Liwat

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Wird bearbeitet von Markus --Markus 15:31, 27. Aug. 2012 (CEST)

Liwat (liwāt) beschreibt in der islamischen Rechtswissenschaft (fiqh) den Akt des Penetrierens des Anus eines Anderen bis zu mindestens der Eichel. Vergleichbar, aber nicht identisch, ist Liwat mit dem christlich-westlichen Begriff der Sodomie. Die Bewertung und Bestrafung von Liwat war und ist in der islamischen Rechtsprechung umstritten.

Wortbedeutung und Übersetzung

Eine präzise Übersetzung von Liwat ist "(die) Pedicatio – an Knaben, Jünglingen, aber auch an Männern und Frauen"[1]. Die Übersetzung von Liwat mit Homosexualität oder Päderastie ist insofern falsch, da Liwat im juristischen Kontext ausschließlich eine Handlung beschreibt und indifferent ist gegenüber dem Geschlecht der Handelnden beziehungsweise der Betroffenen.

Etymologisch lehnt sich Liwat an den Namen des Propheten Lot an, wie auch "die Taten von Lots Volk" ein juristisches Synonym für Liwat ist.[1]

Liwat im Quoran

Im Koran, der heiligen Schrift des Islam, findet Liwat selbst keine Erwähnung. Ebensowenig wird eine konkrete Strafe für gleichgeschlechtlichen Verkehr formuliert.

Sure VII, Vers 80f. handelt von der der Lot-Geschichte, die eine Nacherzählung der alt-testamentarischen Mythe von Sodom und Gomorrha ist. Sie thematisiert die von Gott ausgeführte Bestrafung der Sodomiter für ihre maßlosen Begierde. In ihr finden sich auch Andeutungen zu gleichgeschlechtlichem Verkehr:

"Und (wir haben) den Lot (als unseren Boten gesandt). (Damals) als er zu seinen Leuten sagte: 'Wollt ihr denn etwas Abscheuliches begehen, wie es noch keiner von den Menschen in aller Welt vor euch begangen hat? Ihr gebt euch in (eurer) Sinnenlust wahrhaft mit Männern ab, statt mit Frauen. Nein, ihr seid ein Volk, das nicht maßhält". (Quelle)

Diese Formulierung taucht in leichten Variationen insgesamt viermal im Koran auf, die Lot-Geschichte 15mal[2]. Dies ist aber kein Beleg für eine besondere Relevanz, da Wiederholungen ein gängiges Stil-Mittel im Koran sind. Ihre Funktion ist nicht, die Bedeutung der konkreten (Un)Tat hervorzuheben, sondern vor allem die Missachtung des Propheten zu problematisieren.[1]

Bezüglich einer konkreten Bestrafung von gleichgeschlechtlichem Geschlechtsverkehr ist der Inhalt von Sure IV, Vers 16 umstritten:

"(15) Gegen diejenigen von euren Frauen [Plural], die eine schändliche Tat begehen, müsst ihr vier von euch als Zeugen haben. Wenn sie es bezeugen, dann haltet sie [die Frauen, Plural] in den Häusern fest, bis der Tod sie abberuft oder Gott ihnen einen Ausweg verschafft. (16) Und die beiden [Dual], die es von euch begehen, fügt beiden Ungemach zu. Wenn sie [Dual] dann bereuen und sich bessern, so lasst ab von ihnen [Dual]. Siehe, Gott ist vergebend und barmherzig." (Quelle)

Bestimmte Koran-Ausleger wie >>><<<< deuten die "schändliche Tat" (fāḥiša) in Vers 15 als gleichgeschlechtichen Verkehr zwischen Frauen und interpretieren daher den Vers 16 als das Equivalent für Männer. Andere wie >>><<< beziehen die Stelle lediglich auf Unzucht (zani), also den nicht durch Heirat legitimierten Geschlechtsverkehr, während der Interpret Abū l-Aʿlā Maudūdī die Deutung bezogen auf gleichgeschlechtliche Akte explizit ablehnt. (Quelle)

Zudem ist innerhalb der gegenwärtigen islamischen Theologie umstritten, ob sich diese Anweisung – wenn sie denn auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte anwendbar sein sollte – nur auf historisch bedingte Ausprägungen gleichgeschlechtlicher Sexualität bei den Beduinenvölkern des frühislamischen Orients bezieht oder ob sie auf sämtliche Erscheinungsformen homosexueller Lebensgestaltung in den Gesellschaften der Gegenwart übertragbar ist. So vertritt etwa der Zentralrat der Muslime eine liberalere Auffassung:

"Heutige Paare stehen nicht mehr vor der Aufgabe, möglichst viele eigene Kinder aufzuziehen, um die Gemeinschaft und das eigene Alter zu sichern; man kümmert sich mit um die Kinder des Partners aus einer früheren Ehe, man versucht, in schwierigen Zeiten seinen Job zu behalten oder einen zu finden; bemüht sich, ein paar Träume zu verwirklichen, gleichzeitig realistisch zu sein und in dem ganzen Chaos halbwegs anständig zu bleiben. All das tun viele Menschen lieber zu zweit als allein; und wieso soll es nicht mit einem Partner gleichen Geschlechts möglich sein? Eben deswegen kann ich mir so schlecht vorstellen, dass Gott etwas dagegen haben soll, wenn sich zwei Menschen lieben. Egal, wie ihre Körper aussehen. Was zählt, denke ich, ist, wie sie miteinander umgehen: ob sie ehrlich sind, vertrauensvoll, zärtlich, hilfsbereit. Das ist wichtig." [3]

Hadithen

Einzelnachweise

<references>

  1. 1,0 1,1 1,2 Arno Schmitt, liwāt im fiqh: Männliche Homosexualität?, Journal of Arabic Studies 4 (2001-2002)
  2. Klauda, Georg, Die Vertreibung aus dem Serail, 2008, Männerschwarm, Hamburg, S.28 - 63
  3. Hilal Sezgin, Liebe und Gottgefälligkeit, 2010