Klaus Eichner

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Klaus Eichner (*21.03.1945 in Fürth, Bayern; † 6.10.2012 in Hamburg) war von 1983 bis 2010 Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt "Abweichendes Verhalten und soziale Probleme" an der Universität Hamburg. Er war u.a. Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Soziologie, Programmdirektor für die soziologischen Studiengänge, Vertreter des Fachbereichs Sozialwissenschaften im Gemeinsamen Ausschuss (GA) für den Masterstudiengang Internationale Kriminologie und Mitglied des Direktoriums der Arbeitsstelle für Rehabilitations- und Präventionsforschung und leitete zudem ununterbrochen den Studienschwerpunkt "Soziale Probleme, Sozialpolitik, Soziale Dienste".

Der polyglotte Soziologe, der u.a. auch fließend Norwegisch und Portugiesisch sprach, engagierte sich für die lokale Verankerung von Forschung und Lehre ebenso wie für deren Internationalisierung. Er organisierte Forschungsprojekte, die sich die Verbesserung der Lebensverhältnisse in Hamburg zum Ziel gesetzt hatten (u.a. "Familie in Hamburg", gefördert von der Freien und Hansestadt Hamburg), betrieb aber insbesondere seine Forschungen zu Netzwerken in der Gesundheitspolitik auch in international vergleichender Perspektive in Kooperation mit Universitäten in Brasilien. Damit führte er die lange Tradition der Zusammenarbeit zwischen der Soziologie in Hamburg und der Universität von Pernambuco in Recife (UFPE) fort, zu der in früheren Jahrzehnten auch schon Gastaufenthalte von Karl-Dieter Opp, die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Niklas Luhmann und in der Folge dann wiederholte Gastaufenthalte Klaus Eichners an der UFPE gehört hatten. (Bei anderer Gelegenheit war Eichner auch als Visiting Scholar an der University of Southern California, Los Angeles, anzutreffen.)

Auf Klaus Eichner geht auch die seit 2011 bestehende Möglichkeit eines binationalen deutsch-brasilianischen soziologischen Studienabschlusses (“Doppelabschluss”) für Studierende der Soziologie in Hamburg und in Recife zurück.


Forschungsprojekte

01/2012 – 12/2013 „Soziale Unterstützungsnetzwerke psychisch Kranker“; Forschungsprojekt des Instituts für Soziologie der Universität Hamburg und dem Centro de Estudos das Migrações e das Redes Sociais der Universidade Aberta Lisboa/Portugal (Koordination: Prof. Dr. Maria de Fatima Pereira Alves, Prof. Dr. Olaf von dem Knesebeck und Prof. Dr. Klaus Eichner). Gefördert vom DAAD

09/2011 - 08/2013 „Psychische Gesundheit, soziale Netzwerke, soziale Unterstützung. Eine komparative Studie Deutschland-Russland“; Forschungsprojekt des Instituts für Soziologie der Universität Hamburg und dem Institut für Soziologie der Staatlichen Universität St. Peterburg/Russland (Koordination: Prof. Dr. Klaus Eichner und Prof. Dr. Nikolay Golovin). Gefördert vom BMBF

2005 – 2011 „Redes Sociais e Saúde“ (Soziale Netzwerke und Gesundheit); Forschungskooperation des Instituts für Soziologie der Universität Hamburg und dem Soziologischen Institut der Universidade Federal de Pernambuco in Recife/Brasilien (Koordination: Prof. Dr. Breno Fontes und Prof. Dr. Klaus Eichner). Gefördert vom Conselho Nacional de Desenvolvimento Científico e Tecnólogico (CNPq)

2011 – 2012 „Soziale Netzwerkpartner von Kindern und Jugendlichen in prekären Lebenssituationen in der Freien und Hansestadt Hamburg“ (Koordination: Prof. Dr. Klaus Eichner). Gefördert von der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg

2003 - 2005: „Familie in Hamburg“, Projektleitung Prof. Dr. Klaus Eichner und Prof. Dr. Heinz Renn, Universität Hamburg, Institut für Soziologie. Gefördert von der FHH.

Kooperation mit Brasilien

Eichner pflegte die Kooperation mit Brasilien. Hier ein Auszug aus seiner Webseite:

Universitätspartnerschaft zwischen der Universidade Federal de Pernambuco und der Universität Hamburg

"Im September 2003 wurde zwischen der Universität Hamburg und der Universidade Federal de Pernambuco in Recife, Brasilien, eine Universitätspartnerschaft geschlossen. Koordinatoren: Prof. Dr. Breno Augusto Souto Maior Fontes (Brasilien) und Prof. Dr. Klaus Eichner (Deutschland). Der Partnerschaftsvertrag wurde im Juli 2007 und im April 2010 um je weitere drei Jahre verlängert.

