Gustav Radbruch: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:wp_gustav_radbruch.jpg|thumb|right|Gustav Radbruch zur Zeit seines Referendariats (1902)]]
[[Bild:wp_gustav_radbruch.jpg|thumb|right|Gustav Radbruch zur Zeit seines Referendariats (1902)]]
'''Gustav Radbruch''' (* 21. November 1878 in Lübeck; † 23. November 1949 in Heidelberg) war ein deutscher Rechtsphilosoph, [[Strafrecht]]sreformer und [[Kriminalpolitik]]er. Zur Zeit der Weimarer Pepublik war er zudem von Oktober 1921 bis November 1922 und von August bis November 1923 Reichsjustizminister. Er war einer der wenigen deutschen Rechtsprofessoren, die damals der SPD angehörten und aktiv für die parlamentarische Demokratie eintraten. Sein rechtsphilosophischer Relativismus führte ihn dazu, eine besondere Strafart für sogenannte [[Überzeugungstäter]] ([[Einschließung]] statt [[Gefängnis]] oder [[Zuchthaus]]) einzufordern. Darüber hinaus stand er den tradierten Institutionen des Strafrechts und der Kriminalstrafe auch insgesamt skeptisch gegenüber. Das "unendliche Ziel" der Kriminalpolitik war für ihn daher "nicht die Verbesserung des Strafrechts, sondern der Ersatz des Strafrechts durch Besseres, durch ein 'Besserungs- und Bewahrungsrecht'" im Geiste [[Franz von Liszt]]s und [[Enrico Ferri]]s.  
'''Gustav Radbruch''' (* 21. November 1878 in Lübeck; † 23. November 1949 in Heidelberg) war ein deutscher Rechtsphilosoph, [[Strafrecht]]sreformer und [[Kriminalpolitik]]er. Zur Zeit der Weimarer Republik war er zudem von Oktober 1921 bis November 1922 und von August bis November 1923 Reichsjustizminister. Er war einer der wenigen deutschen Rechtsprofessoren, die damals der SPD angehörten und aktiv für die parlamentarische Demokratie eintraten. Sein rechtsphilosophischer Relativismus führte ihn dazu, eine besondere Strafart für sogenannte [[Überzeugungstäter]] ([[Einschließung]] statt [[Gefängnis]] oder [[Zuchthaus]]) einzufordern. Darüber hinaus stand er den tradierten Institutionen des Strafrechts und der Kriminalstrafe auch insgesamt skeptisch gegenüber. Das "unendliche Ziel" der Kriminalpolitik war für ihn daher "nicht die Verbesserung des Strafrechts, sondern der Ersatz des Strafrechts durch Besseres, durch ein 'Besserungs- und Bewahrungsrecht'" im Geiste [[Franz von Liszt]]s und [[Enrico Ferri]]s. Kontrovers diskutiert wird die nach ihm benannte sog. [[Radbruchsche Formel]].  


