Leo Navratil: Unterschied zwischen den Versionen

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Der seit 1946 an der ''Landesnervenheilanstalt Maria Gugging'' (bei Klosterneuburg in Niederösterreich) tätige österreichische Psychiater '''Leo Navratil''' (* 3. Juli 1921 in Türnitz; † 18. September 2006 in Wien) machte sich um die Erforschung, Förderung und Würdigung der so genannten „zustandsgebundenen Kunst“ in den künstlerischen Ausdrucksformen der Patienten psychiatrischer Heilanstalten verdient, deren Werke häufig unter dem Begriff ''Art Brut'' subsumiert werden. Der Art Brut widmete sich auch Walter Navratil (*1950), der Sohn von Leo und Erna Navratil.  
Der seit 1946 als Psychiater in der ''Landesnervenheilanstalt Maria Gugging'' (bei Klosterneuburg in Niederösterreich) tätige '''Leo Navratil''' (* 3. Juli 1921 in Türnitz; † 18. September 2006 in Wien) machte sich um die Förderung der zustandsgebundenen Kunst von Patienten psychiatrischer Heilanstalten verdient. Dieser auch als ''Art Brut'' bezeichneten Kunst widmet sich auch sein Sohn Walter (*1950).


Anknüpfend an Walter Morgenthaler in der Schweiz (Ein Geisteskranker als Künstler, Bern 1921), Hans Prinzhorn in Deutschland (Bildnerei der Geisteskranken, Heidelberg 1922) und Marcel Réja in Frankreich (L'Art chez les fous, Paris 1907) regte Leo Navratil Patienten zu zeichnerischem und malerischem Ausdruck an.  
Anknüpfend an Walter Morgenthaler in der Schweiz (Ein Geisteskranker als Künstler, Bern 1921), Hans Prinzhorn in Deutschland (Bildnerei der Geisteskranken, Heidelberg 1922) und Marcel Réja in Frankreich (L'Art chez les fous, Paris 1907) regte Leo Navratil seine (ausschließlich männlichen) Patienten zum Zeichnen, Malen und Dichten an. Dabei kristallisierte sich eine kleine Gruppe ausdrucksstarker Patienten heraus, deren Produktion erstmals 1970 in der Galerie nächst St. Stephan in Wien ausgestellt wurde. Als Künstler anerkannt sind heute etwa die Maler Johann Hauser, Oswald Tschirtner und August Walla sowie der Dichter Ernst Herbeck.


Bei Navratils Arbeit (ausschließlich mit Männern) kristallisierte sich eine kleine Gruppe ausdrucksstarker Patienten heraus, deren Produktion erstmals 1970 in der Galerie nächst St. Stephan in Wien ausgestellt wurde.
Das von Navratil 1981 auf dem Gelände des Gugginger Krankenhauses gegründete ''Zentrum für Kunst- und Psychotherapie'' wurde unter Navratils Nachfolger Johann Feilacher in ''Haus der Künstler'' umbenannt. Die dort 1994 eingerichtete Galerie befindet sich heute als ''Art/Brut Center Gugging'' zusammen mit einem Atelier (2001), einer Privatstiftung (2003) und einem Museum (2006) in einem Nachbargebäude.


Nach der Überwindung juristischer Hürden (Arztgeheimnis usw.) gelang es, die Künstler aus der Anonymität bzw. Pseudonymität heraustreten zu lassen, so dass einige von ihnen, darunter die Maler Johann Hauser, Oswald Tschirtner und August Walla sowie der Dichter Ernst Herbeck heute als anerkannte Künstler in der offiziellen Kunstwelt gelten.
Navratil, der 1983 mit der Hans-Prinzhorn-Medaille der Deutschsprachige Gesellschaft für Kunst & Psychopathologie des Ausdrucks e.V. (DGPA) und 1990 mit dem Justinus-Kerner-Preis ausgezeichnet wurde, starb an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde auf dem Gersthofer Friedhof beerdigt.  


