Franz von Liszt: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Lisztjung.jpg|thumb|Franz von Liszt in jungen Jahren]]
[[Franz von Liszt]] (* 2. März 1851 in Wien; † 21. Juni 1919 in Seeheim a.d. Bergstraße) war ein deutscher [[Kriminologie|Kriminologe]], Strafrechtsreformer und Völkerrechtler sowie Kriminalpolitiker. Er lehrte in Gießen, Marburg, Halle (Salle) und Berlin, wo er Professor für Strafrecht und Völkerrecht war (1898-1917). Als führender Vertreter der soziologischen Strafrechtsschule (Strafe als Maßnahme zur Sicherung der Allgemeinheit und Besserung des Verbrechers) befürwortete er die Erweiterung der Strafrechtswissenschaft durch empirische Erforschung der Verbrechensursachen. 1889 war er Mitbegründer der „Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“ (IKV). Seine kriminalpolitischen Gedanken fanden in den Strafrechtsreformen des 20. Jahrhunderts Berücksichtigung: Abschaffung kurzer Freiheitsstrafen, Strafaussetzung zur Bewährung, Maßregeln der Besserung und Sicherung, resozialisierender Strafvollzug, besondere Maßnahmen gegenüber dem jugendlichen Straftäter. Keinen großen Einfluss erlangte er als Abgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag.
 
Zu den Schülern Franz von Listzs gehörten [[Gustav Aschaffenburg]], [http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Walter_Gruhle Hans Walter Gruhle], [http://de.wikipedia.org/wiki/Berthold_Freudenthal Berthold Freudenthal], [[Gustav Radbruch]], [[Rudolf Sieverts]], [[Moritz Liepmann]], [[Franz Exner]], [[Ernst Delaquis]], [[Wolfgang Mittermaier]] und [[Ottokar Tesar]].


Franz von Liszt (* 2. März 1851; † 21. Juni 1919) war Kriminologe und [[Strafrechtsreform]]er. Nach Strafrechtsprofessuren in Gießen, Marburg und Halle wurde er Professor für Strafrecht und Völkerrecht (1898 bis 1917) in Berlin. Er war auch Abgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag.


==Herkunft==
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* unverbesserliche Hangtäter sollten dauerhaft verwahrt werden.
* unverbesserliche Hangtäter sollten dauerhaft verwahrt werden.


1889 war er Mitbegründer der „Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“. Seine kriminalpolitischen Gedanken fanden in den Strafrechtsreformen des 20. Jahrhunderts Berücksichtigung: Abschaffung kurzer Freiheitsstrafen, Strafaussetzung zur Bewährung, Maßregeln der Besserung und Sicherung, resozialisierender Strafvollzug, besondere Maßnahmen gegenüber dem jugendlichen Straftäter.
=== Sicherungsverwahrung ===
"In der Diskussion der Grundlinien des Marburger Programms sollten auch die folgenden Beschreibungen der Sicherungsverwahrung nicht übergangen werden: 'Sie (die Einschließung auf unbestimmte Zeit) besteht in 'Strafknechtschaft' mit strengstem Arbeitszwang und möglicher Ausnutzung der Arbeitskraft; als Disziplinarstrafe wäre die Prügelstrafe kaum zu entbehren; obligatorischer und dauernder Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte müßte den unbedingt entehrenden Charakter der Strafe kennzeichnen. Einzelhaft hätte nur als Disziplinarstrafe, verbunden mit Dunkelarrest und strengstem Fasten, einzutreten' (v. Liszt 1905 I: 170)" (Naucke 1982: 547).