Die Universidade Federal de Pernambuco ist eine relativ große, renommierte brasilianische Universität und nach nationalem Ranking regelmäßig unter den besten 10. Sie besitzt unter anderem einen Bachelorstudiengang (“Graduação”/”Bacharel”), sowie einen Diplom/Master- (“Mestrado”) und Doktor- (“Doutorado”)Studiengang im Fach Soziologie. Zur Tradition der Arbeitsbeziehungen des Instituts mit Deutschland gehören ein Gastaufenthalt von Karl-Dieter Opff, die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Niklas Luhmann und mehrere Gastaufenthalte von Klaus Eichner.

Zwischen den soziologischen Instituten der beiden Universitäten, sowie insbesondere zwischen den Schwerpunkten “Soziale Probleme” in Hamburg und dem grafik link“Núcleo de Cidadania, Exclusão e Processos de Mudanças ( NUCEM )” an der UFPE bestehen intensive Forschungs- und Austauschbeziehungen."

UNIBRALI 2006 -2009 und UNIBRAL II 2011-2012

"UNIBRAL sieht eine umfassende Zusammenarbeit zwischen brasilianischen und deutschen Hochschulen vor. Es wurde vom Bildungsministerium der Föderativen Republik Brasilien und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gemeinsam vereinbart und wird vom DAAD und seiner brasilianischen Partnerorganisation CAPES durchgeführt.

Der DAAD finanziert für deutsche Studierende eine Reisekostenpauschale, monatliche Teilstipendien, sowie die Auslandskrankenversicherung, für deutsche Postdocs und Professoren die Reise- und Aufenthaltskosten. CAPES finanziert die Reisekosten und Stipendien für brasilianische Studierende sowie Reise- und Aufenthaltskosten brasilianischer Postdocs und Professoren.

DAAD/CAPES haben diesen auf 4 Jahre angelegten Austausch von Studierenden, Postdocs und Professoren des Instituts für Soziologie der Universität Hamburg und des Partnerinstituts für Soziologie an der UFPE nach dem UNIBRAL-Programm von 2006 bis 2009 bewilligt.

DAAD/CAPES fördern nunmehr das Austauschstudium im Rahmen des binationalen Studienabschlusses (“Doppelabschluss”) grafik linkUNIBRAL II für die Jahre 2011 bis 2012 (mit Verlängerungsoption für 2013 und 2014)."

Veröffentlichungen von Klaus Eichner

Eichners Publikationen tangierten viele Bereiche wie z.B. Soziale Probleme, Wissenschaftstheorie, Allgemeine Soziologie, Empirische Sozialforschung, Statistik, computergestützte Interviewverfahren und die Soziologie freiwilliger Vereinigungen; dazu gehören:

  • Klaus Eichner (1974) Logische Grundlagen der Sozialtechnologie.
  • Klaus Eichner (1976) Zur Symmetrie zwischen Verifikation und Falsifikation. Journal for General Philosophy of Science, Volume 7, Number 1; 119-120
  • Klaus Eichner, Werner Habermehl, (Hrg.): Probleme der Erklärung sozialen Verhaltens. Anton Hain, Meisenheim 1977. ISBN 3-445-01428-0.
  • Klaus Eichner (1978) Werner Habermehl: A note on the controversy between Rapp and Eichner. Journal for General Philosophy of Science Volume 9, Number 2: 337-338
  • Klaus Eichner, Werner Habermehl (1978) Der RALF Report: Das Sexualverhalten der Deutschen. Hamburg: Hoffmann & Campe.
  • Klaus Eichner (1981) Pseudo-simple Random Sampling in the Federal Republic of Germany. Bielefeld : Univ., Fak. f. Soziologie.
  • Klaus Eichner (1984) Die Entstehung sozialer Normen. Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Klaus Eichner, Hg. (1988) Perspektiven und Probleme anwendungsorientierter Sozialwissenschaften, Braunschweiger Studien zur Erziehungs- und Sozialarbeitswissenschaft, Bd. 21, Braunschweig.
  • Andreas Diekmann, Klaus Eichner, Peter Schmidt and Thomas Voss, Hg. (2008) Rational Choice: Theoretische Analysen und Empirische Resultate. Festschrift für Karl-Dieter Opp zum 70. Geburtstag. Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften
  • Klaus Eichner, Breno Fontes (2009) Familie, Soziale Netzwerke und Gesundheitspolitik: Family, Social Networks and Health care. Münster, Hamburg etc.: LIT
  • Bereichsrezension. Klaus Eichner und Andreas Weber (2009) über: MICHAEL SCHETSCHE, Empirische Analyse sozialer Probleme. Das wissenssoziologische Programm. Wiesbaden: VS 2008. ALDO LEGNARO / ARNOLD SCHMIEDER (Hrsg.), Kontrollierter Drogenkonsum – Drogenkonsum als Lebenskontrolle. Berlin: Lit Verlag 2006. BERND DOLLINGER / HENNING SCHMIDT-SEMISCH (Hrsg.), Sozialwissenschaftliche Suchforschung. Wiesbaden: VS 2007. JAN DIETRICH REINHARDT, Alkohol und soziale Kontrolle, Gedanken zu einer Soziologie des Alkoholismus. Würzburg: Ergon Verlag 2005. TILMAN BECKER / CHRISTINE BAUMANN (Hrsg.), Schriftenreihe zur Glücksspielforschung, Gesellschafts- und Glücksspiel: Staatliche Regulierung und Suchtprävention, Beiträge zum Symposium 2005 der Forschungsstelle Glücksspiel. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2006. MIRIAM K. DAMROW, Sexueller Kindesmissbrauch. Eine Studie zu Präventionskonzepten, Resilienz und erfolgreicher Intervention. Weinheim und München: Juventa Verlag 2006. BERNADETTE PAPE, Schriften zum Strafrecht und Strafprozessrecht, Legalverhalten nach Sexualdelinquenz. Eine empirische Analyse der Delinquenzkarrieren nach Sexualstraftaten an Kindern. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2007. In: Soziologische Revue, Oldenbourg Wissenschaftsverlag. Print ISSN: 0343-4109 Volume: 32, 04. 429 - 478

