Alkoholismus bei geistig Behinderten: Unterschied zwischen den Versionen

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== Alkoholismus und geistige Behinderung ==
siehe Artikel [[Alkoholismus und geistige Behinderung]]
Durch das Normalisierungsprinzip und die soziale Inklusion in der Gesellschaftgewinnen immer mehr Menschen mit einer Intelligenzminderung (auch als mentale Retardierung bekannt) mehr Autonomie. Gerade Menschen mit leichter Intelligenzminderung leben unabhängig von täglicher Betreuung und orientieren sich stark an der „Normalität“. Sie genießen eine uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben durch die sogenannte Selbstbestimmung. Andererseits stellen diese sozialen Privilegien sie vor neue Anforderungen in der Gesellschaft. Da der/die Betreuer/in nicht rund um die Uhr vor Ort anwesend ist, müssen diese Klienten ihre eigenen Strategien und Lösungsmöglichkeiten entwickeln, um ihren Alltag besser bewältigen zu können. Mit dieser Auseinandersetzung sind besonders Menschen mit einer leichten (IQ 50 - 69) geistigen Behinderung konfrontiert, zumal wenn sie Alkohol- und Drogenprobleme haben. In Deutschland leben ungefähr 420. 000 Personen mit einer geistigen Behinderung, darunter befinden sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Durch die International Classification of Diseases (ICD-10) wird die geistige Behinderung nach dem Schweregrad der Intelligenzminderung klassifiziert.
 
Leichte Intelligenzminderung IQ 50 - 69 Mittelgradige Intelligenzminderung IQ 35 - 49 Schwere Intelligenzminderung IQ 20 – 34 Schwerste Intelligenzminderung IQ < 20
 
== Prävalenz ... ==
 
Der Alkohol hat seinen Platz auf unterschiedliche Art und Weise in unserer Gesellschaft gefunden hat. Er ist im Medizinbereich als Desinfektionsmittel und als Heilmittel (früher) zu finden. Zum großen Teil ist der Alkohol als Genussmittel in Getränken (Bier, Likör, Wein etc.) zu finden; er ist zugleich den Drogen zuzuordnen. Alkohol wird von Erwachsenen und Jugendlichen in den unterschiedlichen Kulturen und Sozialschichten konsumiert, auch Menschen mit einer geistigen Behinderung bilden hier keine Ausnahme. Sie sind möglicherweise eine Risikogruppe und empfindlicher für Alkoholerkrankungen. Im Jahr 1912 veröffentlichte der amerikanische Psychologe Henry W.Goddard die These, dass Trinksucht eine Begleiterscheinung der geistigen Behinderung sei. Er behauptete, dass das Trinkverhalten bei diesem Personenkreis genetisch veranlagt sei, da die Ursachen für dieses Suchtverhalten in ihrem Familienstammbaum zu finden sei. Im Laufe der Zeit wurde diese Behauptung anhand der empirischen Untersuchungen von Sozialwissenschaftlern widerlegt. Das Thema Alkoholismus und Drogen-Konsum bei Personen mit Intelligenzminderung wird nach wie vor in der Bundesrepublik Deutschland wenig thematisiert, wie es ebenso beim Thema Sexualität der Fall ist. Besonders betroffen von Alkoholkonsum und Missbrauch von anderen illegalen Rauschmitteln sind Personen, die eine leichte (IQ 50 - 69) und mittelgradige (IQ 35 – 49) geistige Behinderung aufweisen. Der Grund hierfür ist, dass diese Gruppe unabhängig allein, in Wohngemeinschaften und in ambulanter betreuter Einzelwohnung leben. Laut Studien sind ungefähr 2,5% der Menschen mit mentaler Retardierung in den westlichen Ländern von Alkoholismus betroffen. Für die BRD gibt es keine letztgültige Studie über Alkoholismus bei geistig behinderten Menschen, die nähere Auskunft über die exakte Menge des Alkoholkonsums geben würde.
 
