Happy slapping

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Definition

Als Happy Slapping (engl. fröhliches Einschlagen oder Prügeln) wird ein grundloser Angriff auf andere Menschen bezeichnet. Die Täter sind meist Jugendliche. Es ist als eine neue Form der Gewalt Jugendlicher zu sehen. Der Angreifer läuft dabei z.B. auf sein Opfer zu und schlägt es. Mitunter werden Opfer auch bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen. Der Täter kann alleine handeln oder aus der Gruppe heraus. Der oder die Täter laufen nach der Tat weg, ohne sich um das Opfer zu kümmern. Üblicherweise wird der Angriff von einem weiteren Beteiligten der Tat mit einem Handy gefilmt. Die Aufnahmen werden anschließend im Internet veröffentlicht oder per Mobiltelefon verbreitet. Es handelt sich hauptsächlich um gemeinschaftlich begangene Körperverletzungsdelikte. Jugendliche Täter filmen und veröffentlichen auch sexuelle Übergriffe in derartiger Weise. Echte Gewalt und mediale Gewalt verschmelzen miteinander.

Die Begriffsbildung "Happy Slapping" wird mit dem Argument kritisiert, dass sie durch das Adjektiv "happy" die Schwere der Angriffe bzw. des Problems verharmlose. Auch wenn der Begriff „Happy Slapping“ (wie auch „Abziehen“) einen Straftatbestand verharmlost, ist dieser inzwischen bei den Jugendlichen so verbreitet, dass die Einführung / Kreation eine deutschen Begriffs sich kaum durchsetzen würde. In Deutschland sprechen Behörden von Gewaltvideos auf Handys und setzen den Begriff „Happy Slapping“ in Anführungszeichen und in Klammern dahinter. In Fachkreisen wird auch der Begriff "Stupid Slapping" (engl. für dummes Schlagen) benutzt (Schweizer Kriminalprävention). Durrer ist der Meinung, dass "happy Slapping" ein unsinniger und irreführender Begriff ist, der besser nicht verwendet werden sollte, sondern durch "Brutal Slapping" ersetzt werden sollte, da die ja die Art des "Slapping" und nicht die vermeintliche Gemütsverfassung des Täters bezeichnet werden soll.(Durrer 2006)

Geschichte

Die ersten derartigen Fälle ereigneten sich in den 70er Jahren in England. Seit 2004 weist die Kriminalstatistik in England einen starken Anstieg dieses Deliktes auf. Es wurde zunehmend auch in anderen europäischen Ländern von derartigen Vorfällen berichtet. Über "Happy Slapping" wurde vermehrt in der englischen, deutschsprachigen sowie internationalen Presse intensiv berichtet. Es bleibt allerdings unklar, wie verbreitet solche Angriffe tatsächlich sind. Kritiker meinen, dass es sich vor allem um ein Medienphänomen handelt, da die polizeilich angezeigten Fälle schwindend gering sind. In der gesellschaftlichen Wahrnehmung von "Happy Slapping" spielen die Medien eine entscheidende Rolle. Sie berichten regelmäßig über spektakuläre Fälle und erzeugen den unzutreffenden Eindruck, dass dieses Phänomen massenhaft vorkommt (Pfeiffer u.a. 2004, Durrer 2006). Dennoch sind in Hamburg einzelne Fälle bekannt geworden. Seit man mit dem Handy ganze Filmfrequenzen aufnehmen kann und die Mobiltelefone fast für jeden verfügbar sind, nimmt das Phänomen in Deutschland wahrscheinlich stetig zu. Von "Happy Slapping" berichteten die Printmedien erstmals im Januar 2005 (Shaw 2005). <math>a=b+c</math>

Registrierte Fälle

Unklar ist das tatsächliche Ausmaß des Phänomens. Von den Straverfolgungsbehörden werden Fälle des "Happy Slapping" nicht systematisch erhoben. Die Erstellung eines differenzierten Lagebildes ist kaum möglich, da sich hinter "Happy Slapping" verschiedene Straftaten verbergen können, die isoliert registriert keine Bezüge zum genannten Phänomen erkennen lassen. Dazu kommt die Annahme, dass entsprechende Handlungen nur selten angezeigt werden. Praktiker aus Schule, Jugendhilfe und Polizei gehen daher von einem erheblichen Dunkelfeld aus. So ergab eine im Jahr 2006 durchgeführte telefonische Befragung der Hochschule der Medien in Stuttgart, dass 42,5 % der befragten 804 Kinder und Jugendlichen schon einmal gewalthaltige und/oder pornografische Videoclips auf dem Handy gesehen haben.(Grimm, 2007) Allein im vergangenen Jahr wurden beim Landeinstitut für Lehrerfortbildung (LI) der Bildungsbehörde in Hamburg 15 bis 20 Fälle strafrechtlich relevanter Fälle registriert.