Wissenschaftlicher Werdegang

Nach seinem Studium in Erlangen-Nürnberg (1965-70) und dem Abschluss als Dipl.-Sozialwirt übernahm Eichner zunächst eine Dozententätigkeit an der Stiftungsfachhochschule Nürnberg (1970-72). Nach Promotion zum Dr. rer. pol. (1974) und Habilitation (1979), mit der er seine Zeit als wissenschaftlicher Assistent (1972-78) abschloss, folgten eine Zeit als Privatdozent (1979-83) und die Annahme des Rufes auf die Professur für Soziologie am Institut für Soziologie mit dem Schwerpunkt "Abweichendes Verhalten und soziale Kontrolle" an der Universität Hamburg. Eichners wichtigste akademischer Lehrer war Karl-Dieter Opp, dem er zeitlebens in guter Kollegialität verbunden war. Von 1983 bis 2010 war Eichner einer der wesentlichen Gestalter von Lehre und Forschung der Soziologie an der Universität Hamburg.

Als die Universität seinen Wechsel in den Ruhestand meldete, ordnete sie ihn, der immerhin fast drei Jahrzehnte dem Fachbereich Sozialwissenschaften angehört und ihn viele Jahre sogar geleitet hatte, irrtümlich der Sozialökonomie zu:

Prof. Dr. rer. Pol. Klaus EICHNER, an der Universität Hamburg tätig seit 01.03.1972, jetzige Funktion: Universitätsprofessor im Fachbereich Sozialökonomie der WISO-Fakultät, tritt mit Ablauf des 31.03.2010 in den Ruhestand.

Als die Fakultät am 19.01.2011 mit zahlreichen Vorträgen ihrer Neuberufenen den Dies Academicus feierte, bedankte man sich auch bei dem Neu-Ruheständler Eichner für dessen Verdienste. Im Lichte der dann folgenden Ereignisse verdient die folgende Passage aus dem Bericht von Ursula Hoffmann über den Verlauf des Festaktes Aufmerksamkeit:

"Auch für das leibliche Wohl wurde hervorragend gesorgt und auch die menschliche Seite kam z.B. bei der Verabschiedung der aus der Lehre ausscheidenden Wissenschaftler nicht zu Kurz. Anbei hier noch insbesondere ein Dankeschön an den aus der Lehre ausscheidenden Dekan und Professor Dr. Klaus Eichner, der sich in seiner Amtszeit besonders aktiv für die Belange seiner Studenten eingesetzt hat. Wie er mir mitteilte, wird er sich auch weiterhin um das studentische Austauschprojekt mit Brasilien kümmern."

Die Universität zeigte ihm im letzten Jahr seines Lebens ihre "menschliche Seite" nur noch selten. Als Gentleman nahm er Brüskierungen durch eine Fakultät, die für ihn und seine Verdienste um Forschung und Lehre in der Soziologie kaum noch Wertschätzung aufzubringen schien, ohne öffentliche Klagen hin.


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