Kriminalprognose

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Kriminalprognosen sind (Wahrscheinlichkeits-) Aussagen über künftige kriminelle Handlungen, Ereignisse oder Entwicklungen. In der Strafrechtspraxis liegen sie den meisten Entscheidungen über die Ausgestaltung, bzw. die Beendigung von Freiheitsentziehungen zugrunde. In der Polizeistrategie und in der Kriminalpolitik spielen sie ebenfalls eine Rolle. Unter dem Gesichtspunkt ihrer technischen Güte ("Zuverlässigkeit") erweisen sich Prognosen allerdings häufig als ebenso problematisch wie unter demjenigen ihrer rechtlichen Qualität ("Zulässigkeit").


Arten der Kriminalprognose

Kriminalprognosen unterscheiden sich nach dem Grad ihrer Allgemeinheit wie auch nach der Art ihres Zustandekommens. Was den erstgenannten Gesichtspunkt angeht, so kann man personenbezogene Individualprognosen von Gruppen- und Globalprognosen abgrenzen:

(1) Individualprognosen dienen der Einschätzung des Delinquenz-, bzw. Rückfallrisikos bei einzelnen Personen. Beispiele: Wie hoch ist das Risiko bei diesem oder jenem Kleinkind, dass es im Alter von X Jahren vor dem Strafrichter steht? Wie hoch ist das Risiko dieses oder jenes Gefangenen, dass er eine Lockerung oder einen Urlaub aus der Haft zur Begehung weiterer Straftaten nutzen würde? Kann es verantwortet werden, den Gefangenen X zum nächstmöglichen Zeitpunkt vorzeitig zur Bewährung aus der Haft zu entlassen?

(2) Gruppenbezogene Prognosen beziehen sich auf die Entstehung, Entwicklung und Auflösung von delinquenten Kollektiven. Beispiele: Wie hoch ist das Risiko der Entstehung von delinquenten Jugendbanden im Gebiet W innerhalb der nächsten fünf Jahre? Wie hoch ist das Risiko der Entstehung von Terrorgruppen im Land X während der nächsten zehn Jahre? Wie hoch ist das Risiko der Begehung von strafbaren Menschenrechtsverletzungen durch die militärische Einheit Y bei ihrem Einsatz in Z?

(3) Makrosoziologische Prognosen beziehen sich ganz allgemein auf die Zukunft des Verbrechens, bzw. auf die Entwicklung der Kriminalitätsraten und die zu erwartenden Veränderungen in den Erscheinungsformen der Kriminalität. Beispiele: Wird die Kriminalität in New York in der nächsten Dekade ansteigen oder abfallen? Mit welchen neuen Formen der Kriminalität ist in Europa in den nächsten drei Jahrzehnten zu rechnen?


Nach der Art ihres Zustandekommens werden Prognosen häufig folgendermaßen unterschieden:

(1) Intuitive Prognosen

(2) Klinische Prognosen

(3) Statistische Prognosen

Individualprognosen

(1) Nutzung

Individuelle Kriminalprognosen werden wohl am häufigsten von Bediensteten des Straf- und Maßregelvollzugs sowie von externen GutachterInnen erstellt. In beiden Fällen geht es in der Regel um Strafgefangene (oder um die Insassen anderer freiheitsentziehender Institutionen) und um die Ausgestaltung, das Andauern oder die Veränderung der Modalitäten des Freiheitsentzugs. Externe GutachterInnen spielen eine Rolle bei der Einweisung in den Maßregelvollzug oder in die Sicherungsverwahrung, bei Lockerungen und Entlassungen aus dem Maßregelvollzug, bei der Entlassung aus lebenslanger Haft, bei dem Aussetzen von Reststrafen zur Bewährung bei Sexual- und Gewaltstraftätern oder bei der Sicherungsverwahrung. Es geht also in verschiedenen Facetten immer um Freiheit oder Unfreiheit. Von anstaltsintern Beschäftigten werden Prognosen in großer Häufigkeit über die Aufnahme in eine sozialtherapeutische Abteilung, über Lockerungen oder Urlaub aus der Strafhaft und über sonstige Entscheidungen über die Modalitäten der Haft erstellt. In Deutschland kam es nach 1998 aufgrund des damals eingeführten Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten zu einer erhöhten Nachfrage der Justiz nach solchen individuellen Kriminalprognosen.