Forschung

Über das Phänomen "Happy Slapping" liegen bislang kaum empirischen Analysen vor. An der Universität Trier soll in einem Projekt eine erste explorative Annäherung erfolgen. Untersucht werden soll sowohl die Täter als auch die Opferperspektive, wobei der Schwerpunkt auf den jugendlichen Tätern liegen soll. Im Projekt soll ferner die stattfindende Gewaltinteraktion analysiert werden. Es sollen Erklärungen erarbeitet werden, was das Besondere dieser Gewaltform ist, in dem die Rolle und Bedeutung des filmerischen Festhaltens der Gewalthandlung genau untersucht wird.

Nach einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen (KFN) mit 4000 Schülern lässt sich bereits jeder zehnte Jugendliche, der eine Gewalttat begeht, dabei filmen oder fotografieren. Die Gründe für solche Taten sind vielschichtig. Viele gaben an, den Wunsch zu haben, sich für die Kamera in Szene setzen zu wollen, um einmal berühmt zu werden. In einem sonst eher erfolglosen und ereignisarmen Leben seien das Aufnehmen solcher Taten seltene Höhepunkte des Erfolges (Pfeiffer, 2006 und Eckert (Uni Trier), 2007). Möglicherweise gibt es den Tätern auch ein Gefühl der Macht, wenn sie die Opfer über die Tat hinaus vorführen können. Auch die Wissenschaftler des KFN kommen zu dem Schluss, dass das Phänomen "Happy Slapping" noch nicht aussagekräftig genug erforscht ist. Aus diesem Grund plant das KFN noch im Jahr 2007 eine bundesweite repräsentative Schülerbefragung zu starten, bei der ein Schwerpunkt auf "Happy Slapping" liegt.

Die Medienanstalt Hamburg Schleswig Holstein (MA HSH) stellte am 27.09.2007 eine Studie zu Pornografie und Gewalt auf Handys vor. Es wurden 804 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren zum Thema problematische Handyvideos (Untersuchungszeitraum September/ Oktober 2006) befragt. Die Studie ist repräsentativ für die rund sieben Millionen 12- 19-jährigen Kinder und Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland. Nach der Studie besitzen 93,5 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen ein eigenes Handy. 66 Prozent nutzen es täglich. 76 Prozent verfügen über ein Handy mit integrierter Kamera, 58 Prozent mit Infrarot bzw. 51 Prozent mit Bluetoothschnittstelle. 82 Prozent der Eltern fragen nicht nach den Inhalten, die ihre Kinder auf ihrem Handy gespeichert haben. 93 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben von Videos mit problematischen Inhalten zumindest schon einmal gehört. 42 Prozent haben solche Videos schon einmal gesehen. 5 Prozent der Befragten gaben an, selbst Videos mit problematischen Inhalten auf ihrem Handy zu haben bzw. gehabt zu haben. Die Soziodemografie derer, die derartige Videos auf ihrem Handy haben oder hatten, stellt sich nach Grimm (Grimm; Rhein, 2007)wie folgt dar: Es handelt sich überwiegend um männliche Jugendliche ab 16 Jahre, vor allem 18- 19 jährige. Es waren überproportional viele Hauptschüler bzw. Jugendliche mit Hauptschulabschluss vertreten. Aber auch männliche Jugendliche zwischen 13 bis 18 Jahre mit einer niedrigen formalen Bildung zählen in der Studie zu den Risikogruppen.

