Kaffeeverbot

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Zu den Hindernissen, die beim weltweiten Siegeszug des aus Arabien stammenden Heißgetränks zu überwinden waren, gehörte zeitweilig auch in Frankreich und der Schweiz, vor allem aber in Deutschland das Kaffeeverbot.

Entstehung

Nachdem der Augsburger Arzt Leonhard Rauwolf 1582 in seinem Reisebericht aus dem Morgendland "ein gutes Getränk" beschrieben hatte, das "wie Tinte so schwarz" sei und das man "des Morgens früh" zu trinken pflege, "ohne alle Abscheu und vor jedermann", entwickelten sich die in allen großen europäischen Handelsstädten etablierten Kaffeehäuser seit dem späten 17. Jahrhundert zu Symbolen für Öffentlichkeit und Aktivitäten des Bürgertums. In Deutschland hingegen wurde Kaffee eher zu einem Symbol für häusliche Beschaulichkeit ("Kaffeeklatsch"). Zudem wurden ökonomische, rechtliche und ideologische Barrieren errichtet. Als teures Importgut (das friderizianische Preußen zahlte jährlich rund 700 000 Taler für den Kaffeeimport) war er außenwirtschaftlich unerwünscht. Das führte zur Einrichtung staatlicher Monopole für Röstung und Verkauf, zu hohen Steuern und zum Erlass regelrechter Verbote. Dem Kaffee wurden zudem gesundheitliche Risiken attestiert. Zichorien-Kaffee (Ersatzkaffee) und "mocca faux" (falscher Mokka = Muckefuck) spielten gegenüber dem "Bohnenkaffee" eine zunehmende Rolle.

Das preußische Kaffeeverbot vom 21.01.1781

Friedrich II. ("der Große") war der Ansicht, dass "nicht alle Maurer, Mägde und dergleichen von ihrer Hände Arbeit sich ernährende Personen Coffee trinken sollten" und "Seine Majestät sind Höchstselbst in der Jugend mit Biersuppe erzogen worden, das ist viel gesünder als der Coffee" (nach: Bürgin 1978: 37). Er verbat das Kaffeerösten im Kleinen. Reiche konnten sog. Brennscheine erwerben. In den öffentlichen "Brandhäusern" wurde Kaffee so teuer, dass das gemeine Volk sich das Getränk nicht mehr leisten konnte. Die ersten drei Artikel des Kaffeeverbots von 1781 lauteten:

  • Es ist allen und jeden, die nicht die Erlaubnis haben, Caffé zu brennen, verbothen, weder in ihren Häusern, und irgend anderwo ungebrannten Caffé zu führen, auch keinen andern gebrannten, als denjenigen von der General-Niederlage in versiegelten und gestempelten Paqueten, bey Strafe Zehn Pfund Reichs-Taler für jedes Pfund, zu haben.
  • Bey Vermeidung gleicher Strafe, ist allen und jeden, welche nicht die Erlaubnis haben, Caffé zu brennen, verbothen, weder in ihren Häusern noch irgend anderwo dergleichen zu brennen.
  • Diejenigen, welche Caffé in Bohnen in ihren Häusern haben, sollen innerhalb 8 Tagen dem Accis-Amte der nächsten Stadt, getreulich anzeigen und davon nichts ohne dessen Vorbewußt zu gebrauchen etc."

Durchsetzung

  • Der von Friedrich schon 1766 zusammen mit weiteren 200 Steuerbeamten aus Paris geholte Steuerfachmann de la Haye hatte die Besteuerung von Luxusgütern angeregt und stand an der Spitze der Anti-Kaffee-Bürokratie
  • Durch die Wohngebiete wurden Kriegsveteranen in ihren alten Uniformen geschickt. Auftrag: nach Kaffee zu schnüffeln, sich Zugang zu entsprechenden Wohnungen zu verschaffen und Kaffee samt Geschirr zu beschlagnahmen.