Im Vorfeld des Strafrechts interessieren individuelle Kriminalprognosen auch dort, wo die Jugendhilfe einschätzen möchte, welche auffälligen Jugendlichen womöglich auf dem Weg zu einer kriminellen Karriere als jugendliche Intensivtäter sind. Auch gibt es ein Interesse an der Früherkennung von späterer Delinquenz schon im frühesten Kindesalter.

Außerhalb des kriminalrechtlichen Kontextes geht es um Prognosen im Zusammenhang mit Asylverfahren (Frage der Behandlungsprognose, bzw. der Beurteilung von Rückführungshindernissen), mit der zivilrechtlichen Unterbringung nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen der Länder, mit Sorgerechts- und Sozialrechtsverfahren (vorzeitige Berentung).


(2) Wer stellt die Prognosen?

Kriminalprognosen zur Frage der zukünftigen Legalprognose eines Verurteilten werden in der Regel durch Diplompsychologen oder Psychiater erstellt, die üblicher Weise entweder im Strafvollzug bzw. in forensischen Fachkrankenhäusern oder in freier Praxis tätig sind. Allerdings gibt es auch Instrumente für sog. nichtklinische Laien. So etwa den P-SCAN (Psychopathy Scan) von Hare und Hervé (1999) oder das vom deutschen Kriminologen Michael Bock entwickelte MIVEA.

Sachverständige werden aufgrund eines Beschlusses des jeweils zuständigen Gerichts beauftragt, um das Gericht zu beraten. Die Sachverständigen-Äußerung ersetzt aber nicht die Entscheidung des Gerichts. Der Rechtsanwender - also das Gericht, die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde oder die Justizvollzugsanstalt als Vollzugsbehörde - muss die entscheidungserheblichen Erwägungen des Prognostikers für die eigene Entscheidungsfindung nutzbar machen und seiner eigenen (wiederum gerichtlich überprüfbaren und gegebenenfalls anfechtbaren) Entscheidung zugrunde legen. Während Gutachten das Risiko auf einem Kontinuum verorten, ist der Rechtsanwender zu einer Ja/Nein-Entscheidung genötigt: ist die Prognose "günstig genug" oder ist sie es nicht, um eine bestimmte Entscheidung zu tragen? „Der Umschlagspunkt zwischen günstig und ungünstig ist nicht naturgegeben. Der Rechtsanwender hat die Grundlagen für den Ort des Umschlagspunktes zu ermitteln und diesen dann selbst zu bestimmen“ (Volckart 2006). Der forensische Prognostiker ist zwar nicht Entscheider. Gleichwohl wird i. d. R. seine Prognoseerwägung der formalen Entscheidung z. B. über den Fortgang der Freiheitsentziehung innewohnen.


(3) Prognose-Instrumente

Der allgemeinen Risikodiagnose und Rückfallprognose dient die Psychopathie-Checkliste in der Form der Psychopathy Checklist Revisited (PCL-R; Hare & Neumann 2006). Überprüft werden 20 Items, die sich auf den Verhaltens- und Lebensstil des Probanden beziehen. Inzwischen gibt es auch eine 12 Items umfassende Screening-Variante (PCL: SV) und eine Version für Jugendliche (PCL-YV). Eine deutsche Version, die zur Begutachtung eines Probanden ein 90-120minütiges Interview erfordert, stammt von Sevecke und Krischer (2005). Ein weiteres Verfahren - das ebenfalls in deutscher Übersetzung vorliegt - ist der Violence Risk Appraisal Guide (VRAG). Zudem gibt es neuerdings das Kieler Psychopathie Inventar (KPI) von Dennis Köhler. - Speziell für Straftäter mit einer psychischen Störung ist das Historical Clinical Risk Assessment (HCR-20) bestimmt (deutsche Version: Müller-Isberner u.a. 1998). - Beim Multiple Iterative Classification Tree (ICT) handelt es sich um ein aktuarisches Verfahren, das einen Probanden aufgrund einer computergestützten Klassifikation einer Gruppe mit bekanntem Rückfallrisiko zuweist. - Im Gegensatz zum ICT ist das von Dittmann u.a. in der Schweiz erarbeitete Prognoseinstrument - die Kriterienliste der Fachkommissionen des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweiz - idiographisch-klinisch orientert. Ebenfalls idiographisch ist der (mit einem viel umfangreicheren Kriterienkatalog arbeitende) Therapie-Risiko-Evaluations-Test (TRET) von Urbaniok. - Die Methode der idealtypisch-vergleichenden Einzelfallanalyse (MIVEA; Bock 1995) soll auch für Nicht-Psychologen und Nicht-Psychiater nutzbar sein (zur Kritik: Graebsch & Burkhardt 2006).

