Ernst Seelig

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der österreichische Kriminologe und Strafrechtler Ernst Josef August Seelig (*25.03.1895 in Graz; † 01.11.1955 in Wien), ein Student von Hans Gross, Schüler von Adolf Lenz und Vorstandsmitglied der Kriminalbiologischen Gesellschaft, war Direktor des Kriminologischen Instituts in Graz und 1954-1955 Kriminologie-Professor in Saarbrücken und Leiter des ersten kriminologischen Diplomstudiengangs in Deutschland (Dipl.-Krim.).

Leben

  • Seelig war der Sohn des Musikprofessors und Inhabers eines Musikverlages August Seelig (1847-1908) und dessen Ehefrau, der Arzttochter Martha von Kottowitz Edle zu Kortschak (1854-1920). Ernst Seeligs Bruder war der Mathematikdozent Dr.phil. Rudolf Seelig (1890-1918). Schulzeit: 1901/02 bis 1904/05 Besuch der Evangelischen Volksschule und 1905/06 bis 1912/13 des humanistischen Staatsrealgymnasiums in Graz; Matura 1913. 1913/14 bis 1917 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften (Graz); 1918 Dr. jur.; 1918 Ehe mit der Forstbeamtentochter Maria Angela Alberer (1889-1933); Sohn Gerhart Otto Seelig (1921-1985), Angestellter bei einer Wohnbaugenossenschaft. Rechtsanwaltspraxis in Graz (1918-20; 1921-22); Gerichtspraxis (1920-21; 1922-24: Richteramtsanwärter). April 1919-Dezember 1923: Kriminologisches Institut der Universität Graz. Unbesoldeter Assistent bei Adolf Lenz; 1923: Habilitation für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie ("Das Glücksspielstrafrecht"). 1924–1939: Privatdozent und besoldeter ordentlicher Assistent am Kriminologischen Institut; seit 1928: mit dem Titel eines außerordentlichen Universitäts-Professors (a.o. Univ.-Prof.).
  • 1934-1938: Mitglied der "Vaterländischen Front". 5. Mai 1938: Mitgliedschaftsanwärter NSDAP (Mitglied: 1. Jänner 1941); Februar 1939: Mitglied von "NSD-Dozentenbund und Dozentenschaft" der Reichsuniversität Graz (1940: Pressereferent); Februar 1939: Zuständig für sämtliche in Durchführung der Nürnberger Gesetze vorgenommenen „Mischlingsuntersuchungen". 1939 Ernennung zum außerplanmäßigen Professor (apl. Prof.). Ab Februar zuständig für sämtliche in Durchführung der Nürnberger Gesetze vorgenommenen Mischlingsuntersuchungen. Juli 1941: vertretungsweiser Inhaber des ordentlichen Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht. Im August 1941 wird Seelig ordentlicher Universitätsprofessor des Strafrechts und Strafprozesses und Direktor des Kriminologischen Instituts in Graz. Im April 1945 Übersiedlung des Kriminologischen Instituts zur Ausweichstelle beim Amtsgericht Kitzbühel (Tirol).
  • Juli 1945 Rückübersiedlung nach Graz. Per Erlass des steiermärkischen Landeshauptmanns vom 23.11.1945 bleibt Seelig Direktor des Kriminologischen Instituts. Er wird wieder a.o. Univ.-Prof. der Kriminologie. Per Verfügung der britischen Zivilverwaltung mit Wirkung vom 4.02.1946 wird Seelig seines Amtes enthoben. Vorläufige Wiedereinsetzung Seeligs per Landesberatungskomitee bei der Landeshauptmannschaft für Steiermark im November 1946. Endgültige Dienstenthebung durch neuerliche Verfügung der britischen Zivilverwaltung vom 22.01.1947 auf Grund der Entscheidung der Alliierten Kommission für Österreich /ACA). Versetzung in den Ruhestand unter Kürzung der Bezüge bis zur Erreichung des 60. Lebensjahres (als ordentlicher Assistent; per Erlass des Unterrichtsministeriums vom 26. August 1947 mit Wirksamkeit vom 31. August 1947, laut Beamtenüberleitungsgesetz). 1951 Wiederverleihung der Venia Legendi für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität Graz als titular außerordentlicher Universitäts-Professor (tit. a.o. Univ.-Prof.). Provisorischer Leiter des Kriminologischen Instituts (Dezember 1951)
  • Gastprofessor für Strafrecht und Kriminologie an die Universität des Saarlandes in Saarbrücken/Saarland (ab März 1952), zunächst unter Beibehaltung seiner Funktionen an der Universität Graz. Gründung des Saarbrücker Institut für Kriminologie. Das Institut bot in den Anfangsjahren einen eigenständigen Diplomstudiengang Kriminologie an und betreute später namentlich auch die Wahlfachgruppe Kriminologie. Mit der „Kriminologie“ in Saarbrücken sind zahlreiche Forschungsarbeiten im Bereich Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug verbunden. Ordentlicher Univ.-Prof. des Strafrechts, Strafprozessrechts und der Kriminologie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken (April 1954). Ehe mit Roswitha Grüner (*1920); endgültige Übersiedlung nach Saarbrücken.
  • Zu Pfingsten 1955: Rückkehr nach Graz aus Gesundheitsgründen (Lungenkrebs). Tod in einer Wiener Privatklinik.

