Czernowitz

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In Czernowitz (bzw. Tschernowitz; ukrainisch Чернівці/Tscherniwzi; russisch Черновцы/Tschernowzy, rumänisch Cernăuţi, polnisch Czerniowce), Hauptstadt der Bukowina im Karpatenvorland, heute in der westlichen Ukraine gelegen, wurde 1875 anlässlich der 100jährigen Zugehörigkeit zu Österreich von Kaiser Franz-Joseph I. eine deutsche Universität gegründet: die Franz-Josephs-Universität Czernowitz. Österreich-Ungarn hörte Ende Oktober 1918 zu bestehen auf. Cisleithanien, das k.k. Österreich, zu dem die Bukowina gehört hatte, zerfiel. Galizien schloss sich, ebenfalls Ende Oktober, dem wieder erstehenden Polen an. Am 15./28. November 1918 (je nach Kalender) wurde die Bukowina von Rumänien annektiert; dies wurde am 10. September 1919 im Vertrag von St. Germain bestätigt. Czernowitz hieß jetzt offiziell Cernăuţi. Am 28. Juni 1940 wurde die Stadt von der Sowjetunion besetzt. 1941 bis 1944 gehörte Czernowitz wieder zu Rumänien, von 1944 bis 1991 als Tschernowzi (oder auch Tscherniwzi) zur Sowjetunion, seit 1991 als Tscherniwzi zur Ukraine.

Kriminologie

Kultureller Kontext

Seine kulturelle Blüte erlebte Czernowitz während seiner Zugehörigkeit zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie als Hauptstadt des Kronlandes Bukowina. In der Stadt lebten Ukrainer, Rumänen, Polen, Ruthenen, Juden, Roma und Deutsche. Czernowitz war für seine Malerei und Literatur berühmt - und ist es bis heute für seine Architektur, auch wenn die Zeichen des Verfalls unübersehbar sind. Durch die Ermordung der Juden und die Umsiedlung und Vertreibung ganzer Volksgruppen, vor allem der Deutschen und der Rumänen, ging diese Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend verloren. Die jüdische Gemeinde von Czernowitz in der Diaspora hält heute noch durch die Zeitung «Die Stimme» weltweit Kontakt untereinander. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit von Czernowitz ist die ehemalige erzbischöfliche Residenz, ein imposanter Ziegelbau auf dem „Bischofsberg“, in dem seit sowjetischer Zeit die Universität untergebracht ist. Zuvor befand sich die 1875 gegründete Universität teilweise im Pädagogium in der Bischofsgasse, teilweise (Naturwissenschaften) im Priesterhaus bei der Residenz (nebst verschiedenen Sammlungen). Des Weiteren ist der Kuppelbau der im Stile der Sankt-Petersburger Isaakskathedrale gebauten, 1864 vollendeten griechisch-orthodoxen Kathedrale am Franz-Josephs-Platz und das Opernhaus hervorzuheben. Im Jahr 1904 wurde mit dem Bau des vom Architektenbüro Fellner und Helmer geplanten neuen Theatergebäudes in Czernowitz begonnen. Die Eröffnung erfolgte nach 14 Monaten Bauzeit am 3. Oktober 1905 als "Czernowitzer deutsches Stadttheater". Von 1907 bis 1922 stand vor dem Theater ein Denkmal von Friedrich Schiller und seit 1980 befindet sich dort eines der ukrainischen Nationaldichterin Olga Kobylanska.