== Leben ==  
== Leben ==  
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=== Fernziel: Überwindung des Strafrechts durch ein "Besserungs- und Bewahrungsrecht" ===
=== Fernziel: Überwindung des Strafrechts durch ein "Besserungs- und Bewahrungsrecht" ===
*[https://books.google.de/books?id=hZA9XFtmEYkC&pg=PA403&lpg=PA403&dq=Radbruch+Rechtsphilosophie+Verbesserung+Strafrechts&source=bl&ots=-tDpto_BtF&sig=_eXMPYv4RPxOJI25UlKpfXcBSwE&hl=en&sa=X&ei=WpKWVYqfN-TfywOK5o9I&ved=0CCIQ6AEwAA#v=onepage&q=Radbruch%20Rechtsphilosophie%20Verbesserung%20Strafrechts&f=false "dass die Entwicklung des Strafrechts über das Strafrecht einstmals hinwegschreiten und die Verbesserung des Strafrechts nicht in ein ''besseres'' Strafrecht ausmünden wird, sondern in ein Besserungs- und Bewahrungsrecht, das ''besser als'', das sowohl klüger wie menschlicher als das Strafrecht wäre" (166)]
"Aber das unendliche Ziel der strafrechtlichen Entwicklung bleibt die Einspurigkeit, bleibt das Strafgesetzbuch ohne Strafen, ist nicht die Verbesserung des Strafrechts, sondern der Ersatz des Strafrechts durch Besseres, durch ein 'Besserungs- und Bewahrungsrecht'."
:Gustav Radbruch (1969) Strafrecht, in: ders., Einführung in die Rechtswissenschaft. K.F. Köhler: Stuttgart, 150 f.
"Es möchte ... gerade ... so liegen, dass die Entwicklung des Strafrechts über das Strafrecht einstmals hinwegschreiten und die Verbesserung des Strafrechts nicht in ein ''besseres'' Strafrecht ausmünden wird, sondern in ein Besserungs- und Bewahrungsrecht, das ''besser als'' Strafrecht, das sowohl klüger wie menschlicher als das Strafrecht wäre" (Rechtsphilosophie, 6. Aufl. 1963: 269).
=== Nahziel: Strafrechtsreform ===
=== Nahziel: Strafrechtsreform ===
=== Die Sonderproblematik des [[Überzeugungsverbrecher]]s ===
=== Die Sonderproblematik des [[Überzeugungsverbrecher]]s ===
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* ''Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches (1922)'', Tübingen 1952.
* ''Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches (1922)'', Tübingen 1952.
* ''Rechtsphilosophie, Studienausgabe'', herausgegeben von Ralf Dreier und Stanley L. Paulson, C. F. Müller, 2. Aufl., Heidelberg 2003.
* ''Rechtsphilosophie, Studienausgabe'', herausgegeben von Ralf Dreier und Stanley L. Paulson, C. F. Müller, 2. Aufl., Heidelberg 2003.
*[http://books.google.de/books?id=-9xJKHLJ_7wC&pg=PA19&lpg=PA19&dq=Geschichte+des+Verbrechens.+Versuch+einer&source=bl&ots=PddZL7yhTh&sig=07OeZkhpOT7WG4EX3839bijBmAs&hl=en&sa=X&ei=tF3IUdjzG_PQ4QSq4YGABw&ved=0CGgQ6AEwBzgK#v=onepage&q=Geschichte%20des%20Verbrechens.%20Versuch%20einer&f=false Radbruch, Gustav und Hermann Gwinner (1951) Geschichte des Verbrechens. Versuch einer historischen Kriminologie. Stuttgart: K.F. Köhler].


== Literatur ==  
== Literatur ==
* Friederike Goltsche, ''Der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 (Entwurf Radbruch)''. De Gruyter, Berlin und New York 2010.
* Arthur Kaufmann: ''Gustav Radbruch. Rechtsdenker, Philosoph, Sozialdemokrat''. Piper, München 1987. ISBN 3-492-15247-3.
* Arthur Kaufmann: ''Gustav Radbruch. Rechtsdenker, Philosoph, Sozialdemokrat''. Piper, München 1987. ISBN 3-492-15247-3.
*[http://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2004/20044Neumann_S_432.pdf Neumann, Ulfrid (2004) Gustav Radbruchs Beitrag zur Strafrechtsreform. Kritische Justiz Vol. 37, No. 4 (2004), 432-441]
* Schmidt, Gustav Radbruch als Kriminalist, in: Heidelberger Strafrechtslehrer im 19. und 20. Jahrhundert.
* Michael Stolleis (Hrsg.): ''Juristen: ein biographisches Lexikon''. Beck, München 1995, S. 510 f.
* Michael Stolleis (Hrsg.): ''Juristen: ein biographisches Lexikon''. Beck, München 1995, S. 510 f.
* Friederike Goltsche, ''Der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 (Entwurf Radbruch)''. De Gruyter, Berlin und New York 2010.
* Michael Walter, ''Gustav Radbruch und die Kriminologie'', in: ''Juristenzeitung (JZ)'' 64 (2009), S. 429-438.
* Michael Walter, ''Gustav Radbruch und die Kriminologie'', in: ''Juristenzeitung (JZ)'' 64 (2009), S. 429-438.


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[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1878]]
[[Kategorie:Gestorben 1949]]
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