Andere Instrumente wurden speziell für jugendliche Straftäter (FORAI; WAJA, EARL-20B; SAVRY) oder Sexualstraftäter entwickelt (SVR-20; RRS-H; RRS-S; RRS-VE; RRS-SM; SORAG; STATIC-99; RRASOR; SACJ-Min u.a.).

Manche Verfahren mit rückfallprognostischen Aspekten - wie etwa das Level of Service Inventory (LSI-R) oder das Youth Level of Service/Case Management Inventory (YLS/CMI) - dienen eher der Diagnose der Behandlungsbedürfnisse und dem Risikomanagement. Hier geht es weniger darum, die Rückfallwahrscheinlichkeit einzuschätzen, als darum, Bedingungen so zu verändern, dass es möglich wird, den Rückfall zu vermeiden.

(4) Zuverlässigkeit von Verfahren

Vor allem für statistische Verfahren gilt: Noch ist die Erprobungsphase bei vielen Verfahren noch nicht abgeschlossen. Besonders die deutschen Versionen angloamerikanischer Instrumente befinden sich meist noch im Prozess systematischer Validierung. Die statistischen Verfahren haben zudem typischerweise mit der sog. Mittelfeld-Problematik zu tun. Die meisten Probanden werden sich dank der Normalverteilungskurve in der Mitte wiederfinden, wo sie keine eindeutige Prognose erhalten ("Tendenz zur Mitte"). Die juristische Entscheidung ist aber eine Ja/Nein-Entscheidung und erfordert eine klare Wertung. Der Nutzen statistischer Verfahren ist damit für die große Zahl "mittlerer Fälle" eher gering. Darüber hinaus ist mangels Kreuzvalidierungen in unabhängigen Stichproben bei den quantitativen Verfahren die richtige Gewichtung einzelner Prädiktoren keineswegs gesichert.

Vor allem für klinische Prognosen gilt: die Qualität von Prognosegutachten wird häufig und gravierend von methodischen Unzulänglichkeiten (Pseudotheorien, Zirkelschlüsse, schwammige Begriffe), von sozialen und moralischen Vorurteilen, von einer negativen Beziehung zwischen Gutachtern und Probanden sowie von sachfremden Rollenkonzepten der Gutachter bezüglich ihrer Stellung im Strafprozess beeinträchtigt (Verrel 1995, Wolff 1995).


(5) Zuverlässigkeit von Gutachten

Obwohl die Gütekriterien von Gutachten im Prinzip bekannt sind, weisen Gutachten in der Praxis immer wieder erhebliche Mängel auf. Ob Schuldfähigkeits- oder Prognosegutachten: immer wieder fehlen Familien-, Sexual-, Eigen- und Deliktanamnesen, Angaben zum Krankheitsverlauf und testpsychologische Befunde; Vorbefunde werden unkritisch übernommen, die Auslösetat wird nicht hinreichend (z.B. im Hinblick auf psychotrope Substanzen) analysiert, der jüngere Entwicklungsverlauf des Begutachteten, seine Außenkontakte und Zukunftsperspektive werden nicht berücksichtigt. In diesem Sinne "schlecht" oder "sehr schlecht" sind sicherlich nicht alle Gutachten, wohl aber ein großer Teil - vielleicht die Hälfte.


(6) Klinische vs. diagnostisch-statistische Prognosestrategien

Anstatt die klinische Einzelfallprognose und die auf statistischen Verfahren beruhenden Instrumente gegeneinander auszuspielen, haben Endres (2000) und Dahle (2005) Kombinationsverfahren vorgeschlagen, die eine differenzierte Datensammlung mit hoher Transparenz des Vorgehens verbinden.


