Akademie der Fäuste: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Akademie der Fäuste''' war der Name einer geselligen intellektuellen Vereinigung in Mailand in der Zeit von 1761 bis 1765, zu der auch [[Cesare Beccaria]] gehörte und die 1764-66 eine Zeitschrift namens [http://www.homolaicus.com/letteratura/il_caffe.htm Il Caffè] herausgab. Im Gegensatz zu den Florentiner Sprachpflegern der [http://de.wikipedia.org/wiki/Accademia_della_Crusca Accademia della Crusca]] waren die Mitglieder der [http://it.wikipedia.org/wiki/Accademia_dei_Pugni Accademia dei Pugnis] eher antikonventionell-innovativ, rationalistisch, aber auch ironisch und hedonistisch orientiert.  
'''Akademie der Fäuste''' war der Name einer geselligen intellektuellen Vereinigung in Mailand in der Zeit von 1761 bis 1765, zu der auch [[Cesare Beccaria]] gehörte und die von 1764 bis Mai 1766 eine Zeitschrift namens [http://www.homolaicus.com/letteratura/il_caffe.htm Il Caffè] herausgab. Im Gegensatz zu den Florentiner Sprachpflegern der [http://de.wikipedia.org/wiki/Accademia_della_Crusca Accademia della Crusca] waren die Mitglieder der [http://it.wikipedia.org/wiki/Accademia_dei_Pugni Accademia dei Pugni] eher rebellisch, rationalistisch, ironisch und hedonistisch orientiert. Die Grundidee war die Freiheit: der Sprache, der Ökonomie, des Argumentierens - die Freiheit der Kinder in der Erziehung und der Erwachsenen von politischen Zwängen und gesellschaftlichen Konventionen. 


Die Gruppe bestand aus rund 20 Patriziersöhnen Mailands. Der Älteste war mit 36 Jahren Pietro Verri, Sohn des Senators Gabriele Verri. In seinem Haus fanden die Treffen statt. Weiterhin gehörten dazu: Pietros Bruder Alessandro (26), Cola da li Picirillo, der Abt Marquis Alfonso Longo (26), Graf Giambattista Biffi (28), Luigi Lambertenghi (25), Graf Giuseppe Visconti di Saliceto (Annfang 30) u.a. - sie "wollen etwas anderes, etwa Neues. Sie haben studiert und sind voller Tatendrang. Sie wollen etwas mit ihrem Wissen anfangen. Sie sind Ökonomen, Juristen, Mathematiker. Sie sehen, dass neues, modernes Wissen aus Frankreich und England kommt. Sie wollen frei und offen diskutieren, ohne Zeremonien und alberne akademische Regeln, und sich nicht mit dem in ihren Kreisen üblichen langweiligen Salonleben begnügen, mit flachem Liebesgetändel oder im Theater ewig die gleichen Opern hören, nach bedeutungslosen und trivialen Melodramen von Pietro Metastasio. Sie wollen etwas verändern" (Wolter 2004).  
Die Gruppe bestand aus rund 20 Patriziersöhnen Mailands. Der Älteste war mit 36 Jahren Pietro Verri, Sohn des Senators Gabriele Verri. In seinem Haus fanden die Treffen statt. Weiterhin gehörten dazu: Pietros Bruder Alessandro (26), Cola da li Picirillo, der Abt Marquis Alfonso Longo (26), Graf Giambattista Biffi (28), Luigi Lambertenghi (25), Graf Giuseppe Visconti di Saliceto (Annfang 30) u.a. - sie "wollen etwas anderes, etwa Neues. Sie haben studiert und sind voller Tatendrang. Sie wollen etwas mit ihrem Wissen anfangen. Sie sind Ökonomen, Juristen, Mathematiker. Sie sehen, dass neues, modernes Wissen aus Frankreich und England kommt. Sie wollen frei und offen diskutieren, ohne Zeremonien und alberne akademische Regeln, und sich nicht mit dem in ihren Kreisen üblichen langweiligen Salonleben begnügen, mit flachem Liebesgetändel oder im Theater ewig die gleichen Opern hören, nach bedeutungslosen und trivialen Melodramen von Pietro Metastasio. Sie wollen etwas verändern" (Wolter 2004).  
   
