Geschichte des Kokains in Kolumbien: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Geschichte des Kokains in Kolumbien''' begann mit dem Import von Kokablaettern und Kokapaste und deren Verarbeitung zu Kokain im spaeten 19. Jahrhundert. Erst in der zweiten Haelfte des 20. Jahrhunderts wurden Kokastraeucher auch in Kolumbien selbst angebaut und dann vor Ort verarbeitet. Zu jeder Zeit war Kokain in erster Linie ein Exportprodukt des Landes - urspruenglich legal, dann illegal. Trotz intensiver Bekaempfungsmassnahmen gehört Kolumbien neben Bolivien und Peru noch heute zu den weltweit größten Kokainlieferanten. In den achtziger Jahren war [[Pablo Escobar]] eine zentrale Persoenlichkeit in diesem Kontext.  
Die '''Geschichte des Kokains in Kolumbien''' begann mit dem Import von Kokablättern und Kokapaste und deren Verarbeitung zu Kokain im späten 19. Jahrhundert. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Kokasträucher auch in Kolumbien selbst angebaut und dann vor Ort verarbeitet. Zu jeder Zeit war Kokain in erster Linie ein Exportprodukt des Landes - ursprünglich legal, dann illegal. Trotz intensiver Bekämpfungsmassnahmen gehört Kolumbien neben Bolivien und Peru noch heute zu den weltweit größten Kokainlieferanten. In den achtziger Jahren war [[Pablo Escobar]] eine zentrale Persönlichkeit in diesem Kontext.  
 
 
== Anfänge ==
== Anfänge ==


Die stimulierende Wirkung der Blaetter des Kokastrauches - der nur in in feuchtwarmen Gebirgslagen in 600-800 Metern über dem Meeresspiegel gedeiht, wie es sie vor allem im tropischen Südamerika und auf den Inseln Indonesiens gibt - war schon vor Jahrtausenden in manchen Teilen Südamerikas bekannt (heilige Pflanze der Inkas). Allerdings erfolgte die erste Herstellung von Kokain erst 1860 in Deutschland, und erst seit diesem Zeitpunkt begann auch die Geschichte des Kokains in Kolumbien. Pharmazeutische Unternehmen aus Europa und den USA gingen schon Ende des 19. Jahrhunderts dazu ueber, die leicht verderblichen Blaetter des Kokastrauchs nicht mehr in die Verbraucherlaender zu transportierten, sondern nach Moeglichkeit bereits in Suedamerika so weit zu verarbeiten, dass ein verlustloser Transport der Zwischenprodukte in Form von Kokapaste moeglich wurde. Obwohl Kolumbien zu der Zeit kein Anbauland war, spielte es fuer die Verarbeitung und die Verschiffung bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine signifikante Rolle. Die Herstellung und die weltweite Distribution der hochprofitablen pharmazeutischen Endprodukte behielten sich allerdings die Pharmaindustrien von Deutschland, Frankreich und den USA vor.
Die stimulierende Wirkung der Blätter des Kokastrauches - der nur in in feuchtwarmen Gebirgslagen in 600-800 Metern über dem Meeresspiegel gedeiht, wie es sie vor allem im tropischen Südamerika und auf den Inseln Indonesiens gibt - war schon vor Jahrtausenden in manchen Teilen Südamerikas bekannt (heilige Pflanze der Inkas). Allerdings erfolgte die erste Herstellung von Kokain erst 1860 in Deutschland, und erst seit diesem Zeitpunkt begann auch die Geschichte des Kokains in Kolumbien. Pharmazeutische Unternehmen aus Europa und den USA gingen schon Ende des 19. Jahrhunderts dazu über, die leicht verderblichen Blätter des Kokastrauchs nicht mehr in die Verbraucherländer zu transportierten, sondern nach Möglichkeit bereits in Südamerika so weit zu verarbeiten, dass ein verlustloser Transport der Zwischenprodukte in Form von Kokapaste möglich wurde. Obwohl Kolumbien zu der Zeit kein Anbauland war, spielte es für die Verarbeitung und die Verschiffung bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine signifikante Rolle. Die Herstellung und die weltweite Distribution der hochprofitablen pharmazeutischen Endprodukte behielten sich allerdings die Pharmaindustrien von Deutschland, Frankreich und den USA vor.