Universität

Franz Exner

Franz Exner lehrte von 1912-1916 an der Universität Czernowitz

Söhne und Töchter der Stadt

  • Aharon Appelfeld (1932), jüdischer Schriftsteller
  • Ninon Ausländer (1895–1966), Kunsthistorikerin und Ehefrau von Hermann Hesse
  • Rose Ausländer (1901–1988), Lyrikerin
  • Charles K. Bliss (1897–1985), Erfinder der Bliss-Symbole
  • Klara Blum (1904–1971), deutschsprachige, jüdische, chinesische Schriftstellerin
  • Karl Bodek, Maler, malte an den Wandbildern von Les Milles mit.
  • Josef Burg (* 1912), letzter lebender polnischer jiddischsprachiger Dichter in Czernowitz
  • Paul Celan (1920–1970), Dichter
  • Alfred Gong (* 1920 als Alfred Liquornik; † 1981), deutschsprachiger Schriftsteller
  • Georg Drozdowski (1899 Czernowitz–1987 Klagenfurt), Journalist, Schriftsteller, Übersetzer
  • Erwin Chargaff (1905–2002), Biochemiker
  • Eugen Ehrlich (1862–1922), Rechtssoziologe
  • Maria Forescu (1875–1943), rumänische Operettensängerin und Filmschauspielerin
  • Joseph Gregor (1888–1960), Theaterwissenschaftler und Librettist
  • Friedrich Kiesler (1890–1965) Architekt und Visinonär
  • Rudolf Kommer (1885–1943), Schriftsteller
  • Oskar Laske (1874–1951), Maler
  • Eusebius Mandyczewski (1857–1929), Musikwissenschaftler und Komponist, Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
  • Itzig Manger (1901–1969), jüdischer Schriftsteller, der in jiddischer Sprache schrieb
  • Georg Marco (1863–1923), österreichischer Schachmeister und Autor
  • Selma Meerbaum-Eisinger (1924–1942), Dichterin
  • Carol Miculi (1821–1892), rumänischer Pianist und Komponist, Schüler von Frédéric Chopin
  • Anton Pawlowski (* 20. Juni 1830; † 28. April 1901), k.u.k Oberbaurat etc.
  • Michail Prodan (1912–2002), Forstwissenschaftler
  • Gregor von Rezzori (1914–1998), Schriftsteller und Journalist
  • Walther Rode (1876–1934), Schriftsteller, Rechtsanwalt
  • Victor von Röll (1852–1922), österreichischer Ministerialbeamter, Publizist
  • Ludwig Rottenberg (1864–1932), Dirigent und Komponist
  • Elieser Steinbarg (1880–1932), jüdischer Schriftsteller, der in jiddischer Sprache schrieb
  • Stefanie von Turetzki (1868–1929), Gründerin des 1. Mädchenlyzeums in der k.u.k. Monarchie in Czernowitz
  • Viorica Ursuleac (1894–1985), rumänische Opernsängerin (dramatischer Sopran)
  • James Immanuel Weissglas (1920–1979), Übersetzer und Lyriker
  • Zvi Yavetz (* 1925), israelischer Althistoriker
  • James Kok (* 1902-1976), rumänischer Musiker

Sonstige Persönlichkeiten

  • Antonin Borovec, auch Anton Borowetz (1870–1925), Tschechoslowakischer Diplomat in Czernowitz, Begründer des „Sozial innovativen Konzeptes für Witwen und Waisen.“
  • Karl Emil Franzos (1848–1904), Schriftsteller und Publizist, wuchs in Czernowitz auf und setzte dem jüdischen Ghetto ein literarisches Denkmal: „Die Juden von Barnow“ (1905)
  • Gala Galaction, eigentlich Grigore Pisculescu (1879–1961), Schriftsteller
  • Anton Keschmann (1870–1947), Bezirkshauptmann und Abgeordneter zum Reichsrat, setzte sich für die Vertriebenen aus der Bukowina ein, später. Senatspräsident des österr. Verwaltungsgerichtshofes
  • Friedrich F.G. Kleinwächter (1877–1959), Jurist, studierte in Czernowitz
  • Friedrich von Kleinwächter (1838–1927), Nationalökonom, lehrte in Czernowitz
  • Alfred Margul-Sperber (1898–1967), Dichter und Übersetzer
  • Andreas Mikulicz, Architekt
  • Wilhelm Reich (1897–1957), Psychoanalytiker und Sexualforscher, geb. in Dobzau, ging in Czernowitz zur Schule
  • Moses Rosenkranz (1904–2003), Dichter
  • Joseph Schmidt (1904–1942), Sänger (Tenor), geboren im nahen Dawideny
  • Joseph Schumpeter (1883–1950), Volkswirtschaftler und Finanzminister, 1909–1911 Professor in Czernowitz
  • Wilhelm Stekel (1868–1940), Psychoanalytiker und Sexualforscher, geboren in Bojan, Bukowina, wuchs in Czernowitz auf und besuchte das Gymnasium
  • Alexander Supan, Geograph
  • Constantin Tomaszczuk, Gründer der Universität Czernowitz