=== Statistische Veröffentlichungen ===
Die meisten Untersuchungen über „Alkoholismus bei Personen mit Intelligenzminderung“ wurden im angloamerikanischen und australischen Raum durchgeführt. Nach Schätzungen sind in Deutschland ca.64.000 geistig behinderte Personen von Alkoholkonsum betroffen; wie viele davon Alkoholiker sind, ist unklar. In einer regionalen Untersuchung im Raum Wolfenbüttel/Braunschweig/Helmstedt im Jahr 1993 kam es zu folgenden Ergebnissen: Am Arbeitsort für Behinderte (Werkstätten)“ und „Wohneinrichtungen“ konsumierten von 1619 Personen im Schnitt 3 % Alkohol und illegale Drogen. In den psychiatrischen Krankenhäusern wurden 1942 Fälle identifiziert, bei 4 % war es die erste und bei 9 die zweite Diagnose. Hinzu kam bei diesem Personenkreis Medikamenten- und andere Suchtabhängigkeit (Essen, Fernsehen etc.). Schließlich wurde eine repräsentative Untersuchung bei allen Einrichtungen und den dazugehörigen Suchhilfevereinen zum Thema Alkoholkonsum von geistigen behinderten Menschen in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Die Erhebung zeigte bei insgesamt 2560 untersuchten Personen, dass 6,7 % alkoholgefährdet und 4,2 % bereits alkoholabhängig waren.
[[Datei:Alkoholismus_geistig_Behinderte_Sachsen.jpg | miniatur|Abbildung 1: Alkoholismus bei geistigen behinderten Menschen in Sachsen Anhalt]]
Hinzu kommt eine weitere Pilotstudie, die in Sachsen in den Jahren 2001/2 von
Dipl. Sozialpädagoge, in einer Werkstatt für behinderte Menschen durchgeführt
wurde. An der Befragung haben insgesamt 18 Personen zwischen 18 und 30 Jahren teilgenommen, davon waren 83 % männlich und 17 % weiblich. Die Ergebnisse waren:
[[Datei:Piliotstudie_Sachsen.jpg | miniatur | Abbildung 2: Pilotstudie in Sachsen 2001/2]]
 
=== Ausländische Veröffentlichungen ===
 
Anfang der Achtzigerjahre untersuchte der Psychologe Huang. in Amerika das Trinkverhalten von geistig behinderten Schülern und Schülerinnen. Er nahm hierfür als Vergleichskontrollgruppe Schüler/Innen, die einen normalen durchschnittlichen IQ hatten. Beide Gruppen waren zwischen 13 und 18 Jahre alt. Die Gruppe A  bestand aus 190 Schülern und Schülerinnen mit einer geistigen Behinderung und die Gruppe B aus 187 mit einem normalen IQ). Die Ergebnisse der Studie lassen sich aus der untenstehenden Abbildung entnehmen. 
[[Datei:Vergleichsuntersuchung_Huang_1981.jpg | miniatur | Abbildung 3 Untersuchung von Huang A.M im Jahr 1981]]
 
 
Eine weitere Untersuchung wurde von Krishef und DiNitto im Jahr 1983 durchgeführt. Sie haben in Vereinen für behinderte Bürger „Associations for Retarded citizens“ und in anderen Organisationen für Alkoholbehandlung <Alcohol Treatment Programs> Interviews durchgeführt. Insgesamt haben 214 geistig behinderte Personen an der Untersuchung teilgenommen. Die Interviewten hatten eine leichte mentale Retardierung. 54 % der Interviewten waren männlich, im Alter zwischen 18 bis 45 Jahren. Ergebnisse: 52 % der Befragten antworteten, mindestens zweimal im Untersuchungszeitraum Alkohol konsumiert zu haben, wobei ungefähr 7 % der Teilnehmer täglich Alkohol zu sich nahmen und 33 % mindestens einmal in der  Woche alkoholische Getränke konsumierten.
 
== Trinkverhalten und Ursachen ==
Mit dem Trinkverhalten ist gemeint, wo und mit wem Alkohol konsumiert wird sowie die möglichen Ursachen für dieses Verhalten bei diesem Personkreis. In einer Pilotstudie in Sachsen ist es zu folgenden Ergebnissen gekommen: Menschen mit geistiger Behinderung bevorzugen zu Hause Alkohol zu konsumieren; dies war der Fall bei 52 % der Befragten, 30 % von ihnen konsumierten lieber in Bars, gefolgt bei Freunden und in anderen Gaststätten. Geistig behinderte Menschen konsumieren Alkohol am häufigsten (50 %) mit Freunden und in der Familie. Überraschenderweise gut 30 % der Alkoholkonsumenten behaupten, dass sie allein zu Hause oder außerhalb des Hauses trinken würden. Wie bekannt, wird Alkohol in der Bevölkerung meistens aufgrund seiner Wirkung getrunken.  Wenn man ihn konsumiert, bringt das positive Gefühle;  oder man trinkt, um die eigenen Probleme zu vergessen Als Heranwachsender trinkt man, weil man zur Gruppe dazugehören will, andernfalls man aus der Gruppe ausgeschlossen wird. Bei den geistig behinderten Menschen sind es meistens dieselben Gründe für den Alkoholkonsum wie bei der normalen Bevölkerung.
Die Ergebnisse einer Pilotstudie auf die Frage: warum Menschen mit einer geistigen Behinderung Alkohol konsumieren und was sie dabei fühlen, sind:
es geht mir gut                                                                                83.3 %
dadurch habe ich mehr Freunde                                                  11.1 %
ich fühle mich schlecht                                                                    5.6 %
ich habe mit meinen Freunden Probleme                                      5.6 %
ich möchte noch mehr trinken                                                      11.1 %
ich habe ein schlechtes Gewissen                                             0 %
andere Gründe                                                                        5.6 %
 