Nachdem das Haager Opiumabkommen von 1912 in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg internationale Wirkung entfaltete und damit in immer staerkerem Masse auch die Produktion von und den Handel mit Kokain einschraenkte, entstanden in den 1930er Jahren an verschiedenen Orten der Welt die ersten illegalen Laboratorien, die zunaechst noch als Uebergangserscheinung bis zum Funktionieren des globalen Kontrollsystems angesehen wurden. Mit der zunehmenden Einschraenkung der Verfuegbarkeit von Amphetaminen, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend die Rolle von Kokain uebernommen hatten, entstand in den 1970er Jahren allerdings ausgehend von den USA unvermutet wieder eine rasch anwachsende Kokainnachfrage, die nunmehr praktisch vollstaendig durch illegalen Anbau und illegale Produktion in Suedamerika gedeckt wurde.
Nachdem das Haager Opiumabkommen von 1912 in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg internationale Wirkung entfaltete und damit in immer stärkerem Masse auch die Produktion von und den Handel mit Kokain einschränkte, entstanden in den 1930er Jahren an verschiedenen Orten der Welt die ersten illegalen Laboratorien, die zunächst noch als Übergangserscheinung bis zum Funktionieren des globalen Kontrollsystems angesehen wurden. Mit der zunehmenden Einschränkung der Verfügbarkeit von Amphetaminen, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend die Rolle von Kokain übernommen hatten, entstand in den 1970er Jahren allerdings ausgehend von den USA unvermutet wieder eine rasch anwachsende Kokainnachfrage, die nunmehr praktisch vollständig durch illegalen Anbau und illegale Produktion in Südamerika gedeckt wurde.


== Zentrum des Kokainhandels ==
== Zentrum des Kokainhandels ==
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Kolumbiens geographische Lage zwischen den wichtigsten Kokaanbauländern einerseits und den USA als dem größten Abnehmermarkt andererseits erleichterte den Ausbau Kolumbiens zum Zentrum des Kokainhandels. Weitere wichtige Faktoren waren seine schwer kontrollierbaren Küstenstreifen und ein außerordentlich korrupter Staatsapparat. Auch die großen Auswanderungsströme in die Vereinigten Staaten seit 1965 ermöglichten es, schwer auszuhebende Vertriebsnetze aufzubauen.
Kolumbiens geographische Lage zwischen den wichtigsten Kokaanbauländern einerseits und den USA als dem größten Abnehmermarkt andererseits erleichterte den Ausbau Kolumbiens zum Zentrum des Kokainhandels. Weitere wichtige Faktoren waren seine schwer kontrollierbaren Küstenstreifen und ein außerordentlich korrupter Staatsapparat. Auch die großen Auswanderungsströme in die Vereinigten Staaten seit 1965 ermöglichten es, schwer auszuhebende Vertriebsnetze aufzubauen.


Seit den 1970er Jahren nahmen Produktion und Distribution von Kokain in Kolumbien stetig zu - und fuehrten zur Entstehung eines Oligopols, das aus sog. Kartellen bestand. Das zu jener Zeit bekannteste war das nach der Stadt Medellin benannte, das seine Geschäfte bis nach Miami, Florida, führte. Unter anderem wurde es geführt von Pablo Escobar, auch „El Doctor“, „El Patrón“ oder „Don Pablo“ genannt, der zu einem der reichsten Männer der Welt aufstieg.
Seit den 1970er Jahren nahmen Produktion und Distribution von Kokain in Kolumbien stetig zu - und führten zur Entstehung eines Oligopols, das aus sog. Kartellen bestand. Das zu jener Zeit bekannteste war das nach der Stadt Medellin benannte, das seine Geschäfte bis nach Miami, Florida, führte. Unter anderem wurde es geführt von Pablo Escobar, auch „El Doctor“, „El Patrón“ oder „Don Pablo“ genannt, der zu einem der reichsten Männer der Welt aufstieg.