   
== Il Caffè ==
"Verri, sein Bruder und seine Freunde, schrieben über Geldwirtschaft und Handel, über Landwirtschaft und Politik, über Neuerer, wie Voltaire und Montesquieu, aber auch über Galileo Galilei und andere Naturforscher. Sie befassten sich mit dem Anbau von Leinen und Tabak, mit dem Import von Kakao und, natürlich, mit Kaffee und Cafés. Mit dem Wetter, mit eben erschienenen Büchern, zeitgenössischer Musik, mit Gerüchen, mit der Sprache, mit Steuern und Zöllen, mit den alten Römern und den modernen Kriegen. 'Il Caffè' war unterhaltsam, frech und spöttisch, eine kleine chaotische italienische 'Encyclopédie'. Und genau wie diese versteckte sie ihre ungewöhnlichen und mutigen Gedanken. Nicht in sachlichen Lexikonartikeln wie beim französischen Vorbild, sondern vielmehr in scheinbarer Unterhaltsamkeit und Leichtigkeit. - Der Stil, so schrieb Beccaria in seinem gleichnamigen Artikel 'ist Ausdruck von Passion, von Leidenschaft'. Eben diese Leidenschaft versammelte die Freunde Woche um Woche, von Nummer zu Nummer, zwei Jahre lang. Sie setzten ihre Hoffnungen darauf, dass sich ihre Ideen verbreiten würden, dass es ein neues, aufgeschlossenes Publikum gäbe, mit mehr Bildung und mit mehr Offenheit" (Wolter 2004). Ein Artikel von Alessandro Verri hieß: „Feierlicher und notariell beglaubigter Verzicht der Autoren dieses Blattes auf die Benutzung des Wörterbuchs der Florentiner „Accademia della Crusca”. Da es keinen Beweis dafür gebe, dass die italienische Sprache bereits das Stadium ihrer Vollkommenheit erreicht habe, sei es eine ungerechte Sklaverei zu verbieten sie zu bereichern und zu verbessern. Ein zentrales Thema war die Erziehung. in einem Artikel „Über den Nutzen der Prügelstrafe“ erklärte ein Schulmeister einem Fremden, der über die blauen Flecken der Kinder staunte, dass Prügel ein ganz wunderbares Mittel seien, um Kinder zum Lernen zu bringen: "Die Hände, die falsch geschrieben haben, werden gepeitscht. Der Kopf, der nicht richtig denkt, kriegt Püffe und Kopfnüsse. Das hilft! Das macht gute Laune! Wir haben es immer so gemacht und werden es weiter so machen, und die Gepeitschten und Geprügelten sind damit sehr zufrieden" (Wolter 2004). - Im letzten Heft beschloss Pietro Verri die Zeitschrift mit einem langen Bericht über Pockenimpfung.


man alle Sachgebiete und Themen nennen, die in der Zeitschrift behandelt wurden, müssten beide Jahrgänge von „Il Caffè” nahezu vollständig zitiert werden. Verri, sein Bruder und seine Freunde, schrieben über Geldwirtschaft und Handel, über Landwirtschaft und Politik, über Neuerer, wie Voltaire und Montesquieu, aber auch über Galileo Galilei und andere Naturforscher. Sie befassten sich mit dem Anbau von Leinen und Tabak, mit dem Import von Kakao und, natürlich, mit Kaffee und Cafés. Mit dem Wetter, mit eben erschienenen Büchern, zeitgenössischer Musik, mit Gerüchen, mit der Sprache, mit Steuern und Zöllen, mit den alten Römern und den modernen Kriegen. „Il Caffè” war unterhaltsam, frech und spöttisch, eine kleine chaotische italienische „Encyclopédie”. Und genau wie diese versteckte sie ihre ungewöhnlichen und mutigen Gedanken. Nicht in sachlichen Lexikonartikeln wie beim französischen Vorbild, sondern vielmehr in scheinbarer Unterhaltsamkeit und Leichtigkeit.
"Die „Akademie der Fäuste” ging auseinander, die Freunde trennten sich. Cesare Beccaria wurde Beamter. Alessandro Verri suchte in Rom als Schriftsteller und Übersetzer sein Glück. Pietro Verri übernahm verschiedene Ämter in der lombardischen Verwaltung, wo er unermüdlich und gegen viele Widerstände Veränderungen zu erreichen suchte. Als 1796 das Heer der französischen Republik unter General Bonaparte in Mailand einzog und die Lombardei Teil der Cisalpinischen Republik wurde, stellte er sich der neuen Stadtverwaltung zur Verfügung. Auch zwei weitere Mitglieder der 'Akademie der Fäuste', Alfonso Longo und Luigi Lambertenghi, arbeiteten in den republikanischen Gremien mit .... Bis ins hohe Alter erinnerte sich Pietro Verri gerne an die heitere Zeit in Mailand, an die Zusammenkünfte der Freunde, die rebellische 'Akademie der Fäuste' und 'Il Caffè'" (Wolter 2004).
Sprecher:
Der Stil, so schrieb Beccaria in seinem gleichnamigen Artikel „ist Ausdruck von Passion, von Leidenschaft”. Eben diese Leidenschaft versammelte die Freunde Woche um Woche, von Nummer zu Nummer, zwei Jahre lang. Sie setzten ihre Hoffnungen darauf, dass sich ihre Ideen verbreiten würden, dass es ein neues, aufgeschlossenes Publikum gäbe, mit mehr Bildung und mit mehr Offenheit. Hoffnungsvoll schrieb Pietro Verri:
 