Werk

1933 schloss Seelig (1933: 113, 131 f.) einen Vortrag mit dem Aufruf, "wem die kriminalbiologische Qualität unserer kommenden Jugend damit unseres Volkes am Herzen liegt, der gelangt zu Erkenntnis, dass der Kampf gegen die kriminogene Anlage das kriminalpolitische Gebot der Gegenwart ist."

Nachlass

  • Reinhard Müller (1996b) erklärt zum Nachlass: "Der Nachlass Ernst Seelig wurde dem "Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich" von dessen Witwe, Roswitha Seelig, geschenkt. Dabei wurden im März und Mai 1991 zunächst nur Fotokopien angefertigt, im November 1995 die Originale übergeben. Es handelt sich dabei um den gesamten erhalten gebliebenen Nachlass aus der Wohnung Ernst Seeligs und zu einem kleinen Teil auch von seiner Arbeitsstätte an der Universität Graz. - Der Nachlass wurde von Reinhard Müller archiviert und katalogisiert. Der Nachlass ist in vier Abteilungen gegliedert:
  • Korrespondenz; 79 Blatt
  • Ernst Seelig: Bücher, Typoskripte und Vorlesungen; 309 Blatt
  • Persönliche Dokumente von und über Ernst Seelig; 335 Blatt
  • Dokumente aus dem Kriminologischen Universitätsinstitut in Graz; 110 Blatt"