Auf der Grundlage der Medienwirkungsforschung (Grimm; Rhein, 2007) können verschiedene Wirkungspotenziale bei bestimmten jugendlichen Risikogruppen relevant werden. Zum einen ist es die mögliche Verschmelzung von realer Gewalt und medialer Gewalt bei "Happy Slapping". Für Jugendliche bestimmter Risikogruppen, die authentisch wirkende "Happy Slapping" Videos oft konsumieren, könnten diese als Vorlage oder Script dienen, um künftig solche oder ähnliche Videos oder auch professionellere selbst zu produzieren. Ein weiteres Wirkungspotenzial ist die weit reichende Demütigung der Opfer und Manifestierung ihres Opferstatus, wenn Bilder von Opfern verbreitet werden. Im Falle von Handyvideos findet die Verbreitung nicht nur im Umfeld statt, sondern sie werden über das Internet einer anonymen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die durch die Veröffentlichung zusätzlich eintretende Komponente der Beschämung (gerade wenn die Tat mit Demütigungen einhergeht)ist für das Opfer gar nicht mehr zu kalkulieren. Das Opfer befindet sich in einer psychischen Extremsituation, welche ein unbefangenes Weiterleben im sozialen Umfeld erschwert, dadurch, dass praktisch jeder potentiell informiert sein könnte, der dem Opfer begegnet. Dieses ist aus Sicht der Opfer eine mediale Fortschreibung des Opferstatus. Ferner sind die brutalen und exzessiven Gewaltdarstellungen aufgrund ihres extremen Grades an Grausamkeit für Kinder und Jugendliche schwer verdaulich. Die Nichtverarbeitung solcher Eindrücke kann die Betrachter in emotionale Ungleichgewichte bringen. Das zeigt sich auch daran, dass Kinder und Jugendliche bei Gewaltdarstellungen, die sie als echt und realistisch empfinden, in der Regel stark emotional involviert sind. Sie reagieren mit Ängsten, die nicht bewältigt werden und über lange Zeit anhalten können. Durch einen regelmäßigen und langfristigen Konsum problematischer Szenen können Desensibilisierungseffekte eintreten. Eine Bewertung, dass das, was gesehen wird, völlig normal ist, wird dann vertreten. Die emotionale Ebene (Abstumpfung gegenüber Gewalt) und die kognitive Ebene (Gewalt als legitimes Mittel, um Probleme zu lösen oder sich durchzusetzen) können betroffen sein. Ferner sind Gewaltdarstellungen, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, für die Kinder und Jugendlichen nicht einzuordnen. Solche isolierten Gewaltakte, die weder in einem Handlungszusammenhang stehen, noch einen erkennbaren Informationshintergrund aufweisen, werden nicht sanktioniert, nicht erklärt oder negativ bewertet. Ein Verlust von Empathie (Mitleiden, Mitfühlen) einhergehend mit einer Gewaltbereitschaft (aggressive Gedanken, Emotionen und aggressives Verhalten) ist nicht auszuschließen.

Ursachen

Ein wichtiger Faktor dafür, dass gerade das Handy ein so attraktives Abspiel-, Speicher- und Verbreitungsmedium für entsprechende Clips ist, ist die Mobilität. Außerdem bietet das Medium die Vorteile der Unauffälligkeit, die ein heimliches Ansehen problematischer Clips ermöglicht. Jugendliche kommunizieren heute zunehmend über Wege, die Erwachsenen fremd sind und die sich deren Aufsicht komplett entziehen. Während es schon immer eine weltanschauliche Kluft zwischen den Generationen gegeben hat, war diese zuvor sprachlich überwindbar. Mittlerweile hat sich jedoch durch die zunehmende Technisierung der Welt nicht nur eine neue Jugendsprache sondern auch eine neue jugendtypische Wahrnehmungsform entwickelt, die bei Eltern Ratlosigkeit und Resignation hervorgerufen hat. Die elektronischen Kommunikationsmittel sind für Kinder und Jugendliche meist kein externes Werkzeug mehr. Sie gehören zu ihrem Alltag. Sie wachsen mit ihnen auf. Als so genannte Alway-On-Generation sind sie immer mit ihren Freunden verbunden. Sie nutzen die Realzeitverbindungen, wie Handygespräche und Chats, um sich in allen Lebenslagen auszutauschen. Das Handy ist für die meisten Jugendlichen Teil ihrer Persönlichkeit. Es stellt einen heiligen Gral der Selbstdarstellung und des Zugehörigkeitsgefühls dar. Das Handy ist durch individuelle Klingeltöne, Schalen, Logos und selbst aufgenommene Filme zum Inbegriff des sozialen Status geworden. Ist das Handy verloren oder sonst nicht mehr im Besitz der Jugendlichen, sind sie sofort aus der Kommunikationskette der eigenen Freunde ausgeschlossen.

