Abschaffung der Gefängnisse

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Vor 50 Jahren wehte ein frischer und wohlgemuter Reformwind durch die Korridore der Justizministerien: alte Zöpfe wollte man abschneiden, entbehrliche Gesetze streichen und den Strafvollzug durch Behandlungsmaßnahmen aller Art humanisieren. Die Zukunft lag in sozialtherapeutischen Anstalten einerseits und dem immer weiteren Rückgang der Gefangenenpopulation andererseits. Die fortschrittlichsten Staaten hatten Gefangenenquoten von nur noch 20 Gefangenen auf 100 000 Einwohner - und manche noch darunter. Tendenz sinkend. Da bedurfte es nur wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass die Epoche des Gefängnisses sich ihrem Ende näherte. Wer nicht in Freiheit behandelt werden konnte (community treatment), würde dann wohl in krankenhausähnlichen forensischen Behandlungszentren untergebracht, bis er oder sie als geheilt entlassen werden könnte. Doch alles sollte anders kommen. Marlene Stein-Hilbers und Wolf Lange setzten noch ein Fragezeichen hinter ihre 1973 im KrimJ geäußerte Vermutung, dass sich - womöglich aus guten Gründen - zumindest in Skandinavien schon so etwas wie eine "Abkehr von der Behandlungsideologie" abzeichne. 1974 dann aus den USA der niederschmetternde Befund von der Wirkungslosigkeit der Behandlungsprogramme im Strafvollzug: "Nothing Works!". Da hatte der vollzugspolitische Backlash schon längst eingesetzt: nun ging es um die verdiente Strafe, gerechte Vergeltung, die Identifikation und Unschädlichmachung der "dangerous few", aus denen dann aber - den Drogen- und Terrorismus-Gesetzen der damaligen Zeit sei Dank - im Handumdrehen immer mehr wurden. Heute gelten 100 Gefangene auf 100 000 Einwohner als normal und 200 als akzeptabel. Manche Staaten erreichen inzwischen Gefangenenraten von 500 - wenn nicht 600 oder 700. Weltweit boomt der Strafvollzug. An jedem beliebigen Tag des Jahres sitzen gegenwärtig über 10 Millionen Menschen hinter Gittern. So viele wie noch nie in der Geschichte der Menschheit.


im Kriminologischen Journal ein Aufsatz mit dem provokanten Titel "Abkehr von der Behandlungsideologie?" erschien, Marlene Stein-Hilbers und Wolf Lange Das Kriminologische Journal - anfangs noch ganz beseelt vom Therapiegedanken - war allerdings auch der Ort, an dem zuallererst bzw. ihrer Auflösung in einen kleinen Rest forensischer Behandlungszentren einerseits und Behandlung in Freiheit vom Typus community treatment andererseits.

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