(5) Zulässigkeit

Gruppenprognosen

Globalprognosen

Zur Funktion von Kriminalprognosen

Der Sachverständige hat mit seiner Krimi-nalprognose das Gericht oder die Vollzugsbehörde zu beraten. Seine Sachverständigenäu-ßerung ersetzt aber nicht deren Entscheidung. Der Rechtsanwender, also das Gericht, die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde oder die Justizvollzugsanstalt als Vollzugsbehörde, muss die entscheidungserheblichen Erwägungen des Prognostikers für die eigene Entscheidungsfindung nutzbar machen und seiner wiederum gerichtlich überprüfbaren und gegebenenfalls anfechtbaren Entscheidung zugrunde legen. „Der Umschlagspunkt zwischen günstig und ungünstig ist nicht naturgegeben. Der Rechts-anwender hat die Grundlagen für den Ort des Umschlagspunktes zu ermitteln und diesen dann selbst zu bestimmen“ (Volckart 2006). Der forensische Prognostiker ist zwar nicht Ent-scheider. Gleichwohl wird i. d. R. seine Prognoseerwägung der formalen Entscheidung z. B. über den Fortgang der Freiheitsentziehung innewohnen.


Entscheidungsverhalten bei Kriminalprognosen

Neben formalen Gründen (freiheitsentziehende Maßnahmen bedürfen richterlicher Entscheidung!) befinden sich Prognostiker sowie Gericht und Vollzugsbehörde, also die Rechtsanwender, in einer vollständig unterschiedlichen Entscheidungssituation: Der forensische Prognostiker wird als Erfahrungswissenschaftler seine kriminalprognostischen Aussagen stets als Wahrscheinlichkeitsaussagen formulieren (vgl. Volckart 2002). Er wird sich, eingeschränkt durch die Formulierung spezifischer Bedingungen, zur Wahrscheinlichkeit neuerlicher Straffälligkeit eines Verurteilten äußern; er wird begünstigende Umstände, die eine Le-galprognose unterstützen, ebenso benennen wie solche Umstände, die erneute Straffälligkeit erwarten lassen. Die Rechtsanwender hingegen treffen eine Ja-/Nein-Entscheidung. Sie lassen Wahrschein-lichkeitsaussagen der Kriminalprognose in ihre Entscheidung einfließen bzw. ziehen sie zur Begründung heran.

Inhalt und Anforderungen an Kriminalprognosen

Bötticher u. a. (2006) formulierten in jüngster Zeit am deutlichsten, welche Anforderungen an Prognosegutachten zu stellen sind. Danach muss der Prognosegutachter belegte Informationen und Befunde transparent und für den Rechtsanwender nachvollziehbar zu Grunde legen und aus diesen seine Wahrscheinlichkeitsaussagen nachvollziehbar ableiten.

Der Prognosegutachter wird die ihm verfügbaren schriftlichen Informationen wie Gerichtsakten, Urteilsbegründungen, ggf. vorhandene Vorgutachten sowie die Dokumentation der bisherigen Vollstreckung auswerten. In der ausführlichen Exploration wird neben der biografischen und insbesondere kriminellen Anamnese zu beurteilen sein, wie der Verurteilte zum Anlassdelikt steht, welche Sichtweisen zum Tatvorlauf bzw. mit Blick auf eventuell Geschädigte der Verurteilte aktuell einnimmt usw.. Eigenes Beziehungsverhalten sowie Suchtmittelkonsum sind weitere unverzichtbare Themenfelder. Zudem wird der Prognosegutachter in der Exploration im Zuge seiner Verhaltensbeobachtung, die er gegebenenfalls durch testpsychologische Befunde ergänzt, seinen Eindruck zur Persönlichkeitsentwicklung bzw. zur aktuellen psychischen Befindlichkeit des Betroffenen erheben. Darüber hinaus werden in jüngster Zeit empirisch relativ gut abgesicherte Schätzverfahren verwendet (vgl. Hart u. a. (1995) sowie Müller-Isberner u. a. (1998)), die auf der Grundlage der erhobenen Daten geeignet sind, zukünftige Verhaltensauffälligkeiten bzw. die Wahr-scheinlich ihres Auftretens abzuschätzen. Der Einsatz solcher Verfahren setzt umfassende diagnostische Erfahrung voraus.