Der englische Jugendforscher Graham Barnfield vertritt die These, dass bei "Happy Slapping" Spaß das Motiv sein dürfte. Sie symbolisieren eine degenerierte Kultur, in der es dazugehört, die Entwürdigung einzelner Menschen öffentlich zu zeigen. "Happy Slapping" sei eine Reaktion auf eine Gesellschaft, die immer exhibitionistischer und voyeuristischer werde. Es gäbe keinen Respekt mehr vor dem Gegenüber, keine Empathie, keine Solidarität. Barnfield führt weiter aus, dass "Happy Slapper" bereits früher straffällig geworden seien (Barnfield 2005).

Der deutsche Kriminologe Pfeiffer bezeichnet die gefilmten Attacken als gelebte Macho-Kultur. Viele der Jugendlichen seien stark durch gewalttätige Computerspiele und Fernsehen geprägt.

Der Erlanger Wissenschaftler Lösel vom Institut für Psychologie zählt zu den vielfältigen Ursachen für die Zunahme von "Happy Slapping" unter anderem den häufigen Konsum gewalthaltiger Computerspiel, Video- und Fernsehfilme sowie die Rezeption von Fernsehshows, die extreme Mutproben zeigen. Bedeutsam sind aus seiner Sicht das Klassenklima sowie vor allem die Zugehörigkeit zu Cliquen. Die Prahlereien mit Heldentaten nebst audiovisuellen Beweisen gelten als weitere Handlungsmotive für "Happy Slapping". Grimm (Grimm; Rhein, 2007) wird bei der Beantwortung der Frage, warum Gewalt- bzw. Sexhandyvideos bei Jugendlichen so beliebt sind, von einem Motivbündel gesprochen. Demnach liegen Identitätsmotive, Unterhaltungsmotive, Soziale Motive und Informationsmotive zugrunde. Die Identitätsmotive beinhalten den Wunsch nach sozialer Anerkennung. Die Handyvideonutzung wird als Mutprobe oder Tabubruch eingesetzt. Der Besitz von aktuellen Handyvideos fungiert als symbolisches Kapitel der Jugendlichengruppen. Die Jugendlichen meinen, dass sie handlungsleitende Themen finden. Sie lernen von den Vorbildern aus den Handyvideos und probieren unterschiedliche Rollen aus. Zu Erklärung der Unterhaltungsmotive wird in der Studie das Erleben intensiver Gefühle (Sensation seeking) angesprochen. Ein so genanntes "mood management" liegt vor, wenn die Jugendlichen die Gewaltvideos als "witzig" bezeichnen. Sie bauen Spannung und Angstlust auf. Soziale Motive liegen vor, wenn eine Interaktion mit Freunden stattfindet. Die Videonutzung als Gemeinschaftserlebnis und als gemeinsames Thema und Wissensfundus (Informationsmotive) betrachtet wird. Die Nutzung dient nicht selten der Stärkung von Freundschaftsnetzwerken aber ebenso auch der Abgrenzung von denen, die nicht zum Freundeskreis gehören. Ebenso grenzen sich die Jugendlichen vom Typ Opfer ab. Sie demonstrieren ihr Jugendlich-Sein und grenzen sich von Erwachsenen und Eltern ab. Dies geschieht z.B. durch die Geheimhaltung der Handyvideowelt oder durch das gezielte Schockieren mit bestimmten Clips. Im weiteren Verlauf der Studie wird auf die sozialen Folgen von "Happy Slapping" eingegangen. Neben der Steigerung von Gewalt durch die Täter wird besonders die Opferrolle betrachtet. Aus der Befragung der Opfer wurde deutlich, dass die Scham des Opfers darüber, dass es zu den Schwächeren gehört, sehr belastend ist. Das extrem verletzte Selbstwertgefühl des Opfers und die soziale Ausgrenzung durch andere und der damit verbundenen Verfestigung der Opfer-Rolle wurde ebenfalls herausgearbeitet. Als äußerst bedenklich wurde auf ein sich entwickelndes Empathiedefizit hingewiesen. Dies entsteht durch die Korrelation von der Gewaltdisposition und einer mangelnden Empathiebereitschaft. Der Empathieverlust stellt sich durch regelmäßigen und langfristigen Konsum solcher Gewaltszenen ein.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Ursachen dieses Phänomens vielfältig sind. Spaß, Geltungsbedürfnis, Mutproben, Machtdemonstrationen oder der Hang zur Demütigung der Opfer sind die aus den vorliegenden Studien die häufigst genanntesten. Festzustellen ist ferner, dass sich die Gewaltspirale mit zunehmender Verbreitung immer rasanter bewegt, geprägt durch den Wunsch, immer ausgefallenere Attacken zu inszenieren, um sich mehr Ruhm und Anerkennung unter Gleichgesinnten zu verschaffen. Gewalt und die Weitergabe treten in ein Synallagma. Das heißt, dass das eine um den anderen Willen begangen wird und sich so jeweils wechselsetig motiviert und verursacht. Ferner haben Gewalt und Verbrechen eine große Chance, als Nachricht einer großen Öffentlichkeit präsentiert zu werden, weil sie einen besonderen Aufmerksamkeitswert besitzen und intensiv konsumiert werden. Insbesondere ach tragischen Vorfällen wie Amokläufen werden in der Öffentlichkeit immer wieder die Medien wegen ihrer Gewaltdarstellung bzw. Berichterstattung über schwere Gewalttaten für derartige Gewaltexsesse von Jugendlichen verantwortlich gemacht. Der Zusammenhang zwischen Gewaltdarstellung in den Medien und dadurch ausgelöste Nachahmungstaten bestätigen diesen Ursache-Wirkungszusammenhang jedoch nicht (Kunczik&Zipfel, 2004). Die Darstellung realer Gewalt in der Medienberichterstattung kann zwar Auslöser für eine Nachahmungstat sein, dennoch muss die Wirkung dieser medialen Gewaltdarstellung im Kontext der emotionalen Biografie, der familiären Ausgangsbedingungen und dem sozialen Beziehungsgeflecht gesehen werden.

