Abu Omar

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Der einstige Imam von Mailand, Hasan Mustafa Osama Nasr, genannt Abu Omar, aktives Mitglied der ägyptischen Al Gama'a al Islamija und ein in Italien anerkannter politischer Flüchtling, wurde am 17.02.2003 von Agenten der CIA und einem ehemaligen Oberst der amerikanischen Luftwaffe im Rahmen des CIA-Programms für "außerordentliche Überstellungen" (extraordinary renditions) mit Hilfe des italienischen Militärgeheimdienstes Sismi am hellichten Tag auf dem Weg zum Mittagsgebet entführt, von der Luftwaffenbasis Aviano in Norditalien über Deutschland (Ramstein) nach Kairo verbracht und dort gefoltert.

Nach kurzer Freilassung wurde er 2004 unter Berufung auf die Notstandsgesetzgebung wieder verhaftet.

Im Februar 2007 wurde er freigelassen.

Die Entführer wurden im November 2009 von einem Gericht in Mailand in Abwesenheit zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnete das Urteil als mutigen Schritt, der sich von der amerikanischen Weigerung abhebe, solche Fälle im eigenen Land zu verfolgen.

Ermittlungen

Der Mailänder Auslieferungsantrag in Bezug auf 26 in Italien angeklagte und per Haftbefehl gesuchte Amerikaner aus dem Jahre 2007 wurde von der italienischen Regierung aus Gründen des Schutzes der bilateralen Geheimnisse gar nicht erst weitergeleitet. Die italienische Regierung versuchte, den Prozess zu verhindern. Es gelang ihr, drei der 26 durch eine Art diplomatischer Immunität vor Verfolgung zu bewahren. Die Geheimhaltung der italienischen Akten zu dem Fall führte zur Einstellung der Verfahren gegen den früheren Chef von Sismi, Pollari, und dessen Stellvertreter Mancini (während zwei frühere Sismi-Agenten wegen Begünstigung der Entführung zu je drei Jahren Haft verurteilt wurden). Ministerpräsident Berlusconi beteuerte mehrfach, die damalige Regierung habe nichts davon gewusst. 22 Angeklagte wurden zu je fünf Jahren Haft verurteilt. Der frühere Chef des Mailänder CIA-Büros, Robert Seldom Lady, er nach eigenen Angaben gegen den Entführungsplan gewesen war und ihn nur auf Anordnung seiner Vorgesetzten durchführte, erhielt acht Jahre.

Nachspiel

Abu Omar und seine Frau leben in Ägypten. Dort sollen sie 1,5 Millionen Euro Entschädigung erhalten.


Im Februar 2013 wurde der ehemalige Chef des italienischen Militärgeheimdienstes SISMI, Nicolo Pollari wegen Beteiligung an der Entführung eines ägyptischen Imams zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Pollaris früherer Stellvertreter Marco Mancini erhielt neun Jahre.

Quellen

Die Urteile vom Dienstag fielen in einem Berufungsprozess, der durch eine Entscheidung des italienischen Kassationsgerichtshofs möglich wurde. Dieses hatte 2012 das für den Fall geltende Staatsgeheimnis aufgehoben. Wegen der Auflage waren Pollari und Mancini in erster Instanz und einem Berufungsverfahren freigesprochen worden, obwohl die Staatsanwaltschaft jeweils zwölf und zehn Jahre Haft gefordert hatte. Das erste Verfahren hatte grosses Aufsehen erregt, weil es der erste Prozess zu geheimen Verschleppungen von Terrorverdächtigen in Folterstaaten durch die CIA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 war. Auch die Schweiz war vom Fall Abu Omar indirekt betroffen. Am Tag der Entführung, am 17. Februar 2003, überflog ein Flugzeug des US-Verteidigungsministeriums zweimal die Schweiz. Die Bundesanwaltschaft eröffnete Ende 2005 wegen der möglichen Benutzung des Schweizer Luftraumes für CIA-Gefangenentransporte ein Strafverfahren."