Eine weitere Führungspersönlichkeit des Medellin-Kartells war Griselda Blanco. Sie wurde am 15.02.1943 in Medellin geboren und wurde später bekannt als die „schwarze Witwe“ („Viuda Negra“, „Black Widow“) oder als „Patin des Kokains“. Blanco organisierte den Drogenschmuggel für New York, und erweiterte das Geschäft später in Miami. Die sogenannten „Kokain-Cowboys“ galten als ihre Erfindung. Diese ermordeten auf Motorrädern die Gegner der Organisation.  
Eine weitere Führungspersönlichkeit des Medellin-Kartells war Griselda Blanco. Sie wurde am 15.02.1943 in Medellin geboren und wurde später bekannt als die „schwarze Witwe“ („Viuda Negra“, „Black Widow“) oder als „Patin des Kokains“. Blanco organisierte den Drogenschmuggel für New York, und erweiterte das Geschäft später in Miami. Die sogenannten „Kokain-Cowboys“ galten als ihre Erfindung. Diese ermordeten auf Motorrädern die Gegner der Organisation.  


1984 wird Griselda Blanco wegen zahlreicher grausamer Morde zu 20 Jahren Gefängsnisstrafe verurteilt und war mitverantwortlich für den Untergang des Medellin-Kartells in Miami.
1984 wird Griselda Blanco wegen zahlreicher grausamer Morde zu 20 Jahren Gefängsnisstrafe verurteilt und war mitverantwortlich für den Untergang des Medellin-Kartells in Miami.
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1995 wurde der Anteil des Cali-Kartells am weltweiten Kokainhandel auf etwa 80% geschätzt. Die Anbauflächen von Koka in Kolumbien wuchsen von 3400 Hektar im Jahr 1981 auf 40.000 Hektar im Jahre 1995.
1995 wurde der Anteil des Cali-Kartells am weltweiten Kokainhandel auf etwa 80% geschätzt. Die Anbauflächen von Koka in Kolumbien wuchsen von 3400 Hektar im Jahr 1981 auf 40.000 Hektar im Jahre 1995.


Seit Mitte der 1990er Jahre lässt sich eine ausgeprägte Dezentralisierung feststellen. Besonders durch den Tod von Pablo Escobar im Jahr 1993 und zahlreiche Festnahmen und Selbstaufgabe der nahezu gesamten Führungsspitze des Cali-Kartells 1995 kam es zu einer Schwächung der beiden größten Drogenringe. Kleinere Händler machen sich lieber selbständig. - Im Ausland, besonders in den USA, gilt Kolumbien als Hauptverantwortlicher für die Drogenproblematik der Industriestaaten.
Seit Mitte der 1990er Jahre lässt sich eine ausgeprägte Dezentralisierung feststellen. Besonders durch den Tod von Pablo Escobar im Jahr 1993 und zahlreiche Festnahmen und Selbstaufgabe der nahezu gesamten Führungsspitze des Cali-Kartells 1995 kam es zu einer Schwächung der beiden größten Drogenringe. Kleinere Händler machen sich lieber selbständig. - Im Ausland, besonders in den USA, gilt Kolumbien als Hauptverantwortlicher für die Drogenproblematik der Industriestaaten.


== Der „Plan Colombia“ und seine Folgen ==
== Der „Plan Colombia“ und seine Folgen ==


