Batwa

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Die heute insgesamt weniger als 100 000 Personen zählenden -twa oder Batwa sind eine seit langem diskriminierte Minderheit, die unter schwierigen Bedingungen vor allem in Ruanda und Burundi (und in geringerer Zahl in der Demokratischen Republik Kongo und in Uganda) überlebt. Die allgemein zu den sog. Pygmäen gezählten Batwa sollen in den zentralafrikanischen Bergwäldern schon vor der Ankunft anderer Bewohner (Hutus, Tutsi ...) gelebt haben. Die Bezeichnung Batwa stellt keine ursprüngliche In-Group-Bezeichnung (Selbstbezeichnung) dar, sondern wurde ihnen nach Jeffereys (1953) seitens der späteren Ankömmlinge in dem Siedlungsraum als negatives Etikett zugewiesen, das so viel wie "fremd, minderwertig" bedeutete. Im heutigen Ruanda ist der Terminus Batwa verpönt. Die Individuen dürfen sich kollektiv nur als "ruandische Töpfer" oder "historisch marginalisierte Gruppe" bezeichnen.


Das Dach dieser Batwa-Hütte wurde zerstört im Zuge der Maßnahme der Regierung, Rwanda von allen Stroh- und Grasdachbehausungen zu befreien. Hunderte von Batwa-Familien sind hierdurch obdachlos geworden.

Geschichte

Die Batwa lebten traditionell in Verwandtschaftsgruppen von 20-30 Personen in Bergwald-Siedlungen. Sie waren ausgezeichnete Bogenschützen, aber auch als gute Tänzer und begabte Harfenspieler bekannt und wurden an den Höfen Ruandas und Burundis als Unterhalter und Soldaten geschätzt (noch heute leben einige Batwa an den Orten der früheren Königshöfe, etwa im ruandischen Nyanza).

Wilhelm Mensching (1987) schrieb Anfang des 20. Jahrhunderts über die Batwa: "Sie bestellen kein Feld. Trotzdem kommen sie nicht um. Sie betteln (...) Die Twa sind Hörige des Königs. Einige sind auch Hörige von Tutsi, freilich nur Hörige der mächtigen Tutsi (...) Die Twa sind Töpfer und machen u.a. schöne Pfeifenköpfe (...) Die Twa sind auch Träger von vornehmen Tutsi (...) Ferner sind sie deren Gaukler. Man hat seinen Spaß an ihnen, an ihren Reden, Scherzen und Tänzen. Sie tanzen auch vor dem König. Am Königshofe sind die Twa und ihre Dienste sehr beliebt (...) Einem Twa, der Höriger des Königs ist, gibt auch ein Lehnsmann des Königs das Erbetene (...) Der hohe Adelige schadet sich selbst sehr, wenn er den Wunsch eines Twa, dem niemand etwas abschlägt, nicht erfüllt (...) Trotzdem hat aber ein Twa keine Gemeinschaft mit anderen Menschen. Ein Tutsi, der Gemeinschaft mit einem Twa hat, wird verstoßen und muss mit dem Twa zusammenleben. Er darf nicht wieder zu den Tutsi zurückkehren. Er ist selbst ein Twa geworden. Die anderen brechen mit ihm und rauchen nicht mal eine Pfeife Tabak mit ihm. Wenn freilich ein Tutsi ein schönes Twamädchen sieht, verkehrt er mit ihm außerehelich, denn es wird nicht wagen, ihn zu verraten, weil er Adeliger ist und es deshalb Furcht hat."

In dem Maße, in dem die Waldflächen gerodet oder unter Naturschutz gestellt wurden, verschwand die traditionelle Lebensgrundlage der Batwa. Die letzten im Wald lebenden Batwa Ruandas wurden als ihrem angestammten Lebensraum vertrieben, als die ruandischen Virunga-Wälder in den 1970er Jahren auf Initiative der Primatenforscherin Dian Fossey zum Nationalpark erklärt wurden. Jagen und Sammeln wurde bei Strafe verboten.

Manche Twa verlegten sich auf die Töpferei - doch Ende des 20. Jahrhunderts ersetzte asiatische Kunststoffproduktion die herkömmlichen Produkte.


Ruanda

Die "Gemeinschaft der Töpfer", wie die Batwa in Ruanda genannt werden, weil die Regierung ethnische Bezeichnungen bei Strafe verbietet, soll 33.144 Personen umfassen, was etwa 0,41 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen würde. Die ruandischen Batwa verloren ein Drittel ihrer Ethnie im Zusammenhang mit dem Genozid von 1994 und damit einen größeren Anteil ihrer Population als jede der beiden anderen Volksgruppen. Gleichwohl wurden sie (unter dem Vorwurf der Komplizenschaft mit den Hutu während der Massaker) nicht als Opfer des Genozids anerkannt und leben in Ruanda wie schon seit Generationen als ungeliebte Minderheit am Rande der Gesellschaft. Untersuchungsberichte über die Lage der Batwa - zusammengestellt von der Gemeinschaft der ruandischen Töpfer - sprechen von "elenden Bedingungen", die zu einem Aussterben der Ethnie führen könnten. Der ruandischen Regierung wird immer wieder der Dialog mit dieser Gruppe über ihre Lebensverhältnisse empfohlen (so etwa in der Afrikanischen NEPAD-Peer-Evaluation). Zu den Themen würden die Anerkennung als indigene Ethnie, als eigenständige Ethnie und zudem die politische Gleichstellung gehören. Die Regierung verweigert allerdings den Dialog, die Anerkennung als indigene Ethnie, die Anerkennung als Ethnie und die politische Gleichstellung. Stattdessen wurde die ruandische Verfassung von 2003 am 8.12.2005 insofern geändert, als der ruandische Präsident selbst als Patron die Interessen dieser "communauté nationale historiquement la plus défavorisée" wahrnimmt.