rechtliche Einordnung

Schüler/innen, die aktiv gegen die Opfer vorgehen

  • Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff StGB)
  • Bedrohung (§ 240 StGB)
  • Beleidigung (§ 185 ff StGB)
  • Nötigung (§ 240 StGB)
  • Hausfriedensbruch (§ 123 StGB)
  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§ 176 ff StGB)
  • Verbreiten von Gewaltvideos / Gewaltdarstellung (§131 Abs. 1 StGB)

Schüler/ innen, die die Gewalthandlungen mit dem Handy aufnehmen

  • Verstoß gegen das Recht auf das eigene Bild (Kunsturheberrecht) (§§ 22, 33 KUG)
  • Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201 a StGB)
  • unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)
  • Strafvereitelung (§258 StGB)
  • Anstiftung und Mittäterschaft
  • Verbreiten von Gewaltvideos / Gewaltdarstellung (§131 Abs. 1 StGB)


Schüler/ innen,die happy slapping beobachten

  • unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)
  • Strafvereitelung (§258 StGB)

Reaktionen

Über allem sollten die Förderung von Empathie und die Stärkung des Unrechtsbewusstseins sein. Darüber hinaus gilt es, den Kindern und Jugendlichen eine Medienkompetenz zu vermitteln. Wichtig ist auch, zu erfahren, welche Motive bei den Jugendlichen hinter der jeweiligen Art der Handyvideonutzung stehen, warum sie genau dieses Medium so nutzen, wie sie es nutzen, und was gewalthaltige und pornografische Videos für sie bedeuten und wie sie sie wahrnehmen.