Zitator 1:
Wenn sie aber den Blick auf die Wirklichkeit richteten, dann sah es im Herzogtum Mailand unter ihrer kaiserlichen Majestät Maria Theresa trotz einiger erster Reformen doch recht kümmerlich aus unter den sogenannten Gebildeten.
 
Zitator 1:
Von tausend Menschen, die sich als unwissend bezeichnen, gibt es nicht einen, der es nicht wäre, - aber keinen einzigen, der wirklich glaubt, unwissend zu sein. Von tausend Literaten betreiben neunhundert die Literatur, um Brot, Reichtum und Ruhm zu erwerben, siebzig wollen sich die Zeit damit vertreiben, zwanzig bringen es fertig, nicht neidisch auf die Begabung der anderen zu sein, und zehn wollen ihren Geist bilden und sich innerlich entwickeln.
 
Sprecher:
In einem späteren Artikel setzte Pietro Verri dieser satirischen Be¬trachtung einen hoffnungsvollen Ausblick entgegen:
 
Zitator 1:
Da heute allgemein gelesen wird, wird jeder Autor, der schreiben kann, das heißt, der Dinge verfasst, die wert sind, gelesen zu werden, und der sie klar, und gut ausdrücken kann, -: wird jeder Autor früher oder später die Achtung und die Aufmerksamkeit des Publikums erringen. Und Schreiben ist der Weg, die eigenen Ambitionen zu befriedigen, denn dazu bedarf es keiner Dienereien in Vorzimmern von Ministern oder höherer Protektion.
 
Sprecherin:
Schreiben, das erlebten die jungen Leute mit ihrer Zeitschrift, war direktes Wirken, es war Unabhängigkeit, war Selbstverwirklichung in ihrer Rolle als Intellektuelle. Oder, genauer: So sollte es sein, das hofften Pietro Verri und seine Freunde. Denn das Experiment war noch immer im Gange. 
 
Zitator 2:
Wir müssen etwas schreiben gegen das ewig Alte, gegen das scheinbar Unveränderliche und Starre.
 
Zitator 1:
Gegen die Florentiner “Accademia della Crusca” zum Beispiel, die von uns verlangt, wie Dante zu reden!
 
Zitator 2:
Mein Artikel heißt: „Feierlicher und notariell beglaubigter Verzicht der Autoren dieses Blattes auf die Benutzung des Wörterbuchs der Florentiner „Accademia della Crusca”. Da bis zum heutigen Datum nicht bewiesen ist, dass eine Sprache [bereits] ihre höchste Vollkommenheit erreicht hat, ist es eine ungerechte Sklaverei, uns zu verbieten, sie zu bereichern und zu verbessern.
 
Zitator 4:
Schreib weiter Alessandro! Freiheit und Vernunft sollen auch in der Sprache gelten!
 
Zitator 1:
Kritik, Lachen, Gähnen sind erlaubt!
 
Zitator 2:
Und damit wir nicht ersticken an Worten, soll ein Text dort anfangen, wo die Ideen anfangen; nicht bei überflüssigen Vorreden.
Musik.
 
Sprecher:
Juni 1765. „Il Caffè“ erscheint im zweiten Jahrgang. Die Einfälle und Themen wirbeln durcheinander. Thema Wissenschaft: Galilei, der große Italiener, der Neuerer, der nicht das Fernrohr erfand, aber einen neuen Gebrauch davon machte – ist er nicht ein Beispiel auch für die moderne Wissenschaft? Klug, mutig, listig.
 
