Laura Poitras

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Laura Poitras 2014

Die Journalistin und Dokumentarfilmerin Laura Poitras (*1964 in Boston, Mass.), Mitbegründerin der Freedom of the Press Foundation, kuratierte mit dem Anwalt und Journalisten Glenn Greenwald das Informationsmaterial des Whistleblowers Edward Snowden über die Abhörpraktiken des amerikanischen Geheimdienstes NSA. Mit Greenwald und Jeremy Scahill publiziert sie seit 2014 auf der sog. Enthüllungsplattform "The Intercept". Für ihren Snowden-Film „Citizenfour“ erhielt sie 2015 den Oscar in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“. Zeitweise lebte und arbeitete sie in Berlin.

Weblinks und Literatur

"Eines der grundlegenden Prinzipien jeder Demokratie ist die Herrschaft des Gesetzes. Die Erfahrungen, die ich seit Jahren an der amerikanischen Grenze bei der Einreise mache, widersprechen diesem Prinzip vollständig.

Wir müssen uns nur den Fall von Khaled el-Masri ansehen, den unschuldigen Deutschen, den die CIA falsch identifiziert, entführt und gefoltert hat und dem mit Hilfe des sogenannten State Secret Privilege das Recht abgesprochen wurde, die amerikanische Regierung zu verklagen, um uns klarzumachen, welchen Albtraum Menschen mit weniger Schutz als ich in der Ära nach dem 11.September 2001 erleben können.

Wenn Beamte an der amerikanischen Grenze meine Reportagenotizen fotokopieren, wenn sie auf meine Kamera und mein Filmmaterial zugreifen, verletzen sie nicht nur meine Rechte und meine Privatsphäre. Sie verletzen den ersten Zusatzartikel und meine journalistische Verpflichtung, meine Quellen zu schützen. Als die Behörden 2006 begannen, mich an der Grenze festzuhalten – das war, nachdem ich einen Film über die Besetzung des Iraks gedreht hatte –, hörte ich auf, sensibles Quellenmaterial mit mir zu führen, wenn ich die Grenze überqueren wollte. Aber das ist sehr schwierig als Journalistin. Ich habe zurzeit Notizbücher und verschlüsselte Festplatten an vielen Orten in Europa versteckt, um sie nicht über die Grenze nach Amerika transportieren zu müssen. Das ist nicht gerade ein gutes Zeichen für eine Demokratie oder die Lage der freien Presse.

Guantánamo, gezielte Tötungen mit Hilfe von Drohnen, Beobachtungslisten, Tötungslisten, präventive Kriege – diese Politik wird auf uns selbst zurückfallen. Nicht nur, dass diese Politik internationales Recht bricht und die Menschenrechte verletzt, sie untergräbt auf fundamentale Weise unsere Sicherheit. Die amerikanische Politik nach den Anschlägen vom 11.September hat zu einer Woge ungewollter Folgen geführt, und das ist eine Folge der Instabilität und der Gewalt, die wir verbreitet haben. Der IS ist ein Resultat des Machtvakuums, das bei der gescheiterten Okkupation des Iraks entstanden ist. Die Zerstörung rechtsstaatlicher Prinzipien und juristischer Rahmenbedingungen steht in keinem Verhältnis zu der Gefahr, der wir uns gegenübersehen. Es ist das Gegenteil dessen, was wir tun sollten.

Die gegenwärtige amerikanische Politik schafft mehr Terror und mehr Chaos in der Welt, nicht weniger. Demokratien sollten ein Beispiel geben und den Buchstaben des Gesetzes folgen. Die willkürliche und tiefgreifende Bespitzelung von Regierungschefs und führenden Politikern befreundeter und verbündeter Staaten unterminiert die Fähigkeit der Demokratien, den vielen Gefahren zu begegnen, denen die Freiheit in der heutigen Welt ausgesetzt ist. Eine effektive, koordinierte Antwort erfordert ein hohes Maß an Vertrauen – genau jenen Wert, den die Überwachungsprogramme zerstören.

Die Vereinigten Staaten benutzen die Angst, um einen Sicherheitsapparat zu rechtfertigen, der nicht mehr Teil des demokratischen Prozesses oder einer demokratischen Kontrolle ist. Diese Art von im Geheimen operierender Macht ist gefährlich. Whistleblower wie Edward Snowden oder Chelsea Manning, die ihr Leben riskiert haben, um illegales Vorgehen der Regierung und Kriegsverbrechen ans Licht zu bringen, sind noch keine Lösung für das Problem. Wir schulden ihnen Dank. Aber gewählte Amtsinhaber sollten zur Verantwortung gezogen werden. Die Bürger freiheitlicher Gesellschaften sollten von ihren Regierungen Transparenz fordern.

Es ist eine nationale Schande, dass die Vereinigten Staaten nach dem 11.September Entführungen und die Folterprogramme ins Werk gesetzt haben. Es ist eine nationale Schande, dass Guantánamo immer noch nicht geschlossen wurde und dass die Menschen, die dort inhaftiert sind, seit dreizehn Jahren auf ihre Anklage warten.

Die Vereinigten Staaten sind auf der falschen Seite der Geschichte gelandet, und ich hoffe, dass die Deutschen und die anderen Verbündeten internationalen Druck auf Amerika ausüben, damit diese Politik ein Ende hat."