Agonaler Autismus

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Agonaler Autismus ist eine Form gewaltsamer Konfliktaustragung, in der die Parteien "mangels normativer Metaebene zu einer Art Selbstgenügsamkeit verdammt (sind); sie kämpfen zwar gegeneinander, existieren aber im Hinblick auf die Codierungen Recht/Unrecht, richtig/falsch, moralisch/unmoralisch gut/böse usw. in unverbundenen Wirklilchkeiten, d.h. in einer Situation, die man im Gegensatz zu Wilhelm Mühlmanns (1961) agonaler Partnerschaft als agoanlen Autismus bezeichnen könnte (Scheerer 2011: 4).


Begriff

Agonal: von altgriechisch ἀγών, urspr. "Versammlung", "Versammlungsort", später: „Kampf“, „(geordneter) Wettkampf“). Hier: auf den Wettstreit im militärischen Konflikt bezogen

Autismus: metaphorisch. So wie die Persönlichkeitsstörung des Autismus durch qualitative Abweichungen in den wechselseitigen sozialen Interaktionen und Kommunikationsmustern und durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten gekennzeichnet ist (Begriff geprägt von Eugen Bleuler 1911 und zunächst als eines ihrer Grundsymptome nur auf Schizophrenie bezogen - die Zurückgezogenheit in eine innere Gedankenwelt, nämlich als „Loslösung von der Wirklichkeit zusammen mit dem relativen oder absoluten Überwiegen des Binnenlebens“; von Freud dann annähernd mit Narzissmus/narzisstisch im Gegensatz zu "sozial" gleichgesetzt] und so wie der Begriff des Autismus heute immer mehr auch in einem allgemeinen Sinne als "Leben in einer eigenen Gedanken- und Vorstellungswelt" und als "Selbstbezogenheit" ganz generell verstanden wird, so bedeutet Autismus im Zusammenhang der militärischen Konflikte das Fehlen einer mit dem Gegner geteilten normativen Metaebene, die eine Verständigung etwa durch Verhandlungen ermöglichen würde. Der agonale Autist kennt nur sich selbst, seine eigene Sicht der Dinge und seine eigenen Interessen und ist zu keiner Respektierung des Gegners bereit.

Elemente des agonalen Autismus:

  1. Ursachen-Narrativ selbstbezogen und selbstgerecht (diskrepante Interpunktion).
  2. Eskalation im Vertrauen auf den totalen Sieg.
  3. Dämonisierung des Feindes
  4. Regellosigkeit der Gewalt


Weblinks und Literatur

  • Mühlmann, Wilhelm E. (1940) Krieg und Frieden. Heidelberg: Carl Winter.
  • Scheerer, Sebastian (2011) Agonaler Autismus und diskrepante Interpunktion. Zwei Restriktionen im Umgang mit terroristischer Gewalt. IKS Working Papers Series Nr. 2 - März 2011.