Sprecherin:
Ein Kardinalthema der Zeitschrift ist Erziehung. Die eigene Jugend ist den Autoren noch sehr nahe. Die Patrizierfamilien stellten Lehrer an, die mit Stock und Peitsche das Einbläuen übernahmen – was ja bedeutet: blaue Flecke machen. Also heißt ein Artikel ironisch: „Über den Nutzen der Prügelstrafe“. Prügel, sagt der Schulmeister zu einem Fremden, der über die blauen Flecken bei den Kindern staunt, Prügel sind ein wunderbares Mittel zum Lernen. Die Hände, die falsch geschrieben haben, werden gepeitscht. Der Kopf, der nicht richtig denkt, kriegt Püffe und Kopfnüsse. Das hilft! Das macht gute Laune! Wir haben es immer so gemacht und werden es weiter so machen, und die Gepeitschten und Geprügelten sind damit sehr zufrieden.
 
Zitator 2:
Freunde, wir müssen uns wieder einmal mit unseren Kritikern befassen. Ihr heimliches Murren nimmt zu. Sie hassen das Lachen, weil es befreit, sie hassen Goldoni, unseren größten Komödiendichter, der jetzt in Paris Erfolge feiert und in Italien missachtet wird.
 
Zitator 1:
Sie haben nur eine wahre Leidenschaft, den Neid!
 
Zitator 4:
Schreiben wir uns ein paar schöne Leserbriefe!
 
Zitatoren 1, 2 und 4, abwechselnd:
 
Ja Alessandro fang an!
Ihre Zeitschrift ist viel zu ernst. Es fehlen Anekdoten.
 
Sie bringen zu viele Anekdoten, nur albernes Zeug. Wo bleibt der Ernst?
Sie sollten nicht dauernd belehren, sondern unterhalten.
Sie sollten belehren und informieren statt dauernd zu unterhalten.
Viel zu literarisch, es fehlt die Kritik an Sitten und Bräuchen.
Diese ewige Kritik an Sitten und Bräuchen – es fehlt die Wissenschaft.
Sie werden von Tag zu Tag langweiliger.
Warum schreiben Sie so wenig über Musik?
Bitte fassen Sie sich kürzer.
Warum sind die Artikel so kurz?
 
Sprecher:
Im Mai 1766 erschien die letzte Nummer von „Il Caffè”. Pietro Verri beschloss die Zeitschrift mit einem Artikel über Pockenimpfung. Das war ein langer, ausführlicher medizinischer Bericht – doch nur scheinbar ein rein fachspezifisches Thema. Hygiene, eine neue, vorbeugende Wissenschaft, vor allem eine experimentell erprobte, gehörte zu all dem, was nötig war, um eine wirklich aufgeklärte Gesellschaft zu schaffen. Ein Artikel voller Fakten und Zuversicht. Aber die langen Ausführungen Pietro Verris konnten auch nicht verbergen, dass sich die Zeitschrift erschöpft hatte. In einem der letzten Artikel schrieb sein Bruder Alessandro:
 
Zitator 2:
Der Kampf gegen Irrtümer dauert lange, und manchmal ersetzen neue Irrtümer die alten.
Zitator 1:
Mailand im Mai 1766. Die Autoren dieses Blattes teilen ihren Lesern mit, dass ihre Arbeit hier endet. Sollte irgendwo eine Zeitschrift unter dem Namen „Il Caffè” gedruckt werden, dann stammt diese von anderer Hand.
 
Sprecherin:
Carlo Capra, Ordinarius für die Geschichte der Aufklärung an der Università degli Studi di Milano, hat über „Il Caffè” geforscht:
 
Zitator 3:
Der kleinste gemeinsame Nenner, der Rote Faden, der sich auch wie¬terhin durch das gesamte Werk von Pietro Verri zieht, ist die Idee der Freiheit. Freiheit in der Sprache, Freiheit von den Sprachregeln der Accademia della Crusca, aber auch Freiheit auf dem Gebiet der Ökonomie, Freiheit von den Beschränkungen des Handels, von Monopolen und Zunftvorschriften, Freiheit schließlich im sozialen Leben, in der Erziehung der Kinder, Freiheit von Konventionen und Zwängen und Freiheit auch auf politischem Gebiet – auch wenn ihre einzige Hoffnung das aufgeklärte Fürstentum blieb.
 