Das Haus der Künstler, von Navratil 1981 auf dem Gelände des Gugginger Krankenhauses unter dem Namen Zentrum für Kunst- und Psychotherapie gegründet, wurde unter Navratils Nachfolger Johann Feilacher in seinen jetzigen Namen umbenannt. 1994 wurde im Erdgeschoss des Gebäudes eine eigene Galerie gegründet. Sie übersiedelte 1997 in ein Nachbargebäude, das heutige Art / Brut Center Gugging, in dem sich auch ein offenes Atelier (2001), eine Privatstiftung (2003) und ein Museum (2006) befindet.
Ehrungen[Bearbeiten]


1983 erhielt Leo Navratil die Hans-Prinzhorn-Medaille der Deutschsprachige Gesellschaft für Kunst & Psychopathologie des Ausdrucks e.V. (DGPA)[1]
== Werke ==
1990 wurde Navratil in Würdigung seines schriftstellerischen und ärztlichen Lebenswerkes mit dem Justinus-Kerner-Preis ausgezeichnet.
Am 18. September 2006 verstarb Leo Navratil an den Folgen eines Schlaganfalls in einem Wiener Krankenhaus, er wurde auf dem Gersthofer Friedhof zur letzten Ruhe gebettet.
Werke[Bearbeiten]


Schizophrenie und Kunst, München: dtv 1965.
*Schizophrenie und Kunst, München: dtv 1965.
Schizophrenie und Sprache, München: dtv 1966.
*Schizophrenie und Sprache, München: dtv 1966.
a+b leuchten im Klee. Psychopathologische Texte, München: Hanser 1971.
*a+b leuchten im Klee. Psychopathologische Texte, München: Hanser 1971.
Über Schizophrenie und die Federzeichnungen des Patienten O.T., München: dtv 1974.
Über Schizophrenie und die Federzeichnungen des Patienten O.T., München: dtv 1974.
Johann Hauser. Kunst aus Manie und Depression, München: Rogner & Bernhard 1978.
*Johann Hauser. Kunst aus Manie und Depression, München: Rogner & Bernhard 1978.
Gespräche mit Schizophrenen. München: dtv 1978.
*Gespräche mit Schizophrenen. München: dtv 1978.
Ernst Herbeck: Alexander. Ausgewählte Texte 1961-1981, (Nachw. v. L. Navratil), Salzburg: Residenz 1982.
*Ernst Herbeck: Alexander. Ausgewählte Texte 1961-1981, (Nachw. v. L. Navratil), Salzburg: Residenz 1982.
Die Künstler aus Gugging, Berlin-Wien: Medusa 1983.
*Die Künstler aus Gugging, Berlin-Wien: Medusa 1983.
Schizophrenie und Dichtkunst, München: dtv 1985.
*Schizophrenie und Dichtkunst, München: dtv 1985.
August Walla, sein Leben und seine Kunst, Nördlingen: Greno 1988.
*August Walla, sein Leben und seine Kunst, Nördlingen: Greno 1988.
Schizophrenie und Religion, Berlin: Brinkmann & Bose 1992.
*Schizophrenie und Religion, Berlin: Brinkmann & Bose 1992.
Die Überlegenheit des Bären. Theorie der Kreativität, München: Arcis 1995.
*Die Überlegenheit des Bären. Theorie der Kreativität, München: Arcis 1995.
Art brut und Psychiatrie. Gugging 1946-1986, 2 Bände, Wien: Brandstätter 1999.
*Art brut und Psychiatrie. Gugging 1946-1986, 2 Bände, Wien: Brandstätter 1999.
Schizogenie? Ansichten eines Therapierten. Taschenbuch 3 Ausgaben, sortiert. Hubert & Bosse Düsseldorf 1997.
*Schizogenie? Ansichten eines Therapierten. Taschenbuch 3 Ausgaben, sortiert. Hubert & Bosse Düsseldorf 1997.
Michael von Suttner. Schizophrenie beim Geschlechtsverkehr, gesammelte Zeichnungen. Brommert & Zarachnow, Hildesheim: Mertens 2001.
*Michael von Suttner. Schizophrenie beim Geschlechtsverkehr, gesammelte Zeichnungen. Brommert & Zarachnow, Hildesheim: Mertens 2001.
Ernst Herbeck, die Vergangenheit ist vorbei. Hgg. von Carl Aigner und Leo Navratil. Kunsthalle Krems 2002
*Ernst Herbeck, die Vergangenheit ist vorbei. Hgg. von Carl Aigner und Leo Navratil. Kunsthalle Krems 2002





