Kriminalprävention bei Jugendlichen

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

In diesem Artikel soll Kriminalprävention speziell in Bezug auf Jugendliche beschrieben werden. Einen ausführlichen Artikel zum Thema Prävention, der auch das Gebiet der Kriminalprävention im Allgemeinen beinhaltet, besteht bereits bei Krimpedia.

Allgemeine Begriffsklärung

Unter Kriminalprävention wird im Allgemeinen die Verhinderung von kriminellen Handlungen durch bestimmte Herangehensweisen verstanden. Hier werden spezielle allgemeine theoretische und praktische Maßnahmen beschrieben, die bei Jugendlichen nützlich sind und in der Praxis angewendet werden.

Allgemeine Bedingungen zur Verhinderung krimineller Handlungen

  • Sozialisation und Erziehung: Sozialisation soll als offener Kommunikationsprozess ohne einseitiges Moralisieren und Sanktionieren verstanden werden. Einerseits ermöglichen Sozialisationsinstanzen ein Hineinwachsen in die Gesellschaft und andererseits eignen sich die Jugendlichen selbst subjektive die vorgefundenen Verhältnisse und Bedingungen an. Erziehung gibt eine Einführung in gesellschaftliche Werte, Normen und Selbstverständlichkeiten, wobei diese nicht zwanghaft übenommen werden müssen. Die Eigenständigkeit des Kindes muss berücksichtigt werden, auch wenn Normen abgelehnt und andere Verhaltensweisen bevorzugt werden. Kinder haben den Anspruch, durch Eltern und Erzieher nicht nur destruktive und weniger gefährdende Verhaltensweisen vermittelt zu bekommen, sondern selbst welche zu entwickeln. Kinder und Jugendliche sind vor Einflüssen zu schützen, die ihre Entwicklungsmöglichkeiten schädigen.
  • Aktiver Prozess, Individualisierung, Integration, Kommunikation: Individualisierung birgt die Gefahr, dass Jugendlichen, die an desintegrativen Normen festhalten, die gesellschaftliche Solidarität entzogen wird. Kinder und Jugendliche müssen aber als aktiv Mitwirkende, in einem sich ständig vollziehenden Prozess der Bewährung und Erneuerung der Lebenswelt akzeptiert und verstanden werden. Außerdem müssen sie an den integrativen Prozessen mitwirken, organisieren und sich über die für sie relevanten Ziele und Bedürfnisse äußern dürfen. Eine wichtige Bedeutung kommt der Entwicklung von Kommunikations- und Kritikfähigkeit zu, womit Bestärkung der eigenen Haltung und die Achtung von Normen und Werten anderer gemeint ist, so dass Erziehung zum Erreichen von Gerechtigkeit, Solidarität und Eigenverantwortlichkeit führt.
  • Institutionen:
    • Familie: Familie ist die erste und bedeutsamste Lebensgemeinschaft, die grundlegende Werte der Gesellschaft und Formen des sozialen Zusammenlebens vermittelt. Eine gelingende Frühsozialisation ermöglicht Haltungen, die dem Abgleiten in die Dissozialität oder Delinquenz entgegenwirken. Prävention setzt bei der Unterstützung und der Stärkung der Familien als Orte des Lebens und Aufwachsens durch Staat und Gesellschaft an.
    • Schule: Schule stellt einen gemeinsamen Lebensort für alle dar, unabhängig von der sozialen Herkunft, Entwicklung von grundlegenden Fähigkeiten für ein selbstbestimmtes und sozial verantwortungsbewusstes Leben. Hier werden Kenntnisse für berufliche Bildung und Entwicklung individueller Persönlichkeit vermittelt. Schule soll ein offenes Forum der Interaktion und Kommunikation mit möglichst vielen unterschiedlichen Partnern sein. Für eine ganzheitlich orientierte Persönlichkeitsbildung und -entwicklung müssen die Programme neben pädagogischen Konzeptionen ebenso Ziele und Inhalte der Wissensvermittlung enthalten. Ein differenziertes Angebot an Schulformen kann jedem Jugendlichen eine Chance geben. Prävention kann in der Schule folgendermaßen greifen: Die Entwicklung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit ist Voraussetzung für einen angemessenen Umgang mit anderen dient der erfolgreiche Vertretung von Interessen in Konkurrenz zu anderen. Die Weiterentwicklung von Konzepten zum Umgang mit problematischem Schülerverhalten und schwierigen Beziehungskonstellationen zwischen Lehrern und Schülern sowie eine pädagogische Weiterbildung und Arbeit mit lebensweltorientiertem Ansatz der Jugendlichen muss ständig geschehen. Das Vermitteln und Lernen kooperativer Konfliktlöösungsstrategien verbessert die sozialen Kompetenzen und entlastet die Lehrer. Sport dient der Entspannung und Aggressionsbewältigung und fördert ebenso soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Einhalten von Regeln, Frustrationstoleranz, realistischer Umgang mit Erfolg und Niederlage. Dabei muss aber auch eine kontinuierliche Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte für Kommunikation und Konfliktbewältigungsstrategien stattfinden.
    • Ausbildung: Den Jugendlichen sollen entsprechend ihren Wünschen und Fähigkeiten Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden, damit sie eine Wahlmöglichkeit haben und selbst bestimmen können. Als Präventionsmöglichkeit dient die positive Ermunterung und Bestärkung der vorhandenen Leistungsmotivation und niedrigschwellige Angebote für weniger motivierte Jugendliche.
    • Freizeit: In der Freizeit suchen Jugendliche Erfolg und Selbstbestätigung, ganz nach der Devise: no risk, no fun. Prävention kann durch Angebote zur Freizeitgestaltung gelingen. Diese müssemn ihrem Alter entsprechend wachsende Entscheidungsbefugnisse über die Gestaltung der Angebote der Kinder- und Jugendarbeit beinhalten. Neben pädagogischen Angeboten sollen die Freizeitangebote auch Gelegenheit geben, nach eigenen Vorstellungen ihre freie Zeit zu gestalten, bspw. Geschlechtsspezifische Ansätze, qualifizierte Jugendhilfeplanung mit Beteiligung der Kinder und Jugendlichen an der öffentlichen Planung. Planungsfreie Räume sollen den Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht und ihnen vorbehalten werden, so dass sie ihre eigene Lebenswelt entdecken, erobern und ihre Bewegungs- und Spielmöglichkeiten erweitern können. Auch der richtige Umgang mit Medien ist wichtig, so sollen Kinder und Jugendliche durch die Ausbildung inner-psychischer Fähigkeiten zu einem verantwortlichen und kritischen Umgang gebracht werden. Sport- und Spielangebote fördern die Integration und stärken soziale Kompetenzen.
    • Drogen und Sucht: Die Jugendlichen sollen mittels erzieherischer Maßnahmen einen verantwortlichen Umgang mit Suchtmittel erwerben. Präventiv ist die Entwicklung und Anwendung kontinuierlicher Programme und integrierter Kampagnen, mittels derer auf gesundheitliche Risiken des Missbrauchs legaler und illegaler Drogen hingewiesen wird und eine Sensibilisierung in Bezug auf Probleme geschieht. Programme müssen sich an die veränderte Lebenswelt der Jugendlichen anpassen und ihnen vielfältige Alternativen geben.