"'Sicherheitshaft für Gewohnheitsverbrecher: Arbeitshaus mit militärischer Strenge ohne Federlesen und so billig wie möglich, auch wenn die Kerle zugrunde gehen. Prügelstrafe unerlässlich ... Der Gewohnheitsverbrecher (der Begriff ist nicht ganz unser technischer: Ich meine den prinzipiellen Gegner der Rechtsordnung) muß unschädlich gemacht werden, und zwar auf seine Kosten, nicht auf die unseren. Ihm Nahrung, Luft, Bewegung usw. nach rationellen Gesichtspunkten zumessen, ist Mißbrauch der Steuerzahler' (1880)" (Brief an Dochow, zit. bei Radbrruch, Elegantiae Iuris Criminalis 1950: 229; zit.n. Naucke 1982: 548).
==Völkerrechtliches Werk==  
==Völkerrechtliches Werk==  


Weitgehend in Vergessenheit geraten ist jedoch, dass Liszt mit seinem zwischen 1898 und 1919 in elf Auflagen erschienene Lehrbuch des Völkerrechts mehr zur Verbreitung der Kenntnisse auf diesem Rechtsgebiet beigetragen hat als jedes vorher veröffentlichte Völkerrechtslehrbuch. Er fasste darin das Völkerrecht seiner Zeit zusammen und leistet Anregungen zur Staatengemeinschaft, zum Seekriegsrecht, zum Prisenrecht, zu den völkerrechtlichen Grundrechten sowie zum Auslieferungsrecht. Es gelang ihm darin, eine klassische, vom Souveränitätsdenken des 19. Jahrhunderts ausgehende Idee von der Staatenwelt zu artikulieren und ihr dennoch nicht verhaftet zu bleiben. Er befürwortete die Schaffung eines obligatorischen Schiedsgerichthofes, da er darin den ersten Schritt zu einer effektiven Integration der Staaten zu einem herrschaftlich organisierten Staatenverband sah. Zur nachhaltigen Sicherung des Friedens forderte Liszt eine intensivere Integration der Staatenwelt. Ausgehend von der Zusammenarbeit wirtschaftlich, kulturell und geografisch eng verbundener Staaten sah er ein „Völkerrecht der Staatengruppen“ entstehen. Bereits seit 1914 äußerte er sich zu den Fragen um die Gestaltung eines künftigen Völkerbundes (Liszt: „Völkerareopag“ ). Er forderte einen mit Gerichts- und Zwangsmacht ausgestatteten Völkerbund. Liszt dokumentiert mit seinem völkerrechtlichen Werk die Spannung zwischen klassischem und modernem Völkerrecht wie kaum ein anderer.
Weitgehend in Vergessenheit geraten ist jedoch, dass Liszt mit seinem zwischen 1898 und 1919 in elf Auflagen erschienene Lehrbuch des Völkerrechts mehr zur Verbreitung der Kenntnisse auf diesem Rechtsgebiet beigetragen hat als jedes vorher veröffentlichte Völkerrechtslehrbuch. Er fasste darin das Völkerrecht seiner Zeit zusammen und leistet Anregungen zur Staatengemeinschaft, zum Seekriegsrecht, zum Prisenrecht, zu den völkerrechtlichen Grundrechten sowie zum Auslieferungsrecht. Es gelang ihm darin, eine klassische, vom Souveränitätsdenken des 19. Jahrhunderts ausgehende Idee von der Staatenwelt zu artikulieren und ihr dennoch nicht verhaftet zu bleiben. Er befürwortete die Schaffung eines obligatorischen Schiedsgerichthofes, da er darin den ersten Schritt zu einer effektiven Integration der Staaten zu einem herrschaftlich organisierten Staatenverband sah. Zur nachhaltigen Sicherung des Friedens forderte Liszt eine intensivere Integration der Staatenwelt. Ausgehend von der Zusammenarbeit wirtschaftlich, kulturell und geografisch eng verbundener Staaten sah er ein „Völkerrecht der Staatengruppen“ entstehen. Bereits seit 1914 äußerte er sich zu den Fragen um die Gestaltung eines künftigen Völkerbundes (Liszt: „Völkerareopag“ ). Er forderte einen mit Gerichts- und Zwangsmacht ausgestatteten Völkerbund. Liszt dokumentiert mit seinem völkerrechtlichen Werk die Spannung zwischen klassischem und modernem Völkerrecht wie kaum ein anderer.
== Schüler ==
Zu den Schülern Franz von Listzs gehörten [[Gustav Radbruch]], [[Moritz Liepmann]], Berthold Freudenthal, [[Franz Exner]], Ernst Delaquis, Wolfgang Mittermaier und Ottokar Tesar.