Mit dem vorrangigen Ziel einer Eliminierung des kolumbianischen Drogenhandels wurde 1999 der „Plan Colombia“ entwickelt, eine Art Hilfspaket der USA zur Bekaempfung des Koka-Anbaus sowie der Guerillagruppen in Kolumbien. Im Zuge dessen kam es nicht nur zur Militarisierung des Landes. Durch das Besprühen von vermeintlichen Koka-Plantagen mit Giften kam es zu Umwelt-und Gesundheitsschäden. Nach Informationen der Umweltschutzorganisation Acción Ecológica in Quito zerstoerte die Vernichtung von zwei Hektar Drogenpflanzen wurden auch einen Hektar Wald und andere Nutzpflanzen.
Mit dem vorrangigen Ziel einer Eliminierung des kolumbianischen Drogenhandels wurde 1999 der „Plan Colombia“ entwickelt, eine Art Hilfspaket der USA zur Bekämpfung des Koka-Anbaus sowie der Guerillagruppen in Kolumbien. Im Zuge dessen kam es nicht nur zur Militarisierung des Landes. Durch das Besprühen von vermeintlichen Koka-Plantagen mit Giften kam es zu Umwelt-und Gesundheitsschäden. Nach Informationen der Umweltschutzorganisation Acción Ecológica in Quito zerstörte die Vernichtung von zwei Hektar Drogenpflanzen wurden auch einen Hektar Wald und andere Nutzpflanzen.


Obwohl zwischen 1999 und 2007 eine Gesamtsumme von $4,7Milliarden aus Washington für den „Plan Colombia“ gezahlt worden sein soll, blieb der erwünschte Erfolg aus. Es trat sogar der gegenteilige Effekt ein. So nahm im Jahr 2007 der Koka-Anbau in Kolumbien um 27% gegenüber dem Vorjahr zu. Die Kokain-Produktionsmenge stagnierte auf hohem Niveau.
Obwohl zwischen 1999 und 2007 eine Gesamtsumme von $4,7Milliarden aus Washington für den „Plan Colombia“ gezahlt worden sein soll, blieb der erwünschte Erfolg aus. Es trat sogar der gegenteilige Effekt ein. So nahm im Jahr 2007 der Koka-Anbau in Kolumbien um 27% gegenüber dem Vorjahr zu. Die Kokain-Produktionsmenge stagnierte auf hohem Niveau.
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== Literatur ==
== Literatur ==


*Dilger, Gerhard (1996) Kolumbien. Beck`sche Reihe Länder, Orig.-Ausgabe, München.
*Dilger, Gerhard (1996) Kolumbien. Beck'sche Reihe Länder, Orig.-Ausgabe, München.




== Weblinks ==
== Weblinks ==


 
* http://www.readers-edition.de/2008/03/07/oel-kokain-und-geschichte-hintergruende-der-krise-in-suedamerika-teil-1 , 28.07.2010
http://www.readers-edition.de/2008/03/07/oel-kokain-und-geschichte-hintergruende-der-krise-in-suedamerika-teil-1 , 28.07.2010
* http://www.learn-line.nrw.de/angebote/neuemedien/medio/tele/samerika/kaffee/kol-wirt.htm, 28.07.2010
 
* http://de.wikipedia.org/wiki/Kokain, 28.07.2010
 
* http://www.suedamerika-fakten.de/columbia-overview/89-land-und-leute-kolumbien/111-griselda-blanco-kolumbien-kokainpatin.html, 01.10.2010
http://www.learn-line.nrw.de/angebote/neuemedien/medio/tele/samerika/kaffee/kol-wirt.htm, 28.07.2010
* http://de.wikipedia.org/wiki/Medell%C3%ADn-Kartell,01.10.2010
 
* http://de.wikipedia.org/wiki/Pablo_Escobar, 01.10.2010
 
* http://zmag.de/artikel/Kolumbien-Demokratie-und-Plan-Colombia, 04.10.2010
http://de.wikipedia.org/wiki/Kokain, 28.07.2010
* http://de.wikipedia.org/wiki/Plan_Colombia, 04.10.2010
 
 
http://www.suedamerika-fakten.de/columbia-overview/89-land-und-leute-kolumbien/111-griselda-blanco-kolumbien-kokainpatin.html, 01.10.2010
 
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Medell%C3%ADn-Kartell,01.10.2010
 