Präventions-Projekte

  • Jugendarbeit: Ein internationales Phänomen in allen Kulturen ist, dass junge Männer vorwiegend Gewaltdelikte begehen. Gewalt geschieht oft wegen mangelnde Alternativen, sich auf eine andere Art auszudrücken. Um Gewalt vorzubeugen, können einerseits Vorbilder dienen, mit denen positive Verhaltensweisen verbunden werden, andererseits soll den Jugendlichen Raum gegeben werden, sich aktiv auszuleben und ihre Grenzen zu testen und auch zu überschreiten. Die Jugendlichen wollen, dass ihre Verhaltensweisen akzeptiert und angenommen werden. Haindorff geht auf die Hirnforschung ein und verdeutlicht, dass die Konstruktion des männlichen Gehirns mehr auf Handeln und weniger, wie das weibliche Gehirn, auf Sprechen angelegt ist. So wird verständlich, dass die klassische Jugend- und Sozialarbeit bei männlichen Jugendlichen zum Scheitern verurteilt ist, denn sie setzt auf Emotionen und Gespräche. Prävention muss so angreifen, dass die Jungen ihr Verhalten nicht verändern müssen, sondern dass ihre Kultivierung und ihr Enthusiasmus angenommen werden. Die Eltern müssen bestärkt werden (Empowerment) und müssen auch Fehler zulassen können. Konflikte sollten auf der Handlungsebene und nicht auf Gesprächsebene angegangen werden.
  • Arbeit mit Migranten-"Communities": Die Migrationsrealität der "Communities" ist sehr von der Familie und den Normen und Werten ihrer Ethnie geprägt. Diese Realität gilt es anzuerkennen um ein Vetrauensverhältnis zu entwickeln und so längeren Kontakt für bessere Beziehungen zu halten. Hilfe darf sich nicht nur an den Defiziten von Migranten orientieren, statt dessen müssen konkrete Projekte an der Migrationsrealität ansetzen und in die Strukturen der Migranten-"communities" eingegliedert werden. Ein Beispiel geben die regionalen Arbeitsstellen zur Förderung ausländischer Kinder und Jugendliche, die eine interkulturelle Vernetzung der schulischen und außerschulischen Arbeit mit den "Community"-Strukturen anstreben. Die Durchsetzung einer interkulturellen „community“-Arbeit ist mit der politischen Akzeptanz der Einwanderungssituation und der Umsetzung eines sozialen Intergrationskonzepts auf der Grundlage der Gleichberechtigung und Chancengleichheit verbunden.
  • Sozialpädagogische Familienhilfe
  • Integrative Familienhilfe
  • Centres Socio-Culturels
  • Jugendhilfeplanung

Rückfallvermeidung

interessant ist die derzeitig aufkommende Diskussion über die sog. Bootcamps.


  • Täter-Opfer-Ausgleich
  • HALT-Büros
  • T-Teams
  • Instap
  • Nachbarschaftsnetze
  • Empowerment

Literatur

  • BENDIT, René/ ERLER, Wolfgang/ NIEBORG, Sima/ SCHÄFER, Heiner (Hrsg.), 2000: Kinder- und Jugendkriminalität. Strategien der Prävention und Intervention in Deutschland und den Niederlanden. Leske & Budrich, Opladen
  • KASTNER, Peter/ SESSAR, Klaus (Hrsg.), 2001: Strategien gegen die anwachsende Jugendkriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen. Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik. Band 27.
  • HAINDORFF, Götz: Gewaltprävention durch professionelle Jugendarbeit. In: Kinder und Jugendliche als Täter und Opfer. Aspekte der Vorbeugung dargestellt an Eckpfeilern der kindlichen Sozialisation. Dokumentation des 12 Mainzer Opferforums vom 14./15. Oktober 2000, veranstaltet vom Weisen Ring.