Eltern

Die Polizei empfiehlt Eltern, das Thema des "Happy Slapping" mit ihren Kindern zu besprechen. Insgesamt wird die Vermittlung von Medienkompetenz als wichtige Präventionsmöglichkeit angesehen. Präventionshinweise insb. für Eltern, Lehrer und Polizeibeamte wurden vom Programm Polizeiliche Kriminalprävention (ProPK) in einem Infoblatt zusammengefasst und stehen im Internet zur Verfügung. Die Beratungsstelle Gewaltprävention der Behörde für Bildung und Sport (BBS) hat den Hamburger Schulen bereits Anfang 2006 Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Sie weist darin ausdrücklich auf die Normenverstöße, die Strafbarkeit und die zu treffenden Maßnahmen bis zum Einschalten der Polizei hin.


Schule

Die Verantwortlichen an den Schulen können gemäß § 49 Abs. 1 des Hambg-SchulG die zeitweise Wegnahme von Gegenständen, welches ein Handy zweifelsohne ist, einschließlich der dazu im Einzelfall erforderlichen Nachschau in der Kleidung oder in mitgeführten Sachen durchführen. Diese Maßnahmemuss in Verbindung mit einem konkreten Vorfall stehen. Bei minderjährigen Schülern wird das sichergestellte Handy den Erziehungsberechtigten übergeben. Zusätzlich sollte mit den Eltern ein norm-und hilfeverdeutlichendes Gespräch geführt werden. Darüber hinaus bietet das Schulgesetz Möglichkeiten, die Benutzung oder das Mitbringen von Handys zu regeln. Pauschal ist ein Handyverbot an Schulen wenig sinnvoll, nicht nur, weil es an den Schulen an Personal mangelt, das die Kontrollen durchführen könnte, sondern auch weil ein halbherziges Wegnehmen des Handys das Phänomen nicht einfach verschwinden lassen wird, sondern es bestenfalls vom Schulgelände auf das Schulumfeld verlagern wird. Den Verantwortlichen der Schule ist es nicht gestattet, das Handy auf einschlägige Vorfälle hin zu durchsuchen. Besteht aus Sicht der Verantwortlichen der Schule der begründete Verdacht einer Straftat, so ist die Polizei zu verständigen und das Handy zur Beweissicherung zu übergeben. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Benutzung von Handys im Unterricht an den Hamburger Schulen generell untersagt ist, da es sich um eine Unterrichtsstörung handelt. Darüber hinaus haben die einzelnen Schulen über ihre Schulkonferenz die Möglichkeit, individuell Maßnahmen und Sanktionen zu beschließen. Die Behörde für Bildung und Sport unterstreicht damit das eigenverantwortliche Handeln der Schulen und setzt auf Prävention und Aufklärung durch kompetente Pädagogen. Dies deckt sich mit den Ansätzen vom Projekt Polizeiliche Kriminalprävention (ProPK), in denen auf die Vermittlung von Medienkompetenzen und die Einbeziehung von Eltern, Lehrern und anderen Erziehungsverantwortlichen gesetzt wird.

Polizei

Gemäß §§ 94, 98 der Strafprozessordnung ist das Handy sicherzustellen oder zu beschlagnahmen, wenn es als Beweismittel zu Klärung einer Straftat dient. Sofern die gespeicherten Dateien strafbare und/oder jugendgefährdende Inhalte aufweisen und die in Frage kommenden Tatverdächtigen aufgrund ihres Alters keinen Beschuldigtenstatus haben (StPO nicht anwendbar), kommt auch eine Sicherstellung nach § 14 SOG in Betracht. Die Auswertung der Daten auf dem Handy ist unter § 110 StPO zu subsumieren.

Technische Möglichkeiten

Um einen effektiven Jugendmedienschutz zu betreiben, muss verhindert werden, dass problematische Inhalte überhaupt auf die Handys gelangen können. Es ist zu begrüßen, dass vor kurzem der erste Hersteller hat ein Handy mit Vorsperrung auf den Markt gebracht und angekündigt, diese Technik auch anderen Herstellern kostenlos zu Verfügung zu stellen. Durch die anbieterseitige Vorkonfiguration des Handys werden die über die Basisfunktionen hinausgehenden Sonderdienste und Schnittstellen standardmäßig blockiert. Handys ohne die für das Happy Slapping erforderlichen Funktionen, wie z.B. die eingebaute Kamera oder die Bluetooth-Funktion, sind vollwertige Telefone für den mobilen Einsatz, aber nicht für den Missbrauch im Sinne des Happy Slappings geeignet. Die Produktplatte einfacher Handys sollte erweitert und stärker beworben werden.