Literatur

  • Adorján, Johanna (2008) Es gibt keinen Hass. Es ist ein Wunder. Josef Burg lebt in Czernowitz und schreibt Jiddisch. Besuch bei einem Dichter, dessen Sprache fast verschwunden ist. FAZ 14.12.2008: 25.
  • Helmut Braun (Hrsg.): Czernowitz: Die Geschichte einer untergegangenen Kulturmetropole, Ch. Links Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-86153-374-X
  • Gaby Coldewey (Hrsg.): Zwischen Pruth und Jordan, Lebenserinnerungen Czernowitzer Juden, Köln 2003.
  • Andrei Corbea-Hoisie: Czernowitzer Geschichten. Über eine städtische Kultur in Mittel(Ost)-Europa. Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar, 2003, ISBN 3-205-77034-X
  • Andrei Corbea-Hoisie (Hrsg.): Jüdisches Städtebild Czernowitz. Frankfurt/Main 1998.
  • Cecile Cordon und Helmut Kusdat (Hrsg.): An der Zeiten Ränder. Czernowitz und die Bukowina. Geschichte - Literatur - Verfolgung - Exil. Wien 2002, ISBN 3-901602-16-X
  • Harald Heppner (Hrsg.): Czernowitz. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Stadt. Böhlau Verlag, Köln 2000, ISBN 3-412-04900-X
  • Florence Heymann: Le Crépuscule des Lieux. Identités Juives de Czernowitz. Paris 2003.
  • Kurt Scharr: Städtische Transformationsprozesse in der Westukraine seit der Unabhängigkeit 1991 am Beispiel der Entwicklung von Czernowitz. Eine Bestandsaufnahme. In: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft. 146. 2004, S. 125–146.

Filme

  • „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“, Deutschland 1998/1999, Dokumentarfilm, 132 Min., Regie: Volker Koepp
  • „Dieses Jahr in Czernowitz“, Deutschland 2003/2004, Dokumentarfilm, 134 Min., Regie: Volker Koepp
  • „Czernowitz, einstige Kronstadt der K.K. Österreich-Ungarischen Monarchie“, Deutschland 2006, Doku-film, 80 Min., Produzenten: Oksana Czarny, geb. Nakonechna und Reinhold Czarny - RCP -;
  • "Bukovina Style - Czernowitz, Gestern und Heute" Deutschland 2008; medienpädagogisches Dokumentarfilmprojekt 36 Min. Regie: Stefan Koeck, Drehbuch und Redaktion: Michael Petrowitz

Links

Commons Commons: Czernowitz – Bilder, Videos und Audiodateien

  • Internetpräsenz der Stadt Czernowitz
  • www.czernowitz.de, Czernowitz Bukowina - Wo Menschen und Bücher lebten
  • Czernowitzer Straßenreferenz in vier Sprachen
  • City of Five Languages - Bilder aus Czernowitz
  • Sergij Osatschuk: Czernowitz heute und der Umgang mit dem gemeinsamen kulturellen Erbe
  • Private Internetseite Mythos-Czernowitz.de
  • „Eislaken auf Feldern. Eine Lange Nacht über die jüdische Kulturmetropole Czernowitz“, Deutschlandfunk, 19. Februar 2000


Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Czernowitz“