Kingpin

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Rex Rivolo


„Der Beweis für das Scheitern sind die Kokainpreise, die beim Straßenverkauf erzielt wurden“, so Cockburn. Die DEA setzte zwar verdeckte Ermittler ein, die alles penibel notierten, nur nicht den Reinheitsgehalt des Kokains, weswegen die Statistiken keine Auskunft darüber lieferten ob ein bestimmtes Ereignis Auswirkungen auf den Kokainhandel hatte. Das änderte sich als ein „Zahlenfanatiker“ am Institute for Defense Analysis (IDA), Rex Rivolo, die Zahlen der DEA genauer betrachtete. Er entwickelte eine Methode, die die Schwankungen im Reinheitsgrad der von den verdeckten Agenten gekauften Proben rausrechnen konnte. Das Ergebnis war, dass „die Jagd auf die Drogen-‚Kingpins’ […] sehr wohl Einfluss auf das Angebot und damit den Preis ihrer Ware“ hatte. Die DEA beweihräucherte sich mit einem angeblich Erfolg dieser Kingpin-Strategie, doch stattdessen wurde „die Versorgung der Straße und der Nasen mit Kokain […] nicht etwa gebremst, sondern vielmehr beschleunigt. In Wirklichkeit hatte die Ausschaltung der Kingpins das Angebot erhöht.“

Denn wenn der Plan tatsächlich aufgegangen wäre, hätte die Zerschlagung der größten Drogenkartelle in Kolumbien das Kokainangebot mangels Nachschub reduzieren müssen. Doch neue Lieferanten sorgten für eine Überflutung des US-Drogenmarktes und für niedrigere Kokainpreise. In der Volkswirtschaft gibt es hierfür den Begriff der „monopolistischen Konkurrenz“. Diese besagt, dass „sich ein bestimmter Preis bildet, wenn zwei Produzenten als Anbieter auftreten. Verdoppelt sich die Zahl der Produzenten, halbiert sich der Preis, weil sich die Anbieter den Markt teilen.“ Statt die wenigen Monopole zu zerschlagen und für viele kleinere Anbieter zu sorgen, hätte man ein großes Kartell kontrollieren sollen, zog Rivolo das Fazit aus diesen Operationen.

Von nun an teilten sich kleinere und noch brutalere Händlergruppen das Geschäft unter sich auf, „dank enger Beziehungen zur pseudomarxistischen Farc-Guerilla oder zu den faschistischen Paramilitärs, den mit der kolumbianischen Regierung verbündeten Antiguerilla-Einheiten, die insgesamt von den USA unterstützt wurden“.

Viele von Rivolos Forschungsergebnissen zu diesem Thema seien bis heute geheim, so Cockburn, was auch nicht überraschen könne, da diese Erkenntnisse nicht nur die offizielle Begründung für die Kingpin-Strategie in den Drogenkriegen der 90ger Jahre begraben würden, sondern auch ein „Schlag gegen die Doktrin des ‚high-value targeting’“ der Obama Regierung wären.

Rex Rivolo wurde 2007 einer US Geheimdiensteinheit im Irak zugeordnet, wo er die Tötungen von „high-value individuals“ (HVI) analysieren konnte. Wenig überraschend war, dass die Tötung von 200 HVIs, im Sommer/Herbst 2007, nicht zum gewünschten Effekt führte. Weder die Angriffe der Rebellen noch die Tötung von US Soldaten seien dadurch gemindert worden: „Im Gegenteil: Auf jeden Tötungsakt der USA folgte sofort ein blutiges Chaos. Innerhalb von 30 Tagen nahmen die Angriffe der Aufständischen in einem 3-Kilometer-Radius um die Operationsbasis […] um 40 Prozent zu.“ Auch wenn es der „militärischen Intuition“ zuwiderliefe, erklärt Cockburn, sei es „ziemlich einleuchtend“. Denn die getöteten Aufstandsführer würden sofort ersetzt werden, und die Nachfolger wären fast immer jünger und aggressiver. Beide Strategien hätten versagt, die Kingpin Strategie gegen die Drogenkartelle und die HVI Strategie im Nahen und Mittleren Osten: „Statt ihre erklärten Ziele zu erreichen bewirkte sie lediglich, dass terroristische Gruppen immer mehr neue Leute rekrutieren und im Schatten der Drohnen bestens gedeihen konnten.“

Weblinks und Literatur

the pursuit of the kingpins was most certainly having an effect on prices, and by extension supply, but not in the way advertised by the DEA. Far from impeding the flow of cocaine onto the street and up the nostrils of America, it was accelerating it. Eliminating kingpins actually increased supply.