Am Ende hat sich die kriminalprognostische Aussage auf die Umstände einzugrenzen, für die die Prognose gelten soll. Es sind diejenigen Variablen zu benennen, die dass individuelle Rückfallrisiko beeinflussen, also minimieren bzw. erhöhen könnten.


Konsequenzen von Kriminalprognosen und Prognosefehler

Die formale Entscheidung des Rechtsanwenders wird sich i. d. R. mit dem Fazit des Progno-segutachtens im Einklang befinden. Damit ist verbunden, dass der Prognosegutachter eine beträchtliche Verantwortung über Freiheit oder Unfreiheit seines Probanden übernommen hat. Abgesehen von den schadensersatzrechtlichen Vorschriften des § 839a des BGB, wonach ein vom Gericht ernannter Sachverständiger zum Ersatz des Schadens, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, verpflichtet ist, sofern er vorsätzlich oder grobfahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat (vgl. Lesting 2002), ist stets zu gewärtigen, dass im Resümee fehlerhafte Begutachtungen sich auf zweierlei Weise (vgl. Volckart 2002) auswirken werden. Zum einen ist zu besorgen, dass eine irrtümlich günstige Prognose zukünftige, theoretisch vermeidbar gewesene Opfer nach sich ziehen kann. Derartige Fälle werden regelmäßig in Öffentlichkeit und Boulevardpresse dramatisch zugespitzt, sind gleichwohl für alle Verfah-rensbeteiligten durchweg schrecklich und belastend. Die andere Möglichkeit fehlerhafter Beurteilung wird in aller Regel keine Schlagzeilen produ-zieren und wird daher auch nicht statistisch zu erfassen sein: Gemeint ist die Möglichkeit, irrtümlich eine ungünstige Prognose zu formulieren, also rückfällige Kriminalität zu prognosti-zieren, was fortgesetzte Unterbringung in der Freiheitsentziehung mit sich bringen wird, ob-gleich jeder empirische Beleg für die Richtigkeit dieser Prognose ausbleibt und der Verurteil-te, obwohl zuvor als ausdrücklich rückfallgefährdet prognostiziert, tatsächlich nie wieder eine Straftat begehen wird. Sein weiterer Lebensweg, seine Eingliederung in die Gesellschaft, seine familiäre Einbindung usw. werden auf nachhaltige Weise gehindert. In der Konsequenz würde also eine Freiheitsentziehung aufgrund der irrtümlich ungünstigen Prognose unnöti-gerweise fortgesetzt werden, der Gegenbeweis jedoch nie geführt werden können, weil der Betroffene ja in der Freiheitsentziehung verbleibt.


Literatur

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Bliesener, Thomas (2007) Psychologische Instrumente für Kriminalprognose und Risikomanagement. In: Praxis der Rechtspsychologie, 17, Heft 2: 323-344.

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Boetticher et al. (2006) Mindestanforderungen für Prognosegutachten. In: Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), 26, Heft 10, S. 537-592.

Dahle, Klaus-Peter (2005) Psychologische Kriminalprognose. Wege zu einer integrativen Methodik für die Beurteilung der Rückfallwahrscheinlichkeit bei Strafgefangenen. Herbolzheim: Centaurus.

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Fahrenberg, Hampel, Selg (2001): Das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R).

Graebsch, Christine & Burkhardt, Sven U. (2006) MIVEA - Young care? Prognoseverfahren für alle Altersgruppen, oder doch nur Kosmetik? Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, 2, 140-147.

Hare, Robert D et al. (1990): The revised psychopathy checklist. In: Psychological Assessment: A Journal of Consulting and Clinical Psychology, 2, S. 338-341.

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Müller-Isberner, Jöckel und Gonzalez Cabeza (1998): Das HCR-20. Deutsche Version. Institut für forensische Psychiatrie, Haina 1998.

Nedopil, Norbert (2005) Prognosen in der Forensischen Psychiatrie - Ein Handbuch für die Praxis. Lengerich usw.: Pabst.

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Volckart, Bernd (2002): Zur Bedeutung der Basisrate in der Kriminlaprognose. In: Recht & Psychiatrie, 20, Heft 2, S. 105-114.

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