft zu garantieren. Des Weiteren dienen sie der Behandlung und der psychischen Stabilisierung und Rehabilitation der Insassen. Dieses Ziel kann vollständig nur durch Vollzugslockerungen von der Ausführung bis hin zum Freigang und Urlaub erreicht werden, welche schrittweise stattfinden sollten und ständig überprüft werden müssen. Aufgrund der hohen rechtlichen Ansprüche für die Entlassung zieht sich die Behandlung über mehrere Jahre hin. Das weitere Andauern der Maßregel wird periodisch von der Strafvollstreckungskammer geprüft. Einer Entlassung zur Bewährung (durch die Strafvollstreckungskammern) wird nur dann zugestimmt, wenn eine positive Prognose seitens der Gutachter (idealerweise Rechtspsychologen oder forensische Psychiater) vorliegt.

Durch technische Maßnahmen, wie Sicherheitsschleusen, Überwachungskameras, Fenstervergitterungen und Zäunen, wird ein hohes Maß an Sicherheit erreicht. Die Höhe der Sicherheitvorkehrung ist abhängig vom Krankheitsbild und dem Risikoprofil des Patienten (Fluchtgefahr, Gewaltbereitschaft, psychische Stabilität, Art der Störung). Als besonders gefährlich eingestufte Insassen werden in speziellen Bereichen untergebracht. Auch die Therapie der Patienten und deren Beziehungen zu den Betreuern und Therapeuten ist von hoher Relevanz, denn ein gutes Verhältnis zu den Therapeuten fördert die psychische Stabilisierung und das Erwerben neuer Kompetenzen der Patienten. Trotzdem darf ein qualifizierter Therapeut den objektiven Blick auf den Patienten nicht verlieren. Das ist die wirksamste Maßnahme, um das Behandlungsziel zu erreichen und Rückfällen vorzubeugen. Statistiken belegen, dass Entweichungen aus Maßregelvollzugsanstalten seltener geworden sind. Dennoch halten sich hartnäckig Vorbehalte und Ängste in den Gemeinden, die sich in unmittelbarer Nähe der Maßregelvollzugsanstalten befinden.


Probleme

Ein immmer wieder diskutiertes Problem im Zusammenhang mit dem Maßrgelvollzug betrifft die Qualität der erstellten Gutachten. Aus nachvollziehbaren Gründen sollten diese von externen forensischen Psychologen oder Psychiatern erstellt werden. Da es jedoch in diesem Berufsfeld keine ausreichenden Kapazitäten für die Menge an benötigten Gutachten gibt, sind oft die internen Psychologen und Psychiater selbst in der misslichen Lage, diese Gutachten erstellen zu müssen. Abgesehen von der vorliegenden Befangenheit, da sie meist jahrelang mit den Betreffenden zusammengearbeitet haben, müssen sie im Grunde nun ihre eigene Arbeit bewerten: War die Therapie erfolgreich, sollte der Inhaftierte entlassen werden können. Diese Umstände führen zu häufigen Fehlerquellen, weshalb die Gutachter mittlerweile in gewissenm Umfang für das Fehlschlagen ihrer Prognose haftbar gemacht werden. Doch diese Entwicklung ist nicht weniger kritisch zu sehen, da sie erstens aus Angst vor negativen Konsequenzen zu restriktiveren Gutachten führt und zweitens die Straftäter noch immer Menschen sind und menschliche Entscheidungen und Handlungen niemals zur Gänze vorhersagbar sind.