 
Weitere Gründe für den Alkoholkonsum nach A. M.Haung (1981).
With parents for celebration 36 %
Their friends drink  31 %
They have reached the age to drink 24 %
To be with the crowd 22 %
For pleasure 21 %
To avoid being laughed 14 %
 
 
Ursachen für den Alkoholmissbrauch bei geistig behinderten Menschen mit kritischer Auswirkung
Wie schon oben erwähnt wurde, konsumieren Menschen mit einer geistigen Behinderung Alkohol aus denselben Gründen wie die übrige Bevölkerung. Trotz dieser Generalisierung gibt es besondere Anlässe bei geistig behinderten Menschen für den massiven Alkoholmissbrauch. Meistens betrinken sie sich aus Resignation, Einsamkeit und Depression, auch wegen fehlender sozialer Kontakte (Partnerschaft), manche aus Langeweile (unorganisiertes Leben). Das erste Signal für dieses Verhalten ist, dass sie sich zurückziehen, sich selbst von der Außenwelt isolieren und lieber zu Hause oder im Heim bleiben. Besonders Menschen mit einer leichten mentalen Retardierung werden Einzelgänger und suchen sich ihre sozialen Kontakte in korrumpierten Gruppen. Wenn wir ihr Lebensumfeld betrachten, dann kann man folgendes feststellen: Trotz der Inklusion und Selbstbestimmung, die sie in der Gesellschaft haben. Werden Menschen mit geistiger Behinderung anders als normale Bürger behandelt, sie werden schon von Anfang an vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und diskriminiert. Außerdem haben in unserer heutigen Gesellschaft, in der Freundeskreise manchmal nur noch durch Internet und Handy gepflegt werden, Menschen mit Behinderung bzw. mit geistiger Behinderung ein erhebliches Problem, ein stabiles soziales Netzwerk aufzubauen. Sie versuchen Glücksmomente auf einem anderen Weg (Alkohol, Drogen, Medikamente, Essen, Fernsehen und andere) zu bekommen.
 
 
 
 
== Folgen und Auswirkungen ==
Die Folgen des Alkoholmissbrauchs können sich auf unterschiedlicher Art und Weise bemerkbar machen. Gewöhnlich sind festzustellen:
körperliche Schäden (unkontrollierter Genuss von Alkohol schadet wichtigen Körperorganen),
psychische und psychosoziale Problematik
 
Außer diesen Folgen lassen sich bei geistig behinderten Alkoholkonsumenten noch weitere Problematiken aufzählen: 
Probleme im Heim bzw. mit dem Betreuer (schlimmstenfalls halten sich Betroffene vom Heim fern, werden obdachlos),
kriminelle Vergehen, bis zur Selbstaggression (Suizid),
zur hilflose Personen werden,
soziale Beziehungen: hierbei sind besonders die Familien (Eltern) betroffen, die guten sozialen Beziehungen gehen meistens verloren.
Probleme an der Arbeitsstelle und in Werkstätten. Diese zeigen sich durch Arbeitsversäumnisse, unentschuldigtes Fehlen, Mängel an Zuverlässigkeit, heimliches Trinken am Arbeitsplatz, Probleme mit den Arbeitskollegen etc.
 
== Therapie- und Interventionsmaßnahmen ==
Die Behandlung von Alkoholikern dauert normalerweise ein paar Jahre und verläuft in mehreren Phasen.
Phasen:
Kontaktphase
Entgiftungsphase
Entwöhnungsphase
Nachsorgephase (Weiterbehandlung)
 
Bei der Behandlung von geistig behinderten Alkoholikern werden die Bezugspersonen (Eltern, Betreuer) stark einbezogen. Außerdem benötigen sie eine passende Therapie und einen geeigneten Aufenthaltsort. Die Therapie kann je nach Wahl des Betroffenen und seiner Betreuer in stationärer, halbstationärer oder ambulanter Behandlung erfolgen. Laut Therapiestelle und Einrichtungen nehmen erfahrungsmäßig Personen mit Intelligenzminderung) mehr Zeit und Kosten in Anspruch. Gründe hierfür sind mangelnde und ungenügende Therapieangebote und unpassende Infrastruktur für diese Klientel. Außerdem stellen Klienten mit Intelligenzminderung höhere Anforderungen an die Einrichtungen und Fachleute als normale Patienten. Ursächlich ist hierfür der biographische Hintergrund (kognitive Einschränkung, doppelte Diagnose (intellektuell behindert und psychisch gestört)). Daraus resultiert, dass dieser Personenkreis Schwierigkeiten hat, in Suchtfachkliniken unterzukommen. Die Menschen mit geistiger Behinderung und einer Suchterkrankung brauchen eine speziellere und differenziertere fachliche Unterstützung als Personen ohne diese Diagnose; sie brauchen handlungsorientierte Interventions- und Präventionsmaßnahmen wie die Entwicklung von Lösungs- und Handlungsstrategien. (siehe DIDAK)
 
== Literatur ==

Version vom 14. September 2010, 14:06 Uhr

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