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Pablo_Escobar, 01.10.2010
 
 
http://zmag.de/artikel/Kolumbien-Demokratie-und-Plan-Colombia, 04.10.2010
 
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Plan_Colombia, 04.10.2010

Version vom 29. April 2022, 14:15 Uhr

Die Geschichte des Kokains in Kolumbien begann mit dem Import von Kokablättern und Kokapaste und deren Verarbeitung zu Kokain im späten 19. Jahrhundert. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Kokasträucher auch in Kolumbien selbst angebaut und dann vor Ort verarbeitet. Zu jeder Zeit war Kokain in erster Linie ein Exportprodukt des Landes - ursprünglich legal, dann illegal. Trotz intensiver Bekämpfungsmassnahmen gehört Kolumbien neben Bolivien und Peru noch heute zu den weltweit größten Kokainlieferanten. In den achtziger Jahren war Pablo Escobar eine zentrale Persönlichkeit in diesem Kontext.

Anfänge

Die stimulierende Wirkung der Blätter des Kokastrauches - der nur in in feuchtwarmen Gebirgslagen in 600-800 Metern über dem Meeresspiegel gedeiht, wie es sie vor allem im tropischen Südamerika und auf den Inseln Indonesiens gibt - war schon vor Jahrtausenden in manchen Teilen Südamerikas bekannt (heilige Pflanze der Inkas). Allerdings erfolgte die erste Herstellung von Kokain erst 1860 in Deutschland, und erst seit diesem Zeitpunkt begann auch die Geschichte des Kokains in Kolumbien. Pharmazeutische Unternehmen aus Europa und den USA gingen schon Ende des 19. Jahrhunderts dazu über, die leicht verderblichen Blätter des Kokastrauchs nicht mehr in die Verbraucherländer zu transportierten, sondern nach Möglichkeit bereits in Südamerika so weit zu verarbeiten, dass ein verlustloser Transport der Zwischenprodukte in Form von Kokapaste möglich wurde. Obwohl Kolumbien zu der Zeit kein Anbauland war, spielte es für die Verarbeitung und die Verschiffung bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine signifikante Rolle. Die Herstellung und die weltweite Distribution der hochprofitablen pharmazeutischen Endprodukte behielten sich allerdings die Pharmaindustrien von Deutschland, Frankreich und den USA vor.

Nachdem das Haager Opiumabkommen von 1912 in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg internationale Wirkung entfaltete und damit in immer stärkerem Masse auch die Produktion von und den Handel mit Kokain einschränkte, entstanden in den 1930er Jahren an verschiedenen Orten der Welt die ersten illegalen Laboratorien, die zunächst noch als Übergangserscheinung bis zum Funktionieren des globalen Kontrollsystems angesehen wurden. Mit der zunehmenden Einschränkung der Verfügbarkeit von Amphetaminen, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend die Rolle von Kokain übernommen hatten, entstand in den 1970er Jahren allerdings ausgehend von den USA unvermutet wieder eine rasch anwachsende Kokainnachfrage, die nunmehr praktisch vollständig durch illegalen Anbau und illegale Produktion in Südamerika gedeckt wurde.

Zentrum des Kokainhandels

Kolumbiens geographische Lage zwischen den wichtigsten Kokaanbauländern einerseits und den USA als dem größten Abnehmermarkt andererseits erleichterte den Ausbau Kolumbiens zum Zentrum des Kokainhandels. Weitere wichtige Faktoren waren seine schwer kontrollierbaren Küstenstreifen und ein außerordentlich korrupter Staatsapparat. Auch die großen Auswanderungsströme in die Vereinigten Staaten seit 1965 ermöglichten es, schwer auszuhebende Vertriebsnetze aufzubauen.

Seit den 1970er Jahren nahmen Produktion und Distribution von Kokain in Kolumbien stetig zu - und führten zur Entstehung eines Oligopols, das aus sog. Kartellen bestand. Das zu jener Zeit bekannteste war das nach der Stadt Medellin benannte, das seine Geschäfte bis nach Miami, Florida, führte. Unter anderem wurde es geführt von Pablo Escobar, auch „El Doctor“, „El Patrón“ oder „Don Pablo“ genannt, der zu einem der reichsten Männer der Welt aufstieg.