Die Interessenvertretung der "Töpfer" tritt für die Integration der Batwa in das soziale und ökonomische Leben des Landes ein. Sie spricht von Land für Ackerbau, Zugang zum Bildungssystem, der Anerkennung der Geschichte und Kultur der Batwa sowie von Bürgerrechten, insbesondere vom Recht auf gleichberechtigte politische Partizipation. Innenpolitisch hat das keinerlei Auswirkungen. Einige Nicht-Regierungsorganisationen zeigen sich interessiert und besorgt.

Die Probleme der Batwa - heute als "Töpfer" oder als "Personen mit historischer Marginalisierung" bezeichnet - sollen nach Empfehlung des "réseau des parlementaires rwandais pour la population et le developpement (RPRPD)" vom 22. und 23. Januar 2009 aufgrund der Besonderheiten dieser Gruppe nicht gemeinsam mit anderen Problemen vulnerabler Gruppen behandelt werden.

Rechtliche Situation

  • Die Batwa werden von der Regierung nicht als indigenes Volk anerkannt.
  • Aufgrund von Artikel 33 der ruandischen Verfassung und den entsprechenden Strafgesetzen sind ethnische Bezeichnungen strafbar. Die Interessenvertretung der Batwa musste ihren Namen von "Gemeinschaft der autochthonen Ruander" in Gemeinschaft der ruandischen Töpfer ändern.
  • Der zweite Zusatz zur ruandischen Verfassung vom 04.06.2003 vom 08.12.2005 erklärt in Artikel 82, dass der Präsident der Republik als Wächter über die Vertretung der historisch am stärksten unterprivilegierten nationalen Gemeinschaft im Senat acht (Batwa) zu Mitgliedern des Senats ernennt.

Lebenssituation

  • Der Bericht der nationalen Kommission über die Recht der Person erklärte, "que les problèmes des personnes historiquement marginalisées (potiers) sont le manque d’habitat adéquat, le manque de soins de santé, l’insécurité alimentaire, la non scolarisation des enfants potiers, le manque des terres cultivables et des matériels agricoles, le manque d’emploi, le mariage précoce et le mariage illégal, la pauvreté extrême, l’agglomération dans des petites maisons des huttes."

Gesundheit

Bildung

  • 95% der Batwa sind Analphabeten. 51% sind nie zur Schule gegangen. 1% verfügt über Sekundarschulbildung. Hochschulbildung: 0%


Grundbesitz

  • 47% haben gar keinen Grundbesitz; 1,5% der Twa-Haushalte - Landesdurchschnitt: 55% - besitzen genügend Land (0,7 Hektar), um sich selbst ernähren zu können.


  • Regierungsprogramme gegen die Armut (wie zum Beispiel "one cow one family") erreichen die Batwa nicht

Arbeit/Einkommen

  • Über 60% haben nicht genug Mittel für die Anschaffung von Kleidung
  • 30% sind arbeitslos oder Tagelöhner
  • 95% der Töpfer töpfern; ihre Produktion aus gebranntem Ton ist allerdings praktisch ohne Tauschwert und wird noch unter Herstellungskosten verkauft; 1% der Töpfer arbeitet als unabhängiger Landwirt (im Landesdurchschnitt: 81%).
  • 60% essen nur einmal täglich, die anderen betteln oder verdingen sich als Tagelöhner, um etwas zu essen zu finden [1].

Wohnen

  • Der Versuch der Regierung, bis Ende Mai 2011 alle strohgedeckten Häuser in Ruanda abzuschaffen, endete für die Batwa in einem Fiasko: viele Batwa hatten nun schlicht kein Dach mehr auf ihrer Hütte oder ihrem Haus (vgl. Survival International).
  • 35% verfügen nicht über Latrinen
  • Über 46% der Batwa-Haushalte befinden sich in jeweils bis zu fünf Personen beherbergenden Hütten mit Gras-, bzw. Strohdächern ("Nyakatsi"). Damit sind die Batwa in besonderem Maße von dem staatlichen Projekt zur Abschaffung aller 115.000 Stroh- und Grasdächer in Ruanda bis Ende Mai 2011 betroffen. Dieses unter dem Motto der Armutsbekämpfung durchgeführte Projekt namens "Bye-Bye-Nyakatsi" sieht vor, dass die Regierung Materialien für die Errichtung fester Dächer liefert. Allerdings klagt die Interessenvertretung der Batwa, COPORWA, dass die Kampagne gegen ihren Willen und ohne ihre Beteiligung an der Planung der Abriss- und Aufbauarbeiten durchgeführt werde. Man zerstöre einfach die Dächer, stelle aber keine neuen Materialien zur Verfügung. Über die Gesellschaft für bedrohte Völker richtete die COPORWA im April 2011 auch an die deutsche Regierung als einen der wichtigen Partner der ruandischen Regierung einen Hilfsappell.

Situation in anderen Ländern

  • Am burundischen Ufer des Tanganjikasees und auf der Insel Idjiwi im Kivusee leben einige Twa-Gemeinschaften von der Fischerei.
  • Kongo
  • Uganda

Literatur, Links

Wikis

Wissenschaftliche Aufsätze, NGO-Berichte etc.


Forderungen

Sonstige

Filme