==Werke==  
==Werke==  
*''Der Zweckgedanke im Strafrecht'', Berlin 1882/83
*''Das deutsche Reichsstrafrecht'', Berlin 1881
*''Das Strafrecht der Staaten Europas'', Berlin 1884
*''Lehrbuch des deutschen Strafrechts'', 22. A., Berlin 1919
*''Das Völkerrecht. Systematisch dargestellt'', 11. A., Berlin 1918
*''Das Wesen des völkerrechtlichen Staatenverbandes und der Internationale Prisenhof'', in: Festgabe der Berliner juristischen Fakultät für Otto von Gierke zum Doktorjubiläum 21. August 1910, Bd. 3, Breslau 1910 (ND Frankfurt am Main 1969), S. 21 ff.
*''Ein mitteleuropäischer Staatenverband als nächstes Ziel der deutschen auswärtigen Politik'', Leipzig 1914
*''Nibelungentreue'', in: Österreichische Rundschau 42 (1915), S. 87 ff.
*''The Reconstruction of International Law'', in: Pennsylvania Law Review 64 (1916), S. 765 ff.
*''Vom Staatenverband zur Völkergemeinschaft. Ein Beitrag zur Neuorientierung der Staatenpolitik und des Völkerrechts'', München u. Berlin 1917
*''Gewaltfrieden oder Völkerbund. Ein Mahnwort in letzter Stunde'', in: NZZ Nr. 1428 v. 27.10.1918, S. 1


*Der Zweckgedanke im Strafrecht, Berlin 1882/83
== Literatur ==
*Das deutsche Reichsstrafrecht, Berlin 1881
*Wolfgang Naucke: ''Die Kriminalpolitik des Marburger Programms 1881''., in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (ZStW) 94, 1982: 525-564.
*Das Strafrecht der Staaten Europas, Berlin 1884
*Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 22. A., Berlin 1919
 
*Das Völkerrecht. Systematisch dargestellt, 11. A., Berlin 1918
*Das Wesen des völkerrechtlichen Staatenverbandes und der Internationale Prisenhof, in: Festgabe der Berliner juristischen Fakultät für Otto von Gierke zum Doktorjubiläum 21. August 1910, Bd. 3, Breslau 1910 (ND Frankfurt am Main 1969), S. 21 ff.
*Ein mitteleuropäischer Staatenverband als nächstes Ziel der deutschen auswärtigen Politik, Leipzig 1914
*Nibelungentreue, in: Österreichische Rundschau 42 (1915), S. 87 ff.
*The Reconstruction of International Law, in: Pennsylvania Law Review 64 (1916), S. 765 ff.
*Vom Staatenverband zur Völkergemeinschaft. Ein Beitrag zur Neuorientierung der Staatenpolitik und des Völkerrechts, München u. Berlin 1917
*Gewaltfrieden oder Völkerbund. Ein Mahnwort in letzter Stunde, in: NZZ Nr. 1428 v. 27.10.1918, S. 1
 
== Literatur über Franz v. Liszt ==


*Naucke, Wolfgang: Die Kriminalpolitik des Marburger Programms 1881., in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (ZStW) 94, 1982: 525-564.
== Weblinks ==
* [http://www.recht.uni-giessen.de/wps/fb01/home/fvl/ Franz von Liszt-Institut an der Justus-Liebig-Universität Gießen]
[[Kategorie:Kriminologe (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Kriminologe (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Rechtswissenschaftler (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Rechtswissnschaftler (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1851]]
[[Kategorie:Gestorben 1919]]
{{DEFAULTSORT:Liszt, Franz von}}

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