Sprecher:
Die „Akademie der Fäuste” ging auseinander, die Freunde trennten sich. Cesare Beccaria wurde Beamter. Alessandro Verri suchte in Rom als Schriftsteller und Übersetzer sein Glück. Pietro Verri übernahm verschiedene Ämter in der lombardischen Verwaltung, wo er unermüdlich und gegen viele Widerstände Veränderungen zu erreichen suchte. Als 1796 das Heer der französischen Republik unter General Bonaparte in Mailand einzog und die Lombardei Teil der Cisalpinischen Republik wurde, stellte er sich der neuen Stadtverwaltung zur Verfügung. Auch zwei weitere Mitglieder der „Akademie der Fäuste”, Alfonso Longo und Luigi Lambertenghi, arbeiteten in den republikanischen Gremien mit.  
 
Sprecherin:
Die Brüder Verri blieben durch ihren Briefwechsel bis zu Pietros Tod im Jahr 1797 miteinander eng verbunden. Bis ins hohe Alter erinnerte sich Pietro Verri gerne an die heitere Zeit in Mailand, an die Zusammenkünfte der Freunde, die rebellische „Akademie der Fäuste” und „Il Caffè“:
 
Zitator 1:
Ich glaube, wenn es einen Weg gegeben hat, die damalige Generation zu bessern, dann war es  “Il Caffè”. Durch unsere Angriffe und unseren Spott gegen Blödheit und Aufgeblasenheit und all die italienischen Beschränktheiten. Wir waren nur ein kleines Blatt, aber auch das Kleine wirkt auf die Dauer, nicht mit der Darstellung des Schönen und Großen, sondern es wirken die Brennnesseln der Lächerlichkeit – da zittern die andern, sie schweigen, das große Heer zieht sich zurück; die wenigen Neuerer rücken vor - und dann, ja dann folgen andere ihnen nach.  
 
*  *  *  *  *
 


== Literatur ==
*Capra, Carlo (2002) I progressi della ragione. Vita di Pietro Verri, Il Mulino, Collezione di testi e di studi.
*Capra, Carlo, Hg. (1999) Pietro Verri e il suo tempo (Verri, La Milano dei Lumi), Bologna: Cisalpino (2 Bände).


== Weblinks ==
== Weblinks ==


*[http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:7wDwFOX4ECEJ:www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/-/id%3D1629868/property%3Ddownload/nid%3D660374/58dz7o/wi20040115_2349.rtf+Akademie+der+F%C3%A4uste&cd=2&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=firefox-a Manuskript einer Radiosendung über die Akademie der Fäuste von Christine Wolter (2004)]
*[http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:7wDwFOX4ECEJ:www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/-/id%3D1629868/property%3Ddownload/nid%3D660374/58dz7o/wi20040115_2349.rtf+Akademie+der+F%C3%A4uste&cd=2&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=firefox-a Manuskript einer Radiosendung über die Akademie der Fäuste von Christine Wolter (2004)]

Aktuelle Version vom 13. November 2011, 18:27 Uhr

Akademie der Fäuste war der Name einer geselligen intellektuellen Vereinigung in Mailand in der Zeit von 1761 bis 1765, zu der auch Cesare Beccaria gehörte und die von 1764 bis Mai 1766 eine Zeitschrift namens Il Caffè herausgab. Im Gegensatz zu den Florentiner Sprachpflegern der Accademia della Crusca waren die Mitglieder der Accademia dei Pugni eher rebellisch, rationalistisch, ironisch und hedonistisch orientiert. Die Grundidee war die Freiheit: der Sprache, der Ökonomie, des Argumentierens - die Freiheit der Kinder in der Erziehung und der Erwachsenen von politischen Zwängen und gesellschaftlichen Konventionen.

Die Gruppe bestand aus rund 20 Patriziersöhnen Mailands. Der Älteste war mit 36 Jahren Pietro Verri, Sohn des Senators Gabriele Verri. In seinem Haus fanden die Treffen statt. Weiterhin gehörten dazu: Pietros Bruder Alessandro (26), Cola da li Picirillo, der Abt Marquis Alfonso Longo (26), Graf Giambattista Biffi (28), Luigi Lambertenghi (25), Graf Giuseppe Visconti di Saliceto (Annfang 30) u.a. - sie "wollen etwas anderes, etwa Neues. Sie haben studiert und sind voller Tatendrang. Sie wollen etwas mit ihrem Wissen anfangen. Sie sind Ökonomen, Juristen, Mathematiker. Sie sehen, dass neues, modernes Wissen aus Frankreich und England kommt. Sie wollen frei und offen diskutieren, ohne Zeremonien und alberne akademische Regeln, und sich nicht mit dem in ihren Kreisen üblichen langweiligen Salonleben begnügen, mit flachem Liebesgetändel oder im Theater ewig die gleichen Opern hören, nach bedeutungslosen und trivialen Melodramen von Pietro Metastasio. Sie wollen etwas verändern" (Wolter 2004).