Eine weitere Führungspersönlichkeit des Medellin-Kartells war Griselda Blanco. Sie wurde am 15.02.1943 in Medellin geboren und wurde später bekannt als die „schwarze Witwe“ („Viuda Negra“, „Black Widow“) oder als „Patin des Kokains“. Blanco organisierte den Drogenschmuggel für New York, und erweiterte das Geschäft später in Miami. Die sogenannten „Kokain-Cowboys“ galten als ihre Erfindung. Diese ermordeten auf Motorrädern die Gegner der Organisation.

1984 wird Griselda Blanco wegen zahlreicher grausamer Morde zu 20 Jahren Gefängsnisstrafe verurteilt und war mitverantwortlich für den Untergang des Medellin-Kartells in Miami.

Dies stärkte den Aufstieg des Cali-Kartells. Im Gegensatz zum Medellin-Kartell setzte diese Organisation nicht mehr auf Gewalt. Auch betrieben sie den Drogen-Schmuggel nicht mehr auf dem See- oder Luftweg, vielmehr kauften sie Firmen, die legale Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten unterhielten und fügten ihr Kokain den Lieferungen bei. Im Vergleich zu Pablo Escobars Medellin-Kartell trat das Cali-Kartell weniger auffällig in Erscheinung.

Durch das Ende des internationalen Kaffeeabkommens 1989 fiel der Preis für Kaffee so enorm, dass dessen Anbau den Kleinbauern den Lebensunterhalt nicht mehr sichern konnte. Die Produktionskosten für alternative legale Nutzpflanzen überstiegen den zu erzielenden Marktpreis. Der monatliche Ertrag angebauter Kokapflanzen versprach hingegen ein ordentliches Einkommen.

1995 wurde der Anteil des Cali-Kartells am weltweiten Kokainhandel auf etwa 80% geschätzt. Die Anbauflächen von Koka in Kolumbien wuchsen von 3400 Hektar im Jahr 1981 auf 40.000 Hektar im Jahre 1995.

Seit Mitte der 1990er Jahre lässt sich eine ausgeprägte Dezentralisierung feststellen. Besonders durch den Tod von Pablo Escobar im Jahr 1993 und zahlreiche Festnahmen und Selbstaufgabe der nahezu gesamten Führungsspitze des Cali-Kartells 1995 kam es zu einer Schwächung der beiden größten Drogenringe. Kleinere Händler machen sich lieber selbständig. - Im Ausland, besonders in den USA, gilt Kolumbien als Hauptverantwortlicher für die Drogenproblematik der Industriestaaten.

Der „Plan Colombia“ und seine Folgen

Mit dem vorrangigen Ziel einer Eliminierung des kolumbianischen Drogenhandels wurde 1999 der „Plan Colombia“ entwickelt, eine Art Hilfspaket der USA zur Bekämpfung des Koka-Anbaus sowie der Guerillagruppen in Kolumbien. Im Zuge dessen kam es nicht nur zur Militarisierung des Landes. Durch das Besprühen von vermeintlichen Koka-Plantagen mit Giften kam es zu Umwelt-und Gesundheitsschäden. Nach Informationen der Umweltschutzorganisation Acción Ecológica in Quito zerstörte die Vernichtung von zwei Hektar Drogenpflanzen wurden auch einen Hektar Wald und andere Nutzpflanzen.

Obwohl zwischen 1999 und 2007 eine Gesamtsumme von $4,7Milliarden aus Washington für den „Plan Colombia“ gezahlt worden sein soll, blieb der erwünschte Erfolg aus. Es trat sogar der gegenteilige Effekt ein. So nahm im Jahr 2007 der Koka-Anbau in Kolumbien um 27% gegenüber dem Vorjahr zu. Die Kokain-Produktionsmenge stagnierte auf hohem Niveau.

Literatur

  • Dilger, Gerhard (1996) Kolumbien. Beck'sche Reihe Länder, Orig.-Ausgabe, München.


Weblinks