Version vom 1. März 2014, 14:19 Uhr

Der seit 1946 als Psychiater in der Landesnervenheilanstalt Maria Gugging (bei Klosterneuburg in Niederösterreich) tätige Leo Navratil (* 3. Juli 1921 in Türnitz; † 18. September 2006 in Wien) machte sich um die Förderung der zustandsgebundenen Kunst von Patienten psychiatrischer Heilanstalten verdient. Dieser auch als Art Brut bezeichneten Kunst widmet sich auch sein Sohn Walter (*1950).

Anknüpfend an Walter Morgenthaler in der Schweiz (Ein Geisteskranker als Künstler, Bern 1921), Hans Prinzhorn in Deutschland (Bildnerei der Geisteskranken, Heidelberg 1922) und Marcel Réja in Frankreich (L'Art chez les fous, Paris 1907) regte Leo Navratil seine (ausschließlich männlichen) Patienten zum Zeichnen, Malen und Dichten an. Dabei kristallisierte sich eine kleine Gruppe ausdrucksstarker Patienten heraus, deren Produktion erstmals 1970 in der Galerie nächst St. Stephan in Wien ausgestellt wurde. Als Künstler anerkannt sind heute etwa die Maler Johann Hauser, Oswald Tschirtner und August Walla sowie der Dichter Ernst Herbeck.

Das von Navratil 1981 auf dem Gelände des Gugginger Krankenhauses gegründete Zentrum für Kunst- und Psychotherapie wurde unter Navratils Nachfolger Johann Feilacher in Haus der Künstler umbenannt. Die dort 1994 eingerichtete Galerie befindet sich heute als Art/Brut Center Gugging zusammen mit einem Atelier (2001), einer Privatstiftung (2003) und einem Museum (2006) in einem Nachbargebäude.

Navratil, der 1983 mit der Hans-Prinzhorn-Medaille der Deutschsprachige Gesellschaft für Kunst & Psychopathologie des Ausdrucks e.V. (DGPA) und 1990 mit dem Justinus-Kerner-Preis ausgezeichnet wurde, starb an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde auf dem Gersthofer Friedhof beerdigt.


Werke

  • Schizophrenie und Kunst, München: dtv 1965.
  • Schizophrenie und Sprache, München: dtv 1966.
  • a+b leuchten im Klee. Psychopathologische Texte, München: Hanser 1971.

Über Schizophrenie und die Federzeichnungen des Patienten O.T., München: dtv 1974.

  • Johann Hauser. Kunst aus Manie und Depression, München: Rogner & Bernhard 1978.
  • Gespräche mit Schizophrenen. München: dtv 1978.
  • Ernst Herbeck: Alexander. Ausgewählte Texte 1961-1981, (Nachw. v. L. Navratil), Salzburg: Residenz 1982.
  • Die Künstler aus Gugging, Berlin-Wien: Medusa 1983.
  • Schizophrenie und Dichtkunst, München: dtv 1985.
  • August Walla, sein Leben und seine Kunst, Nördlingen: Greno 1988.
  • Schizophrenie und Religion, Berlin: Brinkmann & Bose 1992.
  • Die Überlegenheit des Bären. Theorie der Kreativität, München: Arcis 1995.
  • Art brut und Psychiatrie. Gugging 1946-1986, 2 Bände, Wien: Brandstätter 1999.
  • Schizogenie? Ansichten eines Therapierten. Taschenbuch 3 Ausgaben, sortiert. Hubert & Bosse Düsseldorf 1997.
  • Michael von Suttner. Schizophrenie beim Geschlechtsverkehr, gesammelte Zeichnungen. Brommert & Zarachnow, Hildesheim: Mertens 2001.
  • Ernst Herbeck, die Vergangenheit ist vorbei. Hgg. von Carl Aigner und Leo Navratil. Kunsthalle Krems 2002


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