Il Caffè

"Verri, sein Bruder und seine Freunde, schrieben über Geldwirtschaft und Handel, über Landwirtschaft und Politik, über Neuerer, wie Voltaire und Montesquieu, aber auch über Galileo Galilei und andere Naturforscher. Sie befassten sich mit dem Anbau von Leinen und Tabak, mit dem Import von Kakao und, natürlich, mit Kaffee und Cafés. Mit dem Wetter, mit eben erschienenen Büchern, zeitgenössischer Musik, mit Gerüchen, mit der Sprache, mit Steuern und Zöllen, mit den alten Römern und den modernen Kriegen. 'Il Caffè' war unterhaltsam, frech und spöttisch, eine kleine chaotische italienische 'Encyclopédie'. Und genau wie diese versteckte sie ihre ungewöhnlichen und mutigen Gedanken. Nicht in sachlichen Lexikonartikeln wie beim französischen Vorbild, sondern vielmehr in scheinbarer Unterhaltsamkeit und Leichtigkeit. - Der Stil, so schrieb Beccaria in seinem gleichnamigen Artikel 'ist Ausdruck von Passion, von Leidenschaft'. Eben diese Leidenschaft versammelte die Freunde Woche um Woche, von Nummer zu Nummer, zwei Jahre lang. Sie setzten ihre Hoffnungen darauf, dass sich ihre Ideen verbreiten würden, dass es ein neues, aufgeschlossenes Publikum gäbe, mit mehr Bildung und mit mehr Offenheit" (Wolter 2004). Ein Artikel von Alessandro Verri hieß: „Feierlicher und notariell beglaubigter Verzicht der Autoren dieses Blattes auf die Benutzung des Wörterbuchs der Florentiner „Accademia della Crusca”. Da es keinen Beweis dafür gebe, dass die italienische Sprache bereits das Stadium ihrer Vollkommenheit erreicht habe, sei es eine ungerechte Sklaverei zu verbieten sie zu bereichern und zu verbessern. Ein zentrales Thema war die Erziehung. in einem Artikel „Über den Nutzen der Prügelstrafe“ erklärte ein Schulmeister einem Fremden, der über die blauen Flecken der Kinder staunte, dass Prügel ein ganz wunderbares Mittel seien, um Kinder zum Lernen zu bringen: "Die Hände, die falsch geschrieben haben, werden gepeitscht. Der Kopf, der nicht richtig denkt, kriegt Püffe und Kopfnüsse. Das hilft! Das macht gute Laune! Wir haben es immer so gemacht und werden es weiter so machen, und die Gepeitschten und Geprügelten sind damit sehr zufrieden" (Wolter 2004). - Im letzten Heft beschloss Pietro Verri die Zeitschrift mit einem langen Bericht über Pockenimpfung.

"Die „Akademie der Fäuste” ging auseinander, die Freunde trennten sich. Cesare Beccaria wurde Beamter. Alessandro Verri suchte in Rom als Schriftsteller und Übersetzer sein Glück. Pietro Verri übernahm verschiedene Ämter in der lombardischen Verwaltung, wo er unermüdlich und gegen viele Widerstände Veränderungen zu erreichen suchte. Als 1796 das Heer der französischen Republik unter General Bonaparte in Mailand einzog und die Lombardei Teil der Cisalpinischen Republik wurde, stellte er sich der neuen Stadtverwaltung zur Verfügung. Auch zwei weitere Mitglieder der 'Akademie der Fäuste', Alfonso Longo und Luigi Lambertenghi, arbeiteten in den republikanischen Gremien mit .... Bis ins hohe Alter erinnerte sich Pietro Verri gerne an die heitere Zeit in Mailand, an die Zusammenkünfte der Freunde, die rebellische 'Akademie der Fäuste' und 'Il Caffè'" (Wolter 2004).

Literatur

  • Capra, Carlo (2002) I progressi della ragione. Vita di Pietro Verri, Il Mulino, Collezione di testi e di studi.
  • Capra, Carlo, Hg. (1999) Pietro Verri e il suo tempo (Verri, La Milano dei Lumi), Bologna: Cisalpino (2 Bände).

Weblinks