Publikationen von Ernst Seelig

  • Die Prüfung der Zurechnungsfähigkeit Geisteskranker durch den Richter. Graz: Verlag von Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1920, 88 S.
  • Das Glücksspielstrafrecht. Graz: Verlag von Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1923, 231 S.
  • Anleitung zur Durchführung des Identitätsnachweises durch vergleichende Handschriftenuntersuchungen. Graz: Verlag von Ulr. Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) [1929] (= Aus dem Kriminologischen Institut der Universität Graz. 17 S.
  • Anlage, Persönlichkeit und Umwelt bei jugendlichen Schwerverbrechern Österreichs, in: Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft, Band IV, 1933: 113 ff.
  • Anleitung zur Durchführung des Identitätsnachweises durch vergleichende Handschriftenuntersuchungen. 2., verbesserte Auflage. Graz-Leipzig: Ulr. Mosers Verlag [1935] (= Aus dem Kriminologischen Institut der Universität Graz. [7].), 17 S.
  • Das Arbeitshaus im Land Österreich. Ein Beitrag zur Neugestaltung des Strafrechts im Großdeutschen Reich. Mit 24 Originalaufnahmen. Graz: Ulrich Mosers Verlag 1938, 173 S. und 8 Bildtafeln; ill.
  • (Herausgeber) Hans Groß: Handbuch der Kriminalstatistik. 8. Auflage des "Handbuchs für Untersuchungsrichter als System der Kriminalistik". Neu bearbeitet und ergänzt von Ernst Seelig. I. Band. Berlin-München: J. Schweitzer Verlag [1941], XX, 443 S. und 1 Bildtafel; ill. Zuerst Graz 1893 unter dem Titel: Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte, Gendarmen u.s.w.
  • (Herausgeber) Hans Groß: Handbuch der Kriminalstatistik. 8. und 9. Auflage des "Handbuchs für Untersuchungsrichter als System der Kriminalistik". Neu bearbeitet und ergänzt von Ernst Seelig. II. Band. Berlin: J. Schweitzer Verlag 1954, VI, 505 S.; ill. Erschien in Lieferungen 1944 und 1952 bis 1954. Zuerst Graz 1893 unter dem Titel: Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte, Gendarmen u.s.w.
  • (Mit Karl Weindler) Die Typen der Kriminellen. Berlin-München: J. Schweitzer Verlag 1949 (= Grazer Kriminologische Schriften. Herausgegeben vom Kriminologischen Institut der Universität Graz. [1].), VIII, 194 S.
  • (Mit Karl Weindler) hanzaisha no kata. tokyo: homu daijin kanbo chosaka 1957 (= homu shiryo. 347.), 141 S. Japanische Übersetzung von Taro Ogawa.
  • (Mit Karl Weindler) hanzaisha no ruikei. tokyo: misuzushobo 1964, 230 S. Japanische Übersetzung von Osamu Nakata.
  • Lehrbuch der Kriminologie. Erste Auflage. Graz: Verlag Jos. A. Kienreich 1951, XV, 334 S.
  • Lehrbuch der Kriminologie. 2. Auflage. Nürnberg-Düsseldorf: N. Stoytscheff [1951], XV, 334 S.
  • Lehrbuch der Kriminologie. 2., unveränderte Auflage. Graz: Verlag Jos. A. Kienreich 1951, XV, 334 S.
  • Lehrbuch der Kriminologie. 3., von Hanns Bellavic bearbeitete Auflage. Graz: Verlag Jos. A. Kienreich 1963, 406 S. und X Bildtafeln; ill.
  • Lehrbuch der Kriminologie. 3., von Hanns Bellavic bearbeitete Auflage. Düsseldorf: N. Stoytscheff [1963], 406 S. und X Bildtafeln; ill.
  • Traité de criminologie. Traduit de l'allemand par I[rène] Petit et M. Pariser. Paris: Presses Universitaires de France 1956 (= Bibliothèque de psychanalyse et de psychologie clinique.), X, 409 S. Französische Übersetzung.
  • hanzaigaku. tokyo: misuzushobo 1962, 457, 11 S. Japanische Übersetzung durch Hidekazu Uemura.
  • (Mitherausgeber) Vorträge bei der VII. Tagung der Kriminalbiologischen Gesellschaft am 28. und 29. Mai 1953 in München, herausgegeben von Edmund Mezger und Ernst Seelig. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1953 (= *Kriminalbiologische Gegenwartsfragen. [1]. / Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft. 7.), 126 S.
  • (Mitherausgeber) Vorträge bei der VIII. Tagung der Kriminalbiologischen Gesellschaft am 27. bis 29. September 1955 in Graz, herausgegeben von Edmund Mezger und Ernst Seelig. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1955 (= *Kriminalbiologische Gegenwartsfragen. 2. / Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft. 8.), VI, 82 S.
  • Schuld / Lüge / Sexualität. Festgabe ausgewählter Schriften zum 60. Geburtstag des Verfassers. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h.c. Th[eodor] Rittler. Mit 10 Abbildungen. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1955, VI, 231 S., ill. -
  • hanzaisha no kata. domei higyo to keiho. shokoho no kihon mondai 1. tokyo: homu daijin kanbo chosaka 1957 (= homu shiryo. 347-349.), 4, 10, 118, 14 S. Japanische Übersetzung.

Publikationen über Ernst Seelig

  • Baumann, Imanuel (2006) Dem Verbrechen auf der Spur. Göttingen: Wallstein, Seite 162 ff. [[1]]
  • Müller, Reinhard (1991) Ernst Seelig (1895-1955). Kriminologe und Kriminalbiologe, Strafrechtler und Strafprozeßrechtler, in: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich. Newsletter (Graz), Nr. 5 (Juli 1991), S. 10-12.
  • Müller, Reinhard (1996) Notiz. Der Nachlaß Ernst Seelig, in: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich. Newsletter (Graz), Nr. 14 (Dezember 1996), S. 10.
  • Müller, Wolfgang (2002) Ulrich Stock und Ernst Seelig. Biographische Skizzen zu zwei Professoren der frühen Jahre der Universität des Saarlandes, in: Unrecht und Recht. Kriminalität und Gesellschaft im Wandel von 1500 bis 2000. Gemeinsame Landesausstellung der rheinland-pfälzischen und saarländischen Archive. Wissenschaftlicher Begleitband. / Ed.: Heinz-Günther Borck unter Mitarbeit von Beate Dorfey. - Koblenz : Verlag der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, 98 (2002), 210 - 228.

Weblinks

  • Mueller, Gerhard O.W. (1957) To the Memory of Ernst Seelig [[2]]
  • Müller, Reinhard (1991) Ernst Seelig, in: Archiv für ... [[3]]
  • Müller, Reinhard (1996a) Bibliographie Ernst Seelig. Selbständige Publikationen [[4]]
  • Müller, Reinhard (1996b) Kurzbeschreibung Nachlass Ernst Seelig [[5]]
  • Publikationen von Ernst Seelig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek [[6]]