Professionelle Hilfe für Opfer

Menschen, die Opfer von gefilmten gewalttätigen Übergriffen geworden sind oder in beschämenden, intimen Situationen gefilmt wurden, befinden sich in einer psychischen Drucksituation, weil sie befürchten müssen, dass die Bilder oder Filme ihrer Bloßstellung oder Erniedrigung im Internet öffentlich gemacht werden und somit jedem, dauerhaft und weltweit verfügbar werden. Um den möglichen Folgen, wie Ängsten und Isolierungstendenzen entgegentreten zu können, sollten die Betroffenen professionelle psychologische und anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

andere verwandte Begriffe / Formen

  • Mobile Bullying

Beim "Mobile Bullying", auch "E-Bullying" genannt, wird über Handy mittels SMS, Photo oder Video jemand bedroht, beschimpft, gehänselt, schikaniert oder sexuell belästigt. Auch falsche Gerüchte, üble Nachreden oder Verleumdungen können via Handy ohne Wissen des Opfers leicht verbreitet werden. Des Weiteren können die Telefonnummern der Opfer missbraucht werden, um unter falscher Identität andere zu belästigen.

  • Cyberbullying

"Cyberbullying" ist die Verletzung und Beleidigung von Personen mittels Nutzung neuer Informations- und Kommunikationsmedien wie E-Mails, Handys und verleumderischer bzw. beleidigender Webseiten. Es handelt sich um eine neue Dimension des Quälens. Man braucht keinen Mut mehr, um das Opfer zu demütigen- ein Mausklick vor dem heimischen Internetrechner genügt. Die natürliche Hemmung, anderen Menschen Schaden zuzufügen, wird nicht zuletzt über die körperliche Nähe zum potentiellen Opfer und das direkte Mitansehen der zugefügten Verletzungen aufgebaut. Durch die Nutzung der anonymisierten Medien braucht der Täter seinem Opfer nicht mehr physisch gegenüberzutreten, außer im Fall von "Happy Slapping". Der Täter bei "Cyberbullying" bleibt weitgehend anonym und kann deshalb nicht direkt konfrontiert und für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden.


  • Snuff- Video

Der Begriff "Snuff- Video" leitet sich ab vom englischen Verb "to snuff out" ([jemanden] "umbringen", [eine Kerze]"ausblasen", [ein Leben] "auslöschen"). Videos dieser Art sind im Internet zu finden und können über einschlägige Webseiten sowie über Tauschbörsen heruntergeladen werden. Die Inhalte dieser Dateien sind häufig kurze, zusammenhanglose Tötungsdarstellungen. Dabei handelt es sich entweder um Ausschnitte von Film-/Videoproduktionen oder um Dokumentationen tatsächlicher Tötungen- wie beispielsweise Steinigungen, Verbrennungen oder Leichenschändungen. Die Herkunft dieses Materials geht oft auf Kriegsmilizen zurück, die davon profitieren, dass die Nutzer dieses Materials, wenn auch von diesen ungewollt, die Propaganda für die Terroristen unterstützen.


Literatur

  • Artikel auf Hamburger Abendblatt online "Makabres Spiel mit der Gewalt"

(http://www.abendblatt.de/daten/2007/02/26/695894.html)

  • Barnfield, Graham,(2005) http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/756/55701
  • Durrer, Hans (2006)Dossier: Happy Slapping, oder ist nur wirklich, was dokumentiert ist?
  • Grimm, Petra; Rhein Stefanie; Clausen-Muradian, Elisabeth (2007),Problematik von gewalthaltigen und pornografischen Videoclips auf Mobiltelefonen von Jugendlichen
  • Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN)

(http://www.kfn.de)

  • Kunczik &Zipfel (2004).In:Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.):Medien und Gewalt. Befunde der Forschung seit 1998.Stand :Juli 2004,S. 88-102
  • Lösel,Friedrich (2002): Gewalttätiges und gewaltfreies Konfliktlösungsverhalten in der Jugend
  • Forschungsprojekt zum Thema Happy Slapping der AG sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung (asw) e.V. an der Universität Trier

(http://www.asw-trier.de/inszenierte-gewalt)