Weitere Beispiele

  • 1756: Schweden verbietet Kaffee und Tee aufgrund exzessiven Missbrauchs; unter Gustav III. wird das Verbot wieder aufgehoben. Um die Schädlichkeit von Kaffee und Tee festzustellen, wandelte Gustav III. nach einer wiederholt berichteten Anekdote, deren Wahrheitsgehalt noch zu überprüfen wäre, die Todesstrafe bei eineiigen Zwillingen in Konsumstrafen um. Einer der beiden Zwillinge musste täglich unter Aufsicht je eines Professors eine große Menge Kaffee trinken, der andere Tee. Es vergingen Jahre, "ohne dass jedoch einer Anstalten machte, das Zeitliche zu segnen. Schließlich starb einer der Professoren, dann starb der zweite, der König wurde ermordet, und immer noch tranken die beiden Verbrecher ihre Portionen Kaffee und Tee, bis sie im hohen Alter von der Bühne abtraten" (Gerhart Söhn, in: Bürgin 1978: 36f.). Der Teetrinker starb zuerst: mit 83 (so: Bremer 1996).
  • 1765-1784: Kaffeeverbote in Lippe, Dresden, Bonn
  • 1769: Basel (Schweiz): Da "der Missbrauch des Kaffeetrinkens under Unserem Landvolke dermaßen eingerissen, dass sich davon schon bey vielen die schädlichen Wirkungen erzeiget; so hat Unsere landesväterliche Sorge für das Wohl Unserer Underthanen Uns nicht erlaubet, diesen in alle Weeg so schädlichen Missbrauch auf der Landschaft stärker einreißen zu lassen, sonders Uns bewogen, demselben Einhalt zu thun. Wir verbieten demnach allen und jeden Unserer Unterthanen und Landleuten (außer denen Wirten für die Reisenden), den Gebrauch und das Trinken des Kaffee, es sey mit Milch, oder pur, bey einer Strafe von fünf Pfunden für das erste mal des Darwiderhandelns, und bey doppelter Strafe für das zweyte Mal" (Bürgin 1978: 34).
  • 1776 Fritzlar (Hessen) verbietet das Kaffeetrinken unter hoher Strafdrohung. Geistliche können für 8 Gulden Dispens erhalten.
  • Bistum Hildesheim: "Eure Väter, deutsche Männer, tranken Branntwein und wurden bei Bier wie Friedrich der Große aufgezogen, waren fröhlich und guten Mutes. Dies wollen wir auch. Ihr sollt den reichen Halbbrüdern unserer Nation Holz und Wein, aber kein Geld mehr für Kaffee schicken. Alle Töpfe, vornehmlich Tassen und gemeine Schälchen, Mühlen, Brennmaschinen, kurz alles, zu welchem das Beiwort Kaffee zugesetzt werden kann, soll zerstört und zertrümmert werden, damit dessen Andenken unseren Mitgenossen gerichtet sei" (Schievelbusch 1980: 87).
  • 1784 Herzogtum Westfalen: vier Jahre Zuchthaus auf die unerlaubte Einfuhr von 50 Pfund Kaffee
  • 1785 Paderborn: mit einem von fast der gesamten Bürgerschaft besuchten öffentlichen Kaffeetrinken ("Kaffeerevolution") wird das Kaffeeverbot de facto abgeschafft.

Literatur

  • Bürgin, Eugen C. (1978) Kaffee. Künzelsau, Thalwil, Salzburg: Sigloch.
  • Schievelbusch, Wolfgang (1980) Das Paradies, der Geschmack und die Vernunft. Eine Geschichte der Genussmittel. München: Hanser.

Weblinks

  • Breimer, Lars (1996) Coffee drinking was compared with tea drinking in monozygotic twins in 18th century. BMJ 312: 1539 [[1]]
  • Kaffee in: Wikipedia (dt.) [[2]]
  • Kaffeeverbot in: Regiowiki (Hessen) [[3]]
  • Nutzlose Verbote [[4]]