Konformität

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Begriff

Der Begriff Konformität entstammt dem Lateinischen "conforma" und bedeutet "gleichförmig" oder "übereinstimmend". Im sozialpsychologischen Sinne bezeichnet man mit Konformität die Tendenz der Anpassung der Verhaltensweisen und persönlicher Einstellungen des einzelnen an die der sozialen Gruppe, der er angehört.Man neigt dazu, sich letztlich erwartungsgemäß zu verhalten und auch die Meinung der Bezugsgruppe anzunehmen.

Einflussgrößen auf die Konformität

Ursächlich für die Neigung zum konformen Verhalten sind folgende Einflussgrößen:

Normative Beinflussung

Der Mensch hat das Bedürfnis, von anderen akzeptiert und angenommen zu werden. Um nicht negativ aufzufallen oder Konflikte mit anderen zu vermeiden, passt man sich den sozialen Normen, d.h. den Verhaltensregeln einer Gruppe,an. Diese Normen können sowohl ausgesprochen/aufgeschrieben, als auch implizit sein.

Gruppendruck

Gruppendruck ist eine Extremform normativer Beeinflussung.Man möchte nicht nur Konflikte mit anderen vermeiden, sondern entwickelt bereits die Befürchtung einer Sanktion durch die Gruppe (z.B.Ausschluss aus der Gruppe, Bestrafung...), wenn man die sozialen Normen nicht erfüllt. Durch Angst gezeigte Konformität dient u.U.dem Eigenschutz. Als aufschlussreiches Beispiel dient in diesem Zusammenhang der Hitlerfaschismus, in dem die Erzeugung von Konformität nicht nur die Voraussetzung politischer Herrschaft war, sondern auch dazu diente,Abweichlern vom faschistischen System mit erheblichen Strafen zu drohen.Denn wer versuchte, sich zu distanzieren bzw. aktiv gegen Hitlers Ziele anzukämpfen, wurde eliminiert.

Beinflussung durch Information/mangelnde Kenntnis

Häufig verhalten sich Menschen konform, wenn ihnen der Einblick bzw. die Kenntnis in eine bestimmte Situation fehlt. Da der Mensch dazu tendiert, sich korrekt zu verhalten und nachzuvollziehen, wie man sich in einer Situation am günstigsten verhält, sucht man nach Informationen darüber, wie andere sich verhalten (würden).


Das Experiment von Solomon ASCH

Um die Tendenz zur Konformität genauer zu erforschen, führte der Sozialpsychologe Solomon ASCH (1907-1996)in den 50er Jahren des 20.Jahrhunderts Experimente mit Hilfe der visuellen Wahrnehmung der Versuchspersonen durch.

ASCH legte den Versuchsgruppen, bestehend aus 7-9 Personen, Karten vor, auf denen 3 Striche mit unterschiedlicher Länge abgebildet waren. Auf einer weiteren Karte befand sich eine Vergleichslinie. Die Versuchspersonen waren nun angehalten, aus den 3 Linien jene auszuwählen, die der Länge der Vergleichslinie entsprach und wurden gebeten, laut zu antworten.

Hinweis: in jeder Versuchsgruppe befand sich lediglich eine "unwissende" Versuchsperson, alle anderen Versuchspersonen waren in den Experimentverlauf eingeweiht und ihre Antworten wurden vorher instruiert. Des weiteren wurde die "unwissende" Versuchsperson so plaziert, dass sie erst relativ spät antworten konnte. Die Aufgabe war so einfach gestellt, dass über die richtige Lösung kein Missverständnis bestehen konnte.

Die instruierten Versuchspersonen bekamen zunächst alle den Auftrag, eine falsche Antwort zu geben, sodass die "unwissende" Person zuerst 6-7 falsche Meinungen hörte. Das Experiment wurde mit insgesamt 123 "unwissenden" Versuchspersonen in jeweils 18 Durchgängen durchgeführt.


Asch.gif (Quelle:[1])


Ergebnisse:

-insgesamt übernahmen in durchschnittlich 37% der Durchgänge die "unwissenden" Personen die falschen Antworten der Mehrheit.

-durchschnittlich 30% schlossen sich immer dem gleichen, falschen Urteil der Vorgänger an.

-74% schlossen sich mindestens einmal-entgegen besserem Wissen- dem falschen Urteil an.

-nur 25% blieben in ihrem Urteil von der Gruppenmeinung unbeeinflusst.

In der Folge variierte ASCH nun die Rahmenbedingungen des Experiments, um zu überprüfen, ob dieser außerordentlich hohe Grad an Konformität auch dann beibehalten würde.

Variante a): veränderte Größe der Mehrheit

Bereits die einstimmige Mehrheit von 3 bis 4 eingeweihten Versuchspersonen reichte aus, um -gegen die eigene Überzeugung- den Konformitätseffekt herbeizuführen.

Variante b): Verbündete

Die Unterstützung einer anderen Person, der mit der abweichenden Meinung übereinstimmt, hatte zur Folge, dass der starken Mehrheitsmeinung standgehalten wurde. So war bereits die Meinung eines Verbündeten der "unwissenden" Testperson ausreichend, um den Konformitätseffekt erheblich abzuschwächen. Der Grad der Konformität fiel dabei auf lediglich 5,5 %.


Allgemeine Folgen des Konformitätseffekts

Jemand kann sich zwar äußerlich an soziale Normen anpassen, aber keine Überzeugung gegenüber dieser Normen aufweisen. Auf diese Weise entsteht ein Widerspruch zwischen gezeigtem Verhalten und innerer Einstellung,Gefühlen und Gedanken. Dieser Zustand wird als kognitive Dissonanz bezeichent und kann u.U. die Entwicklung der eigenen Identität behindern.

Aus der Tendenz zur Konformität resultieren Meinungen und (Vor-)Urteile, weil dem Menschen häufig der Mut fehlt, die eigene , von der Gruppenmeinung abweichende Meinung abzugeben und beizubehalten.

Die Konformität ist zudem die Voraussetzung für das Funktionieren eines politischen Systems. Wer die Normen, bzw. die Gesetze eines Systems einhält, braucht keine Sanktion zu fürchten. Problematisch wird es in diesem Zusammenhang, wenn der jeweilige Machthaber/die jeweilige Regierung seine/ihre Macht, Gesetze und Normen vorzugeben, getreu deren man sich konform verhalten sollte, missbraucht, um eigennützige, faschistische oder gar kriegerische Ziele zu verfolgen. Auch hier ist auf das Beispiel des Hitlerregimes zu verweisen(vgl. 2.2).


Literatur

-BERRYMAN, Julia:"Psychologie-Eine Einführung", Verlag Hans Huber 1991

-Europäische Fernhochschule Hamburg, Lehrheft "Sozialpsychologie II, Gruppendynamik, Sozialisation, Psychologische Aspekte von Arbeit und Organisation", Stand 2003

-Meyers Konversationslexikon, Band 9, Stand April 2007, [2]

-Soziale Gruppen, [3], Stand 25.04.2001

-ZIMBARDO,Philip; GERRIG Richard J.:"Psychologie",Springer